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Ossietzky
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Sigmar Salzburg
19.08.2015 15.52
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„Ossietzky“ jetzt in Stussschreibung

Die alten Kämpen müssen seit Ausgabe 15/2015 den ss-Aufmarsch mitmachen:

Heinrich Hannover
Lasst euch nicht von denen verführen
Die Feindschaft auf Griechenland schüren

Hans Krieger
Schon Monate zuvor hatte Japan die Bereitschaft zur Kapitulation signalisiert und nur noch die Zusicherung erbeten, dass Kapitulation nicht den Verzicht auf das Kaisertum als Symbol der nationalen Identität bedeuten würde. Darauf wurde bewusst nicht geantwortet, denn noch war die Kapitulation nicht erwünscht.

Otto Köhler
2075. Den Protokollen des dann wohl ehemaligen Deutschen Bundestages werden die Historiker kommender Zeiten entnehmen können, dass da der Deserteur Gerhard Zwerenz unnachgiebigen Widerstand leistete gegen das – wir wollen es nicht hoffen –, was gekommen ist.

Pastor Hohnsbein
Als 1979 bekannt wurde, dass ein homosexueller Pastor in seiner Landeskirche arbeitete, erklärt Lohse in der HAZ: »Wir haben gelernt, dass wir Menschen wegen ihrer Homosexualität nicht diskriminieren dürfen; sie müssen einen Platz in der Gesellschaft und in der Kirche haben.«

Ossietzky 15/2015

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Sigmar Salzburg
11.01.2015 07.42
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„Ossietzky“ schreibt weiterhin traditionell

Im letzten Jahr überkam die Redaktionen von „Konkret“ und „junge Welt“ unvermittelt die „Einsicht in die Notwendigkeit“, den Kotau vor der kultusministeriellen ss-Reform zu vollziehen. Zum Glück haben wir in „Ossietzky“ weiterhin eine nennenswerte linke Zeitschrift, die auch im neuen Jahr noch in deutscher Kultur-Rechtschreibung erscheint. Zum Beweis sei dieser kurze, aber aufschlußreiche Artikel angeführt:

Quod licet Iovi …
Der 2010 verstorbene Politikwissenschaftler Chalmers Johnson hat über 30 Jahre an einer US-amerikanischen Eliteuniversität gelehrt und war überdies jahrelang CIA-Berater, also kein Mann, der antiamerikanischer Umtriebe verdächtigt werden kann. Er war aber so amerikakritisch, daß ihm der Spiegel bescheinigte: »So ätzend wie er hat kaum jemand mit dem politischen Establishment in Amerika abgerechnet.« In seinem von Hans Freundl und Thomas Pfeiffer übersetzten Buch »Der Selbstmord der amerikanischen Demokratie« heißt es: »Die militärische Präsenz der Amerikaner ist beklemmend. In 139 Staaten haben sie 211.000 Soldaten stationiert. 26.000 Soldaten dienen auf US-Schlachtschiffen auf allen Weltmeeren. Und keine Regierung der betroffenen Länder kann über diese befreundete Besatzungsmacht Kontrolle ausüben.« Das Buch ist 2003 in Deutschland erschienen. Seitdem haben sich die Zahlenangaben weiter erhöht. Und dieses gemütliche weltweite Idyll hat Putin kürzlich in Gefahr gebracht, als er ein paar Kriegsschiffe durch den Ärmelkanal fahren ließ, weil, wie der stellvertretende Regierungssprecher der Bundesregierung nach einer Pressenotiz verlautbarte, »dieses Manöver, auch wenn es sozusagen [!] in internationalen Gewässern stattfindet, nicht unbedingt ein Zeichen ist, die Bereitschaft zur Deeskalation zu unterstreichen.«

Günter Krone

http://www.sopos.org/aufsaetze/54ad1539b6737/1.phtml

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Sigmar Salzburg
16.10.2014 07.54
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Ossietzky – noch ss-resistent

Murphys Gesetz

Volker Bräutigam

Eine banale Einsicht: Murphys Gesetz besagt, daß alles, was theoretisch schiefgehen kann, am Ende auch praktisch fehlschlägt. Ins Politische übertragen heißt das, daß der mörderische Unfug, den sich führende Politiker einfallen oder einreden lassen, nichts verbessert, sondern alles verschlimmert.

