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Berliner Umschau
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Sigmar Salzburg
26.05.2015 16.52
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Neue Studie zu deutscher Grammatik

Kriegsführung oder Kriegführung?
Von Torsten Harmsen

„s“ oder nicht „s“ – das ist die Frage, wenn im Deutschen zwei Wörter aneinandergeraten. Immer mehr Menschen setzen den Zusatzlaut ein. Forscher erkennen einen Sinn in dem Trend. Doch die Sorge um den Genitiv scheint unbegründet.

Die unselige Rechtschreibreform macht keine Schlagzeilen mehr, dennoch wird leidenschaftlich über die deutsche Sprache diskutiert, und zwar in Internet-Foren. In sozialen Netzwerken sammeln Nutzer unzählige Beispiele für sogenannte Deppen-Apostrophe, sinnlose Leerzeichen, die Ausbreitung von Kiezdeutsch oder die angebliche Überflutung durch Anglizismen. Doch ist es wirklich so schlimm um die deutsche Sprache bestellt? Verfällt sie nach und nach?

Sprachforscher bestätigen, dass die Sprache einen deutlich erkennbaren Wandel durchmacht. Zu den stärksten Veränderungen, die zurzeit zu beobachten sind, gehört „die enorme Ausweitung der s-Verfugung“, wie Damaris Nübling, Professorin für Sprachwissenschaft an der Universität Mainz, konstatiert. Die Menschen sagen oder schreiben immer öfter „Interessenskonflikt“ statt „Interessenkonflikt“, „Gedichtsanalyse“ statt „Gedichtanalyse“ oder „Kriegsführung“ statt „Kriegführung“...

Eine neue Studie versucht zu ergründen, warum sich die sogenannte s-Fuge so unaufhaltsam im Sprachgebrauch durchsetzt. Im Österreichischen oder Schweizerischen tritt sie öfter auf. Da heißt es „Gepäcksfach“, „Geschenksidee“ oder „Zugsabteil“. Das Fugen-s eigne sich besonders gut als sogenannter Wortrandverstärker, meint Damaris Nübling. Das heißt: Die Grenzen zusammengesetzter Wörter werden klarer markiert. Der Hörer versteht und verarbeitet komplexe Zusammensetzungen damit leichter, auch wenn sie sich schwerer aussprechen lassen.
[...]
Eine aktuelle Entwicklung im Deutschen ist, dass das S im Genitiv von Eigennamen verschwindet. Es heißt also immer häufiger „des Iran“ statt „des Irans“ oder „des Barock“ statt „des Barocks“. Die von Kritikern wie Bastian Sick populär gemachte These, dass „der Dativ dem Genitiv sein Tod“ sei, können Sprachforscher wie die Mainzer Professorin Damaris Nübling allerdings nicht bestätigen. „Der Genitiv ist sehr lebendig und dehnt sich sogar aus“, sagt sie. Als Beispiel führt sie an, dass Wendungen wie „gemäß dem“ oder „laut dem“ zunehmend von „gemäß des“ oder „laut des“ abgelöst werden.
[...]
Die Geschichte des Fugen-s geht zum Beispiel bis ins 16. Jahrhundert zurück. Zu Zeiten Martin Luthers nutzte man es kaum, man schrieb „Brüderschaftbrief“ oder „Religionsachen“. Auszubreiten begann es sich vom 17. Jahrhundert an aus einem Genitiv-s heraus. Die Heide des Königs wurde zur Königsheide. Später dann fiel der Bezug zum Genitiv ganz weg.

Das Fugen-s verselbstständigte sich und zog als Grenzmarkierung in die deutsche Sprache ein. Dass es sich immer weiter ausbreitet und neue Formen hervorbringt, ist für Sprachforscher wie Damaris Nübling etwas Positives: Das Deutsche lebt. Es verfällt nicht, sondern es entwickelt sich weiter. Und es wird dabei immer hörer- und leserfreundlicher[?].
berliner-zeitung.de 22.5.2015

Nebenbei: Der Tod des Genitivs erreichte uns gerade als Buchgeschenk:Die Frauen von Picasso“.

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Sigmar Salzburg
16.12.2010 10.58
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Journalisten wieder ahnungslos

Rat für Rechtschreibung will einige Neuschreib-Blüten abschaffen

Seit 2006 gilt offiziell die aktuelle Variante der neuen „Rechtschreibung“. Jetzt rudert der Rat für Rechtschreibung – das Gremium beobachtet die Schreibentwicklung – in seinem jährlichen Prüf-Bericht zurück. Das Gremium fordert die Rücknahme des Neuschreibs von Fremdwörtern.

Berliner Umschau ‎13.12.2010‎

Noch einmal: Neuer Blödsinn bleibt – nur vergessene Altschreibungen werden mit begleitendem wissenschaftlichem Hokuspokus zum Abschuß freigegeben, als Tätigkeitsnachweis des nichtsnutzigen Rates.

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Norbert Lindenthal
28.02.2006 12.47
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Berliner Umschau

Berliner Umschau

Die Kapitulation

Kultusminister verabschieden sich von der einheitlichen deutschen Rechtschreibung

Von Martin Müller-Mertens

Hatten sich vor allem die bundesdeutschen Kultuspolitiker in den vergangenen gut zehn Jahren immer kompromißlos gezeigt, wenn es um die Durchsetzung der neuen „Rechtschreibung“ ging, so scheinen sie nun vor der Kraft des Faktischen zu kapitulieren. Künftig, so machte es die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave, deutlich, gehe es im Prinzip gar nicht mehr den Anspruch einer gemeinsamen schriftlichen Hochsprache.

