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Strategie
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Matthias Dräger
18.10.2003 02.36
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Talsohle noch nicht erreicht

Der Vorschlag von Detlef Lindenthal war gut gemeint, wäre aber nicht erfolgreich gewesen. Das Instrument Volksgesetzgebung ist viel zu schwerfällig, um mit der vergleichsweise flotten parlamentarischen Gesetzgebung mithalten zu können – wenn die Volksvertreter wollen, können sie die Bevölkerung immer austricksen. In Schleswig-Holstein haben sie das gemacht, und sie haben dafür einen hohen Preis bezahlt, und die anderen Bundesländer wurden gleich mit zur Kasse gebeten. (Der Preis ist: nachlassende Bereitschaft, sich für Politik einzusetzen, Wahlmüdigkeit, Entpolitisierung und Verflachung des öffentlichen Lebens).
Selbst wenn wir mit einer Verfassungsänderung durchgekommen wären, hätte uns dies nicht davor bewahrt, daß die Abgeordneten vorher unseren Volksentscheid kippen – die Verfassungsänderung hätte dann nur für alle späteren Volksentscheide gegolten. Wir hätten also zusätzlich zur Verfassungsänderung mindestens noch einen weiteren Volksentscheid zum Stop der Rechtschreibreform auf den Weg bringen müssen.
Die Realität aber war: Norbert Lindenthal, der mir maßgeblich bei dem ganzen Verfahren geholfen hat, unsere bis zu 300 Helfer im Land und übrigens auch ich waren nach dem Volksentscheid Ende 1998 ziemlich erschöpft und mußten uns von den zusätzlichen Anstrengungen und Strapazen erst einmal erholen, neue Kraft schöpfen. Das war keine Position, aus der heraus man locker die nächsten Volksentscheide auf den Weg bringt. Man darf nicht vergessen: Auch die Presse hatte uns komplett im Stich gelassen. Selbst der Spiegel, der sich vorher großspurig als Retter der deutschen Sprache aufgespielt hatte und sich sonst gern in der Rolle des Aufdeckers gesellschaftlicher „Missstände“ sieht, sprach nach dem gewonnenen Volksentscheid vom „Fluch des Dräger-Gesetzes“, von dem man nur hoffen konnte, bald befreit zu werden.

Das, was wir jetzt in puncto Rechtschreibung, Unterricht und Ausbildung erleben und in Zukunft noch erleben werden, kann uns eine Lehre sein, was passiert, wenn man einen Volksentscheid aufhebt. Solange die Situation in den Schulen – und übrigens auch innerhalb der Familien (Fernsehkonsum)! – nicht gebessert wird, kann es mit unserem Land nicht bergauf gehen. Und ohne gute Schreibfertigkeiten ist meiner Ansicht nach keine anspruchsvolle Bildung möglich.
Deutschland ist derzeit klar auf dem absteigenden Ast, und die Talsohle ist noch längst nicht erreicht.

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Detlef Lindenthal
17.10.2003 19.51
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Re: Vom Willen und von Wegen

Norbert Schäbler schrieb:
>>Seinerzeit hätte ein Aufschrei durch die Bevölkerung gehen müssen, doch letztere war auf diesen „Dolchstoß“ nicht vorbereitet.<<

Lieber Herr Schäbler,

seinerzeit hielten wir Schleswig-Holsteiner es statt Aufschrei für noch besser, unser Recht nach Artikel 41 f. der Landesverfassung zu holen, was uns auch mit 56 % der gültigen Wählerstimmen gelang (mehr, als je eine Ministerpräsidentin für sich verbuchen konnte).

Als Frau Simonis ankündigte, sie wollte unser Gesetz wieder kippen, war mein Vorschlag, in einer weiteren Volksabstimmung die Landesverfassung zu ergänzen: „Gesetze, die durch Volksabstimmung beschlossen wurden, können nur durch Volksabstimmung geändert werden.“ (Auch ohne erneute 2jährige Abstimmungsarbeit hätten wir allein mit der dazugehörigen Argumentation die Landespolitiker zum Bekenntnis zwingen können.)
Warum damals a.) in unseren Reihen ein entsprechender „Aufschrei“ (mit systematischer Argumentationsanalyse und Öffentlichkeitsarbeit) ausblieb, bedarf einer eigenen Erforschung.
Warum damals b.) die zeitunglesende Wahlbevölkerung im wesentlichen schwieg, hat etwas mit der Funktion der Zeitungen als Verkünderinnen des Herdenrufes zu tun:
Nur eine kleine bis verschwindend kleine Minderheit der Menschen wählt ihren Weg nach vernünftigem Abwägen; die allermeisten (auch Kultusminister, Chefredakteure usw.) handeln so, daß sie sich nicht gar zu weit von der vermeinten Herdenmitte entfernen. Und diese jeweils künftige Herdenmitte wird durch das Lesen der Zeitungen und ihrer Kommentare, Häme und Zwischentöne festgestellt – ein Teufelskreis.

