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Meine Gedanken zur neuen Rechtschreibung
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Klaus Malorny
09.10.2004 22.42
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Zitat:
Ursprünglich eingetragen von MasterProppa
Herr Malorny, die Regeln zur schriftlichen Wiedergabe des s-Lauts sind nicht einfach, das habe ich nie behauptet. Mir ist völlig klar, dass man mit der einfachen Umlerner-Regel „schreibe ss nach kurzem Vokal“ nicht weit kommt (Ergebnis, das …). Die alten Regeln waren keinen Deut einfacher, sondern ein kleines bisschen schwerer.
Die Frage ist also letztendlich, ob man der „Logik“ (Fluss, Flüsse; Fuß, Füße) und Phonetik (Paß – Maß; groß, goß – Fuß, Fluß; das ist nicht sehr phonetisch) oder der Ästhetik einiger weniger Wörter (Mißstand, Nußschale) den Vorzug geben sollte.


Das Argument mit der Phonetik ist doch Augenwischerei. Das ließe ich nur gelten, wenn wirklich alle Wörter mit kurzem Vokal mit Doppel-S und die mit langem Vokal mit einem einzigen S geschrieben wird. Jedoch muß der Schüler -- genau wie bei der Adelungschen Schreibweise -- für jedes Wort lernen, wie es geschrieben wird. Zu diesem riesen Aufwand steht die kleine Regel, wann aus dem ss ein ß wird, in keinem Verhältnis. Sie sollte in einer Schulstunde oder weniger erlernbar sein.

Warum will denn die Reform übrigens nicht dann auch die für „ck“ und „tz“ die „richtigere“ Schreibweise „kk“ und „zz“ einführen, wäre das nicht auch sehr phonetisch („Er ging auf den Fußballplazz, um zu kikken“)? Warum darf das „ck“ nicht mehr getrennt werden? Es wird in etwa zu dem gemacht, was in der alten Rechtschreibung das "ß" war, nämlich zu einer Ligatur zweier Buchstaben! Wo ist DA die Logik?

Und weil wir gerade bei der Logik sind: Gerade die ss->ß-Regel ist übrigens reine „Logik“, weil sie frei von Heuristiken und Ausnahmen ist. Das kann ich als Informatiker mit Bestimmtheit sagen. Die „Logik“, im Zusammenhang mit der ss-Schreibung genannt wird („Stammprinzip“), ist hinreichend widerlegt (fließen/geflossen usw.) und braucht hier nicht weiter diskutiert zu werden.

mfg.

Klaus Malorny

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Ursula Morin
09.10.2004 21.44
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Man sollte die Reform fallenlassen

Lieber Kurt, wie Du siehst, werden Deine Erkenntnisse hier gründlich diskutiert. Aber was „fallenlassen“ betrifft, war die Handhabung vor der Reform – wie auch überhaupt die gesamte GZS – wesentlich einfacher, da man nur eine „Regel“ kennen mußte, nämlich ob man etwas bildlich oder übertragen ausdrücken wollte. Man konnte also sowohl „fallen lassen“ (also einen Stuhl fallen lassen) als auch „fallenlassen“ (ein Thema fallenlassen)schreiben. Ich möchte dies auch nicht als Regel bezeichnen, sondern eher als Grundprinzip des Deutschen. Wie Herr Dräger schon bemerkt hat, brauchte man, um dies zu erkennen, nicht unbedingt einen Duden.

Notfalls konnte man auch nach der Betonung gehen – fast noch einfacher – zusammen: Betonung auf dem ersten Wort, getrennt: Betonung auf beiden Wörtern.

Es würde mich in diesem Zusammenhang wirklich interessieren, wie die Lehrer neuerdings Diktate sprechen, z.B. zurzeit (Betonung auf der ersten Silbe, da es zusammengeschrieben werden soll – das müßte sich dann wie „Zurrzeit“ etwa anhören) – oder „hier zu Lande“ (tatsächlich mit Betonung auf jedem Wort, da es ja getrennt geschrieben werden soll?). Für Aufklärung wäre ich dankbar ...