Anschaulich ist das derzeit in Nahost am Luftkrieg gegen den Islamischen Staat IS. Dessen Terrormilizen bestehen im Kern aus einer von Saudi-Arabien und der CIA initiierten, bewaffneten, finanzierten und vom US-amerikanischen Militär ausgebildeten Armee...

Ossietzky 21/2014

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Sigmar Salzburg
01.11.2013 09.04
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Witzig

Die „Zweiwochenschrift Ossietzky“ erscheint weiterhin in bewährter traditioneller Rechtschreibung. In der neuen Online-Ausgabe findet man im Anhang „Bemerkungen“ folgenden Beitrag:

Roda Roda erklärte einmal, er streite sich nie mit seiner Frau. Sie habe sich nämlich dahin mit ihm geeinigt, daß mal seine und mal ihre Meinung gelte. Das spiele sich so ab: Immer, wenn sie beide der gleichen Meinung sind, gelte seine, und wenn sie unterschiedlicher Meinung sind, die ihre. Des kuriosen Humoristen Ehefrau kann als Vorbild für große Politiker/innen angesehen werden.
Günter Krone

Ossietzky 22/2013

Das trifft sehr gut auch das Verhältnis von Volkspartei SPD und Volk. Wie hat die Partei zum Beipiel in Schleswig-Holstein für Volksabstimmungen gekämpft! Als aber bei der einzigen bislang stattgefundenen Abstimmung, der zur Rechtschreibreform, das Volk eine andere Meinung hatte, galt die der SPD. Und mit Hilfe der CDU setzte die damalige Ministerpräsidentin Heide Simonis dies auch durch – ohne daß sie deswegen zu den großen Politiker/innen gerechnet werden müßte.

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Sigmar Salzburg
25.03.2013 07.13
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Demnach-Virus

In der Zeitschrift „Ossietsky“ (immer in klassischer Rechtsschreibung) spießt Gottfried Braun eine „Rätselhafte Pandemie“ in den Nachrichtentexten auf, u.a.:

»Wie die Friedenstruppe der Afrikanischen Union mitteilte, hat sich am Donnerstag in einem Hotel in Somalias Hauptstadt Mogadischu ein Selbstmord-attentäter in die Luft gesprengt. Unter den Toten waren demnach drei Minister der somalischen Übergangsregierung, viele Studenten und zwei Journalisten.« Wieso »demnach«?

sopos.org 7/2013

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Sigmar Salzburg
16.11.2012 11.59
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Unser alter Mitstreiter Hans Krieger…

… darf in Ossietzky nach Herzenslust kultiviert und bewährt schreiben:

Sloterdijks babylonische Opern-Verwirrung
Hans Krieger

Der Philosoph Peter Sloterdijk, medienpräsent als Gescheitheitsvirtuose und Intellektuellen-Entertainer, hat ein Theaterdebüt riskiert. Für den Komponisten Jörg Widmann ersann er das Libretto zur Oper »Babylon« als bewußtseinsarchäologisches Kurzschlußgewitter. Mesopotamisches und Biblisches, Göttermythen und Großstadtzivilisation, Kosmologie und Sexualsymbolik, sakraler Mummenschanz und Beziehungsdreieck überlagern sich wie die noch zu klärenden Fundschichten eines halberforschten Ausgrabungsfeldes.

Widmann ließ sich davon zu einer Musik inspirieren, die alle Register zieht, avancierteste Kompositionstechniken mit Traditionsanleihen mixt… Technische Perfektion und enormer Einsatz machten die Uraufführung im Münchner Nationaltheater unter der musikalischen Leitung von Kent Nagano zu einem beachtlichen Erfolg; nur der Librettist mußte Buhrufe hinnehmen…

Mit gewaltigem technischem Aufwand (dem Ausstattungsetat der Bayerischen Staatsoper haben Euro-Krise und Sparzwänge offenbar nichts anhaben können) läßt Padrissa ein effektvolles Spektakel abschnurren, das nie ernstlich erschreckt oder anrührt, aber immer das Auge beschäftigt. Nagano dirigiert mit mustergültiger Präzision, das Sänger-Ensemble, allen voran Anna Prohaska als Inanna, Claron McFadden als »Seele« und Jussi Myllis als Tammu, bewährt sich grandios. Der Sinn des Ganzen aber blieb reichlich diffus.