In einigen Jahren wird es vermutlich wieder so sein, daß Sie schreiben: „Seinerzeit hätte ... müssen“. Dieses jeweils voraussehend, habe ich 1997 die erste Internetanschrift eingekauft und mich seither für den Ausbau eigener Medien eingesetzt. – – Meine Frage an Sie: Gesetzt den Fall, es würde in einer gut geführten Argumentations-Kampagne erreicht, daß die Kultusminister die „Reform“ zurücknehmen – sollte man die Minister und die Lehrer mit dem ganzen sonstigen Bockmist (Drogenschwemme, PISA-Leseschwäche, Hochbegabtenmißhandlung, Begriffeverwirrung, ...) weiterworschteln lassen? Für mich habe ich die Frage ganz klar beantwortet: Ich will so leben und wirken, daß meine Kinder, Enkel und Urenkel mir einst keinen Vorwurf zu machen brauchen.

Es geht also um Zukunftgestaltung. Und daß eine solche gesichert wäre, solange unser kollektives Nervensystem nur auf die bisherigen Zeitungen und Instantmedien beschränkt ist, glaubt das noch irgend jemand von uns?
Ich denke, daß die Medien überdeutlich gezeigt haben, daß sie Zukunftgestaltung nicht als ihre Aufgabe sehen.
Würden Sie mir recht geben, daß wir in diesem Sinne an verbesserten Medien zu arbeiten haben? Einen Entwurf für Bewertungsmaßstäbe sende ich Ihnen gerne zu.
__________________
Detlef Lindenthal

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Matthias Dräger
17.10.2003 18.15
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Lieber Herr Markner,
ich sagte: Die Kultusminister hatten nicht mit diesem Widerstand gerechnet – die Reformbetreiber aber sehr wohl. Die Kultusminister hatten eher mit gar nichts gerechnet, da ihnen die Rechtschreibreform letztlich ziemlich egal war.
Wer von den Ministern, außer Zehetmair, hat sich denn in den Zeiten, als die Sache zur Diskussion stand, öffentlich zu Wort gemeldet, und die Sache vorangetrieben?

Für die schleswig-holsteinische Kultusministerin Gisela Böhrk kann ich definitv sagen, daß ihr Interesse an der Rechtschreibreform gegen Null tendierte. Auf meine Frage, wie sie denn die angeblichen Vorzüge der Rechtschreibreform gegenüber der herkömmlichen Schreibweise geprüft hätte, verwies sie nur auf einen Stoß Papier, den sie unterzeichnet hätte.
Und auf meine Frage, was sie dabei empfinden würde, wenn in zig Jahren die Leute auf der Straße alle so schreiben würden, wie sie das für die Schulen angeordnet hätte, sagte sie wörtlich: „Das ist mir doch  v ö l l i g  egal, wie hier die Leute schreiben!“

Von Gerhard Schröder gibt es eine Äußerung als Ministerpräsident des Landes Niedersachsen, sinngemäß, daß er keine Notwendigkeit für eine Reform der Rechtschreibung sieht und die ganze Sache abblehnt (1995). Wir dürfen nicht vergessen: Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtes Hannover wurde die Rechtschreibreform in Niedersachsen ausgesetzt (!), und zwar nicht vom Kultusminister Wernstedt, sondern vom Ministerpräsidenten Schröder (Ende 1997).

Fazit: Mir ist kein Kultusminster bekannt, der der Rechtschreibreform eine Träne nachweinen würde.