Sollte es so sein, daß zwar „zur Zeit“ gesprochen wird, aber „zurzeit“ geschrieben werden soll, kann ich die Vereinfachung in diesem Punkt nicht erkennen.

Auch bei den Zusammensetzungen mit „hoch“ habe ich mir einmal – ich glaube, es war 1996 oder 1998 – die ganze Liste der zu erzwingenden Schreibungen angesehen und konnte beim besten Willen keine Vereinfachung, und schon gar keinen Sinn, darin erkennen.

Die Reform stellt sich für mich so dar, daß man anstelle einiger weniger Grundprinzipien der deutschen Sprache und Wortbildung nun ganze Listen mit „amtlich zulässigen“ Schreibweisen im Kopf haben soll (man kann ja nicht immer mit dem neuesten Duden unter dem Arm herumlaufen).

Natürlich kann man alles lernen, wenn es denn sein muß, aber warum sollte man etwas lernen, das die freie Ausdrucksweise empfindlich beschränkt und eigene Wortschöpfungen verbietet? „Verbietet“ ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck – besonders perfide ist wohl, daß eventuelle neue Wortschöpfungen nach dem obigen Grundprinzip zwar noch geschrieben, aber bald nicht mehr verstanden werden können. Das zeigt schon Ihre Darstellung zu „weit reichend“ und „weitreichend“.

Besondere Probleme wirft die RSR in meinem Beruf auf. Ich bin Übersetzerin und habe daher ein Faible für die Semantik. Schreibungen wie „im Übrigen“ verursachen mir Übelkeit, da es sich hier um eine Redewendung handelt, bei der "Übrigen“ auf keinen Fall ein Substantiv sein kann. Es wird auch in anderen mir einigermaßen geläufigen Sprachen eben als Redewendung und nicht als Hauptwort eines Satzes ausgedrückt (d'ailleurs, besides, förresten ...). Ich verstehe, ehrlich gesagt, überhaupt nicht, wie man Fremdsprachen lernen kann, ohne zu wissen, wo das Hauptwort in einem Satz sitzt (Übersetzen kann man ohne dieses Wissen auf keinen Fall).

Kommen wir noch zum "ß". Ich habe mich vor vielen Jahren tatsächlich ernsthaft mit den neuen Regeln auseinandergesetzt (nunmehr habe ich mich damit sozusagen auseinander gesetzt, d.h. ich habe meine zwei neuen Bertelsmänner und die neuen Duden – da offensichtlich völlig wertlos – in die hinterste Ecke meines Archives verbannt). Es tut mir leid, lieber Kurt, aber „Anerkennung“ kann ich der „neuen Regel“ nicht zollen. Ich bekomme bei Wörtern wie „Ausschusssitzung“, „Kurzschlussschutz“ oder „Messspitze“ ganz einfach Sehstörungen. Da ich auch an der typographischen Gestaltung der von mir übersetzten Drucksachen beteiligt bin, halte ich diese Regelung für einen absoluten Alptraum. Man hätte unbedingt bedenken müssen, daß es im Deutschen sehr viele Kombinationen mit "ß" und „s“ gibt. Die hätten sich natürlich nicht so eingebürgert, wenn es vor fünfzig Jahren schon die RSR gegeben hätte. Wie soll man diese Wörter aber nun wieder „ausbürgern“? Es ist außerordentlich mühsam, lange Pressemitteilungen ohne „daß" zu schreiben (weil man nicht weiß, an welche Zeitschriften die Mitteilung weitergereicht wird), oder einen Katalog für einen Kunden zu übersetzen, der „Messsysteme“ herstellt. Meine Kunden sitzen zumeist im Ausland und reagieren ziemlich ungläubig, wenn ich ihnen erzähle, daß man im Deutschen nunmehr drei gleiche Konsonanten aneinanderreiht. Meines Wissens gibt es keine europäische Sprache, in der man dies tut. Aber vielleicht finden Sie ja eine ... wäre interessant davon zu hören.

