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Norbert Schäbler
27.12.2003 23.54
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Wesentlichkeit

Ich betreue derzeit einen Sterbenden. Seine leibliche Mutter meint, daß er sich rasieren müsse.

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nos

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Norbert Schäbler
19.12.2003 14.38
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Hunds-gemein

„Der Kompromiss trägt die Handschrift der
U n i o n s – g e f ü h r t e n Länder.“
Das war heute auf dem Laufband des Fernsehsenders „n-tv“ zu lesen.

Nach meinem Dafürhalten handelt es sich bei dem Begriff „Unions-geführt“ um ein zweiteiliges “Misch-Mittelwort“, für das ich den Terminus „nominal-regiertes Partizip“ (n-rP) vorschlage, zumal besagtes „n-rP“ ein grammatisches Phänomen ist, das – konsequent durchdacht – ungeahnte neue Wortbildungstechniken erschließen könnte.
Nachzudenken wäre natürlich auch darüber, ob man nicht parallel dazu das „Misch-Wiewort“ verordnen und sozusagen das „nominal-regierte Adjektiv“ (n-rA) per Erlaß einführen müßte.
Wörter wie „Arbeits-scheu“, „Leistungs-stark“ und „Hunds-gemein“ kämen dann in neuem und sinnfälligem Gewand daher.

Wie mir scheint, gibt es keine wissenschaftliche Dummität, aus der sich nicht auch noch irgendein Nutzen ziehen läßt. Daß man den Formalismus der Rechtschreibreform allerdings als „Wissens-erweiternde“ und tatsächlich „Begriffsbildungs-fördernde“ Maßnahme bezeichnen können sollte, wage ich zu bezweifeln.




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nos

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Norbert Schäbler
23.11.2003 00.50
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Joh.: Meine Gnade genügt dir, denn die Kraft kommt in der Schwachheit zur Vollendung

Es sprengt jetzt ein bißchen den Faden, wenn ich zurückgehe in das Jahr 1955, zumal ich nicht genau weiß, ob das Jahr auch stimmt.
Damals gab es einen Journalisten, und ich weiß nicht einmal genau, ob der Name „Süßkind“ stimmt. Irgendwo in Icklers Nachforschungen steht der Name schwarz auf weiß.
Damals jedenfalls war es so, daß die Herren Kultusminister – jene vorstaatliche Institution, die es gar nicht geben dürfte – darauf verzichteten, in Sachen Rechtschreibreform weiter tätig zu werden. Damals hat man dem Duden das Regelungsmonopol anvertraut.

Seltsames passierte auch in den frühen 90er Jahren. Da hatte ein Journalist, oder war es gar die Anhörung in Bad Godesberg – dortselbst hatte sich fachliche Kompetenz versammelt, Lunte gerochen, war zur Erkenntnis gelangt war, daß die KMK total verblödet ist.
Irgendwas war da mit „Keiser im bot“. Jedenfalls war das blamabel genug für die Herren, die sich teilweise vom Taxifahrerjob in höchste Höhen hinaufgehievt hatten.

Danach lief alles hinter verschlossenen Türen ab, und wie man ebenfalls von T. Ickler weiß, herrschten in der geschlossenen Gesellschaft maffiaähnliche Zustände.
Der einzige Verlag, der Publikationsrechte besaß, war der Gunter-Narr-Verlag. Das, z.B. hat Friedrich Denk köstlich persifliert.

Was immer vorgefallen ist. Die Herren der KMK sind zwischen 1993 und 1996 so stark geworden, daß sie das Dudenmonopol gebrochen haben, so stark, daß sie einen kompetenten und finanzkräftigen Monopolisten aus dem Weg räumen konnten.

Und jetzt mal zum Nachdenken: Das kann doch nur passieren, wenn man sich einen noch finanzkräftigeren verkappten Monopolisten zum superfreund (Anlehnung an spinnefeind) macht.

Ich rede von Bertelsmann, von schwarzen Koffern, und so ...