Das Problem der Minister, das hat Prof. Ickler schon gesagt: Sie können die Reform schlecht selber abblasen, d. h. sie könnten schon, aber sie möchten das natürlich nicht selbst tun. Welche Autorität hätten dann noch ihre zukünftigen Anordnungen und Beschlüsse?
Wenn sie nichts unternehmen, kommt die Krise Ihres Amtes aber erst recht, da hinter der „Fassade Rechtschreibreform“ keine Gesundung des Unterrichtes möglich ist.

Die, die eigentlich in der Klemme stecken, sind nicht die Reformgegner, sondern die Kultusminister – sie haben sich übertölpeln lassen, und sollen die Sache nun ausbaden. Und das Badewasser wird mit der Zeit nicht angenehmer, sondern immer schmutziger und ungemütlicher.

Fazit: wir bleiben am Ball, und legen gelegentlich eine Einschätzung der Lage vor. Daß man sich hierfür nach langer Zeit offensichtlich wieder interessiert (Denks Kritik zum 1. August 2003 wurde in über 30 Zeitungen gedruckt), zeigt doch, wie die derzeitige Situation bei denen, die beruflich mit Texten zu tun haben, eingeschätzt wird.

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Norbert Schäbler
17.10.2003 18.03
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Vom Willen und von Wegen

In Erinnerung an den seinerzeit von Jörg Metes ins Leben gerufenen Leitfaden „Rechtschreibreform und Gruppendynamik“ plädiere ich dafür, die rosarote Brille abzusetzen.
Jörg Metes empfahl uns seinerzeit die Lektüre des Soziologen Timur Kuran, der in seinem Buch drei vollkommen paradoxe Weltanschauungen untersucht hatte (das „indische Kastensystem“, den „Kommunismus“, den amerikanischen „affirmative way“).
Mir ist bei der Lektüre haftengeblieben, daß das Paradoxe in unserer Welt regiert.

Mit Sicherheit allerdings können wir es dem Widersinn schwermachen.
Dazu müssen wir den Widerstand personalifizieren und verlebendigen. Wir müssen zeigen, daß der Widerstand nach wie vor ungebrochen ist. (T. Ickler – sinngemäß: „Resignation und faule Kompromisse sind fehlangebracht!“)
Eine ausgezeichnete Präsentation des Widerstandes war die Aktion zur Frankfurter Buchmesse, bei der ein weiteres Mal die Schriftsteller aktiv wurden.
Wir wissen natürlich auch, daß die Kultusminister schon einmal einen derartigen Härtefall pariert haben, indem sie die Schriftsteller als „Pennclub“ diffamierten.
Seinerzeit hätte ein Aufschrei durch die Bevölkerung gehen müssen, doch letztere war auf diesen „Dolchstoß“ nicht vorbereitet.

Ein bißchen will ich auch an die Geschichte erinnern, jene Tatsache des Mauerfalls, dem eine Fehlmeldung eines Parteifunktionärs vorausging. Wären seinerzeit die Menschen in den osteuropäischen Botschaften und jene im Zollgrenzbezirk nicht Gewehr bei Fuß gestanden, dann wäre selbst diese zufällig (vielleicht auch absichtlich) getätigte Staatsmeldung verpufft.

Das heißt: Ich plädiere für ein Zusammenspiel aller erdenklichen Kräfte, und ich halte es für dringend nötig, daß wir die Gesellschaft ein weiteres Mal über den Stand der Dinge aufklären. Mit einem Faltblatt?!
Mit einem angemessenen Straßenkampf?!

PS: Der Straßenkampf wird übrigens immer schwerer. Inzwischen kann man nicht einmal mehr auf der Straße Kaffee genießen, denn in diesem Monat hat „Melitta“ seine Fernsehwerbung umgestellt. Dort heißt es neuerdings wie bei allen anderen Kaffeesorten „Genuss“.

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nos

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Walter Lachenmann
17.10.2003 16.29
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Re: Widerstand

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
... Im Hin und Her der Kompromisse, Schnellschüsse, Einsprüche war die Übersicht verlorengegangen. ...

