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Forum > Beispielsammlung über Sinn und Unsinn
ss vs. ß
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Christian F. Langewische
11.10.2004 06.19
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"Staubinde, Blutgefaesz"

Als ehemaliger Sanitätssoldat der Luftwaffe erinnere ich mich noch an die eine oder andere Materialkiste oder -packung, die in unserer SanMat-Halle herumstand, in deren Beschriftung in typischer Bundeswehrmanier Umlaute und „ß“ aufgelöst waren, wie z.B. die in der Überschrift genannte „Staubinde, Blutgefaesz“. ;-)

Hier dürfte die Auflösung der Umlaute und des „ß“ wohl hauptsächlich wegen der anderen NATO-Staaten geschehen, deren Sprachen diese Buchstaben nicht enthalten.
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Christian F. Langewische

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Sigmar Salzburg
10.10.2004 18.41
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NUßSCHALE

Ich habe noch die erste Auflage von Hofmann & Campe, in deren Titel „NUßSCHALE“ steht und deren gesamter Text (nach einem einzigen dass-Kotau im Vorwort) völlig normal geschrieben ist. Dies durfte bei DTV natürlich nicht so bleiben.
– geändert durch Sigmar Salzburg am 11.10.2004, 05.45 –
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Sigmar Salzburg

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Karin Pfeiffer-Stolz
10.10.2004 17.37
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Frankfurter Buchmesse

Auf einem Rundgang durch die Messehallen fiel mein Blick auf den gut plazierten, gleich im Dutzend aufgestellten Erfolgsband Stephen Hawkings mit dem Titel „Das Universum in der Nussschale“ (dtv). Nichts gegen das Buch, aber die „Nussschale“ wirkt, als hätten sich gleich zwei Elefanten draufgesetzt.
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Karin Pfeiffer-Stolz

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Stephan Fleischhauer
05.10.2004 09.51
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Es ging doch nur darum, um welchen Prozentsatz sich Texte durch die Umstellung verlängern. Ich glaube, daß es von der Textgattung abhängt. Im belletristischen Bereich dürfte es z.B. wesentlich weniger daß-Sätze, Fremdwörter und sonstige ss-trächtigen Schreibweisen geben als in Sachtexten.

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Bernhard Schühly
04.10.2004 21.37
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Natürlich kein schlechtes Deutsch!

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Fritz Koch
Sagen, glauben, meinen, sehen, wissen, hören, usw haben als „Ergänzungssatz“ einen „daß"-Nebensatz nach sich. Es gibt aber auch die Möglichkeit, einen „abhängigen Hauptsatz“ anzuschließen:
„Ich sage (glaube, meine, sehe, höre, weiß), du hast recht.“
Ob das schlechtes Deutsch ist?


Es soll mich bitte keiner mißverstehen oder gar meinen, ich würde ihm „schlechtes Deutsch“ vorwerfen, weil er das „daß" verwendet!!

Ich wollte lediglich auf mögliche Alternativen hinweisen und erzählen, was für gute Erfahrungen ich damit gemacht habe – gerade weil mir diese Möglichkeiten bis dahin gar nicht so bewußt waren.
Natürlich kann, darf und soll jeder so schreiben, wie er will und wie es ihm am besten liegt, das ist ja schließlich auch ein Kernpunkt unserer Aktion hier. Außerdem ist es gerade die Vielzahl und Vielfalt der Schreiber und Schreibstile, die die Sprache wachsen läßt!
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Bernhard Schühly

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Fritz Koch
04.10.2004 20.34
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sagen, glauben, meinen, sehen, wissen, hören, usw.

haben als „Ergänzungssatz“ einen „daß"-Nebensatz nach sich. Es gibt aber auch die Möglichkeit, einen „abhängigen Hauptsatz“ anzuschließen:
„Ich sage (glaube, meine, sehe, höre, weiß), du hast recht.“
Ob das schlechtes Deutsch ist?

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Bernhard Schühly
04.10.2004 19.42
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Verwendung von

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer
Ich selbst benutze z.B. das Wort daß sehr häufig. In anderen Texten ist es eher selten.

Seit Beginn der Diskussion um die RSR, als so ziemlich als erste Veränderung die neue Schreibung von „daß" bekannt wurde, benutze ich dieses Wort immer bedachter – und damit seltener. Dabei stellt man fest, daß sich viele „daß" vermeiden lassen, z.B. durch einfache Wortumstellung und den Gebrauch des Konjugtivs oder mithilfe von „damit“. Oft werden die Texte dabei sogar klarer und sprachlich lebendiger.

