Gründung Deutsche Stiftung Schriftliches Kulturerbe
Absage: Tag des schriftlichen Kulturerbes, Münster, 2.9.2006
Zur Absage der Zentralveranstaltung des Tages des schriftlichen Kulturerbes
Sehr geehrte Damen und Herren Bibliothekare und Archivare,
nachdem wir nun wochenlang für den 2. September getrommelt haben, mussten wir unsere Aktivitäten für den Tag des schriftlichen Kulturerbes unter dem Druck von Teilen der Allianz zur Erhaltung des schriftlichen Kulturgutes aufgeben.
Wir bedauern dies sehr und hoffen, dass Sie all Ihre geplanten Aktivitäten anlässlich dieses Jahrestages unbeirrt voran treiben, und dass der Tag trotz des Widerstandes der Allianz dennoch für Sie und die schutzbedürftigen Schriften zum Erfolg wird.
Lesen Sie nachfolgend meinen offenen Brief an die Allianz und ihre Vorsitzende, mit dem ich mich genötigt sehe, auf die Darstellungen zu reagieren.
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An die Allianz zur Erhaltung des schriftlichen Kulturgutes
z. Hd. der Sprecherin Frau Barbara Schneider-Kempf
c/o Staatsbibliothek zu Berlin,
Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Potsdamer Str. 33
10785 Berlin
Offener Brief schriftliches Kulturerbe in Deutschland
Berlin, 16. August 2006
Sehr geehrte Frau Schneider-Kempf, sehr geehrte Damen und Herren der “Allianz zur Erhaltung des schriftliches Kulturgutes”,
nachdem ich aus Ihrem Kreis eine E-Mail erhalten habe, halte ich es für notwendig, mich öffentlich dazu zu äußern, um ein paar Fakten richtig zu stellen. Bedauerlicherweise gehöre ich nicht zu den Adressaten dieser E-Mail, obwohl der Inhalt wesentlichen Einfluss auf mein Engagement für die Bibliotheken hat.
Zunächst möchte ich mein Bedauern darüber ausdrücken, dass Sie, Frau Schneider-Kempf, meine Angebote zum Dialog nie angenommen haben. Es ging mir immer darum, mit Ihnen als Vorsitzende der Allianz die Vorbereitungen der Aktion Lesezeichen fortzusetzen, so wie ich es bereits für die letzte Aktion Lesezeichen mit Ihrer Vorgängerin, Frau Schneider, sehr harmonisch und erfolgreich getan habe. Nicht zuletzt diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die Aktion Lesezeichen 2005 so außerordentlich erfolgreich war. Es konnte für mich also keinen Grund geben, die Zusammenarbeit und den Schulterschluss mit der Allianz bei diesem Projekt aufzugeben, wie Sie es darstellen.
Dies änderte sich auch nicht nach der von Ihnen angesprochenen Allianz-Sitzung am 10.4.06 in Leipzig. In dieser Sitzung stellte ich mein Modell mit Struktur und Inhalt der entstehenden privatrechtlichen “Deutsche Stiftung schriftliches Kulturerbe” vor. Dies tat ich, weil ich am 23.4., dem internationalen Tag des Buches, meine Gründungsinitiative der Öffentlichkeit vorstellen wollte. Ich hielt es für sinnvoll, diejenigen, für die ich die Stiftung errichten wollte, vorab auf den neuesten Informationsstand zu bringen.
Von der Allianz erhoffte ich mir eine ideelle Unterstützung in der Form, dass sie sich der Presse gegenüber wohlwollend zu der Stiftung äußern würde, wenn man sie dazu befragte. Mehr erwartete ich nicht.
Zu meiner Verwunderung reagierten die meisten Mitglieder der Allianz sehr überrascht und zurückhaltend. Verwundert über die Reaktion war ich, weil ich alle Schritte der Vorbereitung in Kenntnis und zum Teil durch Mitwirkung von Mitgliedern der Allianz unternommen hatte. Dennoch beschloss die Allianz an diesem Tag, sich nicht positiv zu meiner Initiative äußern zu wollen und sie nicht zu unterstützen, wie mir Frau Schneider in einem Telefonat am folgenden Tag berichtete. Eine Begründung dafür konnte sie mir nicht geben. Bis heute habe ich keinen Grund für die ablehnende Haltung seitens der Allianz erfahren.