Das ist mit großer Sicherheit so. Die Entstehung der Rechtschreibreform bzw. ihre politische Durchsetzung ist ein beispielhaftes Lehrstück über politisches Funktionieren ganz allgemein. Wenn heute wieder über »Reformen« verhandelt und abgestimmt wurde, dürfen wir sicher sein, daß die Entscheidung getroffen wurde, ohne daß die meisten derjenigen, die abstimmen, sich darüber im klaren sind, um was es in Wahrheit geht bzw. welche Folgen ihre Entscheidung haben wird.
Es geht in der Demokratie tatsächlich nur noch darum, das Gesicht unserer Politiker zu »wahren« – gleichgültig, wie das Gesicht aussieht. Und diesmal scheinen die Gesichter zu der Meinung gekommen zu sein, es würde ihnen allen schaden, wenn jetzt nicht wenigstens irgendeine Entscheidung fällt, egal welche.
So weit müßte man die KMK bringen: Zur Einsicht, daß das Resultat der RR ihrem Gesicht schadet. Da die KMK trotz anderweitiger gravierender Fehlleistungen immer noch sehr mit sich zufrieden zu sein scheint, dürfte dies schwierig werden. Denn dazu müßte die Einsicht über die miserable Qualität dieses »Produkts« so offenkundig sein, wie bei »toll collect«. Und da selbst »so genannte« Experten sich mit der Narrenkappe der neuen Rechtschreibung nicht übel zu gefallen scheinen, selbst Berufsschreiber und Germanisten, und ihre minderwertigen Texte als modern den verblüfften Lesern zumuten, muß man hier kräftig nachhelfen.
Die Meinung, die neue Rechtschreibung sei ein rechter Unfug, ist in der Bevölkerung durchaus sehr verbreitet; dies bestätigen nicht nur die bekannt gewordenen Umfragen, sondern man kann sich davon in persönlichen Gesprächen ebenso überzeugen. Aber zugleich herrscht über diese grundrichtige Meinung eine Verunsicherung durch die geschaffenen Fakten: die Schulen, die Zeitungen, die Werbung, die Geschäftskorrespondenzen usw. Gegen diese Verunsicherung müßte man etwas tun, die Menschen in ihrer Skepsis bestätigen, sie dazu ermutigen, ihrem Sprachgefühl zu vertrauen und die neuen Regeln schlichtweg zu ignorieren. Ich habe bei solchen Gesprächen schon manchen Seufzer der Erleichterung bei Gesprächspartnern vernommen, die irgendwie meinten, sie verhielten sich als anachronistische Außenseiter, wenn sie da nicht so gut sie eben können mitmachten.
Die Strategie der Reformer, so zu tun, als käme die Reform erfolgreich in der Öffentlichkeit an, müßte konterkariert werden, durch Fakten, die das Gegenteil offensichtlich machen. Klar, am besten eine zweite Zeitung, die sich von der Reform wieder verabschiedet. Unsere Journalisten haben dazu nicht den Mumm bzw. dürfen ihn nicht haben, viele erkennen das Problem auch gar nicht. Wem – wie etwa Herrn Lothar Müller aus München oder Herrn Krieg aus Schwerin – egal ist, was er schreibt, dem kann es erst recht egal sein, wie er es schreibt.

Wir tun hier genau das Richtige: Permanent die Mängel aufzeigen und immer wieder damit an die Öffentlichkeit gehen. Das dringt schon durch, steter Tropfen höhlt den Stein. In diesem Jahr haben sich die Reformgegner aus unserem Kreis mehrfach in der Öffentlichkeit sehr deutlich zu Wort gemeldet und sind sehr wohl vernommen worden. Wenn das nicht nachläßt oder sogar an Intensität und Überzeugungskraft – angesichts der immer deutlicher werdenden Mängel der Reform – zunimmt, werden wir auch die Gesichter derjenigen zum Zucken bringen, die um deren Wahrung mehr besorgt sind als um die Folgen ihrer Handlungsweisen.
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Walter Lachenmann

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J.-M. Wagner
17.10.2003 14.56
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Re: Doofenmatt

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Abgesehen davon [...] heiße ich das Ansinnen der Kultusminister für gut. Beweise wären halt einmal angebracht. Die Zehetmair-Kapriole reicht da nicht aus!
Das bringt mich auf einen ganz anderen Gedanken: Was, wenn de facto nicht die Kultusminister die wirklich maßgebliche Entscheidung über die Zukunft der Reform treffen, sondern... ?!!
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Jan-Martin Wagner

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Norbert Schäbler
17.10.2003 14.30
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Doofenmatt

Wenn ich es richtig sehe, könnte man in diesem Leitfaden ja auch über „Strategie“ reden, was meiner Meinung nach etwas mit sinnvoller und planvoller Handlung zu tun hat.