Auf die Fremdworteindeutschung und die von einem Kommissionsmitglied frei erfundene Herkunft gewisser Wörter (Quäntchen von Quantum!) will ich nun lieber nicht eingehen, das würde zu weit führen.

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Elke Philburn
09.10.2004 20.46
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Zitat:
Ursprünglich eingetragen von MasterProppa
Frau Philburn, Sie irren sich, wenn Sie annehmen, dass in der neuen RS Eszett durch ss ersetzt wird.

Ich fürchte, da haben Sie meinen Beitrag nicht richtig gelesen.

Aber mal allgemein: Selbst wenn Sie meinen, die 'neue' Rechtschreibung sei nicht viel besser und auch nicht viel schlechter als die alte: Meinen Sie nicht, daß der Schaden, der durch das Nebeneinander von zwei Rechtschreibungen entstanden ist, nur durch eine ganz erhebliche Verbesserung gerechtfertigt gewesen wäre? Immerhin hat man die Einheitlichkeit der deutschen Orthographie, die durch große Köpfe wie Duden gefördert wurde, ausgehebelt und damit auch ganz gehörig Verwirrung in der Bevölkerung gestiftet.

Stellen Sie sich mal vor, ein Patient läßt sich am Herzen operieren, liegt wochenlang im Krankenhaus, braucht monatelange Schonzeit – und am Ende erzählt man ihm, naja, die Operation sei vielleicht nicht in jeder Hinsicht so ausgegangen wie erwartet, aber sie sei auch nicht mißlungen und immerhin sei sein Herz nach der OP doch auch nicht schlechter als vorher. Also solle er doch froh sein und aufhören zu klagen. Die logische Schlußfolgerung wäre doch gewesen, daß man den armen Menschen lieber in Ruhe gelassen hätte, als ihn und seine Gesundheit mit Dingen zu belasten, die überhaupt keine Verbesserung einbringen, oder?
__________________
http://www.vrs-ev.de/

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Elke Philburn
09.10.2004 20.31
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Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer
Als ich zur Zeit der Schleswig-Holsteinischen Volksinitiative eher zufällig an die Unterschriftenstände geraten bin, wurde diese Liste massenweise verteilt. Ich habe sie nie ernstgenommen, weil sie ganz offensichtlich tendenziös war. Mir kamen mehr Fragen als Antworten, zudem fand die unredliche Methodik widerwärtig.

Was ist daran widerwärtig? Die Peilsche Wortliste widerlegt durch eine Fülle von Beispielen das, was die Reformer immer wieder behaupten, nämlich, daß die Widersprüche der „alten“ Rechtschreibung beseitigt worden seien. Meinen Sie nicht, daß es Selbstbetrug wäre, sich dieser Realität zu verschließen?
__________________
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Fritz Koch
09.10.2004 20.20
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Nicht jeder übersetzt oft Deutsch in slawische Sprachen

Aber die Wörter „stehen bleiben“ und „stehenbleiben“ eignen sich hervorragend, um daran die beiden Aspekte slawischer Verben zu erklären: „stehen bleiben“ = weiterhin stehen muß man mit einem slawischen imperfektiven (unvollendeten) Verb übersetzen, und „stehenbleiben“ = zum Stehen kommen muß man mit einem perfektiven (vollendeten) Verb übersetzen. Wenn es im Deutschen diese beiden Aspekte gäbe, würde sich der Bedeutungsunterschied zwischen „stehen bleiben“ und „stehenbleiben“ und die deswegen notwendige unterschiedliche Schreibweise von selbst ergeben. Hier entspricht der Bedeutungsunterschied genau dem unvollendeten und dem vollendeten Aspekt der beiden Verben.

Auch unterschiedliche deutsche Schreibweisen zwischen direkter und übertragener Bedeutung erleichtern und beschleunigen die richtige Übersetzung in Sprachen, in denen dafür ganz unterschiedliche Wörter gewählt werden müssen, wenn dort ein Wort nicht direkte und übertragene Bedeutung haben kann.

