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faz.net Frankfurter Allgemeine Zeitung
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Sigmar Salzburg
02.12.2010 18.20
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FAZ.NET-Frühkritik: „Maischberger“

Sag mir dein Deutschsein
… Thilo Sarrazin fandet derweil nach Urahnen. [inzw. korrigiert]
Von Edo Reents
… Trotzig blieb Sarrazin die Antwort schuldig und verwies, als wiederholt Zweifel an seiner, pardon: Reinrassigkeit geäußert wurden, auf einen seiner „Urahnen“: einen Kunstmaler, der im Jahre 1530 von Lyon nach Genf gegangen sei. Im übrigen, sagte er, gebe es ein gewisses „Kontinuum im Deutschsein“ und murmelte die Jahreszahl 1100. Da rief Al-Wazir: „Aber Herr Sarrazin, da waren Ihre Vorfahren ja noch gar nicht in Deutschland!“

faz.net 1.12.2010

Eine wirkungsvolle Verbalattacke – aber ebenso dumm wie falsch: Integrieren sich die Vorfahren 200 Jahre lang genetisch im Lande, dann ist von den ursprünglichen Franzosen-Genen nur noch 1/64 übrig, d.h. 98,4 Prozent der Vorfahren können Deutsche sein. Im übrigen haben sich die Europäer genetisch seit jeher einander stark angeglichen.

Th. Ickler erwähnt bei FDS einen Großonkel Otto Sarrazin, zeitweise Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins (mit Seitenhieb auf den VDS). Nachfolger war übrigens die GfdS, die unanständig mit dem deutschen Regierungsapparat verquickt ist, und deren Vorsitzender Hoberg die Durchsetzung der Rechtschreibreform penetrant befördert hat.

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Sigmar Salzburg
26.08.2010 06.33
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Anmerkung zum Schulschrift-Artikel der FAZ

(Ich hatte nicht die Zeit, ihn zu kürzen)

Schriften sind ästhetische Fenster zu den großen Kulturen. Deutsche Fraktur- und Kurrentschriften, Devanagari, arabische Ruq’a und chinesische Zeichen habe ich gerne geübt und geschrieben. Als ich krank war, habe ich sogar ein ganzes chinesisches Wörterbuch abgeschrieben. Mit der deutschen Norm-Schulschrift stand ich aber immer auf Kriegsfuß. Heute weiß ich, was sie so mühsam macht: die vielen künstlichen Rundungen, die mühsam nachgezirkelt werden müssen. Das alte Sütterlin hatte diese Zwangsrundungen noch nicht.

Aus meinen Begegnungen mit englischen Freunden alter Musik lernte ich jedoch, daß auch in einer abgewandelten Lateinhandschrift ästhetisches Schreiben möglich ist. Manche schufen in gewöhnlichen Briefen geradezu kalligraphische Kunstwerke, die von ihren Empfängern sorgsam aufbewahrt wurden. Auch bei Designern und Architekten sah ich, daß es jenseits der DIN-Normschrift in gezeichneten und beschrifteten Plänen künstlerische Individualität gab. Vieles davon ist mit der elektronischen Datenverarbeitung nicht mehr gefragt.

Dennoch halte ich es für einen Irrwitz, das handschriftliche Schreiben in den Schulen abschaffen zu wollen. Ohne „Notebook“ wären die Schüler bessere Behinderte. Außerdem ist das Schönschreiben eine unvergleichliche feinmotorische und ästhetische Schulung, die vergleichbar dem Erlernen eines Musikinstrumentes ist.

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Sigmar Salzburg
24.08.2010 19.34
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Experimentierfeld Schulschrift

Aktuell > Wissen > Mensch & Gene

Buchstaben mit Zukunft

Schreibschrift, ade?

Tastaturen haben das Schreiben von Hand in Nischen verdrängt. Welche Schrift sollen Grundschüler in Zukunft lernen? Während darüber noch gestritten wird, fordern Wissenschaftler und Pädagogen das Ende des Schönschreibens.

Von Georg Rüschemeyer

24. August 2010

„Tres digiti scribunt et totum corpus laborat“ – „Drei Finger schreiben, aber der ganze Körper arbeitet“, klagten schon die zum Kopieren von Büchern abgestellten Mönche des Mittelalters über ihren kräftezehrenden Beruf, der die Augen trübe, die Lenden breche, den Nacken krumm werden und überhaupt alle Glieder leiden lasse.
Der Spruch passt auch auf so manchen modernen Abc-Schützen, der sein Heft unter höchster Konzentration mit schnörkeligen Buchstaben füllt. Auch wenn dabei nicht gleich der Nacken krumm wird: Vor allem das Einüben der sogenannten Lateinischen Ausgangsschrift (LA) ist für viele Kinder eine feinmotorische Herausforderung. Seit dem Jahr 1953 wurde diese Schrift in den meisten deutschen Volksschulen unterrichtet und löste die seit den zwanziger Jahren gebräuchliche Sütterlinschrift schnell ab.
Anfang der siebziger Jahre entwickelte dann der Göttinger Grundschullehrer Heinrich Grünewald eine Variante dieser Schrift, die Vereinfachte Ausgangsschrift (VA). Vor allem eine starke Annäherung der Großbuchstaben an die Druckschrift, der einheitliche Beginn der Kleinbuchstaben an der Mittellinie, sowie eine geringere Zahl abrupter Wechsel der Schreibrichtung sollen den Kindern das Schreibenlernen erleichtern. Zudem soll die stärkere Gliederung der Buchstaben dem Kind helfen, Wörter analytisch in ihre Einzelteile zu zerlegen und so ihre Schreibweise besser zu verstehen.