Wenn Sie, Frau Schneider-Kempf, nun anführen, ich habe mit der Gründung der Stiftung keine gemeinsame Plattform mit Bibliotheken gesucht, dann Frage ich mich und diese Frage habe ich Ihnen damals schon gestellt wie hätte diese Plattform aussehen können? Niemand aus der Runde der Allianz hat mir einen Hinweis gegeben oder einen Verbesserungsvorschlag gemacht, den ich hätte berücksichtigen können. Aber davon einmal abgesehen: Was kann man mehr verlangen, als eine Stiftung, die ausschließlich den Zweck verfolgt, private Fördergelder und die Sympathie der Öffentlichkeit für das bedrohte schriftliche Kulturerbe zu sammeln?
Ja, es gab zum Zeitpunkt der Vorstellung meinerseits noch keine konkrete finanzielle Basis, auf der die Stiftung hätte entstehen können. Dafür war und ist es allein mein Risiko. Ich habe weder von der Allianz, noch von einem ihrer Mitglieder eine finanzielle Unterstützung für die Stiftung verlangt oder sie in irgendeiner Form zu verpflichten versucht. Die allerwenigsten Stiftungen in diesem Land starten mit einer trag- oder handlungsfähigen Kapitalbasis. Meist ist es das Ziel weniger Idealisten, sich für einen Zweck einzusetzen, um das notwendige Geld oder zumindest einen Teil zusammen zu bekommen. Beispiele dafür sind die Stiftung zum Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche oder die Berliner Stiftung Denkmalschutz. Beide Stiftungen sind quasi ohne jede Aussicht auf Erfolg ins Rennen gegangen. Genauso verhält es sich bei mir. Die Idee und das Engagement leichtfertig abzulehnen, nur weil es keine Erfolgsgarantie gab, kann ich nicht nachvollziehen. Es zeigt mir, dass es den Bibliotheken in Deutschland offensichtlich noch viel zu gut geht.
Ja, Herr Dr. Bürger hat mich tatsächlich darum gebeten, meine Stiftungsplanungen zeitlich an die Aktivitäten der Allianz zu koppeln. Aber wie steht es um die Aktivitäten der Allianz? Die von der VolkswagenStiftung finanzierte Studie hätte laut Vereinbarung Ende Juli 2005 abgegeben werden müssen. Nun haben Sie sich vorgenommen, die Arbeit im Herbst 2006 zu präsentieren. Das bedeutet eine Verspätung von rund anderthalb Jahren! Bei allem Respekt vor den unzähligen Aufgaben, die Sie zu bewältigen haben, Sie können doch von niemandem ernsthaft erwarten, sich freiwillig diesem “Tempo” unterzuordnen. Meinen Teil der Studie, die Kommunikations-Strategie, habe ich schon vor Ablauf der gesetzten Frist abgeliefert. Die Ergebnisse sind Ihnen bekannt: 1. Der Vorschlag, eine Stiftung ins Leben zu rufen und 2. Die Aktion Lesezeichen. Diese Ergebnisse sind durch Sie, die Allianz, begrüßt und von mir umgesetzt worden. Mein gesamtes Tun in diesem Bereich war immer konform mit diesem Auftrag.
Nach Abschluss meiner beauftragten Arbeit habe ich aus persönlicher Identifikation mit der Sache der Allianz auf eigene Kosten weiter gearbeitet. Nachdem wir, Frau Schneider und ich, die Idee zur Gründung der Stiftung Herrn Dr. Krull (VolkswagenStiftung) persönlich präsentiert hatten und dieser sehr angetan davon war, habe ich sofort mit den Vorbereitungen für die Gründung begonnen. Herr Dr. Krull unterstützte die Arbeit fortan und es kam zu mehreren Treffen zwischen ihm und mir. Darunter war auch eines im Hause der VolkswagenStiftung, wohin ich gemeinsam mit Herrn Dr. Bürger reiste. Wir präsentierten gemeinsam den aktuellen Stand der Stiftungsgründung und die Möglichkeiten einer Einbindung derselben in eine nationale Strategie zur Bestandserhaltung.
Alle Arbeiten, die ich und meine Mitarbeiter in dieser Zeit verrichtet haben und das entsprach einem Vollzeit-Job habe ich auf eigene Rechnung und ohne Auftrag der Allianz gemacht. Allerdings gaben mir Frau Schneider und Herr Dr. Bürger ihr Wort, die nächste Gelegenheit zu nutzen, mir zu einer wenigstens teilweisen Honorierung meiner Arbeit zu verhelfen. Die nächste Gelegenheit, das sollte die Aktion Lesezeichen 2006 werden. Natürlich würde die Honorierung von einem oder mehreren Sponsoren abhängen, die die Kosten für die Aktion Lesezeichen übernehmen müssten. Insofern gab es nie eine Auftragsgarantie für mich. Dessen war ich mir immer bewusst.
