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Sigmar Salzburg
02.08.2016 18.19
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Die großen Zeitungen schweigen

Rechtschreibreform
Der Esel darf wieder am Stück bleiben


Von CORINA APPEL

Kaum etwas hat die Deutschen (und ihre deutschsprachigen Nachbarn) in größere Verwirrung gestürzt als die Rechtschreibreform. Heute vor genau zehn Jahren wurde die letzte an den Schulen verbindlich eingeführt. Aber ausgegoren ist sie immer noch nicht.

Wir schreiben das Jahr 2006. 1. August. Die Schüler Deutschlands starten in ein neues Abenteuer: das der reformierten Rechtschreibung. Aber es ist gar kein so neues Abenteuer, denn das eigentliche begann viel früher: 1996 schon. Ab diesem Tag konnten einem sowohl Schüler als auch die schreibende Zunft leidtun, oder übergangsweise auch leid tun, aber nie Leid tun (das war schon immer falsch, auch wenn man es ab und zu liest). Denn, ach herrje, es mussten jetzt so viele Begriffe, die der Schüler von einst mühsam erlernt oder gar studiert hatte, neu überdacht werden. Wo der Käpt’n vor der Reform eine Flusschiffahrt unternommen hat, muss er auf dem modernen Dampfer eine Flussschifffahrt auf sich nehmen. Ganz ehrlich, liebe Leser, wie sieht denn das aus? Vereinfachung nennen es die Reformer. Blödsinn die anderen.

Und wir Journalisten besuchten Kurse, um zu erfahren, was Sache ist. Und um aus dem Panther einen Panter zu machen. Wobei dann eine List um die Ecke kam: Es geht beides. Ja, was denn nun? Ist die Raubkatze mit oder ohne „h“ vollständig? Und wie fährt man künftig den Schneehang hinab. Auf Skiern oder auf Schiern? Auf beiden, sagt der Duden, und der Autor grübelt.

Manches ist blöd

Ich liebe ja die deutsche Sprache. Aber wo sich mein Gefühl gerade mit den Regeln angefreundet hatte, gab es die Reform. Ich finde so manches Wort sieht einfach zu blöd aus, pardon. Ich fand die Umstellung nicht so schwierig, weil vieles sinnig ist. Für mich war es logisch nachvollziehbar. Auch dass man manche Wörter mit Bindestrich schreibt. Dadurch wird die Lesbarkeit verbessert.

Diese Reform war für mich nicht mehr so schlimm. Die 1996 aber. Da war ich in der Schule. Und das bisschen Struktur, das ich hatte, ging dabei auch noch verloren (augenzwinkernd). Und heute? Ich schreibe gerne nach Gefühl.

Eindeutschen lautet die Zauberformel. Aber bitte nicht alle Begriffe. Wer scharmant im Kabrio Kupee in die Butike fahren will, bekommt ganz charmant einen Platzverweis. Hier bleibt’s dabei, dass man mit dem Cabrio oder Coupé in die Boutique fährt oder am besten vom Chauffeur (statt Schofför) bringen lässt. Und bitte das Portmonee nicht vergessen.

Die neue deutsche Rechtschreibung richtet sich nun mehr nach der Aussprache. Das Schloss wird „schnell gesprochen“ und bekommt bei so viel Schmackes am Ende zwei „s“ verpasst.

Der Schoßhund darf sein „Buckel-S“ behalten, denn der ist ja langsam. Also zumindest der Aussprache nach. Aber auch da gibt es schon wieder Ausnahmen. Denn die Maffia bleibt weiter die Mafia, auch wenn sie in der Mitte schnell ist. Wer soll sich denn da noch auskennen?

Info: Aus der Geschichte der Orthografie

Das waren noch Zeiten: Bis 1788 schrieb jeder so, wie er es für richtig hielt. Nun gut, so viele „Schreiberlinge“ gab es ja nicht. 1788 formulierte Johann Christoph Adelung in „Vollständige Anweisung

Früher konnte man sich noch mit sogenannten Eselsbrücken behelfen. Aber auch die müssen ja nun neu gebaut werden. So hieß es mal „trenne nie st, denn das tut ihm weh“. Damals hat man noch „getutet“. Und mittlerweile hat sich auch das „st“ an den Trennungsschmerz gewöhnt, wenn der Kas-ten beim fas-ten zum „Käst-chen wird. Ups, schon wieder eine andere Trennung. Okay, machen wir einfach eine Schatulle draus, wie der Chef (nicht Scheff) jetzt sagen würde.

