Kosten spielen keine Rolle, wenn …
Verschobener Schlossaufbau
Unwürdiges Spiel mit Ulbrichts Liegewiese
Ein Kommentar von Severin Weiland
Milliarden stellt die schwarz-gelbe Regierung zur Rettung von Euro und Banken zur Verfügung, doch ausgerechnet beim Schloss-Neubau in Berlin will die Koalition jetzt sparen. So macht sich eine bürgerliche Regierung zum Erfüllungsgehilfen der früheren DDR-Herrscher.
… Es ist ein Streich der besonderen Art: Ausgerechnet eine bürgerliche Regierung opfert das wichtigste Projekt der Republik ihrem Spardiktat.
Wo Milliarden in die Eurozone gepumpt oder als Bürgschaften für Banken bereit gestellt, wo Unsummen für Hoteliers als Steuersenkungen vergeben werden, kühlt sich der Mut der schwarz-gelben Macher ausgerechnet an einem Projekt, das im Vergleich zu anderen Vorhaben ein Schnäppchen ist. 552 Millionen Euro davon 400 Millionen des Bundes sollte der Bau des Schlosses kosten, im nächsten Jahr der Startschuss fallen. Bei einer geschätzten Bauzeit von sieben Jahren wären das pro Jahr rund 80 Millionen gewesen.
Viel zu viel, sagen die Gegner. Zum Vergleich: In Berlin wächst derzeit der Neubau des Bundesnachrichtendienstes (BND). Es ist das größte Projekt des Bundes und soll geplante 720 Millionen kosten. Wahrscheinlich wird die Geheimdienstzentrale bei ihrer Fertigstellung 2013/14 rund 1,5 Milliarden verschlungen haben.
[Wie sagte ein Vertreter der Landesregierung SH, als ihm eine Abordnung der Bürgerinitiative vorrechnete, wieviel mehr die räumliche und zeitliche Abtrennung des Volksentscheids von der Bundestagswahl 1998 kosten würde: „Wenn etwas politisch gewollt ist, spielt Geld keine Rolle.“]
... Die Vorarbeiten begannen. Der Stopp des Baus ist daher nicht nur ein eklatanter Vertrauensbruch der Politik gegenüber den Planern, sondern vor allem gegenüber engagierten Bürgern, die ob in Vereinen, Parteien oder Medien für die Wiederherstellung eines historischen Ortes kämpften. Sie werden durch die Entscheidung der Merkel/Westerwelle-Regierung zum Gespött der Gegner gemacht. …
[Und was für ein Vertrauensbruch und was für eine Demokratiemißachtung war erst die Annullierung des Volksentscheids!]
Der eigentliche Witz der Geschichte aber ist die Geschichtsvergessenheit von Schwarz-Gelb: Auf Jahre hinaus bleibt eine Brache dort, wo einst SED-Chef Walter Ulbricht 1950 den Hohenzollern-Bau sprengen ließ. … Jetzt verlängern Union und FDP den barbarischen Abrissakt Ulbrichts ins Unendliche.
spiegel.de 7.6.2010
Aber was kann man schon von einer kulturbanausischen Politikerkaste erwarten, aus deren Reihen die etwa vierzig Ministerpräsidenten und Kultusminister kamen – sowie eine weitere Hundertschaft von Ministerialbeamten –, die die schwachsinnige „Rechtschreibreform“ durchgedrückt haben, die bis zum Jahr 2006 der Volkswirtschaft allein einen materiell erfaßbaren Schaden von rund 5 Milliarden Euro zugefügt hat.
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