Eine flüssige und leserliche Erwachsenenschrift

Grünewald ging für seine Schrift von der Analyse von Erwachsenenhandschriften aus, die zumeist ebenfalls mit Druck-Großbuchstaben schreiben. Das Entwickeln einer individuellen Handschrift ist im Konzept jeder „Ausgangsschrift“ durchaus gewollt und unterscheidet sie von Normschriften wie dem Sütterlin, das im Idealfall ein Leben lang in immer gleichen Formen geschrieben werden sollte.
Grünewalds VA breitete sich in den Achtzigern an westdeutschen Schulen aus und hat heute die barocke LA an vielen Schulen verdrängt. Mit der Wiedervereinigung ging schließlich noch die 1968 in der DDR eingeführte Schulausgangsschrift (SAS) ins Rennen. 1994 forderte die Kultusministerkonferenz lediglich eine verbundene Schrift (im Gegensatz zur aus einzelnen Lettern bestehenden Druckschrift), überließ die Wahl einer der drei Ausgangsschriften aber den Ländern, von denen viele ihren Schulen wiederum mehr oder minder viel Wahlfreiheit gewähren. Damit war die heutige Schriftenverwirrung perfekt, die Schülern vor allem nach einem Schulwechsel erheblich zu schaffen machen kann.
Welche der drei Schriften am leichtesten zu erlernen ist und später zur flüssigsten und leserlichsten Erwachsenenschrift wird, ist dabei vor allem eine Glaubensfrage. „Es gibt dazu in Deutschland einen erstaunlichen Mangel an Empirie“, sagt Sigrun Richter, Professorin für Grundschulpädagogik an der Universität Regensburg. Einer der wenigen Versuche, die Vorteile einer Schrift in Sachen Leserlichkeit, Schreibgeschwindigkeit und Rechtschreibung mit wissenschaftlicher Genauigkeit zu vergleichen, stammt von Heinrich Grünewald selbst. Im Rahmen eines Schulversuchs verglich er Anfang der siebziger Jahre sechs Klassen, die in der LA unterrichtet wurden, mit ebenso vielen Klassen, die seine VA erlernten. Grünewald schloss, dass seine VA sowohl Leserlichkeit, Schreibtempo und Rechtschreibung begünstige. Damit war die VA auch wissenschaftlich abgesegnet, wenn es auch schon damals nicht unbedingt guter Stil war, dass der Entwickler sein Produkt selbst evaluiert.
1996 nahm der Oldenburger Erziehungswissenschaftler Wilhelm Topsch die Studie denn auch gehörig auseinander: Sie sei voller Fehler, widersprüchlicher Daten und unbewiesener Behauptungen. Ein Beispiel: 56 Prozent der Schüler in der VA-Gruppe waren Mädchen, in der LA-Gruppe waren es jedoch nur 44 Prozent. Da Mädchen generell bessere Schreibleistungen zeigen, verfälsche allein dies die Ergebnisse erheblich zugunsten der VA, so Topsch, der die Nachlässigkeiten seines Kollegen für „skandalös“ hält.

„Schluss mit dem Schriften-Wirrwarr!“

In einer weiteren Studie, welche die Leistungen von in VA und LA unterrichteten Kindern verglich, konnte seine Regensburger Kollegin Sigrun Richter 1997 denn auch keinen Vorteil der vereinfachten Version ausmachen. „Im Gegenteil, die Leistungen der Kinder in der LA-Gruppe waren sogar etwas besser“, sagt Richter. Das hänge sie aber nur ungern an die große Glocke, weil sie sich nicht vor den Karren jener Eltern und Lehrer spannen lassen wolle, welche die Schnörkel der LA wieder zum Standard erheben wollten. „Die Frage ist doch vielmehr: Brauchen wir heute überhaupt noch eine verbundene Ausgangsschrift?“
Damit gehört sie zur wachsenden Zahl von Pädagogen, die den Streit um die richtige Schönschrift beenden wollen, indem sie sie komplett abschaffen. Unter dem Motto „Schluss mit dem Schriften-Wirrwarr!“ hat im Mai der deutsche Grundschulverband eine Initiative zur Abschaffung der drei gebräuchlichen Ausgangsschriften gestartet. Die Alternative ist simpel: Man solle es einfach bei der handgeschriebenen Druckschrift belassen, in der heute Erstklässler im ganzen Land ohnehin Lesen und Schreiben lernen, bevor sie dann in der zweiten Jahrgangsstufe zu den geschwungeneren Ausgangsschriften angehalten werden. Als didaktischen Kunstfehler bezeichnet der Verband diesen Sprung „zurück auf null“ des Schrifterwerbs. „Neben dem Frust für Kinder kostet das auch sehr viel Unterrichtszeit, die dann all den anderen Bildungsaufgaben der Grundschule abgeht“, sagt Maresi Lassek, Vorsitzende des Verbandes.
Der Grundschulverband propagiert nun die sogenannte Grundschrift, handgeschriebene Druckbuchstaben, die zum Teil für den besseren Anschluss mit einem kleinen Wendebogen enden. Diese Grundschrift soll aber nicht wie gestochen kopiert werden, sondern lediglich als Vorlage zum Entwickeln einer eigenen Handschrift dienen, die, wie es die Lehrpläne fordern, auch durchaus verbunden sein soll. Nur dürfen die Kinder unter Anleitung ihrer Lehrerinnen verstärkt selbst ausprobieren, wo beispielsweise eine Buchstabenverbindung sinnvoll ist und wo man stattdessen eher einen „Luftsprung“ einlegt.