Dazu fällt mir das Schachspiel ein, das wohl beste und weitverbreitetste Strategiespiel, das jemals erfunden wurde.
Es fällt mir deshalb ein, weil Herr Professor Ickler behauptet, daß die KMK nichts lieber möchte, als die Abschaffung jener völlig mißlungenen Rechtschreibreform.

Ich zitiere auszugsweise Herrn Icklers Worte, die er bei Eröffnung dieses äußerst interessanten Leitfadens gebrauchte: „Die Kultusminister müssen nicht umgestimmt werden, sie wissen Bescheid und wollen keinen Kompromiß, sondern sie wollen die ganze Reform loswerden ...“
„Allerdings müsse der Stoß von außen, ‚von unten’ kommen, d.h. von der Presse, denn die Kultusminister sehen sich außerstande, von sich aus das ganze verfehlte Unternehmen abzublasen ...“
„Freilich müßten die Kultusminister diese Lösung gegen die Weltmacht Bertelsmann durchsetzen, was ich für nahezu ausgeschlossen halte ...“

Abgesehen davon, daß es dem Bertelsmann vollkommen egal ist, wie er sein Geld verdient, (ob mit neuer oder mit alter Rechtschreibung) – entscheidend war für diese Krake lediglich die Aufhebung des Dudenmonopols – und abgesehen davon, daß Presseleute Angestellte eines Verlages sind, die, weil sie in der freien Wirtschaft praktizieren, noch wesentlich leichter ersetzbar sind als jeder lebenszeitlich verbeamtete Lehrer, heiße ich das Ansinnen der Kultusminister für gut. Beweise wären halt einmal angebracht. Die Zehetmair-Kapriole reicht da nicht aus!

Und nun zum Doofenmatt!
Es gibt in der Tat ein Matt in zwei Zügen. Dabei muß allerdings „Weiß“ mitspielen.
1. Weiß: f2-f3; Schwarz: e7-e6 2. Weiß: g2-g4; Schwarz: Dh4 matt!

Und was lehrt uns diese Geschichte?
Man muß sich bloß doof anstellen! Für die Kultusminister sollte das keine besondere Kunst sein!




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nos

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Theodor Ickler
17.10.2003 14.00
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Widerstand

Ich glaube, Herr Markner sieht die Sache vollkommen richtig. Die Reformer mußten wissen oder ahnen, daß es Widerstand geben würde, sie hatten aber Vorkehrungen getroffen, ihn zu überwinden oder kleinzuhalten. Die Politiker hatte keine Ahnung, worauf sie sich einließen, und fingen bald an, die Sache zu verwünschen, wenn auch nicht in der Öffentlichkeit.
Ich hatte 1994 und danach auch den Eindruck, daß keiner der Reformer mehr überblickte, was die Neuregelung im einzelnen enthielt. Im Hin und Her der Kompromisse, Schnellschüsse, Einsprüche war die Übersicht verlorengegangen. Zabel, Heller und Sitta/Gallmann zum Beispiel hatten anfangs durchaus unterschiedliche Erinnerungen an den letztgültigen Stand der Dinge. Munske hielt ein Scheitern für möglich und wünschenswert, weil er ahnte, daß die Einzelheiten noch manche Kalamität hervorbringen würden.
Es galt jedoch die Parole: Vollendete Tatsachen schaffen, alle Brücken abbrechen, Augen zu und durch! Inzwischen hat sich ein Korrekturbedarf ergeben, mit dem die Reformer in diesem Umfang wirklich nicht gerechnet hatten, und daß ihnen 1998 jeder rettende Eingriff untersagt wurde, hat sie schwer getroffen. Zur Zeit glauben sie, den Kultusministern weiterhin mit Erfolg vorgaukeln zu können, ein paar kosmetische Retuschen könnten das Projekt retten. Wir müssen also weiterhin aufklären und den Kultusministern eine bessere Option anbieten, zugleich helfen, daß sie das Gesicht wahren können.
__________________
Th. Ickler

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J.-M. Wagner
17.10.2003 13.27
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Re: ist fehlgeschlagen vs. hat fehl geschlagen

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von ghest
Das bewei[s]t, daß durch die Getrenntschreibung nicht nur die Schreibweise, sondern auch die Bedeutung verändert wird: Bei 'hat fehl geschlagen' bezieht sich die Perfektbildung nur auf 'schlagen'. 'Fehlschlagen' ist intransitiv, 'schlagen' ist transitiv. Die Reform verändert die Sprache.
Die Beweisführung ist zwar richtig, aber die Falschschreibung „fehl geschlagen“ ist auch nach der Reform falsch; man kann es höchstens als eine „typische Nebenwirkung“ der neuen Getrenntschreibungen ansehen.

