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Gast
12.01.2000 23.00
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Berichtigungen

Sie haben recht – da habe ich ein Wort irrtümlicherweise angeführt! Das mag man mir vielleicht nachsehen als eine der Verwirrungen, die durch die RSR nun mal entstehen. Eines der Gründe, warum ich mich über die RSR aufrege ist, daß sobald man sich etwas näher mit den neuen Regeln beschäftigt oder aber etwas in Neuschrieb liest, da weiß man nicht mehr, was die richtige Schreibung sein soll, gleichgültig, ob nach den „alten“ oder nach den „neuen“ Regeln!

Der Korrektheit halber muß ich bezüglich meines vorletzten Beitrages („Was den Deutschen abgeht“) richtigstellen, daß speziell Fr. Dr. Popp durchaus eine langjährige Beschäftigung mit Englisch hinter sich hat. Nur, sie äußert sich allzuoft über diese (von mir persönlich hochgeschätzte) Sprache so, als wäre dies nicht der Fall! Für die überwiegende Mehrheit der Linguisten aber, die sich durch die direkte Beteiligung an den KMK-Beratungen für die RSR als verantwortlich zu zeichnen haben, gilt meine Aussage.

Näheres dazu ist meinem heutigen Beitrag im „Spiegel“-Forum: „Rechtschreibreform: die unendliche Debatte“ unter „www.spiegel.de/forum/“, Rubrik „kultur“, nachzulesen.



A. Singh
Siegen

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Gast
12.01.2000 23.00
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“Gehirnstreik³ durch zwei Rechtschreibungen

Das eben beschriebene Phänomen, daß nämlich die Sprachzentren des Gehirns „streiken“, wenn sie durch zwei Rechtschreibungen für dieselbe Sprache überfordert werden, ist schon seit Jahrzehnten bekannt unter dem Namen: „xxx-Syndrom“ (Trotz Nachschlagens will mir gerade der Name des deutschen Entdeckers nicht einfallen!)

Diese Tatsache straft einem Herrn Prof. Augst von der „Rechtschreibkommission“ lügen, wenn er davon öffentlich faselt, demnächst müßten Schulkinder eben „zweisprachig“ (im Deutschen!) aufwachsen!



A. Singh
Siegen

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Gast
11.01.2000 23.00
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Die Eigenheiten einer Sprache und die Globalisierung.

Man kann sich nur freuen über jeden, der sich ein paar ernsthafte Gedanken zum Thema gemacht hat und sich auch die Zeit nimmt, sich dazu zu äußern!

Einer Überlegung möchte ich aber schon eine widersprechende Einsicht entgegenstellen:
Die Globalisierung bzw. Europäisierung hat mit Arbeitsplätzen und Firmenpolitik zu tun, kann aber kaum ernsthaft als ein Faktor in sprachreformatorischen Überlegungen betrachtet werden. Jede Sprache unterscheidet sich ja von anderen durch das Eigenartige und Eigentümliche. Es sind die Unterscheidungsmerkmale, wodurch man sonst sehr ähnliche Gegenstände auseinanderhält. In der Mathematik und der Physik, die ja auch als eigens kodifizierte Sprachen angesehen werden können, beispielsweise, lernt man die Grundformeln, indem man sich gerade die unterschiedlichen Komponenten ähnlich aussehender Formeln merkt. Es gilt auch das Umgekehrte: Macht man grundsätzlich verschiedene Gegenstände in der Form immer ähnlicher, um so schwerer wird es, sie auseinanderzuhalten bzw. unterscheidend zu erkennen.

Daher ist eine der dümmsten Bemerkungen eines der „Reformer“, die ich je gelesen habe, Deutsch sei die einzige europäische Sprache, die Substantive mit Anfangsgroßbuchstaben in der Satzmitte zulasse. Genauso könnte ein verbohrter Romanist behaupten, Französisch sei die einzige europäische Sprache, die eine solche Überhäufung von drei und mehr Vokalen in der Wortmitte und am Wortende zulasse, man sollte sich doch im Zuge der Europäisierung der englischen Vokaldarstellung angleichen! So könnte man ja auch zu einem einheitlichen „Europäisch“ kommen – fragt sich nur, für wen das noch verständlich bliebe!