Ossietzky 23/2012

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Sigmar Salzburg
05.08.2012 11.12
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Buchglosse aus ‚Ossietzky‘ – in Kulturrechtschreibung

Wolfgang Helfritsch

»Die Sprache kobolzt«
behauptete einst Kurt Tucholsky.
[…]
Umso verdienstvoller, daß sich der ADAC, der Heimatverein der »Gelben Engel«, mit einem »Lexikon der aktuellen Begriffe«, Untertitel »1000 Schlüsselwörter zum Verständnis unserer Welt«, an den Gegenwartskonsumenten wendet. Ein mutiger Schritt, wenn man bedenkt, daß das Heute flugs das Gestern sein kann und bereits während des Drucks des Almanachs Bezeichnungen im Papierkorb des PC landen könnten.

Welche Vokabeln relativ dauerhafte »Alleinstellungsmerkmale«, also – um das verständlich zu umschreiben – »unique selling prepositions« aufweisen werden, ist in unserer schnellebigen Zeit schwer vorauszusagen.

Das Nachschlagewerk wird vor allem von älteren Mitbürgern, die schon die Greuel des DDR-Regimes und seine Sprachschöpfungen über sich ergehen lassen mußten, also beispielsweise von mir, als echte Überlebenshilfe empfunden. Hilft es uns doch, den Code der Jugendsprache zu enträtseln, die wir aus unzähligen Handys neben uns in der U-Bahn oder während der Enkelbetreuung auf der Spielwiese ertragen müssen.
Jetzt weiß ich, daß ich nicht etwa ein Katzenliebhaber bin, sondern ein »Dosenöffner«.

»Coffee to go« ist keine Kaffeebrühe zum Weglaufen, also eine Art Fluchtgetränk, sondern eine anregende Filtermischung, die man während des Spurts zur Tram in der vom Handy und der Bierflasche noch unbesetzten freien dritten Hand mit sich herumschleppt. Letzteres entfiele in einer »Wolkenschaukel«, früher Flieger, noch früher Flugzeug, noch früher Aeroplan, da einem das Getränk dortselbst von einer »Saftschubse«, einer Stewardeß also, persönlich aufgenötigt wird. Dieselbe hat sich möglicherweise von einer »Speckbarbie«, einer in der Oberweite vielleicht etwas zu fülligen »Hüpfburg«, von einem »Änderungsfleischer«, also einem Chirurgen, zu einem Magermodel »umwidmen« lassen. Dadurch muß sie sich auf einer »Gammelfleischparty«, also einer Disko für über 30jährige, nicht mehr genieren oder für andere »fremdschämen«.
[…]
Ich hoffe, ich habe Ihr Interesse für ein Nachschlagewerk erregt, das Ihrer persönlichen Karosse zu einem stabileren Chassis verhelfen und Ihnen ein zuverlässiger Navigator über die Unebenheiten und aktuellen Neuerungen der Sprache sein wird.

Wie aus noch nicht bestätigten Quellen verlautet, soll das Buch in Bälde zur normalen technischen Ausstattung der »Gelben Engel« gehören.

»Die Sprache kobolzt«, behauptete einst Kurt Tucholsky. Ich finde das zu simpel formuliert. »Die Sprache schwurbelt«, würde ich sagen. Das kann ich zwar noch nicht definieren, ich denke aber darüber nach.