Gnade?
Wenn, dann höchstens im Grad des Unterworfenseins!
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nos

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Sigmar Salzburg
05.09.2003 05.48
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immerwährend

Nachdem sich nun selbst beflissenste Diener Gottes der Rechtschreibreform unterwerfen, sieht sich auch die himmlische Bürokratie gezwungen, dem zu folgen. In einer der ersten Pressemitteilungen heißt es jetzt in bestem neuem Amtsdeutsch:

Wer sündigt und Böses tut, geht immer
während des Aufenthaltes im Himmelreich
der ewigen Seligkeit verlustig.


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Sigmar Salzburg

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Martin Reimers
25.08.2003 23.00
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(Keine Anzeige)

IKEA 2005

Liebe Kundin, lieber Kunde!

Kennen Sie nicht auch dieses schreckliche Gefühl beim Bettenkauf: Welches Modell passt besser zu mir, welches zu meiner Wohnung, zu meinem derzeitigen Lebensabschnittspartner, zur Frisur meines Pudels. Fragen über Fragen und keine Antwort . . .

Diese Quälerei hat jetzt ein Ende! Ab sofort führen wir in unseren Filialen ausschließlich und exklusiv das neue Einheitsbett TROMSÖ-PROKRUSTES. Zehn Jahre lang haben unsere Ingenieure weder Zeit noch Mühe gescheut, um ein Modell nach dem anderen zu zersägen. Natürlich wollen Sie jetzt wissen, wie unser neues TROMSÖ-PROKRUSTES aussieht. Nun, ein Foto können wir im Moment leider auch nicht präsentieren, das Bett wird in einigen Details abweichen von den gleichnamigen Modellen, die Sie bereits in unseren Katalogen aus den Jahren 1996 bis 2003 finden konnten. Auch ein Probeliegen vor Ihrer verbindlichen Bestellung könne wir Ihnen leider nicht mehr gewähren. Sie können dennoch unbesorgt sein –führende Normal- und Wenigtischler sind von TROMSÖ-PROKRUSTES restlos begeistert, da die Herstellung weit einfacher sein soll als bei allen bisherigen Modellen.

Um Ihren Wünschen noch schneller nachkommen zu können, haben wir darauf verzichtet, die Kompetenz unserer bewährten Probeschläfer in Anspruch zu nehmen. Die Ingenieure waren zwar mit ihrem Bauplan noch nicht fertig, aber die Tischler mussten nun einmal am nächsten Morgen irgendetwas Neues in die Verkaufsräume stellen. Dies hat leider bei einigen unserer älteren Kunden für Verwirrung gesorgt – und zeitweise sogar zu vereinzelten Bestellungen der überholten Modelle geführt. Aber dies ist natürlich als eine Übergangserscheinung zu betrachten, zumal wir alle Aufträge an die Produzenten der Alt-Betten längst storniert haben. Wie eine unabhängige Befragung zum Bettenkauf-Verhalten unseren Kunden kürzlich ergeben hat, bevorzugen rund 80 Prozent der Bundesbürger das neue TROMSÖ-PROKRUSTES von IKEA.

Zum Schluss noch ein heisser Tipp: TROMSÖ-PROKRUSTES ist ideal als Gästebett geeignet! Und falls sich jemand beschwert, wollten Sie nicht ohnehin lieber Ihre Ruhe haben? Und gibt es nicht Wichtigeres in unserer Welt als Betten?

Mit Ihrer Bestellung von TROMSÖ-PROKRUSTES liegen Sie nicht nur im Trend der Zeit – Sie werden auch Ihrer Verantwortung gegenüber den Benachteiligten in unserer Gesellschaft gerecht. Für jedes verkaufte Einheitsbett TROMSÖ-PROKRUSTES kommen nämlich fünf Euro der „Aktion angstfreies Schreinern“ zu Gute.

Also schlafen Sie gut weiter!

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Martin Reimers

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Sigmar Salzburg
25.08.2003 14.42
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Etwas Philosophie des Öfteren

Früher waren die Kenntnisse des Öfteren im Besitz der Kirche. Eine Frage im Beichtstuhl konnte etwa sein: „Hast du die Sünde des Öfteren begangen?"– und die ausweichende Antwort: „Ich habe den Herrgott des Öfteren um Hilfe angefleht ...".

