Genaue Unterscheidung
Die Rechtschreibreform hielt ihren Einzug im Alltag erst mit der Umstellung der Zeitungen und der Umstellung der Voreinstellung bei den Microsoft-Korrekturpgrammen (Auslieferung der Programme mit Häckchen bei neuer Rechtschreibung).
Die gesellschaftlich spür- und sichtbare Rechtschreibreform hat also nicht in der Schule ihren Anfang genommen, sondern ist die einsame Entscheidung von zwei oder drei Herren bei dpa und Microsoft, die für ihre Maßnahme keinerlei politisches Mandat vorweisen können.
Es ist nicht Aufgabe der dpa, und auch nicht von Microsoft, die Bevölkerung auf eine andere Orthographie umzustellen. Die dpa hat kein Mandat, in Deutschland Bildungspolitik zu betreiben. Das Vorgehen von dpa ist ein Fall von Machtmißbrauch, der in der Geschichte dieses Hauses einmalig dasteht. Wer gibt der deutschen presse agentur das verdammte Recht, oder wohl richtiger die Macht, von vornherein zu beurteilen, ob die Rechtschreibreform von der Bevölkerung und erst recht den Zeitungslesern gewünscht wird oder nicht?
Ohne die von dpa und Microsoft getroffenen Entscheidungen wäre die Rechtschreibreform längst Geschichte, sie hätte die Schule nie verlassen. Sie wäre als Experiment längst gescheitert und in der Versenkung verschwunden. Stattedessen wird sie jetzt klammheimlich, Wörtchen für Wörtchen, zurückgenommen, damit ja niemand etwas davon merkt, erst recht nicht die Eltern, welcher Mist da auf ihre Kinder losgelassen wurde.
Die dpa beruft sich zur Legitimation für die Umstellung ihrer Agenturtexte gern auf eine Umfrage aus dem Jahr 1996 bei den Beziehern des Basisdienstes. In dieser Umfrage mit beigefügtem Fragebogen (dessen Aushändigung durch die dpa verweigert wurde!!) finden sich Formulierungen wie: „Unserer Ansicht nach ist eine Umstellung auf die neue Rechtschreibung letztlich unvermeidlich vor allem, weil die nachwachsende Lesergeneration andernfalls den Printmedien verlorengehen könnte.“ (Ickler, Regelungsgewalt, S. 224 ff)
Der Fragebogen der dpa samt Anschreiben taugt also bestenfalls als Unterrichtsmaterial in Sozialkunde ab Unterprima, etwa zum Thema: Manipulation, Selbstbetrug und die Folgen.
Die dpa stützte sich bei Nachfragen zur Legitimation gern auf die berühmte Umfrage nach Beschaffung der Unterlagen ist das Alibi aber leider geplatzt.
Jetzt sind vor allem die Verlage und die Autoren gefragt, einen kühlen Kopf zu bewahren. Das in den zurückliegenden Jahrzehnten bestens bewährte Handwerkszeug sollte nicht leichtfertig über Bord geworfen werden vor allem dann nicht, wenn man nichts Besseres hat.
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