Wolf Schneider und Gender-Deutsch
Luther Disput in Erfurt
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Das Augustiner-Kloster in Erfurt war Schauplatz des Luther-Disputs zum Thema Luther, die Sprache und der Pfarrer Predigt...
Beim Luther-Disput stritten der deutsche Sprachpast Wolf Schneider und der ehemalige Apoldaer Pfarrer Felix Leibrock über die geschlechter-gerechte Sprache:
Schneider: Ich habe dieser Sprache öffentlich den Krieg erklärt. Ich polemisiere dagegen, wo es nur geht. Ich finde sie Schwachsinn, von Alice Schwarzer [wohl weniger] durchgesetzten und von Gewerkschaften betriebenen und von Betriebsräten, Politikern und leider auch Theologen übernommenen Schwachsinn (weiblicher Applaus, aber nicht die Mehrheit).
Dazu muss ich sagen: Diese Sprache geht von der törichten Vorstellung aus, das natürliche Geschlecht habe mit dem grammatischen Geschlecht irgendetwas zu tun.
Nein! Bekanntlich heißt es das Weib, das ist schon ein Skandal; es heißt der Löwe, aber: das Pferd und die Schlange. Das grammatische und das natürliche Geschlecht stehen in keinerlei Zusammenhang. Noch darf man sagen, München hat 1,3 Millionen Einwohner. Noch sagt man nicht Einwohnerinnen- und Einwohnermeldeamt, das ist gar nicht durchführbar.
Leibrock: Die Einwohnenden kommt demnächst!
Schneider: Ein Bedürfnis der deutschen Sprachgemeinschaft, dies zu tun, gab und gibt es nicht.¹) Ein Bedürfnis deutscher Schriftsteller und deutscher Journalisten gab und gibt es auch nicht. Es war eine ungeheuer geschickte PR-Kampagne einer Gruppe militanter Feministinnen, die diese Sprache durchgesetzt haben. Meine Behauptung ist: Das ist 90 Prozent der Deutschen völlig egal.
Pfarrer Seidel: Am verrücktesten wird es bei Christinnen und Christen, das gibt es in der Tat. Christ steht allerdings als Synonym zu Mensch und ist nicht biologisch zu verstehen. Mir hat Katrin Göring-Eckardt mal gesagt: Ich sehe das auch so, aber man muss das heute so sagen. Das ist das Verrückte: Man muss das heute ebenso sagen auch ohne Sachgrund.
Leibrock: Ich finde diese Sprache nicht ganz verkehrt, wenn sie den Sprachfluss nicht zerstört. Das tut es sehr oft.
Ich arbeite jetzt in einem Bildungswerk; wir haben ein Veranstaltungsheft und da kommen in jeder Veranstaltung fünf Berufsgruppen vor. Wir brauchen in der Vorschau doppelt so viel Platz, wenn wir jedes Mal die weibliche und männliche Form nutzen.
Ich habe meinen Mitarbeiterinnen gesagt: Das ist absolut unverständlich, das kann ich nicht mittragen.
Schneider: Stellenbeschreibung im Norddeutschen Rundfunk: Der Intendant/ die Intendantin benennen seinen Stellvertreter/seine Stellvertreterin bzw. ihren Stellvertreter/ihre Stellvertreterin das ist ein Satz der deutschen Sprache, der Unsinn ist. Dieser Unsinn muß [!] abgeschafft werden!
Leibrock: Es ist aber auch eine Geschichte der Emanzipation und die ist auch gut. Dass Frauen gleichberechtigt sind, das ist das Ziel hoffentlich aller; das Ziel ist noch nicht erreicht, wir sind da noch in einem Prozess.
Insofern finde ich es nicht verkehrt und auch nicht anstrengend eben wenn man den Sprachfluss nicht zerstört. Mir kommt es locker über die Lippen: Die Predigerinnen und die Prediger ich habe damit kein Problem und finde das auch nicht so verkehrt.²)
Schneider: Ich höre das mit wachsendem Misstrauen, dass es bereits Leute gibt, denen das locker über die Lippen geht. Ich dachte, Sie hätten sich wenigstens einen Rest von Widerwillen bewahrt.
Leibrock: Sie müssen es nur üben, Herr Schneider, wie guten Stil. Ich bin Mitglied einer Körperschaft und muss da auch gewisse Spielregeln anerkennen. Da gibt es auch Richtlinien, wie wir Texte schreiben da können wir nicht einfach so schreiben, wie wir wollen. Sie, Herr Schneider, sind ein freier Mensch: Sie können schreiben, wie Sie wollen. [Naja, er muß aber auch ss-Anpassungen zulassen!]
Die Stadt Halle hat es per Ratsbeschluss untersagt, nur die männliche Form zu nutzen...
Leibrock: Die Universität Leipzig geht noch weiter: nur die weibliche Form Herr Professorin.
Schneider: Schrecklich!
thueringer-allgemeine.de 10.1.2014
¹) ... ebensowenig wie einen Grund, eine „Rechtschreibreform“ durchzuführen.
²) ... aber Lapsus eines Lokalpolitikers vor einem katholischen Priesterseminar:
„Verehrte Priesterinnen und Priester“.
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