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Sigmar Salzburg
10.12.2004 19.16
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... ohne Anrede

Die Aufhebung des Volksentscheids ist von der CDU beantragt worden, der selben Partei, die den Volksentscheid betrieben und unterstützt hat.
Wir konnten ja wohl schlecht diese Initiative der CDU, die Angst hatte vor der breiten Protestwelle der Eltern und Lehrern an den Schulen, ablehnen, obwohl wir immer für die neue Rechtschreibung eingetreten waren.

Wir haben aber diese CDU-Initiative erst dann unterstützt, nachdem klar war, dass alle anderen Bundesländer die neue Rechtschreibung eingeführt haben und SH im gesamten deutschsprachigen Raum alleine da stand.

Als klar war, dass es kein einziges Schulbuch mehr in der alten Rechtschreibung geben würde, hatten wir keine andere Wahl mehr.

Nun ist die Übergangszeit abgelaufen – irgendwann muss man dann auch Entscheidungen akzeptieren. Tut mir leid – wir haben wirklich wichtigere Probleme.

Im Übrigen bin ich sicher, dass ihr Sohn nach der neuen Rechtschreibung erheblich weniger Fehler macht, als nach der alten!


Gruß


___________________

Karl-Martin Hentschel
Fraktionsvorsitzender

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
im Schleswig-Holsteinischen Landtag

Düsternbrooker Weg 70
24105 Kiel

Tel.: 0431 / 988 – 1512
Fax: 0431 / 988 – 1501
karl-martin.hentschel@gruene.ltsh.de

Antwort auf das Hauptanliegen:

... Ich bitte Sie daher, sich mit mir dafür einzusetzen,

1. daß die traditionellen Schreibweisen jetzt grundsätzlich nicht als Fehler gewertet werden dürfen und

2. auch nach dem 29. Juli 2005 in den Schulen weiterhin als richtig gelten.

Es ist ein Unding, wenn Schüler, die so schreiben, wie man es täglich in vielen Zeitungen, bei anerkannten Schriftstellern und in den meisten Büchern der Bibliotheken lesen kann, dafür bestraft werden. Das dürfte doch auch mit Ihrer Vorstellung von der Unwichtigkeit der Rechtschreibung nicht vereinbar sein.


__________________
Sigmar Salzburg

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Fritz Koch
08.12.2004 22.53
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Müssen Abgeordnete überhaupt schreiben können?

Die brauchen doch nur reden können, nur die Protokollführer müssen schreiben können, aber die fragt keiner. Wetten daß Abgeordnete ihre Briefe nur diktieren? Die Sekretärinnen fragt auch keiner. Abgeordnete zu ihrer Meinung zur Rechtschreibung zu fragen ist wie Blinde zu ihrer Meinung zu Farben zu fragen: Sie wissen garnicht, was das ist.
Das gleiche gilt für Kultusminister, Ministerpräsidenten, Bundeskanzler und Parteivorsitzende.
– geändert durch Fritz Koch am 09.12.2004, 11.04 –

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Sigmar Salzburg
08.12.2004 20.41
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Karl-Martin Hentschel, Grüne

Hallo Herr Sigmar,

es gibt wirklich wichtigere Themen als die Rechtschreibreform.

Im übrigen schicke ich Ihnen gerne noch mal meine Rede von 1997.

Vielleicht gibt sie ihnen zu Denken – insbesondere der Schluss mit Göte!!!

Gruß

Hentschel


G.E. Lessing sagte: „Schreibe wie du redest, so schreibst du schön.“

[Reaktion per Email auf die Zusendung des „Salzburger Programms"; die Rede existiert hier schon in der protokollierten Form]
__________________
Sigmar Salzburg

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Fritz Koch
06.12.2004 08.01
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Interview mit Heide Simonis in "Chrismon" Dez/2004

„Chrismon“ als Beilage zu „Die Zeit“, „Frankfurter Rundschau“, „Sächsische Zeitung“, „Süddeutsche Zeitung“, „Der Tagesspiegel“, „Potsdamer Neueste Nachrichten“

Markige Sprüche von Heide Simonis (Diplomvolkswirtin, SPD-Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein seit 1993):
„Wenn ich eine Sache gut durchgestanden habe und ich mir danach sagen kann: Denen habe ich's aber gezeigt.“
„Ich habe ein ganz starkes Gefühl für Ungerechtigkeiten.“