Man muß wissen, daß die maßgeblichen „Reformer“ Monolinguisten sind; während der Jahre, als sie anfingen, ihre kleinschreibenden Ansichten auszubauen und daraus die sog. Reform der deutschen Schriftsprache anzustreben, kannten sie nur Deutsch. Wie können solche sprachlichen Fachidioten wagen, derartige Sprachvergleiche anzustellen?

Der Hintergrund für sprachliche Sonderwege, die, wie gesagt, überhaupt eine Sprache von allen anderen unterscheiden, ist immer die besondere Geschichte und Entwicklung eines Volkes (bzw. Sprachgemeinschaft) und seiner Sprache. Englisch, zum Beispiel, hat eine ganz andere Entwicklungsgeschichte. Kurz gesagt, die Aufnahme vieler keltischen Elemente – man bedenke die Anwesenheit der Schotten und Iren dort, anders als in Deutschland – ins Angelsächsische, sowie die Überflutung durch romanische Stammwörter nach der Eroberung durch die Normannen im Jahre 1066, hat Englisch ganz andere Impulse gegeben als im Falle des Deutschen. Die Erweiterung der Grundlaute und der Buchstabenkombinationen und -Verbunde im Englischen läßt eine erhebliche Minderung der Großschreibung sowie der „germanischen“ Buchstabenkombinationen zu. Dagegen ist im Deutschen der Grundstammwortschatz größtenteils germanisch geblieben; da kommt die differenziertere Schreibweise germanischer Laute (z. B. „Sch“, „ch“, „s“) der Schriftsprache durchaus zugute.

Als ausländischer Deutschsprachiger, der Deutsch erst als Erwachsener gelernt hat, kann ich nur sagen, daß meine amerikanischen Kommilitonen in Pittsburgh und ich die deutsche Großbuchstabierung sowie das „ß“ nicht nur faszinierend fanden, sondern dadurch die sich vom Englischen unterscheidende Schreibweise um so schneller lernten!

Noch eine Überlegung zum Wiederkauen: Um einen gewaltigen Vorteil der grundsätzlichen Großbuchstabierung von Substantiven beim Lesen einzusehen, machen Sie doch mal den folgenden Test mit einer Person, die des Deutschen und des Englisch gleichermaßen mächtig ist und zum Testzeitpunkt die Lesefähigkeit in beiden Schriftsprachen kurz „aufgefrischt“ hat (Es geht hierbei um die angebrachten Testbedingungen). Lassen Sie diese Person denselben, ihr unbekannten, Auszug aus einer Schrift, einmal in englischer, einmal in deutscher Übersetzung (in herkömmlicher Rechtschreibung!), überfliegen, um eine kurze Inhaltsangabe zu machen; stoppen Sie dabei die Zeit. Sie können dabei den Test einigermaßen verwissenschaftlichen, indem Sie mehrere Personen dazunehmen, den Test mehrmals – mit neuen Auszügen – wiederholen und dabei die Sprachreihenfolge abwechseln. Auch sollten gleiche Schriftarten gleicher Größe verwendet werden. Es wird Ihnen wahrscheinlich keine Überraschung bereiten, welche Sprache sich schneller lesen läßt!

Der Grund dafür ist, daß man rein optisch im Englischen kleinere Worteinheiten anhand der Kleinbuchstabenkombinationen erkennen muß, dagegen sind im Deutschen durch die Großbuchstaben die erkennbaren „Wortschnipsel“ wesentlich größer und die Erkennungsmerkmale (u. a. die Großbuchstaben sowie „ß“) schneller sichtbar. Die Substantive in einem Textabschnitt erfassen eben auch einen wesentlichen Teil des Inhalts!

Um das Schreiben kurz zu halten, habe ich die Ausführungen oben nicht vollständig dargestellt. Ich hoffe aber, daß sie doch einigermaßen verständlich dargestellt wurden!



