Privatkorrespondenz
Dr.R.Menges schrieb an einen Herrn Wagner mit Kopie an mich unter anderem:
> Muss Heinz Kohl freigeschalten werden? Seine Beiträge sind auf Spiegel
nachzulesen- er ist ein Verfechter der alten Rechtschreibung und er hat
immerhin Stil, den ich hier ja manchmal vermisse.
Ich antwortete ihr, und sie findet nun:
> Lieber Heinz,
> schreib ihn (Anm.: den Text) doch lieber selber im Gästebuch ein.
> Das wäre nett.
Na gut, da ist meine Mail:
Bin ich ein Verfechter der alten Rechtschreibung?
Eigentlich nicht.
Ich bin nur der Meinung, daß die Idee einer Rechtschreibung an sich schon irgendwie berechtigt ist.
Es sollte also eine Rechtschreibung geben.
Leider wurde die alte in einer kritischen Zeit abgeschafft in einer Zeit, in der sich nur noch wenige um Rechtschreibung bemüht haben. Von diesen wenigen wurden die meisten auf Dauer zu Schreibern gemacht, die von anderen zwar nicht zurecht, aber in völlig unangemessenem Anspruch zu Recht als fehlerhaft Schreibende angesehen werden können und werden.
Gut, diese Veränderung gerade zu dieser Zeit war ja gerade durch diese Situation begründet.
Je nun die alte Schreibung hätte dann auch ersetzt werden müssen durch etwas, von dem mit gewisser Berechtigung anzunehmen hätte sein können, daß es geeignet wäre, mehr Leuten zugänglich zu sein. Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, wäre jedoch nötig gewesen:
* deutliche(!!) Vereinfachung
* Einhaltung eines sinnvollen Abstands zur alten
* Abweichungen in verständlicher und systematischer Weise gebildet
* keine Veränderungen um der bloßen Veränderung willen
* keine windelweichen Kompromisse zwischen einander widerstrebenden Ansätzen
* vernünftige Einführung dazu gehören u.a. Regeln, die mindestens überwiegend anwendbar sind
* VOR ALLEM ABER: begründete Erwartung, daß durch diese Änderung der Kreis derer, die auf Rechtschreibung achten, zumindest auf Dauer nicht kleiner wird
Nichts davon wurde beachtet.
Die Folgen sind klar ablesbar: KEIN Presseorgan (Organ in diesem Sinn mag ein Austriazismus sein ;-) ) hat auch nur sein Rechtschreibniveau, das nicht erheblich unter dem vor der Reform lag; die Zahl der Rechtschreibfehler liegt bei den Zeitungen und Zeitschriften, bei denen ich das abschätzen zu können meine, ganz grob geschätzt um einen Faktor zehn höher als vor der Reform. Wobei ich, wohlgemerkt, vor der Reform Verstöße gegen die alte Rechtschreibung rechne, danach nur Verstöße gegen beide dieser Normen. Bei Verdacht auf Verstöße gegen die neue Rechtschreibung schaue ich übrigens prinzipiell nach, da ich mir bis heute kein verläßliches Urteil zutraue und auch immer wieder noch auf Überraschendes stoße.
Willkürliche Beispiele aus der deutschen Presselandschaft im April 2003, unfairerweise beginnend beim SPIEGEL (eine der ganz wenigen deutschsprachigen Zeitschriften, denen die Rechtschreibung nicht mehr oder weniger schnuppe ist):
dass / das -Fehler: notiere ich nicht mehr, da allzu häufig und selbst dort immer wieder zu finden, wo daß/das Fehler extrem rar waren, etwa im SPIEGEL.