Erst Friedrich Nietzsche hat den Begriff des „Öfteren“ in die Sphäre des Wissenschaftlichen gehoben. In seiner Schrift von 1872, „Das Verhältnis der Schopenhauerischen Philosophie zu einer deutschen Cultur“, spricht er erstmals von der „Wissenschaft des Öfteren":

... aus der Nähe betrachtet sieht das zu unbeschränktem Erkennen antreibende Motiv in Deutschland einem Mangel, einem Defekte, einer Lücke viel ähnlicher als einem Überfluss von Kräften, fast wie die Folge eines dürftigen formlosen unlebendigen Lebens und selbst wie eine Flucht vor der moralischen Kleinlichkeit und Bosheit, denen der Deutsche, ohne solche Ableitungen, unterworfen ist und die auch, trotz der Wissenschaft, ja noch in der Wissenschaft des Öfteren hervorbrechen.

Die Duden-Regelung von 1901 hat diesen Begriff unsichtbar gemacht und der Nutzung entzogen. Erst mit der Rechtschreibreform von 1996 wurde dieser Missstand beseitigt. Überrascht erkennen wir, dass sich – analog zu Vaihingers „Philosophie des Als Ob“– unbemerkt schon eine Philosophie des Öfteren etabliert hat:
(* = „gültige“ Rechtschreibung nachträglich )

Gehlen folgt damit einem in der Philosophie des Öfteren* verwendeten Verfahren der Moralkritik, welches man als Entlarvungstechnik bezeichnen kann. Das Vorbild der Entlarvungstechnik als Methode der Moralkritik liefert Friedrich Nietzsche in seiner Schrift „Zur Genealogie der Moral“.... (homepages.compuserve.de/eckhartarnold/ gehlen/)

Gibt es ein klares Merkmal, das es gestattet, nichtphysische Dinge eindeutig von physischen abzugrenzen? Eine Antwort auf diese Frage zu geben, ist in der Philosophie des Öfteren* versucht worden.(G. Keil, H.Schnädelbach) (uni-bielefeld.de/ philosophie/ )

Tatsächlich handelt es sich beim Prinzip des Öfteren um eine universelles Gesetzlichkeit, die alle Lebensbereiche durchdringt. In Sonderheit finden wir es ...

in der Tagespolitik:
Ulla Jelpke, die als PDS-Abgeordnete die Regierung des Öfteren mit Anfragen zum Rechtsextremismus verzückte, wird sich auch zur fragwürdigen V-Leute-Einschmuggel-Praxis des Verfassungsschutzes äußern.(„taz“-Notiz v. 4.11.02)

in der Literatur:
Hier besuchte der Dichter des Öfteren* seine Freunde, vor allem den Franc Just Prešeren, ...

in der Weisheitlehre:
Ich persönliche würde übrigens sagen, dass Weisheit des Öfteren* zum Wahnsinn führt (403.rapidforum.com/)

in der Geschäftswelt:
In überwiegend guter Diskussionsatmosphäre war die Stimmung weit weniger angespannt und emotional geprägt als noch bei der Hauptversammlung des Geschäftsjahres 1999 im September 2002, als die Diskussionen des Öfteren die sachliche Ebene verließen.
(goettinger-gruppe.de/)

in der Zukunft:
«Das beste Mittel, um die Zukunft vorauszusagen, ist diese zu erschaffen», sagen Wissenschaftler und Zukunftsforscher des Öfteren*. (uhren-schmuck.de/)

im Religiösen:
Das Volk Israel hat in seiner Geschichte des Öfteren solche Zeiten erlebt. (st-nikolai-kirche.de/)

Diesen Psalm sollte man singen, dachte der Prophet des Öfteren*, ..... (gwdg.de/~unembac/archiv-4/011223)

Und das Oder bedeutet den zweiten Tod, wie es in der Offenbarung des Öfteren* heisst. ...
(chrkoenig.de/brief05)

... und im Show-Business
Der einzige Wermutstropfen des Auftritts war, dass der Sänger des Öfteren* After bzw. Gemächt zur Schau stellte (echte Schotten haben nie etwas unter ihrem Kilt!) und ich somit beinahe mein Augenlicht verloren hätte. Trotzdem eine gelungene Show ... (outknocked.de/)

... eine nicht nur so genannte After-Show-Party.

