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Unsere Politiker und die RSR
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Theo Grunden
26.09.2004 18.07
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CDU im NRW-Landtag

Nachhilfe für Rot-Grün
So geht das nicht mit der Rechtschreibreform!


Rede von Michael Solf MdL vor dem Landtag Nordrhein-Westfalen, gehalten am 23. September 2004

(Es gilt das gesprochene Wort)

Anrede,

ein guter Pädagoge gibt keinen Schüler auf – niemals! Weil wir seitens der CDU-Fraktion dieser Maxime von ganzem Herzen folgen, stimmen wir dem vorliegenden Antrag im Wesentlichen zu. Verstehen wir ihn doch als eine Art Sonderförderung für die Landesregierung. Der Antrag soll es ihr ermöglichen, der Diskussion um die Rechtschreibreform in unserem Land besser folgen zu können. Und er tut das auch pädagogisch recht geschickt. Denn er verzichtet weitgehend darauf, die zu Fördernden aggressiv mit ihren mangelhaften Leistungen zu konfrontieren. Vielmehr geht er in guter sokratischer Tradition den Weg, die zu Belehrenden durch Fragen in die richtige Richtung zu leiten. Wenn diesem überaus bewährten pädagogischen Prinzip der neudeutsche Name „evaluieren“ aufgestülpt wird, so mögen Sprachpuristen dies bedauern. Sei’s drum. Weil die Richtung stimmt, will ich auch nicht lange über die Vielzahl sich dadurch selbst entwertender Superlative im Antrag weinen und mich auch nicht über den ein wenig holzschnittartig geratenen Schlußsatz grämen, der das Papier im lichten Ideengebäude der liberalen Weltanschauung verorten möchte. Ich setze ganz einfach den Leitgedanken meiner Fraktion zu dieser unheiligen Reform dagegen, der da lautet: „Prüfet alles und – nur – das Gute bewahret!“ (1 Th. 5, 21)

Schon vor zwei Jahren habe ich hier beschrieben, warum die Rechtschreibreform, so wie sie ist, blödsinnig ist. Ich habe damals gefleht, die Landesregierung möge doch bitte ergebnisoffen in eine vorurteilsfreie Überprüfung eintreten. Ich habe von Sprachästhetik und Sprachtradition gesprochen. Die Rechtschreibreform hat die gewachsenen Merkwürdigkeiten durch konstruierte Merkwürdigkeiten ersetzt. Die Kuriositäten, die da von Sprachplanern und Kultusbürokraten ausgebrütet wurden, sind Ihnen alle bekannt. Und die Hybris dieser Vordenker auch. Und was noch schwerer wiegt: Die Menschen in unserem Land wollen das Monster nicht. Das gilt nicht nur für die der Landesregierung leider wesensfremden Sprachkritiker wie Walter Jens oder Marcel Reich-Ranicki. Es gilt für Literaten wie Günter Grass und Martin Walser, es gilt für die meisten Journalisten, und es gilt auch für die Basis, für die Menschen, die im Alltagsleben schreiben. Und der vermeintlich emanzipatorische Ansatz, der die alte Rechtschreibung zur Geheimwissenschaft sinistrer Eliten und die neue Rechtschreibung zum luziden, für jeden Menschen leicht erlernbaren Verständigungssystem erklärt, ist vollends irrsinnig. Sprachbeherrschung in Wort und Schrift ist auch mit Hilfe der neuen Rechtschreibung nur dem zugänglich, der lernt, übt und immer wieder übt. Rechtschreibung war nie leicht und wird nie leicht sein. Die durchgepeitschte Rechtschreibreform ist eben auch so ein zu Gold emporgeredetes Jahrhundertwerk, das sich im Säurebad der Praxis als Blech erwiesen hat. Die Sinnverzerrungen sind schräg, schief und peinlich.