Die plötzliche telefonische Absage der Aktion Lesezeichen am 14.6.06 durch Sie, Frau Schneider-Kempf, geschah ohne ersichtlichen Grund und lief den vorherigen Absprachen zwischen der Allianz und mir und den bis zu diesem Zeitpunkt erreichten Vorbereitungen zuwider.
Interessant dabei war, dass Sie die Absage nur mir gegenüber und nur mündlich äußerten. Es handelte sich dabei nicht um einen Beschluss der gesamten Allianz.
Erst nach meinem Schreiben vom 20.6.06, gerichtet an die Allianz, aber ordnungsgemäß zu Ihren Händen, erfolgte eine Reaktion durch Sie. Nicht jedoch an mich, sondern an die Gemeinschaft der Bibliotheken und Archive. Der Gemeinschaft schrieben Sie, dass in Folge wichtigerer Projekte keine Zeit für eine Ausschreibung für den 2. September bestand. Tatsache war, dass das Projekt als solches bereits so gut wie fertig vorbereitet war, worüber ich Sie mehrfach informiert habe.
Auch Ihre Darstellung, dass die Finanzierung aus Termingründen nicht gesichert war, entspricht nicht der Wahrheit.
Die beabsichtigte Terminverschiebung weg vom 2. September, dem Tag des Brandes in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, aufgrund bayerischer und baden-württembergischen Ferieninteressen zeigt mir, welchen Respekt Sie tatsächlich vor dem verheerenden Ereignis in Weimar haben.
Selbst der Protest zahlreicher kleinerer Bibliotheken und Archive konnte Sie nicht dazu bewegen, die Aktion dennoch stattfinden zu lassen. Und ich meine “stattfinden zu lassen”, denn Sie selbst hätten keinen nennenswerten Beitrag dazu leisten müssen.
Hinzu kommt die Blamage gegenüber Martin Walser. Bereits im letzten Jahr haben wir (Mitglieder der Allianz und ich) angefangen, uns um einen möglichst prominenten Nachfolger von Günter Grass als Gestalter des Lesezeichens zu bemühen. Der Vorschlag, auf Martin Walser zuzugehen, kam aus den Reihen der Allianz. Also bemühte ich mich um ihn. Nicht einmal sein Verlag machte mir Hoffnung auf Erfolg, und dennoch gelang es mir am Ende, ihn zu gewinnen.
Bereits Ende März dieses Jahres hatten wir die Gestaltung des Lesezeichens abgestimmt und waren bereit, damit in Druck zu gehen. Es fehlte nur noch der Auftrag der Allianz.
Als ich Sie, Frau Schneider-Kempf, in unserem oben genannten Telefonat darauf hinwies, dass wir den mühevoll gewonnen Patron unserer Veranstaltung ohne Not vor den Kopf stoßen würden, stellten Sie lediglich fest, dass ich keinen offiziellen Auftrag seitens der Allianz hatte, mit Herrn Walser zu verhandeln. Die Absage der Aktion Lesezeichen hatte somit ich ihm gegenüber zu verantworten. Bereits in meinem Schreiben vom 20.6.06 habe ich darauf hingewiesen, dass ich seinerzeit auch kein offizielles Verhandlungs-mandat für Herrn Grass seitens der Allianz hatte.
Nachdem ich nun von Ihnen erfahren musste, dass Sie nicht mehr an der Aktion Lesezeichen 2006 interessiert waren, stand ich vor der schwierigen Entscheidung, wie ich weiter machen sollte. Sie hatten mich soeben um mein Honorar für die Arbeit der letzten Monate gebracht.
