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Norbert Lindenthal
16.12.2008 09.07
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Verunsicherung der Bürger durch die Rechtschreibreform

Studentenpresse.com 9.12.2008

Specials: Schutz der deutschen Sprache per Gesetz?
CDU fordert Verankerung der deutschen Sprache im Grundgesetz

[09.12.2008, red] Kürzlich auf dem CDU-Bundesparteitag in Stuttgart: Eine Mehrheit der Partei spricht sich, gegen den Willen der Parteispitze, für eine Verankerung der deutschen Sprache im Grundgesetz aus. Allen voran Saarlands Ministerpräsident Peter Müller: Die Partei müsse ein klares Bekenntnis darlegen, „was den Staat ausmacht“. Dazu gehöre neben der Flagge eben auch die deutsche Sprache. Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert sieht die Sprache als wichtigsten Faktor für Kultur und Selbst-verständnis Deutschlands. Sogar „noch wichtiger als die Festlegung auf Berlin als Hauptstadt und auf Schwarz-Rot-Gold als Landesfarben.“ Beides ist bereits durch das Grundgesetz geregelt.

Der Vorstoß der CDU ist jedoch umstritten. Befürchtungen werden laut, anderssprachige Bevölkerungsgruppen könnten durch solch eine Ergänzung des Artikels 22 ausgegrenzt oder gar diskriminiert werden. Der Zentralrat der Muslime kritisiert das Vorhaben der CDU scharf. Es sei selbstverständlich, dass Deutsch die Amtssprache und somit Grundlage für Integration ist. Die aktuelle Diskussion sei schlicht und ergreifend „lächerlich und kleinlich“! Zudem fürchtet man eine Rückkehr der Debatte über die „deutsche Leitkultur“. Dazu Dr. Ayyub Axel Köhler, Vorsitzender des Zentralrats: „Diese Diskussion hat undendlich viel Schaden angerichtet und schien längst überwunden. Jedes Signal in Richtung Leitkultur ist ein Hindernis für Integration.“ Auch Grünen Parteichef Cem Özdemir hält nicht viel von der aktuellen Diskussion um die deutsche Sprache. Man könne das Grundgesetz nicht mit einer „Lose-Blatt-Sammlung“ vergleichen, „wo man einfach alles reinschreiben kann, was einem so in den Sinn kommt.“ Özdemir sieht keinen praktischen Nutzen in der Grundgesetzänderung. Dadurch lerne sicherlich keiner besser Deutsch. In der Tat würde es mehr Sinn machen, sich Gedanken über die praktischen Möglichkeiten der Wahrung der deutschen Sprache und sprachlichen Integration zu machen. Dem stimmt Ludwig M. Eichinger, Direktor des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim zu. Dem Nachrichtenportal morgenweb sagte dieser: „Es hätte...keine praktischen Folgen, sondern würde nur etwas festschreiben, das unstrittig ist.“

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Maria Böhmer jedoch sieht die Sprache als Grundlage für den Zusammenhalt in einer Gesellschaft. Dies sei auch für die Integration relevant: „Deutsch ist das Band, das uns verbindet.“ Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hält die Vorwürfe für unangemessen und die Grundgesetzerweiterung als „nicht ausländer- oder integrationsfeindlich“. Tatsächlich verankern 17 von 27 EU-Staaten, sowie die Türkei ihre Landessprache in der Verfassung. Dies heißt aber nicht, dass der Nutzen dadurch begründet wäre. Im Gegenteil, man könnte eine Interpretation nahe legen, die jeweilige Sprache bedürfe eines Schutzes, damit diese geltend bleibe. Eben dies kritisiert CSU-Generalsekretär Karl Theodor zu Guttenberg und spricht von einem „Armutszeugnis für die Gesellschaft“, wenn sie es tatsächlich „nötig hätte“, die deutsche Sprache im Grundgesetz zu verankern.

Da scheint ja Aussage gegen Aussage zu stehen. Grund genug für uns, einmal genauer hinzuschauen, wie es denn eigentlich um die deutsche Sprache steht. Das Institut für Demoskopie Allensbach führte dazu, im Auftrag der Gesellschaft für Deutsche Sprache (GfdS), im Juni 2008 eine umfassende Studie durch. Zentrale Fragestellung war, wie die Deutschen über ihre Muttersprache denken. Und tatsächlich hat eine große Mehrheit der Bundesbürger (65%) das Gefühl, die deutsche Sprache verkomme immer mehr. Dabei teilen diese Einschätzung vor allem Ältere, bei Jüngeren sieht dies jeder Zweite so. Vielfältige Ursachen werden hierfür gesehen. Es werde weniger gelesen und zu viel ferngesehen und der Einfluss anderer Sprachen auf die deutsche Sprache nehme deutlich zu. Zudem werde immer weniger Wert auf eine gute Ausdrucksweise gelegt. Dies gelte für das Elternhaus, die Schule und Medien, wie Fernsehen, Zeitungen, Internet. Dies werde insbesondere auch durch die Kommunikation per SMS und E-Mail gefördert. Hinzu kommen immer mehr unverständliche Abkürzungen. 42% der Befragten urteilen, dass sich viele Bundesbürger heute schlechter ausdrücken können als noch vor 20 oder 30 Jahren. Allerdings waren auch positive Ergebnisse zu verzeichnen. Jeder Dritte Befragte merkte an, dass der Wortschatz der Menschen heute größer ist und dass insbesondere durch die Arbeit am Computer mehr gelesen und geschrieben wird als früher. 18%, vor allem Jüngere, haben sogar den Eindruck, dass die deutsche Sprache vielseitiger und lebendiger geworden ist.