Neuere Daten kommen aus der Schweiz

Vom drohenden Verlust deutschen Kulturguts könne angesichts der kurzen Geschichte der heutigen Ausgangsschriften keine Rede sein, meint Lasseks Stellvertreter Ulrich Hecker, Leiter der Regenbogen-Grundschule in Moers. „Die sind einfach nur anachronistischer Ballast für den Unterricht.“ Die Befürworter der drei gängigen Schriften führen neben ästhetischen Argumenten die kindliche Feinmotorik an, die zu verkümmern drohe und fürchten einen unterbrochenen Schreibfluss.
Die wenigen empirischen Vergleichsdaten, die es gibt, widersprechen dem aber. So machte die Münchener Erziehungswissenschaftlerin Christina Mahrhofer-Bernt in einer 2002 beendeten Vergleichsstudie gute Erfahrungen mit einer eigens entwickelten, der Grundschrift recht nahe kommenden Schrift und dem dazugehörigen Unterrichtskonzept, das diese Schrift nur als unverbindliche Empfehlung ansah.
Neuere Daten kommen aus der Schweiz, wo im Kanton Luzern seit 2006 neben der althergebrachten, der LA stark ähnelnden Schweizer Schulschrift, auch eine weitgehend den Druckbuchstaben angeglichene „Basisschrift“ zugelassen ist. Forscher der Pädagogischen Hochschule der Zentralschweiz in Luzern verglichen in einer im Juni veröffentlichten Studie die schreibmotorischen Leistungen von 93 Viertklässlern, die etwa je zur Hälfte in einer der beiden Schriften unterrichtet worden waren. „Dabei bestätigte sich, dass in der Basisschrift unterrichtete Kinder schneller und trotzdem leserlicher zu schreiben vermögen als mit der alten Schnürlischrift“, sagt Studienleiterin Sibylle Hurschler. Zudem war der sonst deutliche Unterschied zwischen Mädchen und Jungen in den Schreibleistungen bei der Basisschrift verschwunden.

Die letzten Domänen der Handschrift

„Die Schweizer Ergebnisse sind ein guter Beleg dafür, dass es einer ,Zwei-Schriften-Didaktik' nicht bedarf“, meint die Regensburger Professorin Richter. Ähnliche Studien seien auch zur Evaluierung der Grundschrift vonnöten, um der traditionell sehr von Behauptungen lebenden Pädagogik ein empirisches Fundament zu geben. Der Grundschulverband allerdings bewertet die bisherigen Erfahrungen an inzwischen rund 50 Grundschulen auch ohne streng wissenschaftliche Auswertung so positiv, dass man in der kürzlich gestarteten Kampagne nun bundesweit Lehrer zum Erproben der Grundschrift ermutigen will. Anfang kommenden Jahres sollen in einer Tagung auch die Grundschulreferenten der Länder für die Grundschrift begeistert werden. Denn noch empfehlen viele Lehrpläne explizit eine der drei Ausgangsschriften. Ulrich Hecker sieht das aber schon jetzt nicht als Hindernis: Nach dem in der Grundschrift wirkenden Prinzip „Ausprobieren statt vorschreiben“ gebe es ja kein Argument dafür, in der zweiten Klasse nicht auch mal eine der herkömmlichen Ausgangsschriften auf praktische Schreibweisen abzuklopfen und so zumindest den Buchstaben des Lehrplans zu befolgen.
Die große Frage, die sich im Zeitalter von E-Mails, SMS und Kleinkindern mit voller Kontrolle über die Menüstruktur des elterlichen Laptops stellt, ist allerdings: Wozu sollen die erwachsenen User von morgen überhaupt noch die Kulturtechnik der Schreibschrift beherrschen? Tastaturen haben das Schreiben von Hand im Alltag vieler Menschen auf Nischen wie Einkaufszettel oder Postkarten verdrängt, für Bewerbungen werden kaum noch handschriftliche Lebensläufe verlangt und selbst offizielle Anschreiben kann man neuerdings per E-Postbrief komplett papier- und stiftfrei versenden. Neben dem ohne Notar nur handschriftlich rechtsgültigen Testament bleiben eigentlich nur noch Prüfungen an Schule und Universität als eine der letzten Domänen der Handschrift – vorerst.

