Die neue Regenbogenkirche
Seit Urzeiten wurden Ehen zwischen den Familien ausgehandelt – meistens. Ein zivilisatorischer Fortschritt war es, daß vor 3750 Jahren im alten Babylon die Ehe erst durch einen schriftlichen Vertrag zwischen Mann und Frau gültig wurde, wie in den Rechtsregeln des Hammurapi niedergelegt:

Šum-ma a-wi-lum / aš-ša-tam / i-ḫu-uz-ma / ri-ik-sa-ti-ša / la iš-ku-un / SAL* (=sinništum) ši-i / ù-ul aš-ša-at.
[§ 128] Wenn ein Mann eine Gattin genommen hat, ohne einen (schriftlichen) Vertrag mit ihr abzuschließen, so ist jene Frau keine Gattin.
Ehebruch und Vergewaltigung waren todeswürdig, Inzest war verboten. Es folgten fast siebzig Bestimmungen, die Vermögens- und Erbfragen regeln, aber sonst keine moralischen Vorschriften machten.
Homosexuelle und sodomistische Neigungen werden nicht erwähnt. Deren Verdammnis wurde erst tausend und mehr Jahre später als Forderung des biblischen Gottes ausgiebig codifiziert:
Lev 20,13: Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Greuel ist, und sollen beide des Todes sterben ...
1 Kor 6,9: Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Lustknaben, noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Habgierige, keine Trinker, keine Lästerer, keine Räuber werden das Reich Gottes erben.
Auf dem 32. Evangelischen Kirchentag können theologische Rabulisten das alles scheinbar mühelos wegdisputieren. Wie sich nach 1933 die Kirchen dem damals siegreichen NS-Staat andienten und den „arischen“ Jesus propagierten, so folgen sie jetzt dem Gender- und Schwulen-Kult, um ihre zunehmende Bedeutungslosigkeit vergessen zu machen:
Es gibt ein Zentrum „Gender“, ein Zentrum „Regenbogen“ und eine eigene Podienreihe „Streit um die Familie“. Mit der Bibel wird Homophobie bekämpft, das Thema Ehe und Familie wird unter theologischen, politischen und juristischen Perspektiven beleuchtet, Menschen aus gescheiterten und erfolgreichen Beziehungen kommen ebenso zu Wort wie Schwule, Lesben, Trans- und Bisexuelle...
tagesspiegel.de 4.6.2015
Offensichtlich will die evangelische Kirche das Gläubigenreservoir ausschöpfen, bevor die Homolobby den Staat wirkungsvoll zu einer Ersatzkirche für schwule Paarungen umgebaut hat. Denn noch in den Neunzigern lehnten die meisten Homosexuellen auch die Staatsfürsorge ab. 1993 zitierte die „Zeit“ den verstorbenen Kabarettisten Günter Thews, („Die Drei Tornados“):
Er „verdünnisierte“ sich, wie er es nannte. Er hatte Aids. ... Da war er wieder, der radikale Spott über Homosexuelle, die plötzlich heiraten wollten, „wer heute alles schwul werden darf. Da kann man mal sehen, was für konservatives Gesocks in der Bewegung drinnehängt“. (zeit.de 15.2.1993)
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