Aus:
Ich gehe nachts nicht auf die Straße, daß man mich nicht überfällt.
wird dann z.B.:
Ich gehe nachts nicht auf die Straße, damit man mich nicht überfällt.
oder noch besser:
Ich gehe nachts nicht auf die Straße, um nicht überfallen zu werden.

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Bernhard Schühly

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Stephan Fleischhauer
04.10.2004 09.05
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Es gab mal was von Herrn Scheuermann: knapp 0,2% (Grundlage war Text von etwa 4000 Wörtern). Solche Zahlen können sicherlich stärker schwanken. Ich selbst benutze z.B. das Wort daß sehr häufig. In anderen Texten ist es eher selten.

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Christoph Kukulies
04.10.2004 08.36
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ß als Platzsparer

Gibt es Untersuchungen, um wieviel Prozent oder Prozentbruchteile ein Text in bewährter ß-Schreibung kürzer ist als einer in ss-Schreibung?

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Christoph Kukulies

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Karin Pfeiffer-Stolz
09.08.2004 09.34
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ss/ß - bitte keine neuen Experimente

Vor einem mehr als faulen „Kompromiß“ ist zu warnen:

Sicher kann man auf das ß ganz verzichten. Wir verzichten damit aber freiwillig und ohne jeden Vorteil auf einen Buchstaben, der sich etabliert hat, um dem Leser entgegenzukommen.
Weshalb möchte man die ss-Schreibung behalten? Soll damit der Aufprall der fallenden Reform gemildert werden?

Als Pädagogin und Sachkundige warne ich vor einer Beibehaltung der ss-Schreibung. In einigen Jahren werden die Lehrer über diese neue Geißel des Rechtschreibunterrichts klagen. Weder das Schreiben noch das Lesen wird dadurch erleichtert, im Gegenteil. Die Verwischung der Wortfuge sowie die Verdoppelung und Verdreifachung des Buchstaben s führt nicht nur zu Lese-, sondern auch zu Schreiberschwernis.
„Logisch“ ist die s-Schreibung nur für Umlerner. Das wird sich an den steigenden Fehlerzahlen zeigen, sobald Schüler mit nur den neuen s-Regeln aufwachsen. Schon jetzt schreiben viele Kinder zwar „regelkonform“ aber falsch „du bisst, du hasst ein schönes Zeugniss, der Missthaufen ...“ und viele Erwachsene schreiben „Grüsse, Strasse, gross“ – letzteres kann man auf der Homepage der Vorsitzenden der Kultusministerkonferenz, Doris Ahnen, bestaunen.

Bei der Entscheidung ist zu bedenken:
- Das ß ist und bleibt eine hervorragende Lesehilfe und ist von der Sprachgemeinschaft als solche eingeführt worden. Die Umwidmung von dem ursächlich graphischen Zeichen in ein rein phonetisches (Länge des vorhergehenden Vokals) schafft neue Probleme.
- Es ist nicht schwierig, das richtige Schreiben von s und ß zu erlernen.
- Mit den neuen Regeln werden mehr Schreibfehler gemacht, weil die Logik nur eine Logik für Umlerner, nicht für Neulerner ist, und weil viele nicht so sprechen wie man schreiben sollte (siehe Spass, Gruss, ausser ...)
- Die künstliche „Veraltung“ des gesamten Schriftguts erfolgt vor allem durch die ss-Schreibung. Damit ist der gefürchtete und folgenreiche Bruch mit der Kultur nicht zu vermeiden. Diesen können auch die Befürworter der ss-Schreibung nicht wollen ...

Schlußfolgerung:
Die ss-Schreibung hat nur Nachteile und keinen einzigen Vorteil außer der psychologischen Tatsache, daß sie zur Zeit „modern“ wirkt, nur weil sie neu ist und vor allem den Reformern ein „Fetzchen“ Erfolg vorgaukelt. Das „Neue“ wird sich abschleifen. Die Nachteile bleiben.
Müssen wir das nützliche ß für solch ein zweifelhaftes Ziel opfern, das auf sachliche und inhaltliche Fragen überhaupt keine Rücksicht nimmt?