In § 34 der reformierten amtlichen Regeln heißt es (auszugsweise):
Partikeln, Adjektive oder Substantive können mit Verben trennbare Zusammensetzungen bilden. Man schreibt sie nur im Infinitiv, im Partizip I und im Partizip II sowie im Nebensatz bei Endstellung desVerbs zusammen.
Dies betrifft
(2) Zusammensetzungen aus Adverb oder Adjektiv + Verb, bei denen
(2.1) der erste, einfache Bestandteil in dieser Form als selbständiges Wort nicht vorkommt, zum Beispiel:
fehlgehen, fehlschlagen, feilbieten, kundgeben, kundtun, weismachen
Fazit: Nicht alles, was von vorzugsweise den Neuschrieb verwendenden Schreibern stammt bzw. was wie Neuschrieb aussieht, ist auch wirklich welcher; Vorsicht vor falschen Beispielen!
__________________
Jan-Martin Wagner

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Reinhard Markner
17.10.2003 12.28
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Es gehört nicht hierher . . .

Ich glaube nicht, daß man unter der Überschrift »Strategie« versuchen sollte, Frau Menges in Orthographie zu unterweisen. Das ist wiederholt an anderer Stelle geschehen, bleibt aber bekanntermaßen fruchtlos.

Herr Dräger glaubt, die Reformer hätten nicht mit dem seit 1996 geleisteten »erbitterten Widerstand« gerechnet. Das halte ich für wenig wahrscheinlich. Der Kreis um Augst hat den Widerstand gegen deutsche Reformversuche der Vergangenheit studiert. Kontakte zu ausländischen Experten wie zum Beispiel Guido Geerts kamen hinzu. Diese Erfahrungen sind in die Strategie der Reformer eingegangen.

Die Kultusminister hingegen hat man zum einen mit der Fehlerverringerungsverheißung geködert, zum anderen mit der schon 1944 ins Feld geführten Schutzbehauptung, es handele sich um eine »behutsame« Reform. Die Politiker waren also in der Tat auf so hartnäckigen und grundsätzlichen Widerstand nicht vorbereitet.

Der Hinweis auf die Fehlerinflation ist folglich für uns von großer Bedeutung, wobei natürlich das Gegenargument zurückgewiesen werden muß, es handele sich um ein Übergangsphänomen (mit den Jahren wird diese Behauptung auch immer unglaubwürdiger, insofern spielt die Zeit für uns). Ferner muß immer wieder betont werden, daß die Reform in den Bereichen GZS und GKS in Grammatik und Morphologie des Deutschen eingreift. Die von Peter Eisenberg formulierte Einsicht, daß es sich um einen geradezu einzigartigen Angriff auf das Sprachsystem handelt, ist wenig durchgedrungen.

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ghest
17.10.2003 12.25
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ist fehlgeschlagen vs. hat fehl geschlagen

Das beweißt, daß durch die Getrenntschreibung nicht nur die Schreibweise, sondern auch die Bedeutung verändert wird: Bei 'hat fehl geschlagen' bezieht sich die Perfektbildung nur auf 'schlagen'. 'Fehlschlagen' ist intransitiv, 'schlagen' ist transitiv. Die Reform verändert die Sprache.

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Theo Grunden
17.10.2003 09.11
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Re: Strategie

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Eine Strategie, die bereits 1997 fehl geschlagen hat, wird wieder verfehlen.

... und daher wäre es nützlich zu überlegen, was an der Rechtschreibung wirklich falsch ist und einer Änderung bedarf.

Dazu gehören meines Erachten vor allem die Getrennt- und Zusammenschreibung ...


