IDS – aktuelle Geisteszustandsmeldung
Nachrichten: Reutlingen
Weil out sein in sein kann
Kurzweiliger Abend über richtiges Schreiben und provozierendes Sprechen
Die Rechtschreibreform erregt die Gemüter. Der Linguist Ludwig Eichinger ist gegen mehr Normierung und für gelassene Beobachtung. Beim 79. Zeitgespräch am Donnerstag im Spitalhof erläuterte er kurzweilig, wie alles kam. Und wie wird‘s? Schlechter nicht, aber anders.
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Ludwig Maximilian Eichinger, der entspannte Sprachbeobachter. Bild: Haas
Reutlingen. Ein Spaziergang durch die Sprache sollte es werden, sagte Ulla Heinemann zur Einleitung. Die Rektorin der Tübinger Albert-Schweitzer-Realschule befragte zusammen mit dem Pädagogik-Professor Norbert Vogel den Gast der katholischen Erwachsenenbildung.
„Die Leute meinen ja, sie hätten früher alles richtig geschrieben.“ Nach der halben Zurücknahme der Rechtschreibreform ist die Verunsicherung groß, weil Varianten zugelassen sind. Auch wenn eine IT-Firma in Seattle verlange, eine bevorzugte Variante zu definieren, beschränke man sich hauptsächlich darauf, die Sprachentwicklung zu dokumentieren.
Der Bayer Ludwig M. (für Maximilian) Eichinger ist erst seit 2002 Direktor des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim. …
Schwäbisches Tagblatt 27.6.09
Ergänzt sei hier eine noch aufschlußreichere Darstellung aus dem Reutlinger General-Anzeiger:
Sprache Das Dialekt sprechende Kind vom Lande als Direktor des Instituts für deutsche Sprache in Mannheim. Ludwig Eichinger Gast der »Zeitgespräche«
»Ganz schlecht ist schlecht«
VON HOLGER DAHLHELM
REUTLINGEN. »Wir sind ja auch zuständig für die Rechtschreibreform. Ich gestehe es.« Das Geständnis kommt ihm leicht über die Lippen, und Ludwig Eichinger schmunzelt dabei. Doch der Direktor des Instituts für deutsche Sprache (Mannheim) verteidigt die neuen Regeln trotzdem vehement: Was Duden und andere dem Volk vor hundert Jahren verordnet hätten, das sei einfach nicht mehr tragbar gewesen. [Unglaubliche Narretei!] Ist das heute gültige Regelwerk tragbar?
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Ist die Sprache noch zu retten? Ludwig Eichinger, Ulla Heinemann.
GEA-FOTO: HD
Na ja: Es ist erträglich, erfuhren die fünfzig Zuhörer des jüngsten »Zeitgespräches«, zu dem Katholische Erwachsenen-Bildung und Stadt den Sprach- und Dialektforscher in den Spitalhof eingeladen hatten, wo ihn Ulla Heinemann (Realschulrektorin) und Nobert Vogel (Professor der Erziehungswissenschaften, beide Tübingen) nach allen Regeln der Fragekunst verhörten: Ist Deutsch noch zu retten? Oder bringen Denglisch, Jugendslang, SMS & Co. die Sprache vollends um?
Die Antwort des Niederbayern, der sich als »Dialekt sprechendes Kind vom Lande« unter Jugendlichen aus anderen Regionen einst fühlte »wie ein Tier im Zoo«: Keine Bange, die Sprache wird überleben, auch wenn sie sich verändert. Aber zur internationalen Verständigung ist Englisch unumgänglich, und »dagegen sollte man vernünftigerweise nicht kämpfen«. Und die englischen Brocken, von Meeting bis »Coffee to go«? »Was es gibt, das braucht es«, bleibt Eichinger gelassen, findet allerdings die Ausdrucksweise (vor allem der Werbeleute) »manchmal schrecklich albern«.
Tut mir Leid? Tut ihm leid, »das war ein echter Fehler« bei der Rechtschreibreform. Aber Gämse oder Gemse, Stängel oder Stengel? Für Ludwig Eichinger ist, was viele auch Reutlinger nervt, offenbar gar nicht so wichtig: »Bären oder Beeren, die meisten hören den Unterschied doch gar nicht«, aber die Deutschen müssten sich eben auf die eine oder andere Schreibweise einigen.
Und die muss halt lernen, wer Deutsch schreiben will. Ein paar Fehler lasse man ja jedem durchgehen, aber »ganz schlechte Rechtschreibung ist auch schlecht«. (GEA)
Reutlinger General-Anzeiger 27.6.09
Eichinger ist im Norden nicht unbekannt. In der heißen Zeit des Volksentscheids war er an der Kieler Uni tätig, ohne besonders aufzufallen. Er wird dort als inkonsequent und anpassungsbereit beschrieben, also wohl als der richtige Mann, die „Reform“ am IDS zu fördern.
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