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Norbert Lindenthal
09.10.2004 18.51
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Re: Schreiberleichterungen - warum eigentlich?

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Monika Chinwuba
(wie z. B. 1901 -bei- anstatt vor 1901 -bey-, -lei anstatt -ley usw). Die Nachsilbe -lei wird heute kaum noch gebraucht, weil das -i- für das Auge nicht das auszusagen vermag, was das -y- ehedem auszusagen vermochte.

Schillers Vater unterschrieb an seinen Sohn mit
    Deijn Vater
Die Marbacher Museumsleitung stellte ein Schild daneben mit
    Deyn Vater
Irgendwie hatte ich das Gefühl, man unterstellt mir als Besucher, ich könne Schillers deutsche Schrift nicht lesen. Bißchen witzig hätte ich es gefunden, wenn das Schildchen jedenfalls nach
    Deÿn Vater
ausgesehen hätte. Ein Schriftsetzer sagte mir mal, das y habe sich aus ij entwickelt. Wenn das so ist, sieht mir y (für ij) zu fremdländisch aus.

Herrenleij heißt hier in Bad Ems ein versteckter wunderbarer Aussichtpunkt, ein hervorragender Fels. Ob das j abregnete oder ein y drübergemalt wurde, weiß ich nicht genau. Möchte wissen, ob Kindern in der Schule zugemutet wird, den Namen Leijendecker (öm Leyendecker) auf Leute zurückzuführen, die Dächer decken können. Womit wohl, mit hervorragendem Fels?
__________________
Norbert Lindenthal

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margel
09.10.2004 17.55
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Elementar

Hallo Kurt, ist Dir der Unterschied zwischen „stehenbleiben“ und „stehen bleiben“ wirklich nicht klar? Dann stehst du noch ganz am Anfang des Verständnisses einer differenzierenden und hochentwickelten Rechtschreibung. Der Kontext leistet im übrigen von allein gar nichts. Die Arbeit muß immer der Leser aufbringen, wobei es Fehldeutungen geben kann, die durch die Unterscheidungsschreibung von vornherein ausgeschlossen wären. Die Orthographie soll dem Leser dienen – oberster Leitsatz einer aufgeklärten Sichtweise.

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Detlef Lindenthal
09.10.2004 17.32
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Zitat:
Ursprünglich eingetragen von MasterProppa
Ich halte die neue [RS] aber für eine kleine Erleichterung für kommende Schülergenerationen.
Lieber Kurt,

mir scheint, daß Du hier gegen besseres Wissen Falschnachrichten ausgibst. In jeder Zeitung nach 1998 konntest Du erkennen, daß sogar die Fachleute deutlich mehr Fehler machen als früher. Auch in den Schulen haben die Fehler dramatisch zugenommen. Kritische Stimmen sagen, die „Reform“ sei unlernbar. – Oder worin meintest Du solle die „kleine Erleichterung“ bestehen?

Nun habe ich noch eine Frage (die mir allerdings noch kein Deutschlehrer beantworten konnte): Wo sollen die künftigen Zeitungsschreiber (nicht nur für F.A.Z., Spiegel und Springerzeitungen, sondern z.B. auch für den Focus und die taz) die dort verlangte lesefreundliche bewährte Kommasetzung lernen? In der Schule darf sie nicht mehr unterrichtet werden! (Von den §§ 71 bis 79 der angeblich amtlichen Regelung der deutschen Rechtschreibung sind 5 §§ Kann-Bestimmungen, von den übrigen vieren sind drei zueinander widersprüchlich ...).

Und wenn wir schon mal beim Fragenbeantworten sind: Würdest Du, wärest Du Kultusminister oder Deutschlehrer, es Dir zutrauen, den Kindern die Benutzung von bestimmten deutschen Wörtern (z.B. tiefgreifend, bekanntgeben, hierzulande, Handvoll ...) bei Strafe (Fehler, Zensuren, Mecker) zu verbieten?

