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Reinhard Markner
27.03.2002 15.14
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Wiedervereinigung

Mit der Einheit der deutschen Orthographie ist wie mit der deutschen Einheit : Man wird sie nicht um jeden Preis wollen.

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Manfred Riebe
27.03.2002 12.34
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Umfrage zur Wiederherstellung der Einheit der deutschen Rechtschreibung

Die DSW http://www.deutsche-sprachwelt.de startete eine Umfrage:

Soll die Einheit der deutschen Rechtschreibung wiederhergestellt werden?

Umfragestart: 27.3.02 15:11 Uhr
Ihre Meinung

Ja! 20 Klicks = 90.91 Prozent
Nein! 2 Klicks = 9.09Prozent

Bitte beteiligen Sie sich an der Umfrage!

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Manfred Riebe
26.03.2002 09.45
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Ein provokativer Impuls

Pädagogen wissen, daß jeder Stoff sehr häufig wiederholt werden muß, bis er sich im Langzeit-Gedächtnis einprägt. Trotzdem fällt bei manchen Politikern, Journalisten und Verlegern der Groschen nie. Bei anderen dauert es sehr lange, bis er fällt. Man denke auch an die arme Witwe, die dem ungerechten Richter immer wieder ihr Anliegen vortrug, bis sie schließlich doch Erfolg hatte.

Am meisten Verständnis dafür dürfte ein Handelsvertreter haben, den man in einem Blumenladen mitsamt seinem Kaktus, den er verkaufen wollte, zur Vordertür herauswirft, der dann aber mit seinem Kaktus zur Hintertür wieder hereinspaziert.

In Erinnerung an den alten Cato könnte man ständig wiederholen:
Ceterum censeo, reformationem ad peius scribendi delendam esse...
Auf deutsch: Im übrigen bin ich der Meinung, daß die Schlechtschreibreform zerstört werden muß...

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Walter Lachenmann
25.03.2002 21.28
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Pathos

Empörung kann man inszenieren und terminieren, wie wir nicht erst seit der jüngsten Bundesratsdebatte wissen, und man kann sie natürlich auch ritualisieren. Sie wird dann langweilig und interessiert deshalb sehr bald keinen mehr, auch wenn sie weiterhin berechtigt sein mag. Bei permanentem Fortissimo halten sich auch die gutwilligsten Leute irgendwann einmal die Ohren zu.
Das Vaterunser ist ein wunderschöner Text, aber wenn er bei jeder Gelegenheit heruntergeleiert wird, ist er bald in seiner eigentlichen Funktion und seinem Sinn entwertet. Das gilt für weniger schöne Texte, auch wenn sie wahr sein mögen, erst recht.
__________________
Walter Lachenmann

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Theo Grunden
25.03.2002 21.01
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Re: Die Sprache gehört dem Volk

Sicher tut sie das, und sicher darf man das Verhalten der Kultusministerkonferenz in der Frage der Rechtschreibreform sogar durchaus staatsfeindlich nennen – allein schon deshalb, weil sie eine demokratische Vorgehensweise verhindert (zumindest behindert), die für unseren Staat eigentlich außerhalb jeder Diskussion stehen müßte. Wenn Fehler gemacht worden sind – und das ist ja wohl unstrittig, wie gerade noch unser Kulturstaatsminister Nida-Rümelin feststellte –, müssen diese auf den Tisch, und zwar schnell und unabhängig von den Kosten, die durch sie angefallen sind; auch unabhängig von einem Ansehensverlust, der den (Un-?)Beteiligten vielleicht drohen würde. Staatsfeindlichkeit von Politikern oder deren Gleichgültigkeit gegenüber dem Volk (das den Staat ja eigentlich ausmacht), äußert sich leider öfter und an mehr Stellen als es das Volk wahrhaben will – zur Zeit sieht man wieder deutlichere Beispiele dafür. Noch viel wichtiger als die (schriftliche) Form der Sprache (Richtigkeit) ist m.E. die in ihr enthaltene und durch sie ausgedrückte Wahrheit (Aufrichtigkeit). Doch die können leider die beste Staatsverfassung und die besten Gerichte nicht erzwingen; jedoch kann sie das Volk von seinen Vertretern immer wieder und nicht oft genug einfordern. Dabei ist jeder gefragt.

Noch etwas zu einigen in diesem Strang zuletzt zu lesenden Gedanken:

„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ (Artikel 3.3 GG)

Aus dem zitierten Artikel des Grundgesetzes leitet sich nicht ab, Herr Riebe, daß der Staat die Sprache zu schützen hat – so sehr ich mir mit Ihnen zusammen wünsche, daß er dies täte (zunächst ist offensichtlich erst einmal die Tierwelt an der Reihe). Er hätte wohl den Bürger zu schützen, falls diesem aus der Tatsache, daß er z.B. eine bestimmte Sprache spricht (schreibt?), ein Nachteil erwachsen sollte. Ebenso kann man ja auch nicht daraus ableiten, daß der Staat die Heimat schützen muß (dieser Begriff steht dort ja gleich hinter Sprache); das stelle ich mir – zumindest im Falle der meisten ausländischen Mitbürger – eher unmöglich und auch nicht wünschenswert vor. De facto erwachsen beobachtbare Nachteile wohl öfter und eher aus der Tatsache, daß jemand eine bestimmte Sprache nicht spricht (nicht sprechen kann oder will). Auch wer die („)Sprache(“) der Politiker, an die er heranwill, oder die seines „Dienstherrn“ nicht spricht, hat meist schon schlechte Karten.