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Sigmar Salzburg

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Norbert Schäbler
14.07.2003 19.48
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Genau genommen

„Es kommt nicht darauf an, was für einen Hut man auf dem Kopf hat, sondern was für einen Kopf unter dem Hut.“

H(erbert) G(eorge) Wells (1866-1946), Autor des utopischen Romans „Die Zeitmaschine“ aus London ...

Ein zweiter:
„Wer den Feind umarmt, macht ihn bewegungsunfähig.“
(vermutlich chinesisch)
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nos

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Sigmar Salzburg
11.07.2003 08.49
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Der Konsum der Lust und nackte Tatsachen

Friedmann, der seit Wochen abgetaucht war, wirkte bei seinem nur wenige Minuten dauernden Auftritt noch immer angeschlagen von dem Sturz aus den Höhen des scharfzüngigen TV-Talkmasters und Party-Lieblings in die einsamen Niederungen der in aller Öffentlichkeit breit getretenen Details zum Prostituierten-Besuch und zum Konsum der Lust steigernden Schickeria-Droge Kokain. Er akzeptierte den Strafbefehl von 17400 Euro ohne Wenn und Aber: „Drogen sind in einer – auch meiner Lebenskrise – keine Hilfe ...“ ... afp/dpa (n. Kieler Nachrichten v. 9.7.2003)

Manche denkbare zusammengesetzte Adjektive sind nach der neuen Rechtschreibung verboten: tritt das ergänzende Substantiv in der Grundform unbegleitet, unbekleidet –„nackt“ – auf, dann darf es mit anständigen Partizipien I nicht gepaart werden.

Die „Nacktheitsprobe“ ergibt für den obigen Fall: „Kokain steigert die Lust.“ „Lust“ tritt nackt nicht auf, ist daher mit „steigern“ zu verbinden: „die luststeigernde Schickeria-Droge“.

Hilfe dagegen kommt unverschämt nackt daher, nicht nur in Gestalt osteuropäischer Prostituierter. „Friedmann suchte Hilfe ...“ also „der Hilfe suchende Friedmann“.

Nackte Not wird er wohl trotz der hohen Geldstrafe nicht zu leiden haben. Geldspenden für ein Not leidendes CDU-Mitglied können vorerst zurückgestellt werden.

Die „Nacktprobe“ ist ein unerläßliches Handwerkszeug jedes „neu“ Schreibenden, sei er Schüler, Beamter oder einfach nur Angepaßter. Die damit mögliche ständige, mühelose Überwachung des Schreibvorgangs zur Vermeidung verbotener Adjektivbildungen löst das Versprechen des erleichterten Schreibens auf einfache und überzeugende Weise ein.

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Sigmar Salzburg

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Norbert Schäbler
24.06.2003 22.19
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Ein Bonmot obendrauf

Als Anfang der 90er Jahre die Herren Schulräte die Lehrerschaft zusammentrommelten und zu etlichen zusätzlichen Nachmittagsveranstaltungen einberiefen, um sie zu berieseln mit den Erleuchtungen des Ministeriums, ging es teilweise recht religionsbewußt zu.
Schließlich hieß der große Vorsitzende Zehetmair, seinerzeit ein Hüter der Moral. Später hat er den Werteverfall „kennen gelernt“.

Mit stundenlangen Appellen an die Moral, seitenlangen Aufzählungen von Verwerflichkeiten und umfangreichen Lernziellisten gossen die Schulräte ihr Füllhorn über die Staatsdiener aus, und jene nahmen die frohe Botschaft dankend an, ließen die Predigt über sich ergehen.