A. Singh, Physiker, Germanist
Siegen

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Gast
11.01.2000 23.00
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Was den Deutschen abgeht - Manches sich selbst überlassen

Eines der Eigenschaften, die sich die Deutschen mit Gewinn zu eigen machen könnten, ist, die Finger von Dingen zu lassen, die besser sich selbst überlassen wären. Es scheint hierzulande die Überzeugung tief verwurzelt zu sein, daß man unbedingt alles Mögliche der Regelungswut unterziehen muß. Es fehlt einfach die grundlegende Einsicht, daß es doch einiges gibt, was nicht unbedingt durch die fehlerhafte und begrenzte menschliche Vernunft einzelner geregelt werden muß bzw. besser regeln läßt, sondern für dessen Entwicklung am besten das kollektive Bewußtsein, die kollektive Weisheit der Gesellschaft durchaus zuständig bleiben kann.

Manchmal spekuliere ich, ob nicht die Ursache eine geschichtlich bedingte, tiefsitzende Angst vor dem Unberechenbaren sei. Nur wer Angst hat, versucht unsinnigerweise alles unter Kontrolle zu bringen. Vielleicht werden erst die im Wohlstand aufgewachsenen Generationen diese unbewußte Angst nach und nach ablegen.

Die Deutschen scheinen, jedenfalls gegenwärtig, unfähig dazu zu sein, die etwas andere Einstellung anzunehmen (die übrigens sehr nervenschonend wäre!), daß man nämlich nur diejenigen Dinge regeln sollte, die man muß, und nicht all diejenigen, die man könnte.

Die sog. Rechtschreibreform ist hierfür ein Paradebeispiel. Es ist Hinlängliches auf diesen und anderen Seiten im WWW als Nachweis dafür angeführt worden, daß die neue(n) Rechtschreibung(en) mindestens genauso willkürlich wie die hergebrachte ist/sind, und in aller Wahrscheinlichkeit noch mehr Verwirrung und Rechtschreibunsicherheit stifte(n), als vorher der Fall war. Durch die Gewalttrennung von vielen vorher zusammengeschriebenen Wörtern, die dreifachen Konsonanten und die Verringerung/Änderung der „ß“-Regeln ist auch die Schreibökonomie (Schreibgeschwindigkeit) sowie die Lesefähigkeit der Schriftsprache in ganz erheblichem Maße geschädigt worden.

Was man zum eigenen Vorteil von den Engländern lernen könnte ist nicht Anglizismen noch englische Schreibweisen, sondern wie sie nie versucht haben, ihre Sprache amtlich zu regeln. Trotzdem haben sie sogar zwei altehrwürdige Institutionen, nämlich Oxford und Cambridge, die, wie vormals der Duden bei den Deutschen, periodische Erhebungen des sich verändernden Sprach- und Schreibgebrauchs machen und in Form entsprechender Wörterbücher und Lexika veröffentlichen. (Wenn eine Fr. Dr. Popp im „Spiegel“-Forum vom „Chaos“ der englischen Rechtschreibung mangels Regelung „von oben“ redet, zeigt das nur, wie wenig sie sich, genauso wie die Herren Augst, Zabel und Goetze, ernsthaft mit englischer Sprachgeschichte, -Systematik und Etymologie beschäftigt hat.)

Wäre es nicht besser gewesen, den Duden weiterhin als den Spiegel der Standardsprache zu lassen – man hätte ja den Vertrag mit dem Staat zur Sicherstellung der Unparteilichkeit der statistischen Spracherhebungen entsprechend ändern und/oder den Duden zum staatlichen Schreibschriftinstitut erheben können – anstatt die Schriftsprache den Umsatzgelüsten von Bertelsmann & Co. und dem Ehrgeiz von Augst, Zabel und Kompagnons zu opfern? Der Duden hat jedenfalls vor der RSR nie auch nur einen Bruchteil dessen verdient, was Bertelsmann & Co. jetzt aus dem Rechtschreibchaos tonnenweise scheffeln.

Wäre es nicht besser gewesen, diesen ganzen zeit- und geldraubenden, ärgerlichen Zirkus gar nicht erst angefangen zu haben? Hat Deutschland keine bessere Beschäftigung, als um die Marotten einiger selbstvernarrter Sprachfachidioten herumzutanzen und die Umsätze einiger prinzipienloser Verlage auf Kosten der Rechtschreibung zu steigern?