Vielleicht wäre dies der richtige Zeitpunkt gewesen, die Aktivitäten zum 2. September einzustellen. Aber ich hätte zu viele Menschen enttäuscht, die mir bei den Vorberei-tungen geholfen haben oder mir ihre Hilfe zugesagt haben. Darunter Herrn Dr. Krull, der den ersten Aktionstag finanziert hatte und auf eine Fortsetzung hoffte. Und Herrn Walser, der Patron 2006. Sie alle hatten schließlich ihr Vertrauen in mich und die Allianz gesetzt. Und dann waren da noch die zahlreichen Bibliothekare, die mich über http://www.schriftliches-kulturerbe.de, der Internetadresse der Aktion Lesezeichen 2005, ansprachen um sich nach der Aktion 2006 zu erkundigen. Allein im Sinne der Kontinuität erschien es mir fahrlässig, eine derartige Aktion gleich nach dem ersten Jahr ausfallen zu lassen. Kontinuität hierbei ist extrem wichtig, um die Erinnerung in den Köpfen der Adressaten wach zu halten.
Nein, ich durfte die Aktion nicht aufgeben, ich musste es wenigstens versuchen.
Nur alleine wollte ich es nicht machen. Und weil ich wusste, dass auch Herr Feldmann bereits an den Vorbereitungen für den 2.9. in seinem Institut arbeitete, fragte ich ihn, ob er mich bei den nationalen Aktivitäten unterstützen würde. Er willigte ein und so gingen wir gemeinsam an die Arbeit. Innerhalb von zwei Wochen entstand die komplette Internetseite. Wir versuchten, allen Bibliotheken ein Angebot für die Drucksachen zu machen, dass praktisch dem Selbstkostenpreis entsprach. Zu unserer Freude kamen die ersten Bestellungen für das Aktionspaket aus den Reihen der Allianz. Aber leider kamen wir über 5 Bestellungen nicht hinaus. Zwar gab es mehrere Anfragen über kleinere Mengen, aber das wäre unter keinen Umständen finanzierbar gewesen. Wir erhielten E-Mails, in denen Bibliothekare feststellten, dass der Paketpreis von 500 EUR ihrem Jahres-Werbeetat entsprach.
Es half nichts, nach Ablauf der Bestellfrist mussten wir konstatieren, dass die wenigen Bestellungen keine Produktion ermöglichten.
Zuletzt blieb die geplante Festveranstaltung in Münster und die nationale Pressekonferenz, für die wir ebenfalls Vorbereitungen getroffen hatten. Es liefen Gespräche mit prominenten Teilnehmern, die wir plötzlich abbrechen mussten, weil es dann zum krönenden Abschluss kam: zu Ihrer E-Mail an die Mitglieder der Allianz, Frau Schneider-Kempf, mit der Sie sich von all unseren Bemühungen zum 2.9. distanzierten und zugleich versuchten, für Ihre Ablehnung Gleichgesinnte zu finden.
Statt sich für den Erhalt des schriftlichen Kulturerbes einzusetzen, haben Sie in meinen Augen Ihre Energie in Sachen 2.9. ausschließlich zur Bekämpfung derjenigen eingesetzt, die etwas für Bibliotheken und Archive tun wollten. Dabei schreckten Sie nicht einmal davor zurück, den einzigen couragierten Helfer aus Ihren Reihen, den Leiter des Forums Bestandserhaltung, Herrn Feldmann, zu diskreditieren. Und das, obwohl er nichts anderes als seine Arbeit getan hat: sich für die Bestandserhaltung des schriftlichen Kulturerbes einzusetzen.
Ich bin nicht informiert darüber, wie Sie in Ihrem Kreis, sehr geehrte Damen und Herren der Allianz, auf diese E-Mail von Frau Schneider-Kempf reagiert haben. Nach all meinem Engagement für das schriftliche Kulturerbe in diesem Land bin ich allerdings schockiert über die Vorgehensweise Ihres Kreises.
Seit Ihrem Bestehen im Jahr 2001 gab es genau ein sichtbares gemeinsames Projekt: die Aktion Lesezeichen 2005. Und dieses Projekt ich erlaube mir an dieser Stelle, es so zu formulieren war mein Projekt. Von mir war die Idee und durch mich und meine Mitarbeiter erfolgte der mit Abstand größte Teil der Umsetzung. Vertraglich hatte ich mich zur Abgabe einer Ideenskizze verpflichtet. Tatsächlich geleistet habe ich wesentlich mehr. Der finanzielle Beitrag der Allianz deckte gerade die Produktionskosten des Druckes, aber nicht einen Cent meiner Arbeitszeit. Schließlich war das Honorar für die Kommunikationsstrategie gedacht, nicht für die Umsetzung der Aktion Lesezeichen.