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Karin Pfeiffer-Stolz

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Sigmar Salzburg
30.07.2004 06.37
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Noch zu ß

Nach Max Bollwage entstand das ß in den mittelalterlichen Schreibstuben aus lang s mit angefügten Kürzelstrichen. Das wird bestätigt durch Wiener Lettern um 1523, die das z anders darstellen als den rechten Teil des ß, der nur eine einfache Schlaufe ist, die unten nach links an das lange s herangezogen ist, in Handschriften noch darüberhinaus.

In einem Druck von 1536 scheint das Zeichen aber tatsächlich als Zusammensetzung aus lang s und z gedacht zu sein. Das findet man auch schon in einer Handschrift um 1460. Im Lochamer Liederbuch um 1450 wird das einfachere ß verwendet. Das Wort „laſß“ schließt dort gewiß nicht mit „ssz“. Das Schluß-s ist aber überall deutlich von z, ſ und ß unterschieden. Das ß verdankt also kaum, wie in dem Link angegeben, seine Entstehung einer Zusammensetzung von lang und rund s. Das findet sich vielmehr in italienischen Handschriften um 1500, getrennt geschrieben, auf späteren gestochenen Drucktafeln aber als verbundene Ligatur, wie überall in Europa.

Trotz der unterschiedlichen Herkunft wird bei Michael Prätorius 1619 das ß in der Antiqua- wie in der Frakturform gleichwertig verwendet („GeneralBaß“). In den deutschen Antiqua-Drucken um 1800 ist es also kein Behelf, sondern steht in einer langen Tradition. Auch Goethe verwendete, wenn er in Lateinschrift schrieb, eine ß-Ligatur. Das gespaltene Antiqua-ß findet sich noch in meinem Schleswiger Lesebuch von 1877 (s. weiter unten) für deutsche Gedichte, während die Prosatexte in Fraktur gehalten sind. Das ß hat seinen historischen Platz auch im Antiqua-Zeichensatz. Abschaffer und Umfunktionierer können sich nicht auf die Schriftgeschichte berufen.


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Sigmar Salzburg

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Reinhard Markner
30.07.2004 06.16
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Und immer wieder Tschichold

Hübsch gemacht, aber die Herleitung des Fraktur-ß aus s und z stimmt trotzdem nicht.

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Karl Eichholz
29.07.2004 23.58
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wie vermutlich das ß entstand

Ein wenig Geschichte zum ß

Bitte diesem Verweis folgen:

http://www.elektrische-dokumentation.de/Fraktur/s.swf


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mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz

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Karl Eichholz
29.07.2004 23.23
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von ß, von st, lang-s und Wortstammfugen

Ein Evergreen, Zitat: (vorsicht, sehr lang!, aber es gehört unbedingt mit hierher)

Bitteschön, hier mehr davon. Diesmal war ich zu müßig, meinen Hirnschmalz geschmeidig zu machen, stattdessen habe ich n' büschen gebuddelt und was bereits veröffentlichtes vom Mai 99 ausgegraben, aus den Nachrichten, aber eben weiter unten:

“ß“ wäre auch für die Schweiz gut

Etwas Geschichte zum Scharf – Es

Warum benutzen die Schweizer kein „ß“ ??

Der Grund, warum die Schweizer kein „ß“, sondern statt dessen „ss“ schreiben, liegt darin, daß die Schreibmaschine mit ihrer recht begrenzten Zahl von Tasten auch genügend Raum bieten mußte für die drei weiteren Sprachen: Französisch, Italienisch und Rätoromanisch, diese benötigen eine Vielzahl Akzente und Verbundbuchstaben, so daß auch für die Großbuchstaben Ä, Ö, Ü kein Platz blieb. Der Schweizer schreibt beispielsweise „Oesterreich“, „Oerlikon“. Zudem können die deutschen Umlaute relativ einfach umschrieben werden, was mit den Akzenten der französischen Schrift durchaus nicht so einfach geht.

Nun befinden wir uns aber im Zeitalter des Computers, der nicht nur eine größere Zahl Tasten bietet, sondern auch mehr Umschaltmöglichkeiten.
Daher wäre es Zeitgemäß, auch in der Schweiz wieder über ein „ß“ nachzudenken, und auch über das große Ä, Ö, Ü.