Hier geht es um den Schutz von Minderheitssprachen, wie die Sprache der Sinti und Roma, Bairisch, Plattdeutsch und Sorbisch. Zusätzlich gibt es eine Europäische Charta für Minderheitssprachen. Das bedeutet aber im Umkehrschluß, daß natürlich der Schutz der Mehrheitssprache gewissermaßen als „Kulturdenkmal“ oder „Weltkulturerbe“ in der Verfassung als selbstverständlich vorausgesetzt wird. (Zitat M. Riebe).

In dem oben zitierten GG-Artikel geht es ja nicht nur um den Schutz von Minderheiten (nach sprachlicher, religiöser und anderer Einteilung), sondern gleichermaßen auch um den von Mehrheiten, und das ist auch sinnvoll. Übrigens lassen sich durchaus Fälle denken, in denen im Laufe der Zeit aus Mehrheiten Minderheiten werden (ich habe das Gefühl, daß ich auch einer solchen angehöre), und umgekehrt. Und für die hat dann dieser GG-Artikel (zum Glück) gewissermaßen „durchgehende Gültigkeit“. Ein Umkehrschluß (zu welchem Schluß oder zu welcher Aussage übrigens?) wäre hier also m.E. schon aus dem Grunde gar nicht zu bemühen.

Das BVerfG hat es außerdem versäumt, den Art. 3 (3) GG zu prüfen. Darin ist die Pflicht des Staates enthalten, die Sprache zu schützen. Im Umkehrschluß bedeutet dies, daß der Staat grundsätzlich kein Recht hat, in die Sprache einzugreifen. (Zitat M. Riebe)

Dazu siehe oben. Und trotzdem gilt weiterhin und mehr denn je: „Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS) – Dem stimme ich voll zu!

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Manfred Riebe
25.03.2002 12.04
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Mannheimer Attentat auf Schreibberufler

Niemand darf wegen seiner Sprache benachteiligt werden
Aber auch Schriftsteller werden zum Neuschrieb genötigt und diskriminiert

Was nützt ein Aufmarsch der Rechtsgelehrten? Zehn Juristen, zehn verschiedene Meinungen, wenn der Parteien Gunst und Haß die Köpfe verwirrt. Man denke nur an das skandalöse Verhalten des Bundesratspräsidenten, des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, in der letzten Bundesratssitzung und dessen Folgen. Wenn es um politische Korrektheit oder Fraktionszwang geht, wird Recht verbogen, bis es Unrecht ist. Davor ist auch ein Bundesverfassungsgericht nicht gefeit. Deshalb gilt der Spruch: „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.“ Das bezeugen 38 Gerichtsurteile über die Rechtschreibreform, die sehr unterschiedlich ausfielen vgl.
jura.freepage.de/cgi-bin/feets/freepage_ext/41030x030A/rewrite/rwg/frame.html

Aber eines steht fest: Die Grundrechte im Grundgesetz (GG) haben Vorrang vor allen Kompetenzfragen des Bundes und der Länder im GG, vor Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien und Erlassen. Der Art. 3, Abs. 3 GG lautet: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Dieser Sprachschutz war sehr wahrscheinlich als Reaktion auf das Dritte Reich für Minderheitssprachen gedacht. Aber das im Dritten Reich begonnene Attentat auf die einheitliche Rechtschreibung Konrad Dudens wurde mit Erfolg fortgesetzt. Heute werden Schreibberufler im Berufsleben wegen ihrer Schriftsprache diskriminiert und benachteiligt, wenn sie die herkömmliche Rechtschreibung verwenden. Das ist z.B. bei Lehrern, Schriftstellern, Journalisten, Übersetzern usw. ganz konkret der Fall.

Aber wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Wenn nur einer der diskriminierten Schreibberufler klagen würde, dann müßten die Richter Art. 3, Abs. 3 GG auch auf die deutsche Mehrheits-Schriftsprache anwenden. Aber die großen Schriftsteller klagen nicht, weil ihre Verleger es meist nicht wagen, ihre Texte in Neuschrieb umzuwandeln. Doch auch ein Rafik Schami wird genötigt, seine Texte umwandeln zu lassen. Die kleineren Schriftsteller könnten sich zwar auf ihr Urheberrecht und Art. 5, Abs. 3 GG berufen, wonach Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre frei sind. Aber auch sie lassen sich von ihren Verlegern nötigen.
_______________________________

„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)

Manfred Riebe
Vorstandsmitglied des VRS
Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
- Initiative gegen die Rechtschreibreform –
Max-Reger-Str. 99, D-90571 Schwaig bei Nürnberg
Manfred.Riebe@raytec.de
http://www.vrs-ev.de

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Manfred Riebe
24.03.2002 10.32
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Verfassungswidrigkeit der Rechtschreibreform

Man gebe in die Suchmaschine http://www.google.de die Stichworte: „Verfassungswidrigkeit der Rechtschreibreform“ ein. Man staunt, wieviel Treffer dabei herauskommen. Mehr als die Hälfte aller Verwaltungsgerichte erkannten einen Grundrechtseingriff durch die Rechtschreibreform. Sollten alle diese Juristen dümmer sein als die Verfassungsjuristen des politisch besetzten Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, deren Urteil unter äußerst dubiosen Begleitumständen zustandekam?