Für mich war’s schaurig bis gräulich, und irgendwann habe ich gesagt, daß Wertevermittlung nicht so einfach sei, weil die Werte unterschiedlich wahrgenommen würden.
Die wahren Werte seien ohnehin nur geliehen, und man müsse um sie kämpfen, weil sie sehr rar und flüchtig seien.
Hat sowieso keiner mehr zugehört, als ich die zweite Stufe gezündet habe: „Wir müssen dem Menschen Wert verleihen und ihm nicht einfach nur Werte vermitteln!“


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Sigmar Salzburg
15.06.2003 06.30
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Reformierte Weisheiten des Konfusius

Zu viel Unsinn Stellung nehmen und zu viel Unsinn reden ist vom Übel.

Denkt daran, wie viel Reden die Moral gefährdet und wie viele Reden die Menschen verwirren.

Jeder hat Not leidenden Nächsten zu helfen und niemand braucht Hilfe suchenden Menschen beizustehen.

(Schon am 11.3.01 stellte Frau Menges im Spiegelforum fest, daß sie solche Beiträge „gut lesen“ kann. – Aber auch richtig verstehen?)

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Sigmar Salzburg

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Sigmar Salzburg
29.05.2003 06.03
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Ein Reförmchen setzt sich durch

Prof. Schneiderat: Letztendlich entscheidet das Volk über die neue Hosenlänge

Auch wenn so mancher es still gehofft hat, zurückgedreht wird die Beinbekleidungsreform nicht. Da ist sich Prof. Diethelm Schneiderat sicher. Er hat sie mit aus der Taufe gehoben und gehört jener Kommission von Experten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz an, die ihre Umsetzung verfolgt. In zwei Jahren, so wurde es von den Politikern beim Start 1998 beschlossen, endet die Übergangszeit. Dann soll die neue Hosenlänge verbindlich sein. Wahrscheinlich mit kleinen Anpassungen. SZ sprach mit dem Hintertupfinger Pantologie-Professor Diethelm Schneiderat über Kompromisse und Tendenzen der Hosenentwicklung.

STUSSZEITUNG: Die Bekleidungsreform ist ein Reförmchen geblieben – von nur geringem Umfang, teilweise inkonsequent und nicht selten schwer verständlich. Oder sehen Sie das anders?

Prof.Dietmar Schneiderat: Man sollte nicht immer nur auf die Fachwissenschaftler einprügeln. Die Politiker haben den Vorschlag der Pantalogen verändert. Die Endfassung bestimmten in Deutschland der Krachledernenkonvent, in Österreich das Jodelministerium und in der Schweiz der kantonale Alphornverein. Man muss also den vielgliedrigen Entstehungsprozess berücksichtigen, der zwangsläufig zu Kompromissen geführt hat. Insgesamt ist die Reform aber viel besser, als das meist in der Öffentlichkeit dargestellt wird.

SZ: Sie galten schon immer als Verfechter der gemäßigten Kurzhose. Obwohl Sie Mitglied der Reform-Kommission waren, konnte sich die kurzgeschnittene Smokinghose nicht durchsetzen. Warum?

Prof. Schneiderat: Die österreichischen, Schweizer und bairischen Pantalogen im Arbeitskreis waren für die Kurzhose. Wir argumentierten damit, dass sie alpenländisch weit gehend üblich ist. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Langhose im Zillertal abgeschafft, 1948 in Appenzell. Die Flachländer sind die einzigen in Mitteleuropa, die sie noch benutzen. Bei der Vorstellung des Reform-Entwurfs wurde die Kurzhose vom Bundesinnenministerium abgelehnt, weil sie politisch nicht durchsetzbar sei. Keine Gnade fand bei den Politikern übrigens auch das Einschneiden neuer Lüftungsöffnungen, beispielsweise im Gesäß, im Schritt und an den Schenkeln.

SZ: Wie viel von der Reform entspricht noch Ihren Intentionen?

