Ein Stengel bleibt ein Stengel
Erinnerungen an den Meister des Eigenlobs
Von Antje-Gesine Marsch
Heute vor 15 Jahren starb der Schriftsteller, Satiriker und Kabarettist Hansgeorg Stengel. Der gebürtige Greizer hatte Wortwitz wie kaum ein anderer.
Heute jährt sich der Todestag von Hansgeorg Stengel zum 15. Mal. Bekannt war der gebürtige Greizer vor allem für seinen scharfen Wortwitz, mit dem er gegen die Sprachschludereien der Deutschen ins Feld zog: Stengel geboren am 30. Juli 1922 auf dem Schlossberg 10, verstorben an seinem 81. Geburtstag 2003 in Berlin hatte seine Heimatstadt schon in den 1970er Jahren weit über die Landesgrenzen berühmt gemacht. Und zwar mit den Bänden Greizer Sonate und Greiz und quer, in denen Stengel Persönlichkeiten, Begebenheiten und Ereignisse näher beleuchtete.
50 Bücher veröffentlichte Stengel, darunter solche Klassiker wie So ein Struwwelpeter, Stenglisch for you oder Rettet dem Dativ. Er schrieb die Kolumne Wortadella, erfand die Kreuzworträtsel für Querdenker, schrieb mit Annasusanna das wohl erste Buch, das man sowohl von vorn nach hinten als auch umgekehrt lesen konnte und bereiste zudem als Kabarettist das Land. Im DDR-Fernsehen machte er sich rar, da er darauf bestand, sich nicht in seine Texte hineinreden zu lassen...
Stengel galt als eigenwillig und zudem mit einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein ausgestattet: Ich bin mir sehr sympathisch oder Ich hänge sehr an mir gehörten zu den Lieblingszitaten des Autors. Bereits 1950 hatte er seiner Heimatstadt den Rücken zugewandt, um beim Eulenspiegel damals noch Frischer Wind in Berlin zu arbeiten. Mit Schrubber und Besen war sein erstes Buch, das im selben Jahr erschien. Seit 1959 war Hansgeorg Stengel als freier Redakteur und Kabarettist tätig. 150 Auftritte und 30.000 gefahrene Kilometer konnte der Schriftsteller im besonderen Einsatz in einem Jahr nachweisen. Er teilte gern aus, konnte aber auch damit umgehen, wenn man ihm einen einschänkte, urteilte der Schriftsteller und Stengel-Freund Peter Ensikat in einem Interview.
Besonders die Sachsen hätten oft im Fokus seiner humoristischen Betrachtungen gestanden. Sie haben keine Sprache, lediglich ein Signalsystem, wie es Stengel formulierte. Ein einziges Signal, das einem Klingeln ähnlich sei, könne vier Bedeutungen haben. Beispielsweise Lähm. Es könne Lehm, Leim, Leben oder Löwen bedeuten. Für den Meister des Eigenlobs war auch das Wort Wende viel zu unpolemisch. Er nannte sie Heimholung. Bekannt wurden seine Betrachtungen über die Raumfahrt im Vogtland: Ich stand auch auf der Liste der kosmischen Kandidaten Schießt den Stengel auf den Mond!
In den letzten Lebensjahren hatte der selbsternannte Wortpolizist der Rechtschreibreform den Krieg angesagt; schließlich betraf sie ihn selbst: Ich lasse mich nicht verumlauten. So wurde Hansgeorg kein Stängel. ...
Eine Ehrung wurde Stengel in diesem Jahr postum zuteil: An seinem Geburtshaus auf dem Schlossberg wurde Mitte Mai eine Gedenktafel angebracht.
freiepresse.de 30.7.2018
Gegen „höhere Kreise” kann ein schwacher Stengel eben nur mit seinem Namen stehen.
|