Eine unverzichtbare Grundlage

Trotzdem glaubt die Lernforscherin Sibylle Hurschler nicht, dass die Schreibschrift bald überflüssig werde. „Dafür sind Bleistift und Zettel in zu vielen Situationen einfach zu praktisch.“ Und Ulrich Hecker führt Studien an, nach denen erst die Verknüpfung des motorischen Programms mit den dazugehörigen Buchstaben im Gehirn ein tieferes Verständnis für den Aufbau von Buchstaben und Wörtern erzeugt.
Auch Sigrun Richter sieht in der Handschrift eine unverzichtbare Grundlage des Schreibenlernens. Doch das Schreiben am Computer müsse für einen zeitgemäßen Schreibunterricht viel mehr in die Lehrpläne integriert werden. „Wir haben das mal in einer Studie ausprobiert: Ab der dritten Klasse kommen die Kinder mit ganz normalen Tastaturen bestens klar.“

Text: F.A.S.

faz.net 24.8.2010

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Sigmar Salzburg
19.07.2010 19.06
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Radioverbote für die Initiative – Steuermittel für die Volksverdummung

Die neue Hambürgerlichkeit

Der Kampf gegen die Schulreform hat in Hamburg Eltern, ganz gleich welcher sozialen Schicht und welcher Parteizugehörigkeit, zu einer bürgerlichen Volksbewegung zusammengeschweißt. Das könnte reformbegeisterten Regierungen in anderen Bundesländern ein warnendes Beispiel sein.


Als das Resultat des Volksentscheids bekanntgegeben wurde, war von Beust aber schon zurückgetreten, Frau Goetsch blieb mit ihrer Enttäuschung allein. „Das Ergebnis ist bitter für alle, die ihre Hoffnungen in das längere gemeinsame Lernen gesetzt haben. Wir sind sehr enttäuscht, dass wir nicht genügend Menschen von der Primarschule überzeugen konnten“, sagte sie noch am Sonntagabend.

Das gilt umso mehr, als der Senat immerhin 200 000 Euro aus Steuermitteln für die Werbung ausgegeben hatte, um die gesamte Stadt mit Plakaten zu pflastern. Ein Radiospot der gegnerischen Volksinitiative „Wir wollen lernen“ wurde rechtzeitig verboten.

Zu Werbeveranstaltungen zwangsverpflichtet
Einer Lehrerin, die sich während der Streitphase bewarb, wurde einen Tag vor dem Vorstellungsgespräch beim Lehrerkollegium bedeutet, dass man mit Vorbehalten gegenüber der Reform „das neue Denken nicht hinkriegt“. Wer A15 bekomme, müsse schließlich wissen, dass er das Geld dafür erhalte, die vorgegebenen Beschlüsse auszuführen. Die Schulen waren zu Werbeveranstaltungen zwangsverpflichtet worden.

Der Kampf gegen die Schulreform hat die Eltern schulpflichtiger Kinder, ganz gleich welcher sozialen Schicht und welcher Parteizugehörigkeit, zusammengeschweißt. Es ist eine bürgerliche Volksbewegung entstanden wie es sie schon lange nicht mehr gegeben hat. …

faz.net 19.7.2010

Volksbewegung – das erinnert an den Volksentscheid gegen die Rechtschreibreform in Schleswig-Holstein. Verbot von Werbespots der Bürgerinitiative – das hatten wir ein halbes Jahr später in Berlin. Daß die Bürger ihre Verdummung selber bezahlen müssen, ist weithin üblich in dieser Demokratie.

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Sigmar Salzburg
01.06.2010 15.01
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Jörg Tauss

Gut drauf
Unschlagbar in seiner guten Laune ...

Von Lorenz Jäger

Unheimlicher als ein Mensch, der ständig verbiestert dreinschaut, ist doch einer, der seine gute Laune so zwanghaft, unausgesetzt und unerschütterlich, ja unerbittlich verbreitet, dass man daran zweifelt, ob er die Wirklichkeit überhaupt noch erfasst …

Tauss’ gute Laune blieb dennoch unschlagbar, auch wenn es um ernstere Dinge ging. Er war zeitweise der Abgeordnete mit den meisten Zwischenrufen. In der Bundestagsdebatte zur Rechtschreibreform erklärte der frühere DDR-Bürgerrechtler Günter Nooke von der CDU: „Die Kultusminister haben sich in politischer Regelungswut am Heiligsten einer Kulturnation vergriffen: der Sprache.“ Zwischenruf Tauss: „Ach, du lieber Gott!“. Auch jetzt lacht unser Mann wieder herzlich. …

Sein Blog heißt „tauss-gezwitscher“. Unter den Schlagwörtern, die dort aufgelistet werden, findet man beim Buchstaben „K“ Korruption, Kryptographie und Kryptoregulierung, aber nicht: Kinderpornographie. Nun, da das Urteil gesprochen, aber noch nicht rechtskräftig ist – Freiheitsstrafe auf Bewährung –, zwitschert er munter weiter: „Wegen vieler Nachfragen, vor allem zum ,sexuellen Interesse‘, habe ich zum Urteil gezwitschert.“ Spaß muss sein. Man vermisst nur das „lol“ am Ende seiner Einlassungen.

