Re: Vorschlag
Ist dieser Beitrag tatsächlich von Herrn Prof. Ickler, oder haben Spaßvögel das Forum gehackt??
Zitat: Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Wie könnte eine fast für jeden akzeptable Lösung der Rechtschreibkrise aussehen?
Auch die Kritiker der Rechtschreibreform wollen mehrheitlich keine Rückkehr zum „Nullpunkt“ (Hans Zehetmair), wenn darunter die Wiedereinsetzung des alten Duden mit allen bekannten Haarspaltereien zu verstehen ist. Andererseits haben die zwar notwendigen, aber nur punktuellen Reparaturen der Neuregelung, wie die Revision vom Juni 2004 und die früheren inoffiziellen Korrekturen zeigen, nur zu neuem Flickwerk und nochmals gesteigerter Verunsicherung geführt. Die Einführung von immer neuen Varianten, mit der sich die Urheber der Reform seit 1996 gegen kritische Einwände abzusichern versuchen, widerspricht dem anerkannten Sinn jeder Orthographie.
Das Hauptziel muß jetzt sein, die Einheitlichkeit der deutschen Orthographie wiederherzustellen. Dabei ist die Sprachrichtigkeit der Regeln und aller Einzelfestlegungen selbstverständliche Voraussetzung.
Alle sechs Bereiche der Orthographie – nicht nur die von der KMK-Präsidentin ausdrücklich erwähnten – müssen ohne Denkverbote neu durchdacht werden. Folgende Aufgaben stellen sich:
1. Welche Formulierungen in Regelwerk und Wörterverzeichnis des alten Duden (1991) waren korrekturbedürftig – insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Schreibpraxis vor der Neuregelung? (Anpassung der Duden-Darstellung an die Schreibwirklichkeit)
2. Welche Teile der Neuregelung sind zweckmäßig und stimmen mit der tatsächlichen Sprachentwicklung überein? Dabei sollte beachtet werden, daß keine Entwertung der vorhandenen Literaturbestände eintritt und kein kostspieliger Neudruck vorhandener Werke erforderlich wird.
Erwägenswert sind zum Beispiel:
- Erhalt von drei gleichen Buchstaben in Zusammensetzungen (Stofffetzen)
- Zulassung schon gebräuchlicher Umlautschreibungen wie Schänke, einbläuen
- Maßvolle Fremdworteindeutschungen wie Jogurt, Känguru
- Zulassung schon gebräuchlicher Univerbierungen wie sodaß, umso, stattdessen
- Zulassung gebräuchlicher Getrenntschreibungen in Fällen wie so viel, zu viel
- Vereinheitlichung bei hungers, rechtens; Zulassung von auf Deutsch usw.
- Klärung undeutlicher Einzelfallregelungen im alten Duden (Rad fahren, aber auch ernstnehmen)
- Trennbarkeit von st (Wes-te, aber nicht in Zusammensetzungen wie In-stitut)
Das Für und Wider dieser und anderer Punkte (auch der „Heyseschen s-Schreibung“) ist unter Heranziehung der besten Fachliteratur objektiv darzulegen und abzuwägen.
3. Künftig keine staatlichen Eingriffe mehr, sondern Genehmigung von Rechtschreibwörterbüchern für den Schulgebrauch auf dem üblichen Wege der Schulbuchzulassung. Einrichtung einer beratenden Instanz zur Wahrung einer einheitlichen Rechtschreibung, vielleicht bei der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Wahrscheinlich ist keine ständige Arbeitsstelle (neben den eigentlichen Wörterbuchredaktionen) erforderlich, sondern nur ein in größeren Abständen tagender Ausschuß, der strittige Fälle und neue Entwicklungen diskutiert und Empfehlungen ausspricht.
4. Der Termindruck muß aufgehoben werden. Der 1. August 2005 wäre nur einzuhalten, wenn eine radikale Lösung angestrebt würde: vollständige Rückkehr zum alten Duden oder stures Festhalten an der jetzt vorliegenden Fassung. Eine dauerhafte Lösung verlangt sorgfältige Arbeit und braucht Zeit.
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Detlef Lindenthal
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