2006 wurde auch so einiges wieder rückgängig gemacht, was 1996 im Überschwang reformiert wurde. Den Esel gibt’s jetzt beispielsweise wieder am Stück. Wer noch immer E-sel trennt, ist selbst ein Schaf, das aber auch am Stück bleibt.

Und dann noch die ganzen Dummheiten mit Konsonanten- und Vokalen-Trennungen. Hier wird nun wieder überhaupt nicht auf die Silbensprache geachtet. Die Reformer demonst-rieren sogar, wie bisher sinnvoll verwandte Wörter durch monst-röse Regeln verballhornt werden. Hier wird sogar aus einem Teen-ager (nachvollziehbar) ein Tee-nager. Kaffee-trinker kennen wir ja, aber Tee-nager? Muss eine neue Spezies sein, die in der Redaktion noch nicht bekannt ist.

Nur gut, dass es Schreibprogramme mit eingebauter Rechtschreibprüfung gibt. Die unterstreicht in verschiedenen Farben und ist eine angenehme Hilfe. So mancher Fehler lässt sich dabei vermeiden. Allerdings darf man den Programmen auch nicht alles glauben. Vor allem, wenn sie eigenmächtig nach Gutdünken Worte ersetzen wollen. Dabei wird nämlich schnell aus einem Trennvorschlag eine Trendforschung. Oder aus Corina ein Conrad. Jesses!

Und wie geht’s jetzt weiter mit unserer Rechtschreibung? Eine Studie des Germanisten Uwe Grund hat gezeigt, dass Schüler seit der Reform 1996 etwa doppelt so viele Fehler fabrizieren wie zuvor. Und der bayerische Ex-Kultusminister und Vorsitzende des „Rats für deutsche Rechtschreibung“, Dr. Hans Zehetmair, nennt 2015 die Einmischung der Politik in die Rechtschreibung zum wiederholten Male einen Fehler: „Das sollte nie wieder vorkommen, die Lektion haben alle gelernt.“

Also, vielleicht gibt’s ja bald wieder was Neues. Es bleibt spannend, liebe Leser.

taunus-zeitung.de 1.8.2016

Verspätete Anmerkung: Der Artikel ist zu lang, aber mir fehlt die Zeit, ihn zu kürzen. Man ist ja schon froh, wenn überhaupt berichtet wird. Der letzte Satz erweist die Schreiberin als Frohnatur, die sich trotz etlicher Wehwehchen gerne „anpasst“.

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Norbert Lindenthal
07.08.2004 23.35
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Taunus-Zeitung



Debatte um Rechtschreibung neu entbrannt – «Bild» und «Spiegel» kehren zurück


Mangelnde Akzeptanz der neuen Rechtschreibung als Grund

07.08.2004

Hamburg (dpa) Die umstrittene Rechtschreibreform könnte im letzten Moment doch noch scheitern: Ein Jahr vor der endgültigen Einführung der neuen Schreibregeln kehren die Medienkonzerne Axel Springer AG und Spiegel-Verlag wieder zur alten Rechtschreibung zurück – auch mit ihren Flaggschiffen «Bild» und »Der Spiegel».

Beide Unternehmen appellierten am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung an alle Medien, sich ihnen anzuschließen. CDU-Länderchefs

unterstützten den Vorstoß, während von SPD-Politikern Ablehnung kam. Auch in den Medien gab es ein geteiltes Echo. Lehrerverbände mahnten eine einheitliche Regelung an und den Streit nicht auf dem Rücken von Schülern auszutragen. In Österreich und in der deutschsprachigen Schweiz wurde eine Rückkehr zur alten Schreibweise eher mit Zurückhaltung kommentiert.

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Stoiber glaubt, dass die neuen Regeln der Rechtschreibung zum Teil wieder geändert werden müssen. Der ZDF-«heute»-Sendung sagte Stoiber, er werde in die Diskussion bei der Ministerpräsidentenkonferenz Anfang Oktober «ergebnisoffen» hineingehen. «Wir werden aber mit Sicherheit eine ganze Reihe von Teilen dieser Rechtschreibreform wohl wieder aufheben und wir werden versuchen, das Gute, das auch durchaus zu sehen ist, mit dem zu verbinden, was wir aufheben wollen.»