Sie, die Allianz war es aber, die mehrfach in der Öffentlichkeit eine Aktion Lesezeichen 2006 angekündigt hat. Sie hätten sie mühelos haben können. Stattdessen haben Sie sie ohne jede Not und zur Enttäuschung vieler Menschen abgesagt. Ohne jeden ersichtlichen Grund.
Von Partikularinteressen, die Sie, Frau Schneider-Kempf Herrn Feldmann und mir vorwerfen, kann und konnte nie eine Rede sein. Jedenfalls nicht auf unserer Seite. Angebote zum Dialog habe ich Ihnen zahlreich unterbreitet. Darauf reagiert haben Sie nie.
Auch der Vorwurf einer fehlenden “Vorverständigung mit der Allianz” und ein agieren “an dieser sogar vorbei” ist nach Schilderung aller meiner Aktivitäten schlicht absurd. Im Übrigen stand die Gründung der Stiftung niemals im Zusammenhang mit dem “Tag des schriftlichen Kulturerbes”. Und nur zu letzterem gab es einen Aufruf.
Und selbst wenn es tatsächlich zur Gründung einer Stiftung und zum “Tag des schriftlichen Kulturerbes” kommt, so würde ich gerne wissen, wie Sie zu der Ansicht gelangen, dass dies “leichtsinnig die Gemeinschaft aller Bibliotheken und Archive gefährdet”. Auf der Seite http://www.schriftliches-kulturerbe.de können Sie Einblick in das Konzept und den Zweck der Stiftung nehmen. Sehen Sie selbst, wie gefährlich das Ganze für Bibliotheken und Archive ist.
Gerne erwähne ich noch einmal, dass mir Herr Dr. Krull von der VolkswagenStiftung bei den Gründungsvorbereitungen zur Seite stand. Wesentliche konzeptionelle Eckpunkte verdanke ich seinem Rat. Nach allem, was die VolkswagenStiftung für das Bibliothekswesen in Deutschland getan hat, dürfte es schwer vorstellbar sein, dass sie nun Projekte unterstützt, die zur Gefährdung der Gemeinschaft aller Bibliotheken und Archive beiträgt.
Vielleicht aber ist es der fehlende Segen der Allianz zur Gründung der Stiftung, der das Projekt zu einer Gefahr macht. Und da die Allianz zur Stiftungsgründung “eindeutig Position bezogen und nachdrücklich darauf hingewiesen (hat), dass sie einen anderen Weg geht, scheidet ein gemeinsames Vorgehen somit aus”.
“Unser bürgerliches Recht formuliert ein Recht auf Stiftung.” lautet dagegen eine andere Meinung. “Will man daraus eine erfolgreiche Praxis machen, muss ein Klima geschaffen werden, das den Stifter öffentlich willkommen heißt. ...” Diese Worte entstammen einem Vortrag, den Prof. Dr. Klaus-Dieter Lehmann am 9.2.04 bei der Frankfurter Bürgerstiftung im Holzhausenschlösschen gehalten hat.
Frau Schneider-Kempf, bei einer Führung durch Ihr Haus antworteten Sie unlängst auf die Frage eines Gastes, dass die Staatsbibliothek es nicht nötig hat, sich um private Fördermittel zu bemühen. Und auf Nachfrage der verdutzten Zuhörer fügten Sie hinzu: “Wir haben das Glück, Teil der größten Kulturstiftung Europas zu sein. Da geht immer was.”
Für nahezu alle anderen Bibliotheken in Deutschland ist die Situation eine andere. Sie bedürfen sehr wohl der Hilfe privater Zuwendungen. Nach meinem Verständnis ist Ihre Aufgabe als Vorsitzende der Allianz zur Erhaltung des schriftlichen Kulturgutes, jede seriöse Möglichkeit zu unterstützen und zu nutzen, Fördermittel für Bibliotheken und Archive zu bekommen. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass nicht alle Aktivitäten in diesem Land mit der Genehmigung oder unter Mitwirkung der Allianz stattfinden können. Diese jedoch zu bekämpfen, würde Sie am Ende zu einer “Allianz zur Verhinderung des schriftlichen Kulturgutes” machen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies Ihr Anliegen ist.
Ein Mitglied der Allianz bemerkte bei der eingangs erwähnten Sitzung in Leipzig: “Wir, die Mitglieder der Allianz, sind nur die Sachwalter des schriftlichen Kulturerbes in Deutschland.”
Ich bitte Sie, Frau Schneider-Kempf, sich diese Worte zu Herzen zu nehmen.
Mit freundlichen Grüßen, Reiner Oberüber
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