Interessant ist, dass sich die Rechtschreibkenntnisse der Bevölkerung in den letzten 20 Jahren, trotz höherer Bildungsabschlüsse, zwar nicht verschlechtert, jedoch auch nicht verbessert haben. Die Verwirrung und Verunsicherung der Bürger durch die Rechtschreibreform hat sicherlich ihren Beitrag hierzu geleistet. An die zunehmende Verwendung englischer Ausdrücke wie zum Beispiel „Event“, „Meeting“, „E-Mail“ oder „Kids“ haben sich viele Deutsche gewöhnt. Jedoch stören sich immer noch 39%, vor allem Ältere ohne Englischkenntnisse, daran. 53% der Befragten fordern eine stärkere Verwendung der deutschen Sprache in der EU angesichts des großen deutschsprachigen Bevölkerungsanteils gegenüber dem englisch- und französischsprachigen Anteil.

Führende Unions-Politiker fordern in diesem Zusammenhang eine sparsame Verwendung von Anglizismen. CSU-Vorstandsmitglied Christian Schmidt machte den Vorschlag einer Selbstverpflichtung von Politik und Wirtschaft, weniger englische Redewendungen zu benutzen. In der Tat sind mittlerweile viele Bereiche, wie Wissenschaft, Ökonomie, Politik und auch der Alltag von englischen und amerikanischen Begriffen geprägt. Ein BWL-Student beispielsweise, kommt ohne Anglizismen wohl kaum mehr aus. Da kursieren Begriffe wie Public Relations, Event, Controlling, Point of Sale, Break-Even Point, man könnte die Liste beliebig fortführen. Und die Verwendung dieser wird mit einer Selbstverständlichkeit gefordert, als gebe es kein deutsches Pendant. Dabei könnte man sehr wohl auch Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations), Veranstaltung (Event), oder Steuerung (Controlling) sagen. Läuft man nur durch die Einkaufsmeilen, so könnte man meinen, man befände sich so gar nicht mehr in Deutschland. Sale, X-Mas, The Body Shop, Rent a Car, Factory Outlet, Payback, Mc Donald`s, Service Points und Coffe to go wohin das Auge reicht. Werbesprüche wie „Powerde by emotion“ (Sat.1), „Fly high, pay low“ (Germanwings), oder „sense and simplicity“ (Philips) sollen die Konsumenten ansprechen. Dabei zeigt eine Studie der Kölner Endmark AG, dass englische Werbebotschaften oft gar nicht verstanden werden. 85% der Befragten scheiterten schon an der Übersetzung des Werbespruchs von Siemens mobile „Be inspired“ und sogar 92% an „One Group. Multi Utilities (RWE). Nur annähernd korrekt übersetzten die Hälfte der Befragten zum Beispiel „There`s no better way to fly“ (Lufthansa). Erschreckend fiel das Ergebnis bei den Sprüchen „Drive alive“ (Mitsubishi), „Come in and finde out“ (Douglas) und „Powered by emotion“ aus. So übersetzten die Befragten diese mit: „Fahre lebend“, „Komm rein und finde wieder raus“ und „Kraft durch Freude“. Das dürfte nun wirklich nicht im Sinne der Initiatoren gewesen sein. Deshalb werben jetz viele Unternehmen mit deutschen Werbebotschaften: „Ich liebe es“ (McDonald`s), „Sat.1 zeigts allen“ (Sat.1), „Douglas macht das Leben schöner“ (Douglas), „Preise gut, alles gut“ (C&A), „Wohnst du noch oder lebst du schon?“ (IKEA), „Geiz ist Geil“ (Saturn).

Erschreckend! Da kommt der Selbstverpflichtungsvorschlag der Union gerade recht! Wenns denn so einfach wäre! Leider ist es kaum vorstellbar, dass sich Politiker und die „CEOs“ (Chief Executive Officers) der Wirtschaft daran halten werden. 2004 glänzte die damalige Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn mit ihrem Wettbewerb für Elite-Universitäten, den sie „Brain up!“ nannte. Dafür wurde sie dann für den „Sprachpanscher“-Preis des Vereins Deutsche Sprache nominiert. Funktioniert ja prima!

Nun gut, zurück zum Thema! Es wird deutlich, dass die aktuelle Debatte um die deutsche Sprache, wie schon Fontanes Herr von Briest immer zu sagen pflegte, „ein weites Feld“ ist. Die große Frage die jedoch offen bleibt ist: Würde die Aufnahme eines entsprechenden Passus zum Schutz der deutschen Sprache ins Grundgesetz wirklich etwas bewirken? Sollte man nicht eher an praktischen Vorhaben, insbesondere im Bildungs- und Schulbereich arbeiten und bezüglich der Integrationsbemühungen auf gute Sprachförderung und verpflichtenden Sprachunterricht setzen?! Fakt ist, wer wirklich etwas für die Wahrung unserer Sprache und die Integration ausländischer Bürger tun möchte sollte sich nicht mit der Fortschreibung bürokratischer Akten beschäftigen, sondern sich um die Attraktivität der Sprache bemühen. Denn eine „administrative“ Integration von Amts wegen dürfte wohl kläglich scheitern.

Abschließend noch ein herausragendes Zitat von Modeschöpferin Jil Sander, das wir euch nicht vorenthalten möchten: „Mein Leben ist eine giving-story. Ich habe verstanden, dass man contemporary sein muss, ... .Und für den Erfolg war mein coordinated concept entscheidend. ... Aber die audience hat das alles von Anfang an auch supported. Der problembewußte Mensch von heute kann diese Sachen, diese refined Qualitäten mit spirit eben auch appreciaten. ... Wer Ladyisches will, searcht nicht bei Jil Sander. Man muss Sinn haben für das effortless, das magic meines Stils.“ In diesem Sinne: Rettet die deutsche Sprache!

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