Staat ohne Verantwortung
Nicht nur in der Rechtschreibfrage versagt unser Staat und versündigt sich. Ein erschütterndes Beispiel unseres staatlich-öffentlichen Tiefstandes:
Vorgeschichte: Als ich ein Student war, Mitte der 70er Jahre, hat das Forum Humanum (Gruppe um den Lebensschützer Walther Soyka) heftig beanstandet:
Die niedersächischen Salzbergwerke Asse 1 und Asse 3 (zwischen Hannover und Harz) seien abgesoffen, Asse 2 hingegen werde als Atom-Endlager ausgebaut, wofür es wegen drohender Wassereinbrüche völlig ungeeignet sei. Die Landes- und Bundesbehörden haben diesen Einwand zur Seite gewischt und haben 130.000 Fässer schwach- und mittelaktiven Atommüll „versuchsweise“ dort eingelagert.
Nun bringt es der Spiegel-Bericht: Atommüllager Asse II: Strahlende Fracht, düstere Zukunft an den Tag: Unter Tage ist die Lage nicht zu halten, der Berg wird einstürzen.
Die zuständige Fachkraft für das Atommüllager ist Frau Annette Parlitz. Sie sieht nicht fröhlich aus. Man könnte sie sich gut bei einer segensreichen Arbeit als Kindergärtnerin oder/und Mutter vorstellen. Hier aber steht sie in einer Aufgabe, von der sie völlig überfordert ist.
Eingangs wird in ihrem Beitrag geschildert, daß
– seit 20 Jahren Wasser in das Bergwerk eindringt (was zuvor als ausgeschlossen behauptet worden war),
– daß dies Wasser mit Caesium 137 höher als die „zulässigen“ Grenzwerte belastet sei,
– daß der gesamte Berg sich bewege, erkennbar an Rissen in den Wänden,
– daß die Stollen und Höhlen in wenigen Jahrfünften einstürzen werden.
Frau Parlitz: „Jeder Tag, der uns der Schließung näherbringt, ist für uns ein wichtiger Tag“, und sie lügt: „Wir arbeiten wirklich an der Schaffung von Sicherheit hier unten. Und wir sehen nicht einen Sinn darin, jetzt eine Zeitverzögerung herzustellen, weil wirklich die Stabilität nicht unendlich ist.“
„Schließung“ bedeutet für Frau Parlitz: Sie braucht dann nicht mehr mit Schutzhelm und Dosimeter in die unheimliche Tiefe. „Schließung“ bedeutet auch, daß die 130.000 Eisenfässer in Magnesiumchlorid-Salzlösung ersäuft werden, sehr bald durchrosten und ihr Tschernobyl-Gift dann eine kommende Ewigkeit lang über Niedersachsen und die Nordsee verteilen.
F.A.Z., das charakterschwache Umfallerblatt, macht heute dummflache Atomreklame: „Deutschland entdeckt die Atomkraft“ – polemisch, unausgewogen und ohne Betrachtung der jetzigen Kosten und der unendlich hohen Folgekosten.
Der damals verantwortliche Ministerpräsident Ernst Albrecht lebt noch. Ich halte es für richtig, daß er für sein vorsätzliches Versagen zur Rechenschaft gezogen wird und daß er wegen Vorsatz mit seinem gesamten Vermögen haftet. Der Sozialhilfesatz muß ausreichen für ihn. Wenn sich diese Haftung herumspricht, werden die Beamten vorsichtiger.
Mit den Kultusministern, Innenministern und Deutschlehrern ist in gleicher Weise zu verfahren, und dann kehrt wieder ein sorgsamerer Umgang mit der Macht ein. Als zusätzliche Maßnahme sollen alle Beamten an ihren Amtseid erinnert werden.
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Detlef Lindenthal
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