ADAC (Hg.): »Lexikon der aktuellen Begriffe. 1000 Schlüsselwörter zum Verständnis unserer Welt«, ADAC Verlag und Verlag Das Beste…

ossietzky.net 15-16/12

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Sigmar Salzburg
02.11.2011 13.06
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Hans Krieger

Hans Krieger, der scharfsichtige Kämpfer gegen den Rechtschreib-Schwindel, spießt den Volksentscheid-Schwindel auf – in der Zweiwochenschrift „Ossietzky“, die in traditioneller Rechtschreibung erscheint.

Der Volksentscheid-Schwindel

Hans Krieger

Wenn Rot und Grün sich nicht einigen können, soll das Volk entscheiden. Wer aber ist das Volk? Und, fast noch schwerer zu beantworten: Wie eigentlich definiert sich Rot?

In Berlin ist ein rot-grünes Regierungsbündnis schon in den Koalitionsverhandlungen am Streit um ein verkehrsbauliches Großprojekt gescheitert, trotz weitgehender Einigkeit in wichtigeren Fragen. In Baden-Württemberg droht die Erneuerung des Landes nach jahrzehntelanger CDU-Herrschaft am Konflikt um Stuttgart 21 zu scheitern, das irrwitzig teure, verkehrspolitisch wie städtebaulich äußerst fragwürdige und mit unkalkulierbaren geologischen Risiken behaftete Projekt der Verlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs unter die Erde, das Grün verhindern, Rot aber durchsetzen will. Und in Bayern, wo seit der Kür des allseits beliebten Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude zum SPD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2013 erstmals die Chance winkt, die CSU-Herrschaft nach dann 56 Jahren brechen zu können, lähmte ein ähnlicher Streit rasch die aufkeimende Hoffnung: Ude, der selbstherrliche Strahlemann, hat sich eisern auf den Ausbau des Münchner Airports durch eine dritte Startbahn festgelegt, den seine potentiellen Koalitionspartner, neben den Grünen noch die Freien Wähler, vehement ablehnen.

Nun soll das Volk entscheiden: in Baden-Württemberg mit einer Volksabstimmung auf Landesebene, in Bayern mit einem Bürgerentscheid in der Stadt München. Das klingt demokratisch, und die Konfliktpartner versichern, das Ergebnis respektieren und sich daran halten zu wollen. Nur: Warum sollen die Münchner entscheiden dürfen, nicht aber die Freisinger, die unter dem zunehmenden Fluglärm viel stärker zu leiden haben? Und warum in Baden-Württemberg ein Landesvolksentscheid, obwohl es einerseits um ein Stadtentwicklungsproblem geht, das allein die Stuttgarter angeht, und andererseits um verkehrspolitische Grundsatzfragen, die ganz Deutschland betreffen? Ob die Stuttgarter sich ihren optimal funktionsfähigen Bahnhof kaputtmachen lassen, um sich dafür ein unterirdisches Nadelöhr einzuhandeln, ob sie viele Jahre gewaltiger Baubelästigung ertragen, vor gefährlichen Bodenverwerfungen zittern und dabei zusehen wollen, wie die neue Stadtregion auf dem aufgelassenen Gleisgelände zur Beute der Immobilienhaie wird, sollten sie selbst entscheiden dürfen; die Tübinger und Mannheimer geht es nicht mehr an als die Berliner und Münchner. Die Frage aber, ob die Bahn ihre begrenzten Investitionsmittel in prestigeträchtige Großprojekte stecken soll statt in einen zielstrebigen Ausbau der Flächenversorgung (was auch die Frage aufwirft, ob sie mit dem Flugverkehr oder mit dem Auto konkurriert), betrifft nicht nur die Baden-Württemberger.

Die Münchner entscheiden, weil die Stadt München Gesellschafter der Flughafengesellschaft ist und gegen die dritte Startbahn ein Veto einlegen kann. In Baden-Württemberg läßt man die Landeswählerschaft entscheiden, um die finanzielle Beteiligung des Landes an dem Projekt gesetzlich zu blockieren, die einst der damalige Ministerpräsident Oettinger freiwillig versprach, um das etwas erlahmte Interesse der Bahn an dem Projekt neu zu wecken. Das ist Pragmatismus pur, aber demokratisch ist es nicht. Es ist ein billiger Trick, um einen Konflikt zu entsorgen, statt ihn zu klären und zu lösen.