All das liegt auf der Hand. Aber unser rot-grüner Problemschüler begreift es nicht. Das ist wohl nicht in seinen intellektuellen Fähigkeiten begründet. Aber ich mache bei ihm drei Lernblockaden aus: Zunächst einmal konstatiere ich eine faszinierende Autoritätsgläubigkeit nach dem Motto „die Reform-Kommission hat festgestellt“. So etwas hätte ich unserem Schüler, der sich längst in der postpubertären Entwicklungsphase befindet, nicht zugetraut. Die zweite Lernblockade folgt aus einer fast noch erstaunlicheren Basisferne. Unser rot-grüner Schüler ist doch – so jedenfalls hört man es – basisdemokratisch sozialisiert worden. Warum will er dann nicht hören, was die Menschen in unserem Land wollen? Und drittens schließlich blockiert sein erstaunliches Trotzköpfchen jeden Erkenntnisfortschritt. Was scheren ihn alle Vermittlungsversuche der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, wenn sein aufgepumptes Ego nicht in der Lage ist, gemachte Fehler einzugestehen? Ich wage nicht zu beurteilen, ob dies aus einem mangelnden Selbstvertrauen erwachsen oder ob es angeboren ist. In jedem Fall schadet es.

Vor diesem Hintergrund kann ich unseren Bemühungen um ein rot-grünes Weiterkommen in Sachen Rechtschreibung nur ein finsteres Ende voraussagen. Sokrates hin, Sokrates her – auch dieser Antrag wird wieder abgelehnt werden. Wir werden uns am Ende einzugestehen haben, daß der rot-grüne Schüler nicht nur etwas Wichtiges nicht begreift, sondern daß er auch nicht lernen will. Leider – und das ist das Tragische – verhält er sich nicht nur beim Thema Rechtschreibreform so, sondern auf den meisten anderen Politikfeldern auch. Im Mai gibt’s Zeugnisse. Für seine Zukunft sehe ich schwarz!

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Fritz Koch
26.09.2004 18.01
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Wichtigere Probleme

Wenn ganz Deutschland wichtigere Probleme hat als eine grammatisch richtige Rechtschreibung,
dann haben auch die Schüler wichtigere Probleme, als richtig zu schreiben,
und dann haben auch die Lehrer wichtigere Probleme, als den Schülern deswegen schlechte Noten zu geben.
Herr Blüml von der Rechtschreibkommission meint jedenfalls, man dürfe das alles nicht so eng sehen. Die Schüler sollen sich auf ihn berufen.

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Theodor Ickler
26.09.2004 16.01
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Die Grünen und die Rechtschreibreform (Neufassung 28.9.04)