Auch das Verwaltungsgericht Hannover gehört zu jenen vielen Gerichten, die eine Verletzung von Grund- und Menschenrechten durch die Rechtschreibreform erkannten:
________________________________

Leitsätze:

1. Sprache und Schreibung genießen aufgrund ihrer elementaren Bedeutung für das Menschsein den Schutz der Art. 1 I, 2 I GG.

2. Bei einer die Schreibung erheblich verändernden Rechtschreibreform muß durch Wahrung größtmöglicher Pluralität in der Zusammensetzung der Vorbereitungsgremien und durch Anhörung der betroffenen Kreise die Gemeinverträglichkeit und die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs sichergestellt werden.

3. Wegen ihrer Wesentlichkeit und ihres grundrechtseingreifenden Charakters bedarf die Rechtschreibreform einer gesetzlichen Grundlage.

VG Hannover, Urteil vom 2.3.1998 – 6 A 4317/97 (NJW 1998, 1250)
http://www.afs-rechtsanwaelte.de/urteile8.htm
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Manfred Riebe
Vorstandsmitglied des VRS
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Manfred Riebe
23.03.2002 22.27
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Verfassungsbruch der Verfassungsschützer

Ich habe grundsätzlich das Eingriffsrecht des Staates in die Sprache bestritten. Dies wäre nur durch ein Gesetz möglich. Die Kultusminister und die Innenminister haben jedoch auf dem Erlaßwege in die Schriftsprache eingegriffen.

Im Urteil des BVerfG heißt es:
„Am 26. März 1998 hat der Bundestag auf Empfehlung des Rechtsausschusses (vgl. BTDrucks 13/10183) beschlossen (vgl. BT-Plenarprotokoll 13/224, S. 20567):

1. Der Deutsche Bundestag nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, daß die Art und Weise der Umsetzung der Rechtschreibreform und ihre Inhalte bei den Bürgern unseres Landes ein hohes Maß an rechtlicher und sprachlicher Unsicherheit über die deutsche Rechtschreibung hervorgerufen haben. ...

2. Der Deutsche Bundestag ist der Überzeugung, daß sich die Sprache im Gebrauch durch die Bürgerinnen und Bürger... ständig und behutsam, organisch und schließlich durch gemeinsame Übereinkunft weiterentwickelt. Mit einem Wort: Die Sprache gehört dem Volk.“

Das sind eigentlich klare Worte der Volksvertretung gegen einen staatlichen Eingriff in die Sprache. Immerhin ist das Volk der Souverän. Dennoch lautet der erste Leitsatz des Urteils des BVerfG vom 14. Juli 1998, AZ: 1 BvR 1640/97:

„Der Staat ist von Verfassungs wegen nicht gehindert, Regelungen über die richtige Schreibung der deutschen Sprache für den Unterricht in den Schulen zu treffen. Das Grundgesetz enthält auch kein generelles Verbot gestaltender Eingriffe in die Schreibung.“

Die Richter haben den Beschluß des Deutschen Bundestages zwar zitiert, aber in keiner Weise berücksichtigt. Deshalb haben sie das Parlament bevormundet und gewissermaßen in dieser Frage entmündigt. Das BVerfG hat es außerdem versäumt, den Art. 3 (3) GG zu prüfen. Darin ist die Pflicht des Staates enthalten, die Sprache zu schützen. Im Umkehrschluß bedeutet dies, daß der Staat grundsätzlich kein Recht hat, in die Sprache einzugreifen. Tut er es dennoch, dann ist dazu ein Gesetz erforderlich. Aus diesen Gründen haben die Verfassungsschützer einen Verfassungsbruch begangen.
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„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)

Manfred Riebe
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Christian Melsa
23.03.2002 16.29
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Re: Die Sprache gehört dem Volk

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Manfred Riebe
Artikel 3 (3) GG lautet:
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Das BVG hat ja in seinem diesbezüglichen Urteil festgestellt, daß eine derartige Benachteiligung durch den Unterricht der reformierten Regeln (bzw. „sogenannten reformierten“; sogar das BVG spricht immer nur von der „sogenannten Rechtschreibreform“) nicht zu erwarten sei. Das stimmt auch soweit, als daß selbst ein Lehrer, der von oben angewiesen ist, die neue Rechtschreibung zu unterrichten, privat natürlich schreiben kann, wie er will. Dasselbe trifft sogar auf die Schüler zu, oder etwa auf Zeitungsredakteure. Mitzuspielen ist ein Betroffener nur in einem begrenzten Rahmen gezwungen.
Schlechte Leistungen bzw. Fehler eines Schülers dürften sonst nicht relevant werden. Es dürften keine Benotungen stattfinden, denn die wirken sich zweifellos benachteiligend oder bevorzugend aus. Demnach müßte man jedem Schüler seine ganz eigene Rechtschreibung lassen. Man dürfte ihn allerhöchstens darauf aufmerksam machen, wenn seine Schreibungen nicht der Norm entsprechen, aber das dürfte – sozusagen aus Datenschutzgründen – nicht aktenkundig werden. Das gleiche gälte natürlich für die gesamte Sprachpraxis und ohnehin alles, was in der Schule sonst so benotet wird. Kann man überhaupt grundsätzlich verbieten, jemandem ungefragt sprachliche oder sonstige Belehrungen zu erteilen? Die Schulpflicht schränkt die Grundrechte des betroffenen Menschen ohnehin ein. Die Wehrpflicht wäre ein noch extremeres Beispiel, denn die gilt nur für Männer, das ist erst recht ein elementarer Verstoß gegen Artikel 3 (3) GG.