In Baden-Württemberg wie in Bayern hat die SPD-Führung weite Teile der Parteibasis gegen sich. Vielleicht sogar die Mehrheit; das weiß man nicht und will es offenbar nicht wissen. Anträge auf eine Mitgliederbefragung wurden auf dem Parteitag der baden-württembergischen SPD in Offenburg abgeschmettert. Eine Partei, die schon öffentlich mit dem Gedanken spielt, an der Entscheidung über ihren Kanzlerkandidaten per Basisbefragung sogar Nichtmitglieder teilnehmen zu lassen, will nicht wissen, wie in einer so entscheidenden, die Gemüter aufwühlenden und die Regierungsarbeit lähmenden Sachfrage die Mehrheit ihrer Mitglieder denkt. Lieber flüchtet sie in einen Volksentscheidschwindel, der das Demokratieverständnis aushöhlt.

Echte Bürgerbeteiligung, echte Basisdemokratie würde bedeuten, in einen transparenten Planungsprozeß, in dem Nutzen und Nachteil gründlich abgewogen und denkbare Alternativen durchdiskutiert werden, die Betroffenen von Anfang an einzubeziehen. Die Geißler-Schlichtung hat gezeigt, wie wenig planerisch rational und demokratisch korrekt die Entscheidung für Stuttgart 21 gewesen ist: Alternativen wurden ausgeblendet, abgenickt wurde ein festgezurrtes, aber finanziell wie sachlich mangelhaft geklärtes Planungspaket. Der Bundestag hat überhaupt nicht abgestimmt, obwohl der Bund Hauptfinanzier ist. Daß Schlichter Geißler trotzdem die einzig logische Konsequenz nicht gezogen hat, für Neuplanung und Neuentscheidung zu plädieren, lag offenbar nicht an mangelndem Mut: geraume Zeit nach dem Schlichtungsverfahren hat er öffentlich bekannt, ein überzeugter Anhänger von Stuttgart 21 zu sein. Eigentlich aber sollte selbstverständlich sein, daß vor der Realisierung eines hochumstrittenen Großprojektes, das vor mehr als 15 Jahren geplant und beschlossen wurde, noch einmal gründlich geprüft wird, ob die Voraussetzungen noch stimmen.

Stuttgart 21 steht exemplarisch für einen längst überholten Begriff von Modernität: die Euphorie fürs Grandiose, Gigantische – fürs »Faustische« also, von dem Mephisto weiß: »Auf Vernichtung läuft’s hinaus.« Die SPD-Führung läßt sich noch immer leicht von diesem Modernitätsrausch blenden und verliert darüber den Blick für das Ganze ihrer Programmatik. Sie hätte beizeiten einsehen können, daß Stuttgart 21 möglicherweise eine faszinierende Idee, aber absolut nicht notwendig ist, und daß man auch faszinierende Ideen nicht gegen den erbitterten Widerstand weiter Teile der Bevölkerung durchsetzen sollte. Egal, wie nun der Volksentscheid ausgeht: Es wird nur Verlierer geben. Hauptverlierer ist die Demokratie.

Erschienen in Ossietzky 22/2011

Der letzte Absatz trifft genau auch das Verhalten der SPD in der Frage der nichtsnutzigen Rechtschreibreform.

Zur Abstimmung über Stuttgart 21 siehe die Notiz von Manfred Riemer bei FDS – Volksverwirrung ähnlich der 1998 in Schleswig-Holstein.

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Sigmar Salzburg
25.04.2011 18.34
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Ossietzky. Zweiwochenschrift für Politik / Kultur / Wirtschaft

[Erscheint in Traditions-Rechtschreibung]

Die Willkür der Grenzwerte

Eckart Spoo

Die japanischen Siedewasser-Reaktoren – den deutschen sehr ähnlich – waren so gebaut, daß Erdbeben bis zur Stärke 8,2 auf der Richter-Skala ihnen nach den amtlich geprüften und anerkannten Berechnungen nichts anhaben konnten. Das Erdbeben vom 11. März 2011 hatte eine Stärke von 9,0. Die Natur hielt sich nicht an den Grenzwert, auf den sich Energiekonzerne und Behörden verständigt hatten. … Wer denkt ins Jahr 12.000 n.Chr. voraus oder ins Jahr 8000 v. Chr. zurück? Aber daß sich das Klima verändern kann, wußten Geologen auch schon in den 1970er Jahren, und Archäologen hatten klare Vorstellungen von den Lebensbedingungen vor zehn Jahrtausenden...