E-Mail: redaktion@chrismon.de

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Matthias Dräger
06.12.2004 03.47
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Allgemeine Umerziehung, ohne Notwendigkeit

Sie können von Glück sagen, daß Sie das alles nicht selbst erlebt haben – fragen Sie einmal Frau Ahrens aus Elsfleth oder Frau Ahrens aus Bremen! Was Landeswahlleiter Strehlen in Niedersachsen sich gegenüber den Reformgegnern herausgenommen hat, geht auf keine Kuhhaut.

Um das Thema vorerst abzuschließen: In Rheinland-Pfalz ist die Rechtschreibreform klar verfassungswidrig. Dort heißt es:

Art 1, (3): Die Rechte und Pflichten der öffentlichen Gewalt werden durch die naturrechtlich bestimmten Erfordernisse des Gemeinwohls begründet und begrenzt.“

„Begrenzt“ – ist das nicht klar, was das heißt? Der Staat darf keinesfalls mehr machen, als für das Gemeinwohl unbedingt notwendig ist. Die Spaltung der öffentlich sichtbaren Orthographie sehe ich nicht als naturrechtlich bestimmtes Erfordernis an.

Adolf Süsterhenn (Justiz- und Kultusminister) und Hans Schäfer (Ministerialrat im Justizministerium) schreiben 1950 in ihrem Kommentar der Verfassung für Rheinland-Pfalz:
Weiterhin hat der Staat nach Art. II „das Wohlergehen des Einzelnen und der innerstaatlichen Gemeinschaft zu fördern“. Der Staat ist also nicht Selbstzweck. Seine Aufgabe ist subsidiärer Natur. Er soll den Einzelmenschen und die innerstaatlichen Gemeinschaften (Familien, Gemeinden, Gemeindeverbände, berufsständische Leistungsgemeinschaften Wirtschaftskörperschaften, Heimatlandschaften, Kirchen, Kultuverbände und die Fülle der freien Vereinigungen) „fördern“, d. h. ihnen bei der selbsttätigen Erfüllung ihrer Aufgaben und Zwecke behilflich sein. Damit ist es dem Staat untersagt, den Einzelnen und die genannten Gemeinschaften zu unterdrücken und ihre Aufgaben nach dem sogenannten „Gesetz der zunehmenden Staatstätigkeit“ an sich zu reißen. Vielmehr hat der Staat, wie Art 1 W-BV bestimmt, die Aufgabe, dem Menschen bei der Erfüllung seines Lebenszweckes „zu dienen“.

Ich sehe es nicht als Aufgabe des Staates an, mir 20 Jahre nach Verlassen der Schule per Kultusministererlaß mitzuteilen, wie man eigentlich richtig, „vorbildlich“ schreibt und, auch über entsprechende Anweisung an seine Behörden, ohne Notwendigkeit eine allgemeine Umerziehung einzuleiten.

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margel
05.12.2004 21.29
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Schmerzlich, aber nicht zu ändern

Sicher war es empörend, unwürdig und ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die die Schulbuchweisheiten über unsere ach so sauber funktionierende Demokratie geglaubt hatten. Die Trickserei vor der Volksabstimmung und danach das schmutzige Spiel einer Allparteienkoalition markieren einen Tiefpunkt der politischen Kultur nicht nur in Schleswig-Holstein. Es ist allerdings nie verkehrt, von Illusionen geheilt zu werden. Das wahre häßliche Gesicht der Macht bekommt man nicht alle Tage zu sehen. Nur – verfassungswidrig war das alles nicht, leider... Und damit genug zu diesem Thema.

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Matthias Dräger
05.12.2004 18.55
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Alle Staatsgewalt...

geht von den Volksvertretern aus? Ist es das, was Sie meinen?

Richtig, verehrter Herr Margel, wir sind beide keine Verfassungsrechtler. Vielleicht sehe ich deshalb (für mich) die Dinge so klar, unangekränkelt durch irgendwelches Fachwissen über Verwaltungsrecht.

Mit der Abstimmung über die Rechtschreibreform hat das VOLK mehrheitlich eine Willensbekundung vorgenommen, die heißt: Keine Rechtschreibreform!