(Die Überschrift ist Nietzsches „Unzeitgemäßen Betrachtungen“ entliehen. Im übrigen sind die kleinen Aufsätze dort teilweise heute noch lesenswert und aktuell!)



A. Singh
Siegen

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Gast
11.01.2000 23.00
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Der “Stern³: Lautlos zuruck von den “ss³-Truppen zu “ß³?

Der „Stern“ scheint sich, mindestens teilweise aber doch merklich, schleichend und versuchsweise lautlos, immer mehr der bestehenden Rechtschreibung zuzuwenden. Neuerdings (im Dezember, 1999) war sogar ein langer, weihnachtlicher Artikel über das Christentum in verschiedenen Teilen der Welt ganz in der gewöhnlichen Rechtschreibung. Außerdem haben langsam aber sicher Wörter wie „Gruß“ und alle Zusammensetzungen wie „Großvater, Großmacht“ ihr „ß“ zurückgewonnen. Störend geblieben sind noch die dreifachen Konsonanten, die neuen Trennregeln und das zähe Klebenbleiben am „ss“ in „dass“. Mein subjektiver Eindruck ist, daß immer mehr Reportagen immer mehr wie vor dem 1. August 1999 üblich geschrieben und gedruckt werden.

Kann jemand berichten, wie es diesbezüglich im „Spiegel“ aussieht? Vor mehreren Wochen habe ich eine Ausgabe mit der Titelüberschrift: „Grossdeutschland“ eben wegen des verstörenden „ss“ nicht gekauft – sonst war es meine Praxis, „Spiegel“-Ausgaben mit längeren Berichten zur Zeitgeschichte bzw. mit zeitgeschichtlicher Perspektive immer zu kaufen und aufzubewahren. „Grossdeutschland“ erscheint mir eben nicht so groß wie „Großdeutschland“!

Ein anderes, erfreuliches, kleines Zeichen (wenn es nun eines sein sollte), daß einige Institutionen in rechtschreibender Hinsicht u. U. zur Raison zurückfinden, ist, daß das örtliche Berufsfortbildungswerk der DGB vor kurzem die Prüfungsordnung für die Zwischenprüfung in Deutsch für alle Ausbildungsrichtungen (Multimediagestatung, DTP) auf die „alte“ Rechtschreibung umgestellt hat, obwohl das ganze Jahr 1999 in „neuer“ (welcher?) Rechtschreibung unterrichtet worden ist (bzw. zu unterrichten versucht wurde). Inwieweit dies NRW-weit oder aber bundesweit auch gilt, ist mir noch nicht bekannt.



A. Singh
Siegen

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11.01.2000 23.00
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Die Eigenheiten einer Sprache und die Globalisierung.

Man kann sich nur freuen über jeden, der sich ein paar ernsthafte Gedanken zum Thema gemacht hat und sich auch die Zeit nimmt, sich dazu zu äußern!

Einer Überlegung möchte ich aber schon eine widersprechende Einsicht entgegenstellen:
Die Globalisierung bzw. Europäisierung hat mit Arbeitsplätzen und Firmenpolitik zu tun, kann aber kaum ernsthaft als ein Faktor in sprachreformatorischen Überlegungen betrachtet werden. Jede Sprache unterscheidet sich ja von anderen durch das Eigenartige und Eigentümliche. Es sind die Unterscheidungsmerkmale, wodurch man sonst sehr ähnliche Gegenstände auseinanderhält. In der Mathematik und der Physik, die ja auch als eigens kodifizierte Sprachen angesehen werden können, beispielsweise, lernt man die Grundformeln, indem man sich gerade die unterschiedlichen Komponenten ähnlich aussehender Formeln merkt. Es gilt auch das Umgekehrte: Macht man grundsätzlich verschiedene Gegenstände in der Form immer ähnlicher, um so schwerer wird es, sie auseinanderzuhalten bzw. unterscheidend zu erkennen.