Der Staat hat die Atomwissenschaft und -wirtschaft mit großen Summen gepäppelt – auch in Japan. Wie hoch sind die Kosten des Reaktorunglücks in Fukushima? Ist Atomenergie wirklich preiswert?

Ossietzky 6/2011

Das haben wir schon vor vierzig Jahren vorgerechnet.
Zu der Zeit habe ich übrigens auch Eckart Spoo erstmals erlebt – in Hannover in einer öffentlichen Diskussion mit Vertretern der DDR, in der es um Fragen der Annäherung ging, damals noch etwas ganz Ungewöhnliches.

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Norbert Lindenthal
10.09.2009 09.05
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Großer Deutschtest

Großer Deutschtest
(kleiner Film, 4 Minuten)

… trifft nicht ganz …
__________________
Norbert Lindenthal

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Sigmar Salzburg
10.09.2009 05.09
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Dudens „Großer Deutsch-Test“

Über den „Deutsch-Test“ und Hape Kerkeling hatte ich seinerzeit im Forum von KN-online berichtet, allerdings ohne den genauen Wortlaut. Das Forum ist natürlich längst „vaporisiert“ worden. Nun hat Christian Dörner die erhellendste Szene bei der FDS – ergänzend zu dem Krieger-Artikel – wiedergegeben. Ich erlaube mir daher, auch an dieser Stelle den Text zu übernehmen:

Kommentar von Christian Dörner, verfaßt am 10.09.2009 um 00.06 Uhr

Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=632#7971

Ja, Horst Schlämmer hat sich geäußert, zumal Herr Kerkeling den »Großen Deutsch-Test« im Mai 2005 moderiert hat. Und weil es hier um den Duden geht, hier noch einmal die schönste Szene mit Dudenredakteur Scholze-Stubenrecht:

»Nach der Auswertung des Diktats, das alle Kandidaten geschrieben hatten, meldete sich Susan Stahnke, die ehemalige Sprecherin der Tagesschau, zu Wort. (Der nach neuer Rechtschreibung so richtige Testsatz Im Nachhinein war das für dich natürlich äußerst besorgniserregend hatte sie nachdenklich gemacht.)

Stahnke: „Ich hab' eine Frage: ob neben besorgniserregend – klein und zusammen –, Herr Dr. Scholze-Stubenrecht, auch Besorgnis erregend – also 'Besorgnis' groß – korrekt wäre.“

Darauf Dr. Scholze-Stubenrecht (der als stellvertretender Leiter der Dudenredaktion die von seinem Hause präsentierte Sendung als Kommentator begleitete):

„Also, es ist so, daß – da kann man sehr schön den Unterschied zwischen alter und neuer Rechtschreibung erklären: Früher hieß das, besorgniserregend schreibt man zusammen, es sei denn, es steht so etwas wie äußerste oder große Besorgnis erregend davor, dann getrennt. Jetzt ist es umgekehrt: Man sagt, eigentlich schreibt man's getrennt, aber wenn so was wie äußerst oder sehr davorsteht, dann schreibt man's zusammen. Im Grunde genommen dasselbe wie früher.“

(Zwischenruf aus dem Kandidatenkreis: „O mein Gott!“, schallendes Gelächter im Publikum. Kommentar Hape Kerkeling: „Die armen, armen Kinder!“)«

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Sigmar Salzburg
24.08.2009 06.35
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Beachtenswert: „Ossietzky“!