Statt dessen soll uns durch die Rechtschreibreform ein guter Teil der Leserlichkeit zusammen mit dem „ß“ entwendet werden. Ganz sicher stand der Wunsch der Schweizer dabei Pate, auch für den übrigen deutschsprachigen Raum nach dem Prinzip des kleinsten gemeinsamen Nenners eben gerade das „ß“ gänzlich abzuschaffen.

Dabei hat das „ß“ seine Wurzeln darin, daß man früher in Fraktur, Schreibschrift und Romanischer Schrift einen grundlegenden Unterschied machte zwischen einem „s“ am Wort- oder Wortstammende und dem „s“ am Wortanfang oder innerhalb der Silbe.

Es war dabei das Lang-s der gewöhnlichere Fall, das Rund-s oder auch Schluß-s, welches wir heute verwenden, war der Sonderfall, der das Wort- oder Wortstammende anzeigte. Fiel also ein „ss“ auf das Wortende, so wurde es mit Lang-s und Rund-s geschrieben. Ich werde ein Beispiel geben, und da dieser Computer in dieser Schrift kein Lang-s haben wird, werde ich statt dessen das „ƒ“ mißbrauchen, welches dem Lang-s recht ähnlich sieht;
( Wenn auf ihrem Computer kein langes geschweiftes s zu sehen ist, bitte alle diese Zeichen >> ƒ << gegen ein f oder, sofern verfügbar, ein langes geschwungenes s, die Schweifung ähnlich wie bei der geschweiften Klammer, austauschen)

Schloƒs (=Schloß)

Bei der kleinen Rose, dem Rös-chen hat man „Röschen“ geschrieben, so war dem damaligen Leser sofort deutlich, daß das „ch“ nach dem Schluß-s sich eben nicht zu „sch“ wie in „Schule“ ergänzte, sondern „s“ gefolgt von „ch“ zu sprechen war. (siehe oben: das rund-s war der Sonderfall)

Denn das Wort „Rüschen“ , früher „Rüƒchen“, hat nur den einen Buchstaben „ü“ anders, es wird aber gänzlich anders gesprochen. (siehe oben: das lang-ƒ war der Normalfall)

Röschen = Rös-chen
Rüƒchen = Rü-schen

Wir haben heute kein Lang-s mehr in den meisten verwendeten Schriften, so daß wir schon heute bei den beiden Wörtern „Röschen“ und „Rüschen“ erst nachdenken müssen, um sie lesen zu können.

Unsere Altvorderen wußten aber noch mehr mit dem Lang-s zu signalisieren:

Glückstag
Michaelstag
Klüverstag
Backstag

Tja, was denn nun: Tag oder Stag?

Glücks-Tag
Michaels-Tag
Klüver-Stag
Back-Stag

früher hat es eben so ausgesehen:
Glückstag
Michaelstag
Klüverƒtag
Backƒtag

(man verzeihe mir nochmals das „ƒ“ anstelle von Lang-s, aber es geht eben nicht anders)

Somit war klar, daß das „s“ in „Michaelstag“ eben kein „st“ wie in „Stecker“ ergibt, sondern ein „s – t“

Und der Stag, der das Klüversegel trägt (Ja, Ihr Wasserratten, das waren noch Zeiten ...) war ebenso klar erkenntlich

heute:
plastisch
Glastisch
spastisch

früher:
plaƒtiƒch ( = pla-ƒtiƒch = pla-stisch)
Glastiƒch ( = Glas-Tiƒch = Glas-Tisch)
spaƒtiƒch ( = spa-ƒtiƒch = spa-stisch)

Das „s“ hat eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen. Mit „ch“ wird es zum „sch“, mit „p“ wird es zum „sp“, mit „t“ wird es zum „st“, es steht aber oft auch als Ablaut und Silbentrenner, wie in „Unterhaltsforderungen“. Trifft es in einem solchen Fall auf ein „s“ als Wortanfang, ergibt sich ein „ss“, wobei das zweite „s“ weich gesprochen wird:

Interessanterweise kannte man früher eben nicht nur das „ß“, also „ƒs“, sondern man kannte eben auch ein „sƒ“

heute
Vergnügungssucht, Ereignisserie, Zeugnissammlung

früher
Vergnügungsƒucht, Ereignisƒerie, Zeugnisƒammlung

Ja, aber was hat das mit dem „ß“ heute zu tun?
Wann immer früher am WortENDE oder WortSTAMMende ein „ss“ stand, wurde draus ein Lang-s + Schluß-s :

naƒs=naß, groƒs=groß

Dieses Scharf-s hat sich so sehr für die Übersichtlichkeit bewährt, daß es als unverzichtbar bis heute erhalten blieb.