Auf Antworten freue ich mich.

Gruß, Detlef

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Monika Chinwuba
09.10.2004 17.17
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Schreiberleichterungen - warum eigentlich?

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von MasterProppa
betrachte ich die alte Unterscheidung z. B. von stehen bleiben und stehenbleiben als nutzlos.

Hallo Kurt,
doch so ganz eingängig ist die neue Regel nicht. So ist zwar aus haushalten Haus halten geworden, aber aus krank schreiben krankschreiben. Über die neue Zusammenschreibung muß es vor der Übereinkunft eine Diskussion gegeben haben: warum sollen wir das jetzt zusammen schreiben?

Vielleicht weist die Zusammenschreibung darauf hin, daß nichts gegenständliches gemeint ist beim „krank schreiben“, sondern daß es eben übertragen gemeint ist, nämlich, wenn jemand schon krank IST, dann darf ihn der Arzt auch krankschreiben und muß ihn nicht erst krank schreiben.

Meiner Meinung hat übrigens die Reform von 1901 schon erbärmlich gewütet, und für das Auge Verständnishinweise vernichtet (wie z. B. 1901 -bei- anstatt vor 1901 -bey-, -lei anstatt -ley usw). Die Nachsilbe -lei wird heute kaum noch gebraucht, weil das -i- für das Auge nicht das auszusagen vermag, was das -y- ehedem auszusagen vermochte. In einer 'Augenkultur', wie wir sie heute angeblich haben, muß doch umso stärker darauf geachtet werden, daß die Zeichen das Komplexe einer Nachricht mitliefern, und nicht nur eine neutrale Information.

Es mag ja sein, daß die herkömmlichen Regeln auch nicht besser waren, aber ist dies ein Grund dafür, das Schriftbild zulasten des Lesers noch weiter zu vereinfachen? Wenn Du (hier) schreibst, was bezweckst Du denn dann: geht es Dir darum, zu schreiben oder geht es Dir darum, daß die Forumsteilnehmer Deine Nachricht in all ihrer Komplexität in ihren Denkapparat integrieren können, um Dir adäquat zu antworten?!
__________________
Monika Chinwuba

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MasterProppa
09.10.2004 16.34
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Frau Philburn, Sie irren sich, wenn Sie annehmen, dass in der neuen RS Eszett durch ss ersetzt wird. Es ist genau andersherum*, in der alten Rechtschreibung wurde am Silbenschluss ss durch Eszett ersetzt. Und das Ganze nur beim Buchstaben s. Andere Buchstaben können bekanntlich ganz ohne „Verdruß“ am Wortende und vor Konsonanten vorkommen.
Wie Herr Fleischhauer schon richtig sagte, habe ich nicht behauptet, dass die neue ss/ß-Schreibung grandios ist. Sie beseitigt lediglich eine Ausnahmeregel und ist somit eine kleine Schreib-Erleichterung.
Herr Malorny, die Regeln zur schriftlichen Wiedergabe des s-Lauts sind nicht einfach, das habe ich nie behauptet. Mir ist völlig klar, dass man mit der einfachen Umlerner-Regel „schreibe ss nach kurzem Vokal“ nicht weit kommt (Ergebnis, das …). Die alten Regeln waren keinen Deut einfacher, sondern ein kleines bisschen schwerer.
Die Frage ist also letztendlich, ob man der „Logik“ (Fluss, Flüsse; Fuß, Füße) und Phonetik (Paß – Maß; groß, goß – Fuß, Fluß; das ist nicht sehr phonetisch) oder der Ästhetik einiger weniger Wörter (Mißstand, Nußschale) den Vorzug geben sollte.