Liebe Frau Menges,

welche und wessen Strategie ist (oder meinetwegen hat) denn nach Ihrer Meinung 1997 fehlgeschlagen? Die einzige Strategie, die ich rückblickend bis jetzt entdeckt habe, ist die der für die „Reform“ Verantwortlichen, mit der Einführung in den Schulen ab 1996 schon eine Tatsache zu schaffen, die eventuellen Korrekturvorhaben mit dem Argument „Dann müssen die (armen) Schüler ja schon wieder umlernen“ die Wirkung nehmen sollte, später dann politische Willensäußerungen des Volkes und fachliche Kritikansätze zu ignorieren, die Öffentlichkeit bei den Beratungen zu meiden, auf Zeit zu spielen und alle auf 2005 zu vertrösten.

Zu „... und daher wäre es nützlich zu überlegen, was an der Rechtschreibung wirklich falsch ist und einer Änderung bedarf“:

Was wirklich falsch ist an der zur Zeit überall zu beobachtenden „Rechtschreibung“, ist z.B. das Auseinanderreißen solcher Wörter, von denen man irrtümlicherweise meint, sie müßten im Zuge der „RSR“ getrennt werden. Beispiele: fremd gehen, aufrecht erhalten, zurück treten, kaputt gehen, fehl schlagen (s.o.). Man trifft sie sogar in „Schreibkreisen“, in denen man sie eigentlich weniger vermuten würde (bei Journalisten, Lehrern, ...), auch oft bei solchen, die sich (wegen fehlender Motivation oder Zeit) nur oberflächlich mit den Inhalten der neuen Regelung auseinandergesetzt haben, diese aber trotzdem zu bewerten oder einfach kritiklos zu übernehmen und zu verbreiten bereit sind. Oder die einfach aus dem Chaos, das die „allgemeine RSR“ geschaffen hat, das Recht zur Schaffung einer „ganz persönlichen RSR“ ableiten.

Zu „Dazu gehören meines Erachten vor allem die Getrennt- und Zusammenschreibung ...“:
Offensichtlich!

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Matthias Dräger
17.10.2003 06.31
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Haben oder sein, hat oder ist?

Sehr geehrte Frau Menges,
ich bedaure, daß Ihnen die Beschäftigung mit der Rechtschreibreform offensichtlich das Sprachgefühl verdorben hat. Ich bin überzeugt, daß Sie selbst nicht mehr erkennen können, auf welchem Niveau Sie mit Ihrer Schreibe mittlerweile angekommen sind.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren älteren Schülern? Dann legen Sie doch bitte einmal nur die beiden ersten Sätze Ihres letzten Beitrages einem guten Schüler vor, der vielleicht vor 5 Jahren die Schule verlassen hat. Fragen Sie diesen Schüler, was er von diesem Text hält, wie er die Schreibleistungen dieses „Schülers“ beurteilt.

Bitte nehmen Sie Abstand von dem Versuch, Ihre Schreibleistungen nur allein beurteilen zu wollen – das ist meiner Ansicht nach sinnlos.

-----------
ps. Sollte es sich bei Ihren Fehlern im ersten Absatz nur um Flüchtigkeitsfehler handeln, die Sie selbst beim erneuten Durchlesen erkennen, nehme ich meine Ausführungen zurück und behaupte das Gegenteil.

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ghest
16.10.2003 21.01
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Und, wie man sieht, die fehlende Kommasetzung

in Nebensätzen mit „zu + Infinitiv“ muß berichtigt werden!

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RenateMariaMenges
16.10.2003 17.50
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Strategie

Eine Strategie, die bereits 1997 fehl geschlagen hat, wird wieder verfehlen. Ich glaube einfach, dass es sinnvoll wäre andere Wege zu gehen, andere als Herr Dräger sie vorschlägt.

Ich meine, Sprache ist wandelbar und daher wäre es nützlich zu überlegen, was an der Rechtschreibung wirklich falsch ist und einer Änderung bedarf.

Dazu gehören meines Erachten vor allem die Getrennt- und Zusammenschreibung und die Groß- und Kleinschreibung in Teilen. Dazu einen Vorschlag zu schreiben finde ich nach wie vor sehr sinnvoll.


Mich würde eben auch die Strategie von Herrn Ickler interessieren. Herr Ickler, können Sie diese zusammenfassen?
__________________
RenateMariaMenges

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