junger Wissenschaftler sammelt Stoff
dsw am 11.05.2006
Kosten-Nutzen-Analyse der Rechtschreibreform
Zehn Jahre nach der „Wiener Absichtserklärung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“ sammelt ein junger Wissenschaftler Stoff für eine Kosten-Nutzen-Analyse der Rechtschreibreform. Unter http://www.reformkosten.de können Unterstützer dieses Forschungsvorhabens an einer Umfrage teilnehmen, die als Grundlage der Untersuchung dienen soll. Der Fragebogen enthält 19 Fragen. Bisher haben sich etwa 200 Menschen an der Umfrage beteiligt. Weitere Teilnehmer sind willkommen.
Vor zehn Jahren hatte die Kultusministerkonferenz die Auffassung vertreten, daß die Neuregelung „kostenneutral eingeführt werden kann.“ Die Untersuchung geht der Frage nach, in welcher Höhe durch die Rechtschreibreform tatsächlich Kosten entstanden sind und ob der genannte Nutzen der Rechtschreibreform, nämlich „Vereinfachung“ und „Erleichterung“, erreicht wurde. Sie wird versuchen, erstmals möglichst alle Kosten, die durch die Rechtschreibreform entstanden sind, einzubeziehen.
Dafür wird das wohl bekannteste Verfahren zur Analyse von Projekten, die Kosten-Nutzen-Analyse, herangezogen. Oft auch als „Nutzen-Kosten-Analyse“ – oder im englischen als „cost-benefit analysis“ – bezeichnet, spielt sie eine äußerst wichtige Rolle für die nähere Untersuchung von geplanten Vorhaben der öffentlichen Hand und der Abschätzung ihrer Folgen. Für solche öffentlichen Vorhaben bestehen zwar andere Zielsetzungen als bei einer Unternehmung, die als oberstes Ziel die Gewinnmaximierung hat, jedoch gilt es auch bei der Verwirklichung von Zielen, die der Allgemeinheit dienen, das ökonomische Prinzip zu beachten, nämlich eine bestimmte Leistung oder ein Gut mit den möglichst geringen Kosten zu erstellen oder mit einer vorgegebenen Menge an Mitteln ein Höchstmaß an Leistung zu erzielen.
Da es sich bei der Reform der deutschen Rechtschreibung um eine staatenübergreifendes „Mega-Projekt“ handelt, durch das in den letzten zehn Jahren 100 Millionen Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland, Österreich und der Schweiz direkt oder indirekt betroffen wurden, wäre eine nähere Beleuchtung der wirtschaftlichen und sonstigen Folgen vor der Unterzeichnung der Absichtserklärung und der Einführung der Reform in den Schulen und staatlichen Institutionen in höchstem Maße geboten gewesen. Das Durchführen einer Analyse der Kosten und Nutzen von großen öffentlichen Projekten wäre nach deutschem Gesetz sogar vorgeschrieben (BHO § 7 Abs. 2 und HGrG §6 Abs. 1: „Für geeignete Maßnahmen von erheblicher finanzieller Bedeutung sind Nutzen-Kosten-Untersuchungen anzustellen“), trotzdem ist keine solche oder ähnliche Untersuchung zu Auswirkungen der Reform der deutschen Rechtschreibung bekannt. Um so dringlicher ist es, diese Lücke endlich zu schließen.
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