Prof. Schneiderat: Das kann ich so nicht sagen. Natürlich hätte ich gern weniger angehabt. Aber auch die jetzigen Veränderungen sind besser als die alte Regelung, denn sie erleichtern die Hose für die Träger, reduzieren Ausnahmen und korrigieren Unzweckmäßigkeiten aus der letzten Festschreibung in der Hodographischen Konferenz von 1901. Es gibt auch bevölkerungspolitisch-soziale Gesichtspunkte. Zum Beispiel könnte durch eine Verkürzung eine höhere Zeugungsfähigkeit und damit eine größere Chancengleichheit für alle Teile der Bevölkerung erreicht werden. Außerdem hat der Staat mit der Neuregelung erstmals seit langem seine Verantwortung für die Hose wieder in die Hand genommen, die bisher bei privatwirtschaftlichen Unternehmen lag.

SZ: Aber die Kritik ist niemals verstummt. Viele Kulturträger verweigern sich der Bekleidungsreform. Ebenso die Frankfurter Hochfinanz.

Prof. Schneiderat: Wissen Sie, als die neuen Hosenlängen bekannt wurden, gab es einen Aufschrei. Von Kulturbruch war die Rede und sogar vom Untergang des Abendlandes. Ja wie denn, wenn kaum drei Prozent der Bekleidung betroffen ist? Mich ärgern Stellungnahmen ohne jede Sachkenntnis, die keine Argumente, sondern nur Emotionen zu bieten haben. Auf eine solche Weise haben sich auch einzelne Hosenträger hervorgetan. Wenn ich höre, dass man drei Knopfreihen nebeneinander, wie zum Beispiel bei der Frackhose, nicht akzeptieren könne, dann möchte ich darauf verweisen, dass es dieses auch früher gab. Die Herren sollen eben etwas früher mit dem Aufknöpfen beginnen. Generell gilt: Ernst zu nehmende Hinweise wird die Zwischenstaatliche Kommission prüfen. Dafür sind wir da.

SZ: Wo gibt es Probleme bei der Umsetzung, die berücksichtigt werden müssen?

Prof. Schneiderat: Nach unseren Untersuchungen bereitet die Anwendung der neuen Hosenlänge so gut wie keine Probleme. Bei den Umlernenden hat sich zunächst relativ schnell die Kniebe[-deckt, d. Red.]-Regel durchgesetzt. Viele Erwachsene reduzieren allerdings die Hosenreform darauf. Mitunter ist nicht bekannt, dass diese Regel generell bei Kurzhosen gilt, wenn ein kurze Unterhose darunter sitzt. Ich erinnere an den Frack, wo bei einer langen Unterhose die alte Hosenlänge bleibt. Bei anderen Neuregelungen schauen die meisten im Modemagazin immer wieder dasselbe nach, weil sie die Regeln nicht kennen. Außerdem haben wir festgestellt, dass verschiedene Varianten für die gleiche Hosenart recht unbeliebt sind. Vielleicht ist das auch typisch deutsch, dass der Normalverbraucher nur eine gültige Hose will, nur eine Variante soll als die richtige gelten.

SZ: Gelten diese Varianten nur bis zum Ende der Übergangszeit, oder auch noch nach 2005?

Prof. Schneiderat: Die ungeliebten Hosenvarianten bleiben zunächst bestehen, sie sind nicht an den Übergangszeitraum gebunden. Die Hosenkommission wird den Gebrauch prüfen. Sollten sich dabei eindeutige Prioritäten abzeichnen, wird man Varianten mit geringer Häufigkeit streichen.

SZ: In der Übergangszeit sollten auch Hosen, die sich nicht tragbar sind, revidiert werden. Zeichnet sich da etwas ab?

Prof. Schneiderat: Ich denke, es wird einige wenige Anpassungen geben. Seit der Reform trägt man Hose und Socke getrennt. Bei gemeinsamer gesteigerter Benutzung soll auch die Zusammenfassung in einem Stück wieder möglich sein, also die „Strumpfhose“, weil auch die Steigerungsform „Overall“ möglich ist. Bei der „Zwangsjacke“ wird wahrscheinlich auch die „Weste“, allerdings nicht mehr die „Jacke“ zugelassen werden. Das sind typische Revisionsfälle, weil die neue Variante keine große Akzeptanz gefunden hat. Keine Änderungsmöglichkeit sehe ich derzeit, wenn gerne eigene Farben gewählt werden. Es bleibt beim gräulichen Einheitsfarbton.