FAZ.net 30.5.2010

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Sigmar Salzburg
30.05.2010 09.09
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Viel Gedröhne, dünnes Ergebnis

Bewertung
Strengere Regeln lassen weniger Spielraum

Der Gesetzgeber hat das Bewertungsrecht nach mehr als 20 Jahren neu sortiert. Im Alltagsgeschäft von Immobilienbewertern sollte sich jedoch nicht viel ändern.
… Praktiker wie der Berliner Sachverständige Eberhard Stoer sehen in dem nun vorliegenden Regelwerk vor allem eine notwendige Präzisierung und Anpassung an den zeitgemäßen Sprachgebrauch. Er fühlte sich während des Gesetzgebungsverfahrens etwas an die Rechtschreibreform erinnert: „Viel Gedröhne, und das Ergebnis ist dünn.

faz.net 28.05.2010

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Sigmar Salzburg
04.05.2010 10.34
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Nutzlose „Rechtschreibreform“

Bildungsarmut

Wie lang ist der Hals einer Giraffe?

Bildungsarme Kinder können im dritten Schuljahr oft kaum lesen und rechnen, später finden sie darum keine Lehrstelle und rutschen übergangslos in die „Maßnahmen“ des Arbeitsamtes. Noch mehr Geld oder sogenannte Bildungslotsen werden an diesem Zustand nichts ändern.


Von Regina Mönch

03. Mai 2010
In einer Grundschule im Norden von Berlin-Neukölln kämpft ein engagiertes Lehrerkollegium gegen die Sprachlosigkeit seiner jüngsten Schüler. Der ganze Unterricht hat ein Ziel: Die Kinder sollen auch jenseits ihrer heimeligen Parallelgesellschaft eine Chance haben, eine andere als die nächste Hartz-IV-Generation zu werden. Mehr als achtzig Prozent der Schüler kommen aus Migrantenfamilien, oft ist ein Elternteil aus der Türkei oder dem Libanon zur Verheiratung und Familiengründung nach Deutschland geholt worden. Aus den Belegen für kostenlose Lernmittel weiß Schulleiterin Astrid-Sabine Busse, dass allein für die Familien ihrer Schulkinder Monat um Monat vierhunderttausend Euro an Sozialhilfe gezahlt werden. …

Am Geld liegt es nicht
Die Durchschnittsleistungen waren bisher zufriedenstellend, aber es lohnt ein genauer Blick auf die Ergebnisse, und die sind zum Teil erschreckend. Denn zu den Befunden der drei Schwierigkeitsstufen ist noch ein vierter hinzugekommen: „Kein hinreichender Nachweis für grundlegende Fähigkeiten im Lesen“. Das traf beim vorigen Test auf neunzehn Prozent der Berliner Schüler in dritten Klassen zu, deren Muttersprache nicht die deutsche ist (neun Prozent waren es bei den anderen). 49 Prozent der Schüler verstanden gerade einmal die einfachsten Lesetexte. Die Rechenleistungen waren ähnlich desaströs. Wenn aber am Ende der Alphabetisierungsphase fast sechzig Prozent der Kinder aus Migrantenfamilien kaum oder so gut wie nicht lesen und rechnen können, muss man sich fragen, wohin das führt. Die Gründe dafür sind nur bedingt in der Schule zu suchen, die trotz enormer Geldaufwendungen offenbar nicht über die geeigneten Instrumente verfügt, diesen Notstand zu beheben. … Mit forschen Bekenntnissen zur unbestreitbaren Weltoffenheit dieser Stadt und mit Verweisen auf „bereits vielfach erfolgreich gelebte“ Integration, wie sie Berlins Sozialdemokraten – voran der Bürgermeister – lieben, ist dagegen nicht anzukommen...

FAZ 3.5.2010

Der umfangreiche Artikel überschreitet den Rahmen des hier zu Diskutierenden, zeigt aber eins deutlich: Das Argument, das für die „Rechtschreibreform“ oft angeführt wurde, nämlich das leichtere Lernen und Lesen auch für Migranten und Ausländer, war und ist fern von jeder Realität.

N.B: Die Probleme treten nicht nur bei Unterschichtmigranten auf. Ein früherer libanesischer Studienkollege, der kaum zwei Punkte mit dem Lineal verbinden konnte, rechtfertigte sein Studium des öfteren damit, daß sein Vater Millionär sei.

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Sigmar Salzburg
15.10.2008 10.52
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Frankfurter Umfall-Zeitung

Jeder Reform folgt Verdruss
Frankfurter Allgemeine Zeitung – 13. Okt. 2008
Souverän navigiert Bollmann durch die Jahrhunderte: vom Basler Konzil zu den Stein-Hardenberg-Reformen, von Luther zur Rechtschreibreform, von Bismarck zu ...
[n.Google News]

Ralph Bollmann: Reform. Ein deutscher Mythos. wsj Verlag Berlin, 19,90 Euro.