Christian Melsa
Vorsitzender des VRS
Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
- Initiative gegen die Rechtschreibreform -
Veltheimstr. 26, D-22149 Hamburg
c_melsa@gmx.net
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Manfred Riebe
23.03.2002 11.07
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Die Sprache gehört dem Volk

Die Sprache gehört zu den Grund- und Menschenrechten

Mir ist nicht bekannt, daß es bisher eine Diskussion der Grundsatzfrage gab, die Professor Helmut Berschin in seinem Artikel: Laufenlassen oder nicht laufen lassen? Eine Zwischenbilanz zur Rechtschreibreform. In: Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik, Heft 1/1998, gestellt hatte, daß Wissenschaft keine Kompromisse duldet. Auch hier herrscht Schweigen im Walde. Daß die Reformer schweigen, ist klar, weil sie gegen jenen wissenschaftlichen Grundsatz verstoßen haben. Aber daß auch andere Sprachwissenschaftler sich nicht äußern, verstehe ich nicht. Vermutlich hat Berschin einen neuralgischen Punkt, ja sogar ein Tabu, angesprochen.

Ich möchte nun eine weitere Grundsatzfrage ansprechen. Professor Theodor Ickler hatte mit dem Strang „Staat und Sprache“ einen ernstzunehmenden Versuch einer Diskussion unternommen. Wenn man aber in den Strang „Staat und Sprache“ schaut, sieht man, daß die Diskutanten sich selten um die Thematik kümmern, so daß das Thema bisher nicht ernsthaft diskutiert wurde.

Kaum jemand kritisiert mit stichhaltigen Argumenten, daß die Kultusminister diktatorisch über unsere Sprache verfügen. Die Kultusminister lassen nicht einmal die 16 Wissenschaftsminister, die Länderparlamente oder gar den Deutschen Bundestag mitbestimmen. Die Kultusministerkonferenz ist eine Art Staat im Staat. Es ist daher kein Wunder, daß Guido Westerwelle die Abschaffung der Kultusministerkonferenz fordert.

Schon Helmut Kohl sagte: „Die reaktionärste Einrichtung der Bundesrepublik ist die Kultusministerkonferenz. Im Vergleich dazu ist der Vatikan noch weltoffen.“ Vgl. KMK-Präsident weist Äußerungen Kohls zurück. Wernstedt spricht von „böser Entgleisung“. DIE WELT 22.04.97, S. 2.
Bereits zuvor hatte Roman Herzog gesagt: „Kultusminister sind aufgrund ihres geistigen Zuschnitts nicht in der Lage, über die Grenzen ihres Bundeslandes hinaus zu denken.“ Vgl. Schöttes, H. J.; Rossler-Kreuzer, H.: In Schanghai fühlte sich Herzog 'pudelwohl' – und teilte aus. In: Nürnberger Nachrichten 23.11.96, S. 3.

Artikel 3 (3) GG lautet:
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Hier geht es um den Schutz von Minderheitssprachen, wie die Sprache der Sinti und Roma, Bairisch, Plattdeutsch und Sorbisch. Zusätzlich gibt es eine Europäische Charta für Minderheitssprachen. Das bedeutet aber im Umkehrschluß, daß natürlich der Schutz der Mehrheitssprache gewissermaßen als „Kulturdenkmal“ oder „Weltkulturerbe“ in der Verfassung als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Daraus resultiert auch der Beschluß des Deutschen Bundestages vom 26. März 1998: Die Sprache gehört dem Volk. In den Verfassungen anderer Staaten ist die Staatssprache oder sind die Staatssprachen in der Verfassung geregelt. Zusätzlich gibt es Sprachgesetze.

Die Sprache fällt daher keineswegs unter die Kulturhoheit der Länder, so daß die Kultusminister eine alleinige Zuständigkeit beanspruchen könnten. Aber wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Mit dieser Frage hat sich daher das Bundesverfassungsgericht noch nicht beschäftigt.

Tatsache ist, daß man auch auf Bundesebene für die Sprache zuständig ist, die allen Ressorts, auch dem Kulturressort, übergeordnet ist. Im Bundesverteidigungsministerium gibt es z.B. ein Bundessprachenamt mit einem Referat „Terminologie und Lexikographie“. Das Bundesaußenministerium ist dagegen für die Goethe-Institute zuständig. Es wäre Aufgabe von Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin, einmal eine Übersicht über die sprachlichen Aufgaben in den einzelnen Bundesministerien zu schaffen. Das Bundesinnenministerium hat ja das heiße Eisen, besser: die heiße Kartoffel, eine der Hauptbetreiberinnen der unseligen Rechtschreibreform, Frau Ministerialrätin Dr. Monika Palmen-Schrübbers, an den Kulturstaatsminister abgegeben.
Nida-Rümelin hat inzwischen bemerkt, daß man ihm den Schwarzen Peter zugespielt hat. In einem Interview sagte er:
______________________________________

(...)
WamS: Stichwort „Rechtschreibreform“.