Daher ist eine der dümmsten Bemerkungen eines der „Reformer“, die ich je gelesen habe, Deutsch sei die einzige europäische Sprache, die Substantive mit Anfangsgroßbuchstaben in der Satzmitte zulasse. Genauso könnte ein verbohrter Romanist behaupten, Französisch sei die einzige europäische Sprache, die eine solche Überhäufung von drei und mehr Vokalen in der Wortmitte und am Wortende zulasse, man sollte sich doch im Zuge der Europäisierung der englischen Vokaldarstellung angleichen! So könnte man ja auch zu einem einheitlichen „Europäisch“ kommen – fragt sich nur, für wen das noch verständlich bliebe!

Man muß wissen, daß die maßgeblichen „Reformer“ Monolinguisten sind; während der Jahre, als sie anfingen, ihre kleinschreibenden Ansichten auszubauen und daraus die sog. Reform der deutschen Schriftsprache anzustreben, kannten sie nur Deutsch. Wie können solche sprachlichen Fachidioten wagen, derartige Sprachvergleiche anzustellen?

Der Hintergrund für sprachliche Sonderwege, die, wie gesagt, überhaupt eine Sprache von allen anderen unterscheiden, ist immer die besondere Geschichte und Entwicklung eines Volkes (bzw. Sprachgemeinschaft) und seiner Sprache. Englisch, zum Beispiel, hat eine ganz andere Entwicklungsgeschichte. Kurz gesagt, die Aufnahme vieler keltischen Elemente – man bedenke die Anwesenheit der Schotten und Iren dort, anders als in Deutschland – ins Angelsächsische, sowie die Überflutung durch romanische Stammwörter nach der Eroberung durch die Normannen im Jahre 1066, hat Englisch ganz andere Impulse gegeben als im Falle des Deutschen. Die Erweiterung der Grundlaute und der Buchstabenkombinationen und -Verbunde im Englischen läßt eine erhebliche Minderung der Großschreibung sowie der „germanischen“ Buchstabenkombinationen zu. Dagegen ist im Deutschen der Grundstammwortschatz größtenteils germanisch geblieben; da kommt die differenziertere Schreibweise germanischer Laute (z. B. „Sch“, „ch“, „s“) der Schriftsprache durchaus zugute.

Als ausländischer Deutschsprachiger, der Deutsch erst als Erwachsener gelernt hat, kann ich nur sagen, daß meine amerikanischen Kommilitonen in Pittsburgh und ich die deutsche Großbuchstabierung sowie das „ß“ nicht nur faszinierend fanden, sondern dadurch die sich vom Englischen unterscheidende Schreibweise um so schneller lernten!

Noch eine Überlegung zum Wiederkauen: Um einen gewaltigen Vorteil der grundsätzlichen Großbuchstabierung von Substantiven beim Lesen einzusehen, machen Sie doch mal den folgenden Test mit einer Person, die des Deutschen und des Englisch gleichermaßen mächtig ist und zum Testzeitpunkt die Lesefähigkeit in beiden Schriftsprachen kurz „aufgefrischt“ hat (Es geht hierbei um die angebrachten Testbedingungen). Lassen Sie diese Person denselben, ihr unbekannten, Auszug aus einer Schrift, einmal in englischer, einmal in deutscher Übersetzung (in herkömmlicher Rechtschreibung!), überfliegen, um eine kurze Inhaltsangabe zu machen; stoppen Sie dabei die Zeit. Sie können dabei den Test einigermaßen verwissenschaftlichen, indem Sie mehrere Personen dazunehmen, den Test mehrmals – mit neuen Auszügen – wiederholen und dabei die Sprachreihenfolge abwechseln. Auch sollten gleiche Schriftarten gleicher Größe verwendet werden. Es wird Ihnen wahrscheinlich keine Überraschung bereiten, welche Sprache sich schneller lesen läßt!

Der Grund dafür ist, daß man rein optisch im Englischen kleinere Worteinheiten anhand der Kleinbuchstabenkombinationen erkennen muß, dagegen sind im Deutschen durch die Großbuchstaben die erkennbaren „Wortschnipsel“ wesentlich größer und die Erkennungsmerkmale (u. a. die Großbuchstaben sowie „ß“) schneller sichtbar. Die Substantive in einem Textabschnitt erfassen eben auch einen wesentlichen Teil des Inhalts!

Um das Schreiben kurz zu halten, habe ich die Ausführungen oben nicht vollständig dargestellt. Ich hoffe aber, daß sie doch einigermaßen verständlich dargestellt wurden!