Ich habe nicht geschrieben, dass ich bei den abgeschafften Unterscheidungsschreibungen dreimal nachlesen musste, um aus dem Kontext das Gemeinte zu erkennen. Es ist in allen mir bisher untergekommenen Fällen sofort klar gewesen. Deshalb betrachte ich die alte Unterscheidung z. B. von stehen bleiben und stehenbleiben als nutzlos. Eine relativ große Schreib-Erleichterung, wenn man noch Ausnahmen wie baden gehen und fallenlassen beachten muss, ohne eine Leseerschwernis in Kauf nehmen zu müssen.

Herr Dräger, ich bewundere, dass sie nie im Wörterbuch nachschlagen müssen. Angesichts unzähliger mir völlig willkürlich vorkommender Schreibweisen (andersherum, verkehrt herum; *das musste ich nachschlagen), ist das eine ernorme Leistung – zu der aber die wenigsten in der Lage sein werden. Ich war – ohne angeben zu wollen – in meiner Klasse in Diktaten immer einer der besten Schüler. Dennoch käme es mir nicht in den Sinn, zu behaupten, die komplizierte Zusammen- und Getrenntschreibung völlig zu beherrschen. Weder die alte noch die neue.

Ich wollte ja auch nur klar machen, dass die neue Rechtschreibung keine Katastrophe ist, wie manche meinen. Sie ist genauso wenig perfekt wie die alte. Ich halte die neue aber für eine kleine Erleichterung für kommende Schülergenerationen. Ob sich der Aufwand dafür allerdings gelohnt hat, wage ich zu bezweifeln.

Viele Grüße
Kurt

(seien Sie bei meinem Nickname nachsichtig; was einem 15-Jährigen halt so einfällt)

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Monika Chinwuba
09.10.2004 16.08
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Re: Auch Intuition entsteht aus Regeln

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Georg Zemanek

für eine systematische Verhaltensweise, die wir an einem System von außen erkennen (Regel infolge Verhaltens). .. Für die natürliche Sprache kann man so gut wie keine Regel aufstellen, man kann nur ihre Regelhaftigkeit beschreiben.


Dieser sehr gute Beitrag von Herrn Zemanek trifft den Kern des Problems. Der Beitrag sollte auch in den anderen Einzelheiten Beachtung finden.

Die Sprache ist ein System mit vielfältigen Komponenten, Organisationen und Strukturen. Es kommt daher nicht darauf an, Regeln zu setzen, sondern wie in der Physik die Regelhaftigkeit nachzuweisen.

In einem anderen Forum geht zur NRS der Satz um: „Es handelt sich nur um ein paar Verschriftungskonventionen.“ Eine Konvention ist eine (zwischenstaatliche) Übereinkunft über das, was erzielt werden soll (hier die Vereinfachung der Rechtschreibung). Anschließend gehen die Sachbereiche daran, den Weg für eine Vereinfachung zu vermitteln (beispielsweise: bisher schwierige daß- oder Zusammenschreibung ändern). Jetzt treten die Fachleute auf, die die Wirkungen der vorgeschlagenen Änderungen im Gesamtgefüge „Sprache“ abprüfen und nur das als Vereinfachung nachweisen können (und dürfen), was eine Gelegenheit ergibt. Gibt es keine Gelegenheit, ist der Beschluß über die Vereinfachung der Rechtschreibung obsolet geworden. Würde man nicht gelegen kommende Änderungen vorschlagen und sogleich durchführen, würde das System gestört, was der ursprünglichen Zielsetzung zuwiderliefe.

Aber genau das ist passiert. Einmal kann Nachlässigkeit der Sachverständigen unterstellt werden, weil sie bei ihrem Änderungsangebot an die KMK nicht auf das Risiko einer Störung der Sprache als herrschendem System hingewiesen haben, den Fachleuten kann Nachlässigkeit unterstellt werden, weil sie nicht mit Nach-Weise-n (Darlegung von sprachlichen Regelhaftigkeiten) gearbeitet haben, sondern mit Wortableitungen, zum anderen kann man hoffen, daß Politiker das System Vertrag doch noch anwenden, das bei eingegangenen Verbindlichkeiten (Beschluß zum Eintritt der Reform am 1.8.2005) eindeutig vorschreibt, daß für das Ziel 'Rechtschreibungsvereinfachung' durch die herstellenden Fachleute ein Erfolg herbeigeführt werden muß. Im Gegensatz zu einer „Verschriftungskonvention“ einer kleinen Gruppe ist für die „Recht“-Schreibung meines Erachtens ein allseitiger Beschluß erforderlich.
__________________
Monika Chinwuba