Wir sehen also: das „ß“ hat und hatte NICHT damit zu tun, daß der Vokal davor LANG oder KURZ gesprochen wurde, sondern hatte lediglich signalisiert, daß der Doppellaut „ss“ am WortENDE oder WortstammENDE steht. Dies ist eine wichtige Eigenschaft, denn trotz der vielfältigen Verknüpfungsmöglichkeiten in der deutschen Schriftsprache war eine EINDEUTIGE Zuordnung des jeweiligen „s“ zum jeweiligen Wort oder Wortstamm gewahrt.

Stand das „ss“ in der WortMITTE wie bei „Wasser“, so wurde draus „Waƒƒer“ mit zwei Lang-s. Da aber das Lang-s in die heutige Zeit einfach als Rund-s übersetzt wurde (Hitler hat es 1942 an diesen Stellen durch Abschaffung der Fraktur getilgt), lesen wir heute eben nicht mehr „Waƒƒer“ sondern „Wasser“

Wo das „st“ als „scht“ gesprochen wurde, war es ein Kombinationslaut und es galt die Regel: trenne nie es-teh ...

Deswegen konnte das „st“ in der Form „ƒt“ eine Ligatur sein und wurde als Doppelbuchstabe zusammengegossen.

Nur wenn es in der Form „st“ also Schluß-s + t verwandt wurde, durfte und konnte es auch getrennt werden (und war auch keine Ligatur), denn die Wortfuge lief hier mitten zwischen „s“ und „t“.

Ein weitverbreiteter Irrtum ist die Bezeichnung „Eszett“ für das „ß“. Es sah bei oberflächlicher Betrachtung aus wie ein „ƒz“. Tatsächlich konnte eine Zusammenziehung eines mit Breitfeder gezeichneten Lang-s mit dem Rund-s durch die Überdeckung und den Zierstrich im Rund-s aussehen wie ein „ƒz“, hatte aber mit einem „z“ nichts zu tun.

Rätsel
Auf dem Weg nach Hause traf ich ihn zufällig am Bussteig,
er knabberte an einem Nussteilchen und bot mir die Erdnusstü-
te hin, grabschte sich dann schnell selbst noch einige Nussstü-
cke, Genuss süchtig wie er war. Wir drängten bald mit den and-
eren um die Wette, von irgendwo plärrten noch die Schlusscho-
räle von Mozarts Requiem. Busschaffner gab's ja damals noch.
Während des Karte Lösens zog ich umständlich die Kokosscho-
kolade heraus. „Du immer mit deiner Kokosschokolade“ nu-
schelte er zwischen den Erdnüsschen hindurch...

Auflösung:
Auf dem Weg nach Hause traf ich ihn zufällig am Bussteig,
er knabberte an einem Nußteilchen und bot mir die Erdnußtü-
te hin, grabschte sich dann schnell selbst noch einige Nußstük-
ke, genußsüchtig wie er war. Wir drängten bald mit den ande-
ren um die Wette, von irgendwo plärrten noch die Schlußcho-
räle von Mozarts Requiem. Busschaffner gab's ja damals noch.
Während des Kartelösens zog ich umständlich die Kokosscho-
kolade heraus. „Du immer mit Deiner Kokosschokolade“ nu-
schelte er zwischen den Erdnüßchen hindurch. ...

früher:
Auf dem Weg nach Hauƒe traf ich ihn zufällig am Busƒteig,
er knabberte an einem Nußteilchen und bot mir die Erdnußtü-
te hin, grabƒchte ƒich dann ƒchnell ƒelbƒt noch einige Nu߃tük-
ke, genu߃üchtig wie er war. Wir drängten bald mit den ande-
ren um die Wette, von irgendwo plärrten noch die Schlußcho-
räle von Mozarts Requiem. Busƒchaffner gab's ja damals noch.
Während des Kartelöƒens zog ich umƒtändlich die Kokosƒcho-
kolade heraus. „Du immer mit Deiner Kokosƒchokolade“ nu-
ƒchelte er zwischen den Erdnüßchen hindurch. ...