SZ: Hosen wachsen und verändern sich auch „von unten“, nicht nur durch den Eingriff von Fachmännern und -frauen. Muss ein Reformbemühen nicht darauf Rücksicht nehmen?

Prof. Schneiderat: Sicher, wir können nichts beschließen, was nicht funktioniert. Uniformität sollte erlernbar und über Regeln vermittelbar sein. Allerdings kann sie nicht im Widerspruch zur allgemeinen Kleidermode stehen. Wenn am Ende die Gemeinschaft die Regelung nicht annimmt, muss man sie revidieren. Das Volk ist der Souverän. Aber die Kinder, die demnächst aus der Schule kommen, kennen keine alten Klamotten. Man wird sehen, wie sich das entwickelt. Ich finde das alles sehr spannend.

SZ: Es hat seit 1901 immer wieder Reformbeschlüsse gegeben, die sich nie durchsetzen konnten. Woran hat es gelegen, und warum geht es diesmal?

Prof. Schneiderat: Für eine erfolgreiche Reform müssen bildungspolitische, didaktische, kulturhistorische, psychologische, soziologische, ökonomische und technische Komponenten berücksichtigt werden. So müssen zum Beispiel der materielle Aufwand und der zu erwartende Nutzen in einem verkraftbaren Verhältnis stehen. Es hat den Anschein, dass all dies nach mehr als hundert Jahren erstmals gelungen ist. Dabei fanden auch die Reform-Diskussionen der Vergangenheit Eingang. So hatte zum Beispiel der „Kampfring für völkische Freikörperkultur“ 1934 unter anderem die vollständige Kleiderlosigkeit vorgeschlagen. Herrman Hesse ließ sich hüllenlos ablichten. Diese Tradition muss man natürlich kennen, auch wenn unser Änderungskatalog bescheidener war.

SZ: Wenn Sie selbst schreiben, privat, . . .

Prof. Schneiderat: Natürlich in kurzen Hosen. Andererseits akzeptiere ich es auch, wenn Abendgarderobe von mir erwartet wird. Ich bin da nicht emotional, warum auch?

SZ: Wie geht es weiter mit der Reform?

Prof. Schneiderat: Von der Zwischenstaatlichen Kommission kommen Änderungsvorschläge bis Ende 2004. Darüber werden dann wieder die Politiker entscheiden. Deadline ist ja 2005.

SZ: Ein solches Wort aus Ihrem Munde?

Prof. Schneiderat: Sie haben Recht, das sollte ein deutscher Hosenwissenschaftler nicht sagen. Also: Tote Hose ist 2005. Dann wird man sehen, ob es noch Bewegung gibt.
...

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Sigmar Salzburg

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Sigmar Salzburg
05.04.2003 09.02
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Die Wohnküche im Jenseits

Seine Geschöpfe sind wir, in Christus Jesus dazu geschaffen, in unserem Leben die guten Werke zu tun, die Gott für uns im Voraus bereitet hat. (Paulus, Eph. 2,10, konvertiert)

... und das ewige Feuer im Nachhinein.

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Sigmar Salzburg

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Sigmar Salzburg
25.03.2003 13.45
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Nicht jeder wird zustimmen, aber ...

... bisher war der wirkungsvollste Beitrag der Bundesrepublik zur Verminderung der Greuel in dieser Welt ihre Umbenennung in „Gräuel“.

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Sigmar Salzburg

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Elke Philburn
07.03.2003 09.54
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Sie halten es aber durchaus nicht für widersinnig, eine Reform einzuführen, die darin resultiert, daß das, was die Leute mühsam erlernt und sogar begriffen haben, am Ende nicht mehr stimmt – ?

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Peter Schubert
07.03.2003 09.32
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Das Das und das Daß

Natürlich wird niemand damit argumentieren, er wolle seinen Wissensvorsprung erhalten. Aber es ist nun einmal menschlich, eine Reform abzulehnen, wenn sie dazu führt, dass das, was man mühsam erlernt und sogar begriffen hat, am Ende nicht mehr stimmt.
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Peter Schubert

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