Wenn danach die Vertreter des Volkes dieses Votum in sein Gegenteil verkehren:

Liebes, widerspenstiges Volk, Du weißt gar nicht, was gut für Dich ist, Du wirst jetzt DOCH reformiert,

dann ist das eine Brechung des Volkswillens. Die Staatsgewalt geht in diesem Falle nicht mehr vom Volk aus, sondern von den von ihm vertrauensvoll gewählten Vertretern, die sich über den Willen des Volkes hinwegsetzen.
Der Satz: Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus verliert dann seine prinzipielle Gültigkeit, er gilt nicht immer, nur noch meistens. Er sollte korrekterweise dann neu formuliert werden:

Alle Staatsgewalt geht – meistens! – vom Volk aus.

Die ganzen Begleiterscheinungen bei der Vorbereitung zur Abstimmung
- Gezerre um Zusammenlegung mit der Bundestagswahl
- Gegenvorschlag der Regierung, der zu einem verwirrenden Stimmzettel führte, mit einem Punkt „Ablehnung beider Vorschläge“, der aber bei der Auszählung FÜR den Regierungsvorschlag gewertet wurde (!!)
- Versuch, gesonderte Wahlkabinen durchzusetzen,
etc., etc.

sowie das, was die Landesregierung mit dem Mandat zur Beendigung der Rechtschreibreform gemacht hat, spottet jeder Beschreibung.
Zur nächsten KMK-Sitzung schickte Simonis eine Kultusministerin, die vorher keine Gelegenheit ausgelassen hatte, die Leute regelrecht auszutricksen, und die ihr Entlassungschreiben schon in der Handtasche hatte.

Wer das aus nächster Nähe miterlebt hat, fragt sich, was das alles noch mit Demokratie zu tun hat.

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Fritz Koch
05.12.2004 17.14
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Das Grundgesetz muß in Artikel 38 (1) ergänzt werden:

„Sie [die Abgeordneten des Deutschen Bundestages] sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“
Notwendige Ergänzung:
„Das Gewissen der Abgeordneten wird von den Fraktions- oder Parteivorsitzenden bestimmt.“
Begründung für die Ergänzung:
Anpassung an die tatsächliche und auch vom Bundesverfassungsgericht gebilligte Praxis und um den Abgeordneten unzumutbare Gewissenskonflikte zwischen Wähler- bzw. Volkswillen und Parteiinteressen zu ersparen. Außerdem ist es für Wirtschaftsverbände ein unzumutbarer Mehraufwand, statt des Parteivorsitzenden jeden einzelnen Abgeordneten überzeugen zu müssen.

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margel
05.12.2004 14.20
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Freies Mandat

Wir sind ja beide keine Verfassungsrechtler, verehrter Herr Dräger, aber aus der Landesverfassung von Schleswig-Holstein ist eine Bindungswirkung von Volksentscheiden für das Parlament nicht herauszulesen. Die Abgeordneten sind an Weisungen nicht gebunden, auch nicht an solche der Stimmbürger. Dem Souverän verantwortlich sind sie nur als sich zur(Wieder-)Wahl stellende Kandidaten. Sind sie einmal gewählt, so sind sie nur ihrem Gewissen unterworfen – wie immer man das verstehen mag. Das Thema „Fraktionszwang“ steht auf einem anderen Blatt. – Das BVG dürfte die fragliche Verfassungsbeschwerde entweder wegen Nichtzuständigkeit (womöglich auch, weil der Rechtsweg nicht ausgeschöpft war) oder mangels Aussicht auf Erfolg nicht zur Entscheidung angenommen haben.

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Matthias Dräger
05.12.2004 13.15
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Irrtum, leider

Der § 37 (2) lautet: „Die Gesetze werden vom Landtag oder durch Volksentscheid beschlossen.“

Die RANGORDNUNG zwischen Volk und Volksvertreter ist aber in Artikel 2 ganz klar geregelt:

„Es (das Volk) handelt durch* seine gewählten Vertretungen im Lande, in den Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie durch Abstimmungen.“

Bei einer sachbezogenen Willensbekundung dürfen die Vertreter des Volkes denklogisch somit nicht etwas anderes beschließen, als das Volk will. Das wäre auch eine Verletzung des Grundsatzes, daß alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht (Art 2,1).