A. Singh, Physiker, Germanist
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Gast
11.01.2000 23.00
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Was den Deutschen abgeht - Manches sich selbst überlassen

Eines der Eigenschaften, die sich die Deutschen mit Gewinn zu eigen machen könnten, ist, die Finger von Dingen zu lassen, die besser sich selbst überlassen wären. Es scheint hierzulande die Überzeugung tief verwurzelt zu sein, daß man unbedingt alles Mögliche der Regelungswut unterziehen muß. Es fehlt einfach die grundlegende Einsicht, daß es doch einiges gibt, was nicht unbedingt durch die fehlerhafte und begrenzte menschliche Vernunft einzelner geregelt werden muß bzw. besser regeln läßt, sondern für dessen Entwicklung am besten das kollektive Bewußtsein, die kollektive Weisheit der Gesellschaft durchaus zuständig bleiben kann.

Manchmal spekuliere ich, ob nicht die Ursache eine geschichtlich bedingte, tiefsitzende Angst vor dem Unberechenbaren sei. Nur wer Angst hat, versucht unsinnigerweise alles unter Kontrolle zu bringen. Vielleicht werden erst die im Wohlstand aufgewachsenen Generationen diese unbewußte Angst nach und nach ablegen.

Die Deutschen scheinen, jedenfalls gegenwärtig, unfähig dazu zu sein, die etwas andere Einstellung anzunehmen (die übrigens sehr nervenschonend wäre!), daß man nämlich nur diejenigen Dinge regeln sollte, die man muß, und nicht all diejenigen, die man könnte.

Die sog. Rechtschreibreform ist hierfür ein Paradebeispiel. Es ist Hinlängliches auf diesen und anderen Seiten im WWW als Nachweis dafür angeführt worden, daß die neue(n) Rechtschreibung(en) mindestens genauso willkürlich wie die hergebrachte ist/sind, und in aller Wahrscheinlichkeit noch mehr Verwirrung und Rechtschreibunsicherheit stifte(n), als vorher der Fall war. Durch die Gewalttrennung von vielen vorher zusammengeschriebenen Wörtern, die dreifachen Konsonanten und die Verringerung/Änderung der „ß“-Regeln ist auch die Schreibökonomie (Schreibgeschwindigkeit) sowie die Lesefähigkeit der Schriftsprache in ganz erheblichem Maße geschädigt worden.

Was man zum eigenen Vorteil von den Engländern lernen könnte ist nicht Anglizismen noch englische Schreibweisen, sondern wie sie nie versucht haben, ihre Sprache amtlich zu regeln. Trotzdem haben sie sogar zwei altehrwürdige Institutionen, nämlich Oxford und Cambridge, die, wie vormals der Duden bei den Deutschen, periodische Erhebungen des sich verändernden Sprach- und Schreibgebrauchs machen und in Form entsprechender Wörterbücher und Lexika veröffentlichen. (Wenn eine Fr. Dr. Popp im „Spiegel“-Forum vom „Chaos“ der englischen Rechtschreibung mangels Regelung „von oben“ redet, zeigt das nur, wie wenig sie sich, genauso wie die Herren Augst, Zabel und Goetze, ernsthaft mit englischer Sprachgeschichte, -Systematik und Etymologie beschäftigt hat.)

Wäre es nicht besser gewesen, den Duden weiterhin als den Spiegel der Standardsprache zu lassen – man hätte ja den Vertrag mit dem Staat zur Sicherstellung der Unparteilichkeit der statistischen Spracherhebungen entsprechend ändern und/oder den Duden zum staatlichen Schreibschriftinstitut erheben können – anstatt die Schriftsprache den Umsatzgelüsten von Bertelsmann & Co. und dem Ehrgeiz von Augst, Zabel und Kompagnons zu opfern? Der Duden hat jedenfalls vor der RSR nie auch nur einen Bruchteil dessen verdient, was Bertelsmann & Co. jetzt aus dem Rechtschreibchaos tonnenweise scheffeln.