Die Entscheidung des Springer Verlages, des «Spiegels» und auch des Süddeutschen Verlages werde die Diskussion der Ministerpräsidenten ganz entscheidend beeinflussen. Klar sei, dass die Akzeptanz der Rechtschreibreform «außerordentlich schlecht» sei.

In Schulen und Hochschulen soll am 1. August 2005 die Reform verbindlich werden. Damit drohen in Schulen und einem Teil der Medien künftig unterschiedliche Schreibweisen. Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (FAZ) hatte sich bereits im Jahr 2000 von der Reform abgewandt.

«Bild»-Chefredakteur Kai Diekmann verteidigte den Vorstoß: «Wir haben nur noch eine kurze Frist, in der die alte, bewährte Rechtschreibung geduldet wird, dann gilt nur noch der von den Kultusministern verordnete Murks», sagte Diekmann dem Radiosender MDR Info in Halle.

Die Verlage Springer und Spiegel wollen mit ihrer Initiative die Wiederherstellung einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung erreichen. Die Reform führe zu wachsender Verunsicherung in der Bevölkerung über die Schreibweisen, hieß es.

Bei der «Süddeutschen Zeitung» ist der Zeitpunkt noch offen, wann wieder nach den alten Regeln formuliert werden soll. Intern werde derzeit unter anderem diskutiert, von welchen Regelungen man wieder abrücken wolle und von welchen nicht, sagte ein Verlagssprecher. Auch Springer und Spiegel bleiben für Neuerungen offen – auf Basis der alten Rechtschreibung.

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) möchte zunächst die Meinung ihrer Kunden erfragen. Dazu gehören Tageszeitungen, Zeitschriften, Hörfunk- und Fernsehstationen.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warnte vor einem «Chaos» kurz vor dem neuen Schuljahr. Dagegen rief der Deutsche Philologenverband (DPhV) Bund und Länder dazu auf, sich schnell auf eine einheitliche Linie zu verständigen.

Die neue Rechtschreibung war nach einem von den Bundesländern gebilligten Reformwerk bis zum Sommer 1998 bundesweit an den Schulen eingeführt worden. Über die Schreibweisen in den Medien kann die Kultusministerkonferenz (KMK) nicht entscheiden. Deren Präsidentin, die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD), zeigte für die Entscheidung der Verlage kein Verständnis. Sie zeige keinen Weg auf, wie mit den widerstrebenden Interessen in der Reformdebatte umzugehen sei «und wie sich Sprache künftig weiter entwickeln soll», sagte Ahnen der dpa.

Über die bisherigen Auswirkungen der Rechtschreibreform äußerten sich Vertreter der beiden Initiativ-Verlage besorgt. «Uns kann es als Verlagen nicht gleichgültig sein, wenn Schreib- und Lesefähigkeit und damit die Sprachfähigkeit in diesem Land abnehmen», teilten der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG, Mathias Döpfner, und der Chefredakteur des «Spiegel», Stefan Aust, mit und empfahlen «die Beendigung der staatlich verordneten Legasthenie». Die Titel beider Unternehmen erreichen den Angaben zufolge rund 60 Prozent der Bevölkerung in Deutschland.

Harsche Kritik kam von «Focus»-Chefredakteur Helmut Markwort (Burda-Verlag). Deutschland habe derzeit «wichtigere Probleme als einen neuen Streit um die Rechtschreibreform». Die Redaktion habe Informationen darüber «wie hier im Zusammenspiel zwischen Journalismus und Politik diese Kampagne vorangetrieben wird», sagte Markwort. «Focus» werde dabei nicht mitmachen. Beim größten Europäischen Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr («Stern», «Geo») sprachen sich Chefredakteure einzelner Titel gegen eine Rückkehr aus, ein konzernübergreifende Direktive gibt es nicht.

Die Medien-Initiative wird bei der nächsten Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder für Diskussionsstoff sorgen. So will Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) versuchen, eine Mehrheit für eine Rücknahme der Reform durchzusetzen und hat Unterstützung bei seinem saarländischen Kollegen Peter Müller (CDU).


Foto: Alles wieder neu: Beim Spiegel kehrt man zur alten Rechtschreibung zurück.

» Erklärung von «Spiegel» und Springer
» Was ist die Rechtschreibreform?
» «Schwarzer Freitag» für die Rechtschreibreform?

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