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Sigmar Salzburg
07.10.2008 09.01
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FAZ-Verriß einer Politikerin … passend auch auf bekannte Schreibreform-Megären

07. Oktober 2008 In der Welt dieser Politikerin führt die Lüge direkt zur Wahrheit; zu den ominösen politischen „Inhalten“ nämlich, deretwegen sie das Recht, ja die Verpflichtung zu haben glaubt, nach der Macht zu streben. Sie muss die Menschen … einfach mit ihrem Regime beglücken … Und auch, dass siebzig Prozent … gegen das anstehende [Projekt] sind, hat keine Bedeutung. Das ist nur eine Momentaufnahme und kein Grund, sich zu wundern, schließlich ist das Projekt … „neu und ungewöhnlich“, aber sie traut es sich zu. Nur darauf kommt es an.
… Und sie vermag zwei Sätze später ungerührt von „Glaubwürdigkeit“ zu sprechen,…
Was immer man von … halten mag, eines vernichtet er in jedem Fall – das Vertrauen der Wähler in die Politik, in die Politiker, in die Parteien. Denn was und wem soll man noch glauben, wenn einem noch die größte Lüge als allein selig machende¹ Wahrheit verkauft wird? Niemandem, und also wächst die Partei der Nichtwähler. Auch das ist ein politischer „Erfolg“.
… dann eine Ausgabe der „Tagesthemen“, die man nur noch meschugge nennen kann, spielte sie doch in unverantwortlicher Weise mit der Panik der so genannten² kleinen Leute, die noch nicht eingetreten ist ….
Man muss eine Lüge nur lange genug wiederholen, dann wird sie zur Wahrheit.


Text: FAZ.NET
7.10.2008
FAZ


¹) Das Adjektiv “alleinseligmachend” ist abgeschafft. Zur Auswahl stehen nur noch „allein seligmachend“ und, mit unbegründeter Duden-Empfehlung, „allein selig machend“.
²) Dieser Satz wurde nur wegen der FAZ-unwürdigen Reformspießerschreibung von „sogenannt“ zitiert.

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Sigmar Salzburg
14.05.2008 09.36
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„Demokratie“

Auf FAZ.net wurde der „Reading Room“, so genannt angeblich auf Betreiben des Herausgebers und Reformanpassers Frank Schirrmacher, in „Lesesaal“ umgetauft.
http://lesesaal.faz.net/limbach/article.php?txtid=umbenennung

Lesermeinungen:

09.05.2008 | 13:43 Uhr
Hagen Bobzin schreibt: Auf der Zunge
Man muss sich den einleitenden Satz zur Rettung der Reinheit der deutschen Sprache auf der Zunge zergehen lassen:

Sprachpuristen atmen auf, Freunde der deutschen Sprache zufrieden durch: Unser virtueller Leser-Tummelplatz mit dem Taufnamen „Reading Room“ heißt jetzt „Lesesaal“.

08.05.2008 | 14:27 Uhr
Jens Heyn schreibt: Demokratie
Also funktioniert die Demokratie bei der F.A.Z. wenigstens noch, aber als Strafe folgt der „Grimme Online Award“.


Wer’s glaubt, wird selig: Als die FAZ den Kotau vor der ss-Schreibung machte, hat keiner zuvor die Leser befragt.

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Sigmar Salzburg
07.04.2008 12.45
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In ordentlicher Rechtschreibung

Kehlmann entscheidet

Kleist-Preis für Max Goldt


[Bild]
Auf dem Weg zum Klassiker: Max Goldt

07. April 2008 Der Schriftsteller und Musiker Max Goldt erhält den Kleist-Preis 2008. Der Autor Daniel Kehlmann („Die Vermessung der Welt“) habe als Vertrauensperson der Jury Goldt für die Auszeichnung ernannt, teilte die Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft am Montag in Berlin mit.
Der 1958 in Göttingen geborene Goldt habe als Kolumnist der Zeitschrift „Titanic“, Essayist und Prosakünstler den deutschen Alltag bis „zur Kenntlichkeit entstellt“, hieß es zur Begründung. Mit seinem Witz, Scharfsinn und ästhetischen Urteilsvermögen sei er dem Sprachkritiker Karl Kraus (1874-1936) vergleichbar.

faz.net 7.4.2008 faz.net

Kehlmann und die Titanic pflegen trotz aller Widrigkeiten immer noch die traditionelle Kulturrechtschreibung. In der neuesten Ausgabe erschien von Max Goldt der Text „Ein ganz normales Ehepaar aus Peking“.

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Sigmar Salzburg
26.10.2006 20.14
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Leserbrief

Für wen sonst?