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Klaus Malorny
09.10.2004 15.17
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Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer
Daß uns das Heysesche ss besonders „phonetisch“ vorkommt, ist kein Wunder. Das Phonetische bei Tüll, schwimm! nehmen wir überhaupt nicht mehr wahr, weil es völlig normal ist. (Im Englischen ist das ganz anders: to tip, tipping.) An jenes phonetische Prinzip werden wir bei Heyse immer wieder unsanft erinnert. Deshalb sagen wir uns, da kann etwas nicht stimmen, verleugnen alle Phonetik, glauben daß die Adelungsche Schreibung „ursprünglicher“ ist. Alles Einbildung!

Wo ist da ein phonetisches Prinzip? Es gibt doch im Deutschen auch viele Wörter, wo erst im abgeleiteten Fall eine Konsonantverdopplung stattfindet.

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Sigmar Salzburg
09.10.2004 15.15
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As und Plus sind letztlich lateinische Wörter, deren Ungleichbehandlung in der „Reform“ völlig willkürlich ist. Wie so oft in diesem Zusammenhang ist die Unterscheidungsschreibung „Aas“ nun sinnlos und könnte analog wie „Mus“ vereinfacht werden. Man sieht: ein „systematisierender“ Eingriff hier erzeugt Unlogik anderswo.

Im übrigen nervt die fortdauernd aufgewärmte ss-Diskussion. Wem Tradition und Lesefreundlichkeit als Grund für die Beibehaltung der bisherigen Regelung nicht genügen, der läßt sich auch nicht durch andere Gründe beeindrucken – noch nicht einmal durch die geringere Fehleranfälligkeit. Da Herr Fleischhauer offensichtlich kein ihn überzeugendes Argument gegen Heyse gefunden hat, müssen wir wohl annehmen, daß es ein solches nicht gibt und sollten das nicht noch weiter nutzlos breittreten.

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Sigmar Salzburg

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margel
09.10.2004 15.13
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Sehr schön

Sehr geehrter Herr Zemanek, Sie haben noch einmal in klaren, knappen Worten dargelegt, wie Orthographie entsteht und funktioniert. Vielen Dank! Die fundamentale Verkennung dieser Tatsachen ist der Geburtsfehler der Reform. Darum wird diese auf falschen Voraussetzungen gegründete, dogmatische Glaubenslehre sich auch nicht behaupten können. Wenn nicht mit einem Schlage, wie manche es gehofft hatten, so doch im Laufe der Zeit wird die reformierte Schreibung aufgrund der ihr innewohnenden Sprachwidrigkeit absterben, allen staatlichen Machtspielen zum Trotz. Die Gegner und Kritiker können und müssen also abwarten und natürlich trotzdem den Finger immer wieder in die Wunde legen. Prof. Jochems hat es ja auch noch einmal ausgesprochen. – Vergl.auch die Einleitung zum „Kritischen Kommentar“ von Th. Ickler.

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Klaus Malorny
09.10.2004 15.05
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Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer Und: Das neue ß ist sehr leicht zu handhaben, wie wir alle wissen. Es gibt hier keinen, der es nicht beherrscht.
Ja, Sie haben recht. Die neue Regelung ist für Altschreiber genauso einfach zu beherrschen wie die alte. Nur hat sie Nebenwirkungen, sowohl bekannte -- schlechte Lesbarkeit -- als auch neue -- mehr Schreibfehler in der Schule --, wie auch Prof. Marx festgestellt hat.

mfg.

Klaus Malorny

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