Wäre es nicht besser gewesen, diesen ganzen zeit- und geldraubenden, ärgerlichen Zirkus gar nicht erst angefangen zu haben? Hat Deutschland keine bessere Beschäftigung, als um die Marotten einiger selbstvernarrter Sprachfachidioten herumzutanzen und die Umsätze einiger prinzipienloser Verlage auf Kosten der Rechtschreibung zu steigern?

(Die Überschrift ist Nietzsches „Unzeitgemäßen Betrachtungen“ entliehen. Im übrigen sind die kleinen Aufsätze dort teilweise heute noch lesenswert und aktuell!)



A. Singh
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Der “Stern³: Lautlos zuruck von den “ss³-Truppen zu “ß³?

Der „Stern“ scheint sich, mindestens teilweise aber doch merklich, schleichend und versuchsweise lautlos, immer mehr der bestehenden Rechtschreibung zuzuwenden. Neuerdings (im Dezember, 1999) war sogar ein langer, weihnachtlicher Artikel über das Christentum in verschiedenen Teilen der Welt ganz in der gewöhnlichen Rechtschreibung. Außerdem haben langsam aber sicher Wörter wie „Gruß“ und alle Zusammensetzungen wie „Großvater, Großmacht“ ihr „ß“ zurückgewonnen. Störend geblieben sind noch die dreifachen Konsonanten, die neuen Trennregeln und das zähe Klebenbleiben am „ss“ in „dass“. Mein subjektiver Eindruck ist, daß immer mehr Reportagen immer mehr wie vor dem 1. August 1999 üblich geschrieben und gedruckt werden.

Kann jemand berichten, wie es diesbezüglich im „Spiegel“ aussieht? Vor mehreren Wochen habe ich eine Ausgabe mit der Titelüberschrift: „Grossdeutschland“ eben wegen des verstörenden „ss“ nicht gekauft – sonst war es meine Praxis, „Spiegel“-Ausgaben mit längeren Berichten zur Zeitgeschichte bzw. mit zeitgeschichtlicher Perspektive immer zu kaufen und aufzubewahren. „Grossdeutschland“ erscheint mir eben nicht so groß wie „Großdeutschland“!

Ein anderes, erfreuliches, kleines Zeichen (wenn es nun eines sein sollte), daß einige Institutionen in rechtschreibender Hinsicht u. U. zur Raison zurückfinden, ist, daß das örtliche Berufsfortbildungswerk der DGB vor kurzem die Prüfungsordnung für die Zwischenprüfung in Deutsch für alle Ausbildungsrichtungen (Multimediagestatung, DTP) auf die „alte“ Rechtschreibung umgestellt hat, obwohl das ganze Jahr 1999 in „neuer“ (welcher?) Rechtschreibung unterrichtet worden ist (bzw. zu unterrichten versucht wurde). Inwieweit dies NRW-weit oder aber bundesweit auch gilt, ist mir noch nicht bekannt.



A. Singh
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Gast
18.12.1999 23.00
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Super, diese Seite!

Ich studiere Germanistik und finde diese Rechtschreibreform einfach nur unsinnig.
Zu viele Änderungen, inkonsequent und auf gar keinen Fall einfacher.
Auch bei dieser Rechtschreibung werden viele Schüler und Ausländer Probleme,
sie zu erlernen. Damit ist das Ziel dieser Reform nicht erreicht!
Außerdem sind die neuen Regeln so schlecht formuliert, daß es verschiedene
Auslegungen gibt und somit niemand mehr weiß, was richtig und was falsch ist.
Sinnvoll wäre im Rahmen der Europäisierung und Globalisierung vielleicht
eine gemäßigte Kleinschreibung wie im Englischen gewesen.
Denn es wäre sicher für alle nachvollziehbar einfach, wenn man nur noch
Eigennamen und Satzanfänge groß schreiben würde. Dies würde sicher auch die
deutsche Sprache für Ausländer erleichtern!
Ich hoffe also immer noch auf eine Reform der Reform oder auf die komplette
Abschaffung!