In Schleswig-Holstein hat man sich über den Willen des Volkes hinweggesetzt, die Folgen sind bekannt (zum Teil auch noch nicht bekannt, die werden erst noch bekannt). Wir leben derzeit mit einer zersplitterten Orthographie, deren „Einheit“ (ha!) ein von den Kultusministern zum Gärtner erhobener „Rat für deutsche Rechtschreibung“ „bewahren“ soll.

Gegen das Vorgehen der Volksvetreter ist von Dr. Ulrich Klieges, Vater zweier Kinder und Vorsitzender des Elternvereins in Kiel, Verfassungsbeschwerde beim BVerfG eingereicht worden. (Schleswig-Holstein besitzt ja kein eigenes Landesverfassungericht).
Die Beschwerde wurde, obwohl der ordentliche Rechtsweg eingehalten wurde, in Karlsruhe nicht zur Entscheidung angenommen.

* Hervorhebung durch MD

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margel
05.12.2004 12.55
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Leider, leider...

Gewiß widerspricht es dem Sinn direkt-demokratischer Abstimmungen, wenn deren unliebsame Ergebnisse anschließend durch die gewählten Volksvertreter sozusagen kaltlächelnd einfach kassiert werden. Aber verfassungswidrig war das Vorgehen des Schleswig-Holsteinischen Landtages trotzdem nicht. In der Verfassung des Landes ist eben kein Vorrang des einen vor dem anderen Verfahren verankert.(Artikel 37(2)). Ob das seinerzeit absichtlich oder nur aus Nachlässigkeit geschehen ist, müßten die Protokolle aus den Verhandlungen des verfassungsgebenden Gremiums zeigen. Jedenfalls hat es meines Wissens keine Verfassungsbeschwerde gegeben, wohl wegen Aussichtslosigkeit. – In Ländern mit echter Beteiligung des Souveräns an der Gesetzgebung(Bsp. Schweiz) ist solch ein Akt natürlich undenkbar.

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Matthias Dräger
05.12.2004 09.35
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Der schleswig-holsteinische Landtag

Am 17. September 1999 hat der schleswig-holsteinische Landtag darüber abgestimmt, ob das Ergebnis des Volksentscheids vom 27. September 1998 aufgehoben werden soll.
Eine solche Abstimmung ist angesichts der Verfassung von Schleswig-Holstein

Art 2: „Das Volk bekundet seinen Willen in Wahlen und Abstimmungen. Es handelt durch die gewählten Vertreter.“ (...)

klar verfassungswidrig. Daß dies von allen anwesenden Landtagsabgeordneten anders gesehen wurde, daß die Aufhebung des Ergebnisses des Volksentscheides einstimmig geschah, ist nicht mehr undemokratisch, das ist nur noch gespenstisch.

In der Ukraine wäre ein solches Vorgehen der Volksvertreter gegen den Willen des Volkes nicht möglich gewesen – undenkbar!

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Theodor Ickler
05.12.2004 08.53
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Der Fall Hoffmann

Frau Hoffmann möchte durch nichts mehr daran erinnert werden, daß sie einmal ihre eigene Meinung gesagt hat, ohne sich vorher zu vergewissern, ob sie auch mit der des Fraktionsvorsitzenden übereinstimmt. Bemerkenswert ist, daß der Fraktionszwang, für den man unter brenzligen Umständen ein gewisses Verständnis haben kann, in einer solchen Sache wie der Rechtschreibreform eingesetzt worden ist. Das bedeutet doch, daß es hier um die Staatsräson auf höchster Ebene geht, d. h. um wirtschaftliche Interessen bestimmter Gruppen. Allerdings hat die rot-grüne Koalition schon in ihrer Koalitionsvereinbarung den Koalitionszwang zur verfassungswidrigen Dauereinrichtung gemacht. Hier eine Information zur Sache selbst:

Fraktionszwang


Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verbietet in Artikel 38 Absatz 1 jegliche Einflussnahme auf das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages. „Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“