Wachs- und Fieberglasfigurenkabinett (Spiegel #18/2003, S.184)
Einer zu viel (#16/03, S.139 habe ich nicht nachgesehen, könnte und dürfte also korrektes Neuschreib sein)
Aus Beiträgen der Leonberger Kreiszeitung (Stuttgarter Zeitungsverbund, vergleichbar oder gleich also z.B. in Stuttgarter Nachrichten/Stuttgarter Zeitung):
Zwei Tonnen Plastikgranulat übersähen die Fahrbahn (2.4.03, -7-)
Nur wenn der Aufwand für eine Ausschriebung höher ist, als die Vergabesumme, sollte darauf verzichtet werden, empfiehlt die Gemeinderüfungsanstalt. Vor allem Kleinreperaturen ... bestimmt die Gemeinde stets Gewertreibende ... (11.4.03, -8-)
Bischoff ... mit liberalter Haltung ... (LKZ, April, Ausgabe nicht notiert; Bischoff stand in der Überschrift, aus dem Inhalt ging hervor, daß ein katholischer Bischof gemeint war)
Aus einer Informationsbroschüre zu Magnetresonanztomographie:
... leichte allergische Reaktionen (z.B. Haurötungen) ... bei Schwangschaft ist Vorsicht geboten ...
Mein Fazit:
Mit all dem, was in der Schreibung verändert wurde, erreicht man allenfalls jene, die man mit solcherlei so willkürlichen wie unerheblichen Änderungen lediglich unnötigerweise belästigt bis verstört. Für alle anderen, insbesondere für die, für die diese Reform gedacht war, handelt es sich um eine rein akademische Diskussion.
Es wäre nötig, endlich an eine Rechtschreibreform zu denken. Leider ist dieser Terminus in den letzten Jahren in Mißkredit geraten. Wegen der so genannten, so also nur genannten und nicht wirklichen, Rechtschreibreform. Es wird sich also kaum jemand finden, der einerseits kompetent für ihre Vorbereitung und Umsetzung und andererseits bereit dazu wäre. Fände sich so einer jedoch, würde die Reform schon allein aufgrund dieses ungünstigen Umstands ins Leere laufen.
Meine Schwiegermutter hat eine Putzfrau mit deutscher Muttersprache. Diese kennt immerhin die Bezeichnung Vogel, Begriffe wie Amsel oder Spatz sind ihr fremd.
Meine Frau hat die Tage neben der Hausarbeit einen typischen Hausfrauenquiz mitgehört. Eine der Preisfragen: Welcher der folgenden fünf Begriffe bezeichnet einen Baum: Fähe, Fähre, Föhre, ... (es folgten 2 Kunstworte). Einer der Kandidaten erriet das gesuchte Wort und gab als Grund dafür an, daß er zufällig eine Sendung gehört habe, in der das Wort Fähre vorgekommen sei, er meine, das Wort Föhre schon einmal gehört zu haben, die übrigen Wörter habe er weggelassen, da er sie nicht kenne.
Es kommt mir so vor, als ob die Rechtschreibreformer eine Reform für so ein Publikum gemacht hätten, ihr vorrangiges Mittel dazu sei es gewesen, die botanische und zoologische Namensgebung zu verändern unter Einschluß von Verballhornungen.
> Ist Logik eigentlich messbar oder ist Logik übersetzbar mit Möglichkeiten, wie geschickt man durch das Leben kommt?
Mit Hilfe der Logik kann man eventuell Maße bilden, mit diesen Logik zu messen wäre vergleichbar dazu, ein Maß mit sich selbst messen zu wollen.
> Intelligenz ist messbar, aber Logik?
So, Intelligenz ist meßbar.
Weiß ich.
Dazu gibt es Intelligenztests.
Was messen Intelligenztests?
Intelligenz.
Was ist also Intelligenz?
Klar, genau das, was Intelligenztests messen!
(Das ist übrigens keine Außenseitermeinung. Es handelt sich um den einzigen wirklich substantiellen und zielführenden Schluß, zu dem hochintelligente IQ-Testentwickler, etwa die der Mensa-Aufnahmetests, letztlich bei der Bewertung all dieser Tests, folglich auch ihrer eigenen, gekommen sind).
> Seien Sie ein wenig vorsichtiger, Herr Wagner.
> Die Logistik des Lebens verlangt das manchmal!
Seien wir also froh, daß die Logistik letztlich hauptsächlich dem Namen nach mit Logik zu tun hat, ansonsten wäre es wirklich zum Verzweifeln ;-)
Grüße,
Heinz Kohl
Heinz Kohl
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