Nida-Rümelin: Der Hauptfehler war, dass eine Kommission im staatlichen Auftrag in die Rechtschreibung eingegriffen hat. Aus der Rechtschreibung sollte sich der Staat raushalten. Diese Lehre sollten wir aus der Reform ziehen. In der Vergangenheit hat es mit der Duden-Redaktion auch ohne den Staat ganz gut geklappt.

WamS: Wo setzen sie die Grenzen des Staates in der Kulturpolitik?

Nida-Rümelin: Das beste Vorbild haben wir im Bereich der Wissenschaft. Der Staat stellt die Rahmenbedingungen, in denen sich die Kultur mit eigenen Kräften entwickeln kann. Kunst, die noch nicht marktgängig ist, braucht Schutzräume, aber keine Einmischung durch den Staat. Kulturpolitik sollte Themen und Schwerpunkte bestimmen, aber die inhaltliche Ausfüllung der autonomen Kunst überlassen.
(...)

Das Gespräch führte Ulf Poschardt.
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In: „Der Staat soll sich aus Rechtschreibung raushalten“. Staatsminister Nida-Rümelin zur Pisa-Studie und Kultur als Wahlkampfthema. Interview von Ulf Poschardt. In: WELT am SONNTAG vom 24. März 2002
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Den vollständigen Artikel findet man unter:
http://www.welt.de/daten/2002/03/24/0324de322309.htx
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– geändert durch Manfred Riebe am 24.03.2002, 16.39 –

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Manfred Riebe
20.03.2002 09.45
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Fremde Federn: Romanist Helmut Berschin

Zum Beitrag von Theodor Ickler: „Gordisch“ vom 20.03.2002, 03.54 Uhr.

Ich wollte mich in meinem Beitrag vom 19.03.2002, 22.22 Uhr, „Rätselhafte mangelnde Zivilcourage unter Sprachwissenschaftlern – Eroms' ‚Patenrezept' zur Lösung des ‚gordischen Knotens' Rechtschreibreform“, hinsichtlich der Grundsätze wissenschaftlicher Wahrheitsfindung nicht mit fremden Federn schmücken.

Der Romanist Professor Dr. Helmut Berschin, Institut für Romanische Philologie und Sprachwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen, stellte fest:

„Das Reformwerk konnte aber linguistisch gar nicht glücken, weil es unter einem politischen Vorzeichen stand: dem ‚Kompromiß'. Einer der Reformer erklärte dazu in einem Leserbrief [Burkhard Schaeder: Verantwortlich sind alle Beteiligten, Süddeutsche Zeitung vom 5.5.97, M.R.]: ‚Angesichts der Tatsache, daß mehr als 200 Personen an dem Geschehen [der Ausarbeitung der Rechtschreibreform] beteiligt waren und das schließlich zustande gekommene amtliche Regelwerk einen in zahlreichen Sitzungen ausgehandelten Kompromiß darstellt, ist es unmöglich, einzelne Teile bestimmten Personen zuzuschreiben. Verantwortlich sind erklärtermaßen alle Beteiligten, auch diejenigen, die in einzelnen Fällen überstimmt wurden.'

Der ‚Kompromiß' ist in der Politik, wo es um Mehrheits- und Konsensbildung geht, ein geeignetes Mittel, Probleme zu lösen. In der Wissenschaft geht es aber nicht um Mehrheit, sondern um Erkenntnis, um ‚richtig' oder ‚falsch', und zwar kompromißlos. Kompromisse kann und muß ein Wissenschaftler bei der Problem s t e l l u n g schließen, die ja oft von wissenschaftsexternen Faktoren abhängt; für die Problem l ö s u n g gelten hingegen nur wissenschaftsinterne Kriterien. Der Konstruktionsfehler der Rechtschreibreform liegt darin, daß sie Probleme, etwa die Groß- und Kleinschreibung, zwar linguistisch anging, dann aber politisch durch Mehrheitsentscheid zu lösen versuchte, und nun dieses politische Ergebnis linguistisch rechtfertigen will. Das Reformergebnis, ‚ein in zahlreichen Sitzungen ausgehandelter Kompromiß' (B. SCHAEDER), mag bei einer Steuerreform (die ja erfahrungsgemäß bald wieder reformiert wird) befriedigen, für das ‚Jahrhundertwerk' einer Reform der Rechtschreibung, also der Schreibkonventionen von immerhin hundert Millionen Deutschsprachiger, ist es zu dürftig.“ (Berschin, 1998, S. 48 f.).
_____________________________
Berschin, Helmut: Laufenlassen oder nicht laufen lassen? Eine Zwischenbilanz zur Rechtschreibreform. In: Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik, Jg. LXV, Heft 1/1998, S. 42-49. Vgl. auch
Berschin, Helmut: Zur Reform der deutschen Rechtschreibung. Seinlassen oder nicht sein lassen. In: Politische Meinung, Nr. 313, Dezember 1995, S. 43-46
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Ganz offensichtlich ist nicht einmal diese wissenschaftliche Grundsatzfrage unter den Sprachwissenschaftlern beachtet und diskutiert worden. Wenn solche grundlegenden methodischen Prinzipien nicht beachtet werden, muß ein stümperhaftes Flickwerk entstehen. Hier gibt es für die Diskussion unter Sprachwissenschaftlern ganz offensichtlich einen Nachholbedarf.
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„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)