Zu „Debatte über die ‚Unterschicht’“ (F.A.Z. vom 17. Oktober): Selbstverständlich gibt es eine Unterschicht in Deutschland. Für wen sonst wäre denn die deutsche Rechtschreibung „reformiert“ worden? Und hat nicht erst kürzlich der Klassenkämpfer Müntefering, der jetzt urplötzlich keine Schichten, sondern nur noch eine Gesellschaft kennen will, all jene, die aus Gründen ihrer kulturellen Identität an der bewährten Rechtschreibung festhalten, als „Hochwohlgeborene“ geschmäht, die sich aus „Standesdünkel“ verweigerten?

Dr. med. Johannes F. Michael,
Mannheim

[F.A.Z. v. 26.10.2006]

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Sigmar Salzburg
18.10.2006 06.55
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Leserbrief

Die Korrekten

Zum Artikel „Lehrerverband lehnt Datenbank über Schüler strikt ab“ und zum Kommentar „Schöne neue Elternwelt“, (F.A.Z. vom 30. September): Zählt man eins und eins zusammen, wird ein Schuh daraus: Lediglich eine Frage der Zeit ist es noch, bis das Elternglück deutscher Bundesbürger an die Verpflichtung gebunden sein wird, regelmäßige staatliche Erziehungshilfe in Anspruch zu nehmen und – wir fügen hinzu – die Kinder auf die inzwischen zur regulären Schulform avancierten Ganztagsgemeinschaftsschulen zu schicken. Daß auch nur dann Elterngeld fließt, versteht sich. Und was wir Eltern sonst so auf dem Kerbholz haben (akademische Bildung etwa, Kirchenmitgliedschaft oder Ablehnung der neuen Schlechtschreibung nebst F.A.Z.-Abonnement), findet sich in der zentralen KMK-Schülerdatenbank, die es erlaubt, Schüler aus solchen Risikogruppen rechtzeitig zu identifizieren und im Sinne der „Chancengleichheit“' staatlicherseits gezielt zu „integrieren“. Schönes neues Deutschland der politisch Korrekten!

Anne Sophie Meincke, München
Hendrik Hase, München

[FAZ v. 16.10.2006]

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Sigmar Salzburg
11.10.2006 11.06
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Leserbrief

Stetiger Lehrermangel

Zu „Philologenverband: Lehrermangel dramatisch“ (F.A.Z. vom 25. September): Es stellt sich immer mehr heraus, daß der Lehrermangel eine Art Naturkonstante ist. Jedes Jahr wird er vom Philologenverband und den Elternbeiräten aufs neue präsentiert. Dann wundern sich die Kulturpolitiker, verbreiten bekannte Worthülsen, ändern tut sich nichts. Stehen Wahlen an, wird die Bildungspolitik als „oberstes Ziel“ proklamiert, und dann legen sich die Kulturpolitiker wieder schlafen. Die größte „Leistung“ der deutschen Kultusministerien der letzten Jahre war die sogenannte Rechtschreibreform, von niemandem gewollt und auch nicht benötigt. Eine andere großartige Innovation war die Erfindung der Exzellenz-Universität, begleitet von Bachelor und Master. Alles unsinniger Aktionismus und der Bildung eher hinderlich. Man sollte die Kultusministerien ersatzlos auflösen und ihren Beamten eine sinnvolle Tätigkeit geben, zum Beispiel Wald entrümpeln oder aufforsten.

Ludwig Schichtl, Baldham

[FAZ v. 11.10.06]

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Norbert Lindenthal
22.07.2006 17.17
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nicht im Duden

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.7.2006

Rechtschreibreform

Zahlreiche Widersprüche

Von Heike Schmoll

Nie war der Variantenreichtum in der Rechtschreibung größer als jetzt

22. Juli 2006

„Die Grundregel, nach der zwei Verben getrennt geschrieben werden, ist so eindeutig und einfach, dass wir ihre Anwendung auch bei übertragenem Gebrauch empfehlen.“ Diese von der Dudenredaktion offenbar in der Annahme formulierte Regel, daß einfache Regeln das Erlernen der Orthographie erleichterten, hat erhebliche Auswirkungen auf die Wörterliste. Beispiele dafür sind „hängen bleiben“, „sitzen bleiben“, „kleben bleiben“, „laufen lassen“, „spazieren gehen“, „springen lassen“, „verloren geben“, „wissen lassen“.
Dasselbe gilt aber auch für die Verbindung von Adjektiv und Verb, bei der die Getrenntschreibung fast durchgehend empfohlen wird. Allerdings wird diese selbst im Duden nicht immer konsequent durchgehalten: „frei machen“ steht neben „freikratzen“, „nichtssagend“ neben „nichts ahnend“, „Leben spendend“ neben „todbringend“, „wohlriechend“ neben „übel riechend“. Während „alleinerziehend“ zusammengeschrieben werden soll, will die Dudenredaktion „allein selig machend“ getrennt schreiben, während „allgemeinbildend“ ebenfalls in einem Wort empfohlen wird, soll „allgemein verständlich“ in zwei Worten geschrieben werden. Im neuen Duden finden sich viele Widersprüche.