Verina Roßdeutscher

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18.12.1999 23.00
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Ich studiere Germanistik und finde diese Rechtschreibreform einfach nur unsinnig.
Zu viele Änderungen, inkonsequent und auf gar keinen Fall einfacher.
Auch bei dieser Rechtschreibung werden viele Schüler und Ausländer Probleme,
sie zu erlernen. Damit ist das Ziel dieser Reform nicht erreicht!
Außerdem sind die neuen Regeln so schlecht formuliert, daß es verschiedene
Auslegungen gibt und somit niemand mehr weiß, was richtig und was falsch ist.
Sinnvoll wäre im Rahmen der Europäisierung und Globalisierung vielleicht
eine gemäßigte Kleinschreibung wie im Englischen gewesen.
Denn es wäre sicher für alle nachvollziehbar einfach, wenn man nur noch
Eigennamen und Satzanfänge groß schreiben würde. Dies würde sicher auch die
deutsche Sprache für Ausländer erleichtern!
Ich hoffe also immer noch auf eine Reform der Reform oder auf die komplette
Abschaffung!



Verina Roßdeutscher

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Gast
15.12.1999 23.00
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Schreibwettbewerb

Gestern gab es im Internet (mit Paperball gefunden) Angaben über einen Schreibwettbewerb, um den armen alten Duden zu Grabe zu tragen. Leider habe ich die Adresse verloren. Wer hat davon gelesen und kann mir sagen, welche Zeitung diesen Wettbewerb veranstaltet?



Gabriele Ahrens
Elsfleth

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15.12.1999 23.00
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Schreibwettbewerb

Gestern gab es im Internet (mit Paperball gefunden) Angaben über einen Schreibwettbewerb, um den armen alten Duden zu Grabe zu tragen. Leider habe ich die Adresse verloren. Wer hat davon gelesen und kann mir sagen, welche Zeitung diesen Wettbewerb veranstaltet?



Gabriele Ahrens
Elsfleth

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Gast
13.12.1999 23.00
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Schreibregel <ß> -

Herr Riebe hat in einem Schreiben an ANTENNE eine Stellungnahme von Hartmann Rüppel zur Schreibregel <ß> – erwähnt und angegeben, daß sie auf der Internetseite http://www.tu-berlin.de/fb1/AGiW/Cricetus/C1.htm zu finden sei. Trotz längerem Suchen ist es mir nicht möglich gewesen, dieses Papier aufzustöbern. Könnte es vielleicht auf dieser Internetseite zugänglich gemacht werden?



G. Sauer
Angerlohstr. 5, 80997 München

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Gast
13.12.1999 23.00
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Schreibregel <ß> -

Herr Riebe hat in einem Schreiben an ANTENNE eine Stellungnahme von Hartmann Rüppel zur Schreibregel <ß> – erwähnt und angegeben, daß sie auf der Internetseite http://www.tu-berlin.de/fb1/AGiW/Cricetus/C1.htm zu finden sei. Trotz längerem Suchen ist es mir nicht möglich gewesen, dieses Papier aufzustöbern. Könnte es vielleicht auf dieser Internetseite zugänglich gemacht werden?



G. Sauer
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Gast
07.12.1999 23.00
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Betr: Eure Website.
Liebe Rechtschreib-„Reform“-Gegner,
ich habe mich sofort in Euren e-mail Verteiler einge-
tragen. Eure Anschrift habe ich von Mehr Demokratie e.V. -
von deren Website. Ich bin gebürtiger Hamburger, bin aber
vor 4 Wochen nach Berlin gezogen, weil dies der Ort ist, wo
am effektivsten etwas gegen die Scheindemokratie unternommen
werden kann. Nach dem ich es mehrfach mit parteipolitischem
Engagement versucht habe (u.a. als Gründungsmitglied der Hamburger
Statt-Partei) setze ich nun auf bürgerliche und unternehmerische
Kreativität. Ich arbeite an Projekten wie einem „Sozialkaufhaus“,
möglicher Name WÖRKSCHOPP (gemäß globalisierter Rechtschreibreform...), einer Zukunftswerkstatt und einem medienunabhängigen Talkshow-Konzept. Interessenten, potentielle Mit-
aktivisten, Förderer oder sogar unternehmerisch tätige Sponsoren
dürfen mich gerne ansprechen.
Mit freundlichem Gruß

Thomas Keller, Berlin
                    



Thomas Keller
Crellestr. 26 10827 Berlin

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