Manfred Riebe
Vorstandsmitglied des VRS
Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
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Manfred.Riebe@raytec.de
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Thomas Paulwitz
19.03.2002 10.18
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Wie die DEUTSCHE SPRACHWELT die F.A.Z. beeinflußte

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Das Erscheinen der DEUTSCHEN SPRACHWELT trug mit dazu bei, daß die FAZ und andere Medien zur herkömmlichen Rechtschreibung zurückkehrten.


DEUTSCHE SPRACHWELT
2. Ausgabe, 20. September 2000, Seite 7

Das Umdenken hat begonnen
Wie die DEUTSCHE SPRACHWELT die F.A.Z. beeinflußte
Von Thomas Paulwitz, Erlangen

„Was weiß Manfred Kanther? Zum Stand der sogenannten Rechtschreibreform“. Unter dieser Überschrift hatte Professor Theodor Ickler in der ersten Ausgabe der DEUTSCHEN SPRACHWELT (DSW) auf der „Dritten Seite“ mit der Schreibreform abgerechnet. Was dieser Aufsatz für Folgen haben würde, konnten wir damals noch nicht ahnen. Icklers Aufsatz in der DSW machte die Tageszeitung „Die Welt“ hellhörig. Sie ging auf Ickler zu und bat ihn, einen ähnlichen Beitrag für sie zu schreiben. Daraus entstand dann die aufsehenerregende Nummer vom 25. Juli mit dem Artikel „Die ‘wohl durchdachte’ Reform stirbt“ von Ickler und mit weiteren Aufsätzen von Dankwart Guratzsch.

Ein Beitrag trug den eindrucksvollen Titel: „Auf Wiedersehen, Rechtschreibreform!“ Ickler schloß seinen Aufsatz in der „Welt“ mit den Worten: „Es kostet nur einen Federstrich, die erzwungene Scheinblüte der ohnehin welken Neuschreibung zu beenden... . Ob noch einmal eine ähnlich günstige Gelegenheit kommen wird, ist durchaus zweifelhaft.“ Die Beiträge Guratzschs und Icklers wirkten auf die F.A.Z.. Der Herausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (F.A.Z.), Frank Schirrmacher, bekannte in der „Welt am Sonntag“ vom 13. August: „Der letzte Anstoß [für die Rückkehr zur traditionellen Schreibweise] war eine Information der ‚Welt‘, nach der es weitere Nachbesserungen der Rechtschreibreform geben sollte. ... Mein Kollege Nonnenmacher stellte dann die Frage: Warum diesen Wahnsinn noch weiter mitmachen? Warum nicht zum Jahrestag aussteigen? Dann haben wir buchstäblich innerhalb von 48 Stunden diesen Beschluß zum 1. August gefaßt.“

Warum den Wahnsinn weitermachen?

Wir sind nicht so vermessen zu glauben, daß die F.A.Z. ihren Schritt wegen der DSW gegangen ist. Natürlich hatten die Frankfurter sich schon vorher mit dem Gedanken getragen, wieder auf die hergebrachte Rechtschreibung umzustellen.

Wir hatten im übrigen seit Ende Juni damit gerechnet. Am 28. Juni war in der F.A.Z. ein unscheinbarer, achtzeiliger Leserbrief von Otto Freiherr Hiller von Gaertringen erschienen: „Ein Jahr ‘reformierte’ Orthographie in der F.A.Z. ist genug. Ich hoffe sehr, daß die F.A.Z. zum August wieder umstellt auf die qualitativ höherwertige und leserfreundliche ‘alte’ Schreibweise, welche die modernere ist.“ Bis zum 28. Juni waren keine Leserbriefe mehr über die Rechtschreibreform abgedruckt worden. Nachforschungen ergaben, daß dem Leserbrief ein viel ausführlicheres Schreiben zugrundegelegen hatte. Am 1. Juli wurden die Gerüchte durch einen Gastbeitrag Professor Peter Eisenbergs als „Fremde Feder“ in der F.A.Z., zu dem weitere Leserbriefe veröffentlicht wurden, weiter angeheizt. Eisenberg hatte unter der Überschrift „Korrektur der Rechtschreibreform vorbereiten – jetzt“ geschrieben: „Die Rechtschreibdiskussion lebt wieder auf.“

Das ist nämlich das beste Ergebnis: Die Rückkehr der F.A.Z., die am 1. August „Geburtstag“ feierte, hat zugleich das Diskussionsverbot aufgehoben. Plötzlich trauten sich immer mehr Reformgegner aus der Deckung, etwa Christian Meier, der Präsident der Akademie für Sprache und Dichtung. Auch der bekannte Weilheimer Deutschlehrer Friedrich Denk schloß sich den Reformgegnern wieder an. In einer repräsentativen Forsa-Umfrage Anfang August für „Die Woche“ haben 68 Prozent gegen, nur 27 Prozent für die Reform gestimmt. Man sieht also, wie wichtig es ist, nicht aufzugeben, sich immer wieder zu Wort zu melden und mit stetem Tropfen den Stein zu höhlen. Nur dann haben wir Erfolg.
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Thomas Paulwitz
http://www.deutsche-sprachwelt.de

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Walter Lachenmann
19.03.2002 08.58
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Tja, wenn das so ist!