Karl Eichholz

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nochmals zum ss / ß

Herr Wagner sprach das Thema an, deswegen hier nochmals etwas Erklärung dazu:


Noch nie hatte das ß eine Funktion, den Vokal davor zu formen Richtung lang oder kurz, sondern es wurde als Verbund von Lang-s (hier mit ƒ dargestellt, obwohl nicht ganz korrekt) und Rund-s (= Schluß-s) dazu verwendet, das Silben- oder Wortstammende zu kennzeichnen.

Nochmals sei betont, daß früher das Lang-s der gewöhnlichere Fall war; das Rund-s nur der Sonderfall. Das Lang-s harmonierte dabei besonders mit den oft sehr schmal laufenden Frakturschriften.

Der Vergleich des Platzbedarfs von Fraktur und Rundschrift fällt bei gleicher Lesbarkeit (für den Geübten!) deutlich zugunsten der Fraktur aus, erstrecht heute, wo die vielen ss und auch die Dreikonsonanten (Teeei oder gar Tee – Ei) nochmals mehr Platz beanspruchen.

Die Fraktur gab dem Auge durch deutlicher hervortretende unter- und Oberlängen viel mehr Halt, so daß die grobe Umrißform schon sehr viel mehr über den Wortinhalt verriet als es bei den heutig meist verwendeten Schriften der Fall wäre. Diese Leuchtturmfunktion war im wesentlichen das Verdienst des Lang-s, aber auch des nach unten geschwungenen z.

Man kann sagen, daß durch Lang-s/Kurz-s eine sehr viel genauere Unterscheidung der vielen unterschiedlichen Funktionen des s-Buchstabens stattfand, so daß Zweifelsfälle beim Lesen nur selten möglich waren.

Minuszeichen / Minuszeichen / Minuszeichen
Schusszone / Schußzone / Schußzone / Schuƒszone
Schussszene / Schußszene / Schu߃zene / Schuƒsƒzene
Schlusssatz / Schlußsatz / Schlu߃atz / Schluƒsƒatz
Gussstopfen / Gußstopfen / Gu߃topfen / Guƒsƒtopfen
Rußsack / Rußsack / Ruƒsƒack

Die Unterscheidung Lang-s zu Schluß-s fand ja nur bei den Kleinbuchstaben statt, deswegen eben auch das ß nur bei Kleinschrift.
Man kann sagen, daß das Lang-s „ƒ“ die etwas nach links gestürzte „hochkant“gestellte schmale Form des s war, während man am Ende des Wortes zu einem schönen Schwung in die Breite Platz hatte und es eben auch am Wortstammende benutzt wurde, um den Beginn des neuen Wortteils hervorzuheben.

Und heute sind wir fast schon wieder soweit, daß wir WortTeile durch UnterScheidung herVorheben.

KunstStoffFlasche / KunstStoffLasche
__________________

mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz

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Bernhard Schühly
29.07.2004 22.00
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Re: Altdeusch würde ich die Fraktur nicht nennen

Lieber Fritz Koch!

Ich habe mich selbst gefragt, weil es mehrere Namen gibt:
„Gotische Schrift“ ist eigentlich historisch am korrektesten, da man im 13. Jahrhundert anfing, die runden Linien der Antike zu brechen, die Schrift genauso wie die romanischen Rundbögen. Daher auch der zweite Name „Gebrochene Schrifte(n)" bzw. lat. „Fraktur“. Durch Gutenberg und Luther werden diese zuerst in Nordfrankreich verwendeten Zeichen in Deuschland publik gemacht und finden bald durch Größen wie z.B. Albrecht Dürer weite Verbreitung (in Südösteurupa genauso wie bis Skandinavien), so daß fast alle deutschen Texte bis ins 20. Jahrhundert hiermit geschrieben wurden. In Oberitalien wird deshalb schon im 15. Jahrhundert von den „lettera tedesca“ gesprochen – der „Deutschen Schrift“ eben.

Von „altdeutsch“ zu reden ist vielleicht doch etwas verwirrend, da haben Sie recht.

Bernhard Schühly

PS.: Alldas (und noch mehr) erfährt man bei
Gerda Delbanco Frakturschriften, http://www.fraktur.com
Hier kann man sich Frakturschriften und auch Konvertierprogramme dazu bestellen und erhält ausführliche Tips. Übrigens klebt sie auf ihre Post immer noch einen Aufkleber mit der Aufschrift „Rechtschreibreform? – Fehlerhaft und diktatorisch – Nein, danke!“

B.S.

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