Vom Duden für dumm verkauft

Hans Krieger

Duden & Co machen sich wieder wichtig. Wenn man schon mit einer Rechtschreibreform die allgemeine orthographische Verunsicherung herbeiverordnet hat (nicht nur in der Sozialpolitik nennt man Verschlechterungen »Reform«), dann muß diese Verunsicherung auch geschäftlich genutzt werden. Drei Jahre ist es immerhin schon her, daß der Deutsche Rechtschreibrat die Reform reformiert und damit neue Wörterbücher nötig gemacht hat. Und irgend etwas muß in so langer Zeit doch wohl passiert sein, das die Anschaffung eines noch neueren Rechtschreibwörterbuches unabdingbar macht. Orthographisch ist aber rein gar nichts passiert; nicht einmal die Schilder »Ausfahrt freihalten« müssen in »Ausfahrt frei halten« geändert werden, wie die Süddeutsche Zeitung herausgefunden zu haben glaubt, denn freihalten durfte man schon bisher nur einen Gast, aber keine Ausfahrt. Warum also Neuauflagen bei Duden wie beim Konkurrenzunternehmen Wahrig?

Dumme Frage! Wo soll man denn nachschauen, wie »Abwrackprämie«, »Bad Bank« oder »Börsenzocker« geschrieben werden?

Oder »Datenklau«, »Ehrenmord«, »Nacktscanner«? Gar nicht zu reden von der ungemein geläufigen und orthographisch eminent schwierigen »Herdprämie«. Oder der »Angsthäsin«, die in Zeiten der Gleichberechtigung neben dem »Angsthasen« ihr lexikalisches Daseinsrecht fordert. 5000 solcher Wortschatzbereicherungen hat der neue Duden anzubieten. Also, Leute, kauft den neuen Duden, damit ihr nicht dumm dasteht, wenn ihr Wörter wie »Kreditklemme« oder »Produktpiraterie« schreiben wollt. Oder gar »abbusseln«.

Wer partout den neuen Duden nicht kaufen will, kann ja den neuen Wahrig nehmen; das dient auch der Konjunkturbelebung. Der hat zwar etwas weniger neue Stichwörter im Angebot, ist dafür aber um vier Euro billiger. Und er ist eine echte Alternative. Nicht nur, weil er die aktuelle Version der amtlichen Regeln abdruckt, die man im neuen Duden vergeblich sucht. Nein, nicht nur die Packungsbeilage, sondern auch das Produkt selber unterscheidet sich. Hier herrscht mal wirklicher Wettbewerb: Es steht nicht nur was anderes drauf, es ist auch was anderes drin.
Schreibt man »ratsuchend« oder »Rat suchend«, »leer stehend« oder »leerstehend«, »totgeglaubt« oder »tot geglaubt«, »minutiös« oder »minuziös«, »Drainage« oder »Dränage«? Kommt ganz drauf an, in welches Wörterbuch man guckt. Solche Konkurrenz belebt das Geschäft. Und wunderbar ist es eingerichtet, daß beide Wörterbuchunternehmen zum gleichen Lehrmittel-Großkonzern Cornelsen gehören. Das ist Marktwirtschaft pur.

Waren das noch Zeiten, als eine druckfertige Duden-Auflage eingestampft werden mußte, weil der damalige bayerische Kultusminister Zehetmair noch einigen Unsinn aus dem Reformkonzept gestrichen haben wollte. Auf die Frage eines Spiegel-Redakteurs, ob er das denn verantworten könne, antwortete der Minister ungerührt: »Da haben sich die Herren halt verspekuliert.« Später, als Vorsitzender des Rechtschreibrates, war Zehetmair weniger mutig und ließ sich von der Kultusministerkonferenz den Abbruch der Reform der Reform diktieren, bevor die Absurditäten der neuen Regeln zur Groß- oder Kleinschreibung und zur Laut-Buchstaben-Relation überhaupt erörtert waren. Weswegen heute ein Schüler bestraft werden kann, weil er noch weiß, daß der »Tolpatsch« nichts mit »toll« zu tun hat, der »Zier(r)at« keine Ratsperson mit der Zuständigkeit fürs Dekorative ist und »morgen« in der Verbindung »heute morgen« kein Substantiv, sondern ein Zeitadverb ist.
Die Rechtschreibreform war ein Geniestreich, der viele Fliegen mit einer Klappe schlug. Vorexerziert wurde, wie man auf außerdemokratische Weise und ohne Rechtsgrundlage eine »Reform« durchpeitscht, die das Volk nicht will, und Gehorsam erzwingt. Die bitterste Lehre war, daß auch das Verfassungsgericht sich düpieren ließ und dem »Staat« zubilligte, zu dürfen, was er weder darf noch dürfen darf: die Sprache verändern. Der »Staat« war in diesem Fall aber die Kultusministerkonferenz, die gar kein Verfassungsorgan ist und keine rechtsverbindlichen Beschlüsse fassen kann. Aus »Gründen der Staatsraison« wurde, nach dem Geständnis einer Kultusministerin, an der Reform festgehalten, als alle, auch die Kultusminister, längst wußten, daß sie »falsch« war.

