Noch zu Euklid:
Goethe dichtete, ohne Darwin zu kennen:
Wär nicht das Auge sonnenhaft,
die Sonne könnt es nie erblicken...
Auf unserem halbtägig besonnten Planeten hat sich Leben entwickelt, und zwar auf der Grundlage der Kohlenstoff-Chemie. Leben heißt Stoffwechsel und Vermehrung mit Erbinformationen, zunächst von Einzellern. Schließlich bildeten sich mehrzellige Organismen, die sich bald in zwei Gruppen aufspalteten, die ortsfesten und die beweglichen. Letztere ernähren sich vorwiegend von verwertbaren Stoffen der ersteren, richteten sich aber auch gegen eigene Artgenossen. Zum Aufspüren und zur Abwehr entwickelten sich Sinnesorgane, deren Signale von einem neuronalen Rechner gedeutet werden, um die Bewegungsorgane zu steuern. Licht machte das Auge zum wichtigsten Sinnesorgan. Die Lichtausbreitung geschieht im allgemeinen geradlinig. Der Grund dafür sind nach Feynman die Überlagerungen der zeitlich verschieden eintreffenden Wellen, die den geradlinigen Eindruck erst schaffen. Diese Vorstellung ist evolutionär schon im Gehirn vorbereitet (a priori) und muß nur noch durch die Erfahrung bekräftigt werden.
Damit haben wir schon das erste Postulat oder Axiom Euklids (um -300): Es gibt gerade Linien mit einem Ausgangspunkt und einem Endpunkt. Das zweite Postulat Euklids besagt, daß die Länge der Strecke um einen beliebigen Teil verlängert oder verkürzt werden kann, was nichts anderes heißen soll, als daß eine Längeneinheit bei Verschiebung immer die gleiche Länge behält. Das dritte Postulat fordert, daß man um jeden Punkt einen Kreis (oder eine Kugel) mit einem gleichen Radius ziehen kann, also daß in der Fläche oder im Raum die Länge unabhängig von der Meßrichtung ist. Das vierte Postulat legt fest, daß Winkel im Raum, gleich in welcher Lage und Richtung, immer ihre Größe beibehalten, insbesondere, daß rechte Winkel immer gleich sind. Das sind Größen, die in anderer Form auch in der Physik die Vergleichbarkeit voneinander entfernter Größen ermöglichen und schließlich zu Erhaltungssätzen führen. Das fünfte Postulat oder Axiom besagt, daß es in der Ebene durch einen Punkt außerhalb einer Linie nur eine einzige gibt, die diese nicht schneidet, die Parallele. Läßt man dieses Postulat wegen seiner Einbeziehung der Unendlichkeit fallen, so ergibt sich eine Raumgeometrie, die lokal der euklidischen entspricht, in größerem Zusammenhang aber nicht mehr deckungsgleich ist. Das führte zur Erklärung der Schwerkraft nach Einstein, wobei die Lichtgeschwindigkeit als Konstante eine besondere Rolle spielt. Hier muß allerdings noch die Zeit einbezogen werden (zu diesem Eintrag).
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Sigmar Salzburg
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