Absichten des Rechtschreibrats nicht im Duden

Offenbar haben weder der Vorsitzende des Rechtschreibrates, Zehetmair, noch andere Ratsmitglieder von den Entscheidungen der Dudenredaktion gewußt. Kritik am neuen Duden äußerte etwa ein österreichisches Ratsmitglied, das den Rechtschreibrat aufforderte, öffentlich zu erklären, daß er seine Absichten im Duden nicht wiedergegeben sehe. Jedenfalls trifft Zehetmairs Zusage an Zeitungen und Verlage, es werde eine Art „Hausorthographie von der Stange“ geben, nicht zu, wenn es darum geht, die Beschlüsse des Rates zu verwirklichen. Ob sich die Duden-Empfehlungen gegen die unvollständigen Reparaturversuche des Rates durchsetzen, hängt entscheidend davon ab, welche Orthographie Eingang in die automatischen Schreibhilfen, in Korrekturprogramme findet. Der Springer-Verlag, der schon zum 1. August umstellt, und die „Süddeutsche Zeitung“ werden nicht den Beschlüssen des Rates, sondern den Vorschlägen der Dudenredaktion folgen und damit reformhöriger schreiben denn je.

Die Beschlüsse des Rates jedoch sind laut Beschluß der Kultusminister vom 2. März dieses Jahres vom 1. August an verbindliche Grundlage des Unterrichts an den Schulen. Das gültige Wörterverzeichnis sei im Internet zugänglich, hieß es damals bei der Kultusministerkonferenz (KMK). Bis zum 31. Juli 2007 werden Schreibweisen, die durch die Neuregelung (Arbeit des Rechtschreibrates) überholt sind, nicht als Fehler markiert und bewertet. „In Zweifelsfällen werden Wörterbücher zugrunde gelegt“, heißt es dazu im Beschluß der KMK. Doch die Auswahl des in den Schulen benutzten Wörterbuchs wird zu einem Politikum. Denn mit der Wahl des Wörterbuchs ist die Entscheidung für eine eher am Rechtschreibrat angelehnte Schreibweise (Wahrig) oder eine dem Willen der Rechtschreibreformer folgende Orthographie (Duden) verbunden.

Nie zuvor so viele Varianten

Vor allem die Deutschlehrer sind nicht zu beneiden. Weder im neuen Duden noch im Wahrig werden sie die 1996 eingeführten und dann – teilweise klammheimlich in neuen Auflagen – korrigierten und bis 2004 geltenden Schreibweisen finden. Sie wurden in den Schulen zehn Jahre lang gelehrt. Diese Episode der Rechtschreibgeschichte wird ebenso totgeschwiegen wie die Entlassung der Zwischenstaatlichen Kommission. Die Lehrer sind deshalb darauf angewiesen, vorhergehende Wörterbücher (Duden in 23. Auflage oder Vorgänger des Wahrig) zu konsultieren, um in der Übergangsfrist zutreffend zu korrigieren.

Noch nie war der Variantenreichtum in der deutschen Rechtschreibung so groß wie nach der Reform der Reform, die daran krankt, daß der Rechtschreibrat seine Arbeit nicht abschließen konnte und etwa das wichtige Kapitel der „Laut-Buchstaben-Zuordnung“ nicht abhandelte. Für Rechtschreibanfänger und Ausländer, die sich tatsächlich dazu entschlossen haben, Deutsch zu lernen, bergen die Varianten kaum lösbare Schwierigkeiten. Denn die Beherrschung der Rechtschreibung gründete schon immer auf Analogiebildung. Dieses Prinzip versagt völlig, zumal niemand mehr weiß, welche Rechtschreibung nun gilt. Die des Rates, die des Duden, die des Wahrig?

Auch „Wahrig“ teilweise halbherzig

Das Rechtschreibwörterbuch „Wahrig“ bildet die von den Kultusministern verordnete Schulorthographie und damit auch die Beschlüsse des Rechtschreibrates zuverlässiger ab als der Duden. Bei der Frage, wie zusammengesetzte Verben geschrieben werden, entscheidet sich die Redaktion des Wahrig eher für die Zusammenschreibung als für zwei Worte, das gilt übrigens für zweihundert Fälle, die selbst vor der Reform nicht in einem Wort geschrieben wurden (spielenlassen, platzenlassen, setzenlassen, steigenlassen, vermissenlassen).

Aber auch der Wahrig kann die halbherzigen Schritte des Rates nicht besser machen, als sie sind. Jetzt rächt sich, daß der Rat sich nicht auf Empfehlungen einigen konnte und von der KMK unter Zeitdruck gesetzt wurde. Die Auslegung der Beispiele war den Wörterbuchredaktionen überlassen. Abweichungen waren deshalb unausweichlich. Die Arbeit des Rates ist auf Wunsch der Kultusminister nur unterbrochen worden, von einem Abschluß kann keine Rede sein, vielmehr hat der Vorsitzende wiederholt angekündigt, der Rat werde sich weiter mit strittigen Bereichen befassen. Im September findet die nächste Ratssitzung in München statt.

Text: F.A.Z., 22.07.2006, Nr. 168 / Seite 2
Bildmaterial: dpa

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