RONALD LÖTZSCH und die »utopische« Alternative
Prof. Theodor Ickler, der gegenwärtig zahlreiche weniger bekannte Schriftstücke aus der heißen Phase des Rechtschreibkrieges hervorholt, machte auf einen 1997er Text des letztjährig verstorbenen Slavisten Ronald Lötzsch aufmerksam. Dieser läßt an der Rechtschreib„reform“ kein gutes Haar und setzt, wie wir, das Wort in Anführungsstriche, wie er in einer Randbemerkung erläutert: Da die von der Politik ursprünglich angestrebte bzw. konzedierte, nunmehr gerichtlich angefochtene Neuregelung einiger Aspekte der Schreibung des Hochdeutschen allgemein als »Reform« der deutschen Rechtschreibung bezeichnet wird, diesem Anspruch jedoch, wie noch darzulegen ist, in keiner Weise gerecht wird, werde ich dieses Wort, von ihm abgeleitete Wörter und mit ihm gebildete Zusammensetzungen, soweit sie sich auf dieses Surrogat beziehen, grundsätzlich in Anführungszeichen setzen.
RONALD LÖTZSCH
Die »Rechtschreibreform« und
ihre »utopische« Alternative Lötzschs Werdegang gibt der Schweizer „Bund für vereinfachte rechtschreibung“ tabellarisch wieder:prof. dr. phil., biografie: geb. 1. 10. 1931, gest. 16. 6. 2018, linguist, minderheitenforscher, 1951 bis 1956 studium in Leningrad, 1956 bis 1957 wiss. assistent: slawisches institut der universität Leipzig, 1961 bis 1991 mitarbeiter: deutsche akademie der wissenschaften zu Berlin bzw. der adw der DDR,1993-1995 inhaber: lehrstuhl für sorabistische sprachwissenschaft und leiter des instituts für sorabistik der universität Leipzig, herausgeber: zeitschrift «Sprachtypologie- und Universalienforschung», 1991 stellvertretender vorsitzender: Deutscher Esperanto-Bund Die zeitweilige Zurückhaltung etlicher linker Parteigänger gegenüber der „Reform“ mag auch auf seinen Einfluß zurückzuführen sein. In der Einleitung zu seinem 18seitigen Text schreibt er:Vorbemerkung
Seit einem Jahr etwa, verstärkt im Sommerloch 97, ist insbesondere in den deutschsprachigen Medien, aber auch in wissenschaftlichen, wissenschaftsnahen und politischen Kreisen und Gremien ein heftiger Streit um gewisse Änderungen der deutschen Rechtschreibung im Gange, die von einer gemeinsamen Expertenkommission aller drei Staaten, in denen Deutsch die dominierende offizielle Sprache ist, ausgearbeitet wurden. Eine entsprechende »Vorlage für die amtliche Regelung«, enthaltend »Regeln und Wörterverzeichnis«, wurde unter dem Datum des 24. Mai 1995 den zuständig gemachten Politikern zur Bestätigung übergeben. In Deutschland ist dies die Kultusministerkonferenz (KMK). Von dieser wurde die »Vorlage« nach einigem Hin und Her nicht nur genehmigt, sondern auch, ohne daß eine breitere Öffentlichkeit überhaupt Gelegenheit gehabt hätte, sich mit dem Inhalt bekannt zu machen, umgehend als Unterrichtsgrundlage in den Schulen eingeführt. Bei der kurz darauf entbrannten öffentlichen Kontroverse um die »Rechtschreibreform«, soweit sie von einem einzelnen in den Medien überhaupt einigermaßen verfolgt werden kann, fällt auf, daß der Aspekt des völlig verfehlten Ansatzes allenfalls am Rande gestreift wird. Die Beantwortung dieser Frage soll den hauptsächlichen Inhalt der folgenden Überlegungen bilden, wobei die Interpunktion grundsätzlich ausgeklammert bleiben wird.
rosalux.de Das besondere Interesse der Schweizer Kleinschreiber wird durch Lötzschs „utopische Alternative“ erklärlich, in der er die phonetische Schreibung samt Kleinschreibung empfiehlt – die aber wegen ihrer chaotischen Wiedergabe vertrauter fremdsprachlicher Wörter niemals erfolgreich sein kann: di felšlix rextšraibrefòrmdebàte genante tragikomødie, dī zait yber ainem jār in dēn doičšprāxigen lendern aufgefyrt vird, ferblyft dēn ūnbefaŋenen beōbaxter fōr alem durx das unglaublix nīdrige nivó dēr diskusjón, mit dēm ekspèrten, cūštendix gemaxte politiker, jūristen und žurnālisten dabài auf varten. es kan kaine rēde dafòn zain, das zī begrifen heten, vōrum es aigentlix gēt. Vor zwanzig Jahren hatte sich der Schweizer „Bund für vereinfachte rechtschreibung“ auf der Suche nach Mitläufern auch an mich gewandt, und ich hatte satirisch mit einem eigenen phonetischen Reformsystem, ohne Kenntnis des obigen, geantwortet: fer'eerte gezinungsfroinde!
fiilen dank fyyr di 'unferlangte tsuuzendunk 'iires propagandamateriaals. 'ix haabe 'es 'aofmerkzaam ctudiirt, mus 'aaber laider festctellen, das zii 'in der entwiklunk 'iirer rextcraibunk 'aof halbem weege ctekengebliiben zind, zonst wyrden sii six coon lengst der fon miir entwikelten wisencaftlixen craibreform 'angeclosen haaben. das 'ist nuun di reform, wii zii 'ain gvvte 'ertroimt haaben maak, 'aber tsu ferwirklixen nii 'imctande waar.... hier Ich finde, daß mein System leichter lernbar ist und dabei auf Sonderzeichen verzichtet. Man kann außerdem den ich-Laut vom ach-Laut (q) unterscheiden.
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