[Bild; Parkverbotsschild „Schifffahrt“]
Hier gibt es KEINE Rechtschreibreform

Anlaß war die Übergabe des auf absehbare Zeit letzten Änderungskataloges vom Rat für deutsche Rechtschreibung. Dieser soll Ende der Woche von der KMK beschlossen werden. Vermutlich ohne größere Abänderungen, wie Erdsiek-Rave unter Verweis auf die laufenden Diskussionen vermutete. Damit werde die bisherige Diskussion zunächst ein Ende haben. Der Rechtschreibrat wird künftig die Sprachentwicklung begleiten und, Stück für Stück, Anpassungen vornehmen. Die Zeiten der großflächigen Anpassungen der 1996 eingeführten und 2004 erstmals durchgreifend modifizierten „Rechtschreibung“ ist zunächst vorbei.

Konzentriert hat sich der Rat, dem Vertreter Deutschlands, Österreichs, der Schweiz, Liechtensteins, Süd-Tirols und Belgiens angehörten, vor allem auf die Punkte Getrennt- und Zusammenschreibung, Groß- und Kleinschreibung, Zeichensetzung, sowie Worttrennung und Zeilenende. Beim ersten Punkt wird „der den Traditionen des Deutschen entsprechenden Tendenz zur Zusammenschreibung Rechnung getragen“. Sprich: künftig ist wohl in den meisten Fällen beides möglich. Die Änderungsvorschläge bei der Groß- und Kleinschreibung „werden auf das systematisch Nötige bschränkt und beschreiben den existierenden Gebrauch präziser“. In der Zeichensetzung sind etwa Kommata, die vor selbständigen, etwa mit „und“ verbundenen Sätzen nicht mehr zuläßig. Infinitivgruppen – dort bestätigte der Rat ausdrücklich – können weiterhin abgetrennt werden. In der Worttrennung empfiehlt der Rat lediglich, eine Abtrennung von Einzelvokalen grundsätzlich auszuschließen. Die Details der dann beschlossenen Vorschläge sollen voraussichtlich Ende der Woche veröffentlicht werden.

Dem Chef des Rechtschreibrates, Hans Zehetmair, geht das alles vermutlich nicht weit genug. Es sei ein Kompromiß, bei denen es 50 Abstimmungen nach teilweise harten Diskussionen gegeben habe. Die Empfehlungen verbesserten die jetzige Situation. Die Frage, ob die veränderte neue „Rechtschreibung“ besser sei, als vor 1996, „hat sich mir nicht gestellt“. Er machte sichtlich fröhliche Miene zum bösen Spiel.

Erdsiek-Rave zu Folge ging es nicht um den Stein der Weisen, sondern um einen „gewissen deutschen Rechtschreibfrieden“. Man habe vielleicht in der Vergangenheit den Fehler gemacht, die Reform zu sehr zu politisieren. Den Eindruck zu erwecken, es werde nun jedem vorgeschrieben, welche Regeln er zu befolgen hat. Das solle in Zukunft nicht mehr geschehen. Die neuen Regeln gelten für die Schule, wo sie nach einer Übergangszeit verbindlich sind, und für die Ämter. An die Medien apelliere man, die Regeln zu übernehmen. Im übrigen bedeute „Rechtschreibfrieden“ eine friedliches Nebeneinander von verschiedenen Schreibweisen, die auf Dauer – vielleicht im Rahmen einer Generation – schon zusammenwachsen werden. Heißt: jeder kann zu Papier bringen, was er für richtig hält.

Das klang einstmals ganz anders. Mit dem der Zeit eigenen moralischen Impetus war die Rechtschreibung in den 70er Jahren Angriffspunkt einer ganzen Generation von Bildungsreformern, die aus dem Sumpf des Antiautoritären kamen. Jenen, deren Totalitarismus gegenüber allem, was nicht antiautorität sein wollte, teilweise hysterische Formen annahm. Damals ging es etwa um die vollständige Kleinschreibung, es war die Geburtsstunde solcher Sprachblüten wie des Binnen-I. Was 1996 eingeführt wurde, ist die späte Welle dieses auf den Höhen bildungspolitischer Szenediskussionen ausgetragenen Sturmes. Daß sie sich des unerbittlichen Mittels der schulischen Sanktionsmöglichkeit bediente, ist aussagekräftig genug.

Die Reform hat nichts gebracht, außer Schaden. Deutsch lernt sich nicht leichter, nur verkehrter. Die Schriftsprache ist auseinandergefallen. Nicht nur in zwei Lager, die man zusammenfügen könnte. Sondern, durch die unzähligen kleinen und großen Anpaßungen, in einen Strauß von Hausrechtschreibungen, die wohl tatsächlich in frühestens einer Generation wieder ein Ganzes bilden. Den ganzen Quatsch zurückzunehmen und zu den Regeln von vor 1996 zurückzukehren, verträgt offenbar die Staatsräson nicht – und angesichts drohender Schadenersatzklagen der Buchverlage wohl auch keine Kassenlage. Also schreibt jeder, wie er will.

Die Lobbyistenverbände jubeln derweil. Zehetmaier hat sie aufgelistet: GEW, Schulbuchverlage, Goethe-Institut, Elternverband, Lehrer sowieso. Das ist keine Begründung für die „Reform“, sondern lediglich eine Aufzählung ihrer organisierten Einpeitscher, denen das „Kindeswohl“ zumeist als Argument für die Eigeninteressen diente. Sie haben, betrachtet man den Zerfall der Schriftsprache, ihr eigentliches Ziel wohl zunächst einmal erreicht.

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