»Falsch« ist aber nicht nutzlos. Erreicht wurde eine tiefgreifende Aushebelung des Sprachgefühls und damit eines Fundaments des genauen und differenzierten Denkens. Früher schrieb man regelkonform, um möglichst präzise verstanden zu werden, und nicht, um einer Regel zu gehorchen; das gilt zumindest für diejenigen, auf die es für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Sprachkultur ankommt. Nach der Reform ist vieles so willkürlich und undurchschaubar, daß nur zwei Möglichkeiten bleiben: Man gehorcht dem Reformdiktat (beziehungsweise einer seiner Varianten), oder es ist einem wurscht. Beides nimmt dem kritischen Bürger etwas von seiner Mündigkeit, und das nützt den Herrschenden ebenso wie den Marktinteressen.

Unlängst war in einer Wochenzeitung zu lesen, die deutsche Politik sei im Denken viel zu brav und konventionell, und wo sie »wild zu wachsen« drohe, werde sie »von politisch korrekten Gartenzwergen ziemlich schnell wieder zu Recht gestutzt«. Gemeint war selbstverständlich nicht, daß sie gestutzt wird und das mit Recht. Daß »zurechtgestutzt« trotz Reform noch immer die übliche Schreibung ist, wußte der Autor vermutlich nicht, aber er kannte die neue Faustregel, daß im Zweifelsfall getrenntgeschrieben werden muß, und folgte dem Prinzip: lieber dreimal zu oft gehorcht als einmal zu wenig. Das war in einem Blatt, das sich der linken Opposition zurechnet, und Thema war die mangelnde Bereitschaft der Deutschen zum Widerstand, ihr Schafsgehorsam.

Erschienen in Ossietzky 17/2009

Ossietzky 17/2009

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Norbert Lindenthal
29.08.2004 19.41
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Ossietzky

29.8.2004

Leipziger Ratten-Demo

Otto Köhler



Aber nicht jeder Vergleich zwischen kommunistischer Diktatur und freiheitlichdemokratischer Ordnung ist unzulässig, und nicht jede Reform sichert Wohlstand und Zukunft. Das lehrt der bekannte Büchnerpreisträger Kunze. Er brach in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in die herzzerreißende Klage aus: »Armes Deutschland«. Gemeint ist nicht Hartz IV, das uns mehr Armut beschert Er habe schon einmal gegen eine Mauer gekämpft, sagt der leidenschaftliche Antikommunist Kunze, die sei gefallen. Nun kämpft Kunze wieder – gegen die Rechtschreibreform: »Seit acht Jahren kämpfe ich wieder gegen eine Mauer, die diesmal nicht durch mein Land, sondern durch meine Sprache verläuft.«

Wir dürfen mit ihm hoffen, daß eines Tages auch diese Mauer fällt und die Todesschüsse an der Sprachmauer vor Gericht gesühnt werden. Und wir lernen begierig, daß wir – das ist keine Beleidigung – die Mauer immer eine Mauer nennen dürfen, egal, ob an ihr Menschen oder Dichterherzen verbluten. Nur eines dürfen wir nicht: eine Montagsdemo Montagsdemo nennen, wenn heute in Leipzig und anderswo Menschen gegen die Regierung demonstrieren.

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