Das Erscheinen der DEUTSCHEN SPRACHWELT trug mit dazu bei, daß die FAZ und andere Medien zur herkömmlichen Rechtschreibung zurückkehrten.

Aha!
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Walter Lachenmann

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Theodor Ickler
19.03.2002 02.54
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Gordisch

In der Wissenschaft geht es um die Wahrheit, daher sind keine Kompromisse und Abstimmungen möglich, das ist wahr. (Am IDS wurde vor Jahren darüber abgestimmt, ob ein bestimmtes Satzglied Ergänzung oder Angabe sei, und das Ergebnis auch noch als demokratische Leistung präsentiert.)
Aber hier geht es nicht um die Sprachwissenschaft, sondern um die festzulegende und durchzusetzende Norm, jedenfalls nach den Vorgaben, mag man sie nun akzeptieren oder nicht. Da sind durchaus Kompromisse denkbar. Hält man die schlechte Neuregelung nur neben die auch nicht gute Dudenregelung, ist ein Kompromiß die beste Lösung. Zum Beispiel wäre die Wiederherstellung der bisherigen Schreibweisen, wie von mir unternommen, in diesem Sinne ein Kompromiß. In einigen Fällen stimmt er zufällig mit Neuschreibungen überein, in anderen mit Dudenschreibungen. Herr Kürschner hat sich ja eine Zeitlang darüber gewundert, inzwischen ist es ihm möglicherweise ganz plausibel geworden.

Übrigens ist Herr Eroms bei seinem Vortrag nicht erkennbar von seiner Vorlage abgewichen (falls das von Belang sein sollte).
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Th. Ickler

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Manfred Riebe
18.03.2002 21.22
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Rätselhafte mangelnde Zivilcourage unter Sprachwissenschaftlern

1. Eroms' „Patenrezept“ zur Lösung des „gordischen Knotens“ Rechtschreibreform

Walter Lachenmann schrieb am 19.03.2002 im Strang „Konrad-Duden-Preis“ über den Vortrag von Professor Hans-Werner Eroms: „Wir lernen hier – und können die Lektion brauchen – wie Kritik sich sanft und dennoch entschieden artikulieren kann.“

Eroms wendet sich tatsächlich dagegen, den „verwirrten gordischen Knoten“ der Rechtschreibreform mit einem „Schwerthieb“ zu zerschmettern. Die Reformer hätten zwar in die jahrhundertelang gewachsene Verflechtung von Einzelregeln und Schreibprinzipien „nach Gutdünken“ hineingeschnitten. „Es kann aber nur einen Mittelweg geben, der behutsam die Fäden aufnimmt, keine Maschen fallen lässt, d.h. alles berücksichtigt und vielleicht neu verknüpft, wie es im Großen und Ganzen ja auch geschehen ist.“

Mein Kommentar: In der Sprachwissenschaft geht es im Gegensatz zur Politik bei Problemlösungen nicht um Kompromisse, sondern es geht kompromißlos um die Erkenntnis, ob etwas richtig oder falsch ist. Ein Mittelweg ist aber ein Kompromiß und keine Kritik, die sich „entschieden“ artikuliert. Eroms lobt die Reformer, die klammheimlich ihre Reform auf dem Weg über die Wörterbücher verschlimmbessern. Auf die inhaltliche Seite der Rechtschreibreform geht Eroms aber ausdrücklich nicht ein („Ich gehe hier nicht auf die inhaltliche Seite ein.“)

2. Die Rolle der Fachleute und der „Journale“ in der öffentlichen Debatte

Eroms: „Von der Rechtschreibung und ihrer Reform sind alle betroffen, jeder und jede fühlt sich aufgerufen mitzudiskutieren. (...) Seit der Zeit (der Aufklärung im 18. Jahrhundert, MR) sind es die Journale, die die Foren der Debatte abgeben.“ Über die „Besserwisserei der Fachleute in der Rechtschreibdiskussion“ schrieb Eroms: „In der Sprachwissenschaft war die Auffassung sehr verbreitet gewesen, dass „Rechtschreibung“ eigentlich kein Thema sei, mit dem sich eine theoriebezogene Wissenschaftsdisziplin befassen müsste. Das sei allenfalls ein Schulproblem, (...)"

Mein Kommentar: Journale, das sind Zeitungen und Zeitschriften, werden erst dann zum Forum der Debatte, wenn sich sachverständige Debattierer einfinden. Aber es diskutieren keineswegs alle, sondern nur wenige mit. Viele Sprachwissenschaftler versteckten sich hinter der Schutzbehauptung, die Rechtschreibung sei kein Thema für die Theorie, sondern lediglich für die Praxis. Relativ wenige Schreibberufler besaßen die Zivilcourage, sich öffentlich zu äußern. Nur sehr wenige mutige Sprachwissenschaftler hatten den Mut und die Fachkenntnis, gegen die selbsternannten Mannheimer Sprachpäpste zu argumentieren.