In der von Parteien bestimmten Demokratie der Bundesrepublik hat sich innerhalb aller Fraktionen, sowohl bei der Regierung als auch bei der Opposition, der so genannte Fraktionszwang entwickelt, auch als Fraktionsdisziplin bezeichnet. Er bezeichnet die geschlossene Abstimmung innerhalb einer Fraktion im Parlament bzw. innerhalb der Regierungsfraktionen, wie dies z.B. im Koalitionsvertrag von SPD und Bündnis 90 / Die Grünen niedergelegt ist: „Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab.“ (Kapitel XII., Absatz 2)

Politiker verteidigen dieses ungeschriebene Gesetz, das im Widerspruch mit dem Grundgesetz steht, meist mit der Notwendigkeit der Handlungsfähigkeit der Regierung. Ohne geschlossenes Abstimmungsverhalten werde die Verabschiedung von Gesetzen erschwert, da die nötige Mehrheit unsicher sei. Den Oppositionsparteien dient der Fraktionszwang dazu, ihr Profil gegenüber der Regierung zu schärfen.

In die Schlagzeilen gerät der Fraktionszwang häufig erst dann, wenn er aufgehoben wird, was meist bei wirklichen Gewissensfragen wie z.B. im August 2001 bei der Abstimmung über den Mazedonien-Einsatz der Bundeswehr der Fall ist. Streng genommen kann von einer Aufhebung des Fraktionszwangs allerdings keine Rede sein, die Fraktionsspitze verzichtet in diesem Fall lediglich auf eine Einflussnahme auf ihre Abgeordneten. Sanktionen gegen Abgeordnete, die ihre Stimme entgegen der Linie der Fraktion abgeben sind laut Grundgesetz verboten: „Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung ... gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden.“ (Art. 46 I GG)

Wenn ein Abgeordneter allerdings häufig gegen die Fraktionsdisziplin abstimmt, droht ihm innerhalb der Partei, dass er bei der nächsten Wahl nicht mehr aufgestellt wird oder keinen aussichtsreichen Listenplatz erhält. So stimmen die meisten Abgeordneten mit der Fraktion geschlossen ab, um sich die Chancen auf eine Karriere in der Partei zu erhalten.

Kritiker bemängeln daher, dass in der Praxis der Bundesrepublik Deutschland damit kein vollständig „Freies Mandat“, wie es das Grundgesetz vorsieht, existiert. Das Gegenteil, ein „Imperatives Mandat“, würde dagegen eine vollkommene Gebundenheit an den Willen der Wähler oder der Partei- bzw. Fraktionsführung einschließlich juristischer Sanktionsmöglichkeiten bedeuten. Ein Imperatives Mandat erhalten z.B. die Vertreter der Länder im Bundesrat, die die Stimmen entsprechend der Weisung ihrer Landesregierung abgeben.
(www.politikerscreen.de)
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Th. Ickler

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Matthias Dräger
05.12.2004 08.09
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Parteiraison

Die Rücknahme der Unterschrift von Frau Hoffmann ist ein typischer Fall von Parteiraison: „Die SPD“ (d.h. Genosse Müntefering) ist für ein Festhalten an der Rechtschreibreform, also hat ein SPD-Mitglied auch gefälligst keinen Gruppenantrag zur Beendigung der Rechtschreibreform zu unterstützen. Wo kämen wir denn da hin, wenn im Bundestag jeder machen würde, was er wollte?

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Theodor Ickler
05.12.2004 07.36
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Frau Hoffmann ist nicht der Fall (sondern Herr Müntefering)

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten Sie darauf hinweisen, daß auf Ihrer Internetseite eine veraltete Version des Bundestagsantrages


Die Einheit der deutschen Sprache bewahren

enthalten ist, in der Frau Hoffmann als Unterstützerin des Antrages aufgeführt ist. Letzteres ist nicht der Fall.

Der von Ihnen genannte Antrag ist in seiner veröffentlichten und endgültigen Version als Bundestagsdrucksache 15/4249 unter

http://dip.bundestag.de/btd/15/042/1504249.pdf

im Netz zu finden.

Mit freundlichen Grüßen

Markus Giesecke (Referent)


Büro Jelena Hoffmann MdB
Platz der Republik
11011 Berlin

Tel (030) 227-71161
Fax (030) 227-76210

__________________
Th. Ickler

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