Interessierte Medienkonzerne sorgten über ihre Nachrichtenagenturen durch Täuschungsmanöver bzw. Desinformation dafür, daß die meisten Zeitungen ab 1. August 1999 auf den Neuschrieb umstellten und sogar die Leserbriefe nicht mehr authentisch abdruckten, sondern ebenfalls in die neue Primitiv- und Beliebigkeitsschreibung umwandelten. Deshalb halfen wir, eine neue Sprachzeitung, die DEUTSCHE SPRACHWELT, als eigenes Sprachrohr der Reformkritiker aus der Taufe zu heben.

Das Erscheinen der DEUTSCHEN SPRACHWELT trug mit dazu bei, daß die FAZ und andere Medien zur herkömmlichen Rechtschreibung zurückkehrten. Vgl. die Liste der reformfreien Medien: http://www.gutes-deutsch.de. Weil aber ein großer Teil der Presse seit August 1999 Nachrichten und Leserbriefe über die Rechtschreibreform wie in totalitären Staaten weitgehend unterdrückte oder in den Neuschrieb umfälschte, richteten die Reformkritiker notgedrungen Internetseiten für die Diskussion über die Rechtschreibreform ein.

3. Die Debatte über die Rechtschreibreform im Internet

Eroms: „Waren es zunächst Berichte, Kommentare und Leserbriefe vor allem in den Printmedien, so ist es jetzt das Internet, wo sich das manifestiert. (...) Die Internetdebatten lassen sich durchaus mit den großen geistesgeschichtlichen Debatten früherer Jahrhunderte vergleichen. (...) erst beim Debattieren über die Eingriffe in den Regelbestand zeigte sich, wie kompliziert die Rechtschreibregeln im Grunde sind: Sie gehorchen im Deutschen einer Vielzahl von Prinzipien. (...) Die Schwierigkeit, eine alte oder neue Rechtschreibregel zu verstehen, merkt man im Grunde erst, wenn man sich selber bei Verstößen ertappt. (...) Aber eben das Aufdecken, was überhaupt eine Regel ist, dieser Lernprozess war ein ganz wichtiges Nebenergebnis der Rechtschreibdiskussion. (...) Jedenfalls war die öffentlich geführte Debatte um die Rechtschreibreform ein Lehrstück für das Engagement der Bürger und Bürgerinnen für ihre Sprache – und die von den Fachleuten erteilten Belehrungen, dass es doch nur um die Schrift ginge und Sprache und Schrift verschiedene Dinge seien, waren im Grunde etwas besserwisserisch.“

Mein Kommentar: So wie die Sprachwissenschaftler („Besserwisserei der Fachleute in der Rechtschreibdiskussion“, Eroms) und andere Schreibberufler sich in der Presse sogar mit Leserbriefen zurückhielten, so wenig wagten es die meisten Sprachwissenschaftler, sich im Internet zu äußern. Es war im Gegenteil sogar so, daß die staatlich finanzierten Sprachvereine, die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), Wiesbaden, und das Institut für deutsche Sprache (IDS), Mannheim, auf ihren Internetseiten keine Diskussion zuließen und in ihrem Handbuch „Förderung der Sprachkultur in Deutschland. Eine Bestandsaufnahme“, 1999, die Existenz der vielen reformkritischen Internetseiten und die meisten oppositionellen unabhängigen reformkritischen Sprachpflegevereine verschwiegen. Die Mannheimer Sprachpäpste haben Angst vor der Wahrheit, d.h. vor der Information und Aufklärung, insbesondere durch den VRS. Vgl. hierzu den Aufsatz „Was bedeuten 'Wahrung' und 'Förderung' der Sprache und der Sprachkultur?“, der das Verhalten der GfdS und des IDS darstellt und daher eine Schlüsselfunktion hat:
http://www.tu-berlin.de/fb1/AGiW/Cricetus/SOzuC1/SOVsRSR/ArchivSO/MRiebe1.htm
Die Internetseiten des VRS http://www.vrs-ev.de und http://www.gutes-deutsch.de enthalten Netzverweise auf viele reformkritische Netzseiten. Darunter hatten sich zu Diskussionsorten über die Rechtschreibreform die Netzseiten http://www.rechtschreibreform.com und http://www.deutsche-sprachwelt.de entwickelt. Leider ist das Diskussionsforum von http://www.deutsche-sprachwelt.de wegen Umbaus zur Zeit geschlossen. Neu entstanden ist die Seite http://www.vrs-ev.de, die schon ein Gästebuch hat und ebenfalls zu einem Diskussionsforum ausgebaut werden soll. Auf diesen Seiten diskutiert als kompetenter Sprachwissenschaftler Professor Theodor Ickler, der Träger des Deutschen Sprachpreises 2001, mit anderen Schreibberuflern.
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„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)

Manfred Riebe
Vorstandsmitglied des VRS
Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
- Initiative gegen die Rechtschreibreform –
Max-Reger-Str. 99, D-90571 Schwaig bei Nürnberg
Manfred.Riebe@raytec.de
http://www.vrs-ev.de

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