Im Sommer 2004 erhob mit Antje Vollmer eine grüne Politikerin ihre Stimme gegen die Rechtschreibreform. Sie verlangte im September sogar, die Kultusminister müßten sich bei den Schülern für die Reform entschuldigen. Das ist gewiß richtig, trifft aber auch auf die Grünen selbst zu. Sie haben sich seit 1996 immer und überall für die Durchsetzung der Rechtschreibreform ausgesprochen.
In der Bundestagsdebatte über die Rechtschreibreform vom 18.4.1997 ließ die Fraktion der Grünen nicht den einzigen sachkundigen Mann, Gerald Häfner sprechen, sondern Helmut Lippelt, der später auch die Kampfschrift „Widerworte. 'Lieber Herr Grass, Ihre Aufregung ist unbegründet' – Antworten an Gegner und Kritiker der Rechtschreibreform“ im Bonner Presseclub vorstellte, die der AOL-Verlag an alle Bundestagsabgeordneten verteilen ließ. (Häfner kam auf Antrag eines FDP-Abgeordneten doch noch zu Wort und sagt in drei Minuten, was zu sagen war.) Im gleichen Sommer meldete die Presse:
Im Streit um die Rechtschreibung sprachen sich die Grünen im Bundestag gegen einen Reformstopp aus. Deutschland habe wichtigere Probleme als die Frage, ob Thunfisch künftig auch ohne „h“ geschrieben werden könne. (dpa 21.6.1997)
Während einer Anhörung im Rechtsausschuß des Bundestages erklärte der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, die Amtssprache müsse der Schulorthographie folgen; er trat auch bei anderen Gelegenheiten für die Rechtschreibreform ein.
Als die FAZ zur bewährten Rechtschreibung zurückkehrte, „warf Grünen-Chef Kuhn den Kritikern 'Effekthascherei' vor.“ (NRZ vom 29.7.2000)
Die neue Rechtschreibung habe sich in der Gesellschaft und 'besonders an den Schulen' schnell durchgesetzt. Die neuen Regeln seien für die Kinder leichter zu begründen und ließen sich in Zweifelsfällen einfacher ableiten. Es mache keinen Sinn, wegen einer „fröhlichen Sommerloch-Diskussion'" die gelungene Reform in Frage zu stellen, betonte Kuhn: „Es ist nicht einzusehen, dass Kinder, Eltern und Lehrer jetzt durch eine Diskussion verunsichert werden sollen, die überflüssig ist wie ein Kropf.“
Als der Landtag von Schleswig-Holstein den Volksentscheid gegen die Rechtschreibreform annullierte, stimmte auch die Fraktion der Grünen zu, wenn auch mit Bedenken wegen des undemokratischen Verfahrens. Sie glaubte jedoch im Interesse der Schüler nicht anders handeln zu können. (Einzelheiten im Protokoll zur 93. Plenarsitzung vom 15.9.1999)
In Bayern vertraten die Grünen genau denselben Standpunkt wie Kultusminister Zehetmair. Petra Münzel erklärte schon in der Landtagsdebatte am 27.10.1995:
Mit dieser Rechtschreibreform werden viele Ungereimtheiten der deutschen Rechtschreibung, die den Schulkindern immense Schwierigkeiten bereiten und auch von Erwachsenen regelmäßig nicht beherrscht werden, ausgeräumt. Die Rechtschreibung soll also für die, die schreiben, leichter sein, ohne daß sich Nachteile für die Lesenden daraus ergeben. Ein lohnendes Ziel. Meiner Auffassung nach ist dies durchaus gelungen.
Gleichzeitig verriet die bildungspolitische Sprecherin der Grünen vollkommene Unwissenheit über den Gegenstand ihrer Rede. Am Schluß forderte sie den Minister unnötigerweise auf: „Sorgen Sie für eine baldige Umsetzung des Reförmchens.“ Kein Vertreter der Grünen außer Häfner ließ je eine genauere Kenntnis der Inhalte und Umstände der oktroyierten Sprachveränderung erkennen. Bei dieser Mischung von Ignoranz und obrigkeitlichem Durchsetzungswillen ist es bis heute geblieben. Die Bremer taz meldete am 10.8.2004:

Grüne: Weiter Delfin schreiben
Eine Kehrtwende bei der Rechtschreibreform würde Verwirrung und teure Folgekosten verursachen. Das sagte gestern die grüne Bildungspolitikerin Anja Stahmann. Allein für neue Schulbücher müsste Bremen einen zweistelligen Millionenbetrag ausgeben – Geld, das an anderer Stelle fehlen würde. „Wir brauchen dringend mehr Mittel für besseren Unterricht, beispielsweise für mehr Ganztagsschulen und Förderunterricht. Ich bin gegen eine Reform der Reform.“
Auf der Internetseite der Grünen in Hannover las man am 18.8.2004:
„Als gäbe es nichts wichtigeres (sic), wurde das Sommerloch zum Teil durch die neue Debatte um die Rechtschreibreform gefüllt. Über eine EU-Verfassung will man das Volk nicht abstimmen lassen, sehr wohl aber, ob es Portemonnaie oder Portmonee heißt. Wer nicht nur einfach mäkeln will, sondern auch sein eigenes Können testen will, findet einen kleinen Test unter ...“
Und die Grüne Jugend Niedersachsen meldete:
Chaos in der Schultüte
19.08.2004: (...) Die Grüne Jugend Niedersachsen (GJN) bedauert die Schülerinnen und Schüler, die nach der Sommerdiskussion um die Rechtschreibreform nicht mehr wissen, in welcher Rechtschreibung sie in Zukunft schreiben sollen. „Die Diskussion um die Rechtschreibreform muss möglichst schnell beigelegt werden.“ Sagt Josefine Paul für den Landesvorstand der GJN.
Zwar könnten sinnvolle Rücknahmen und Änderungen auch jetzt noch vorgenommen werden, die Diskussion um für und wider der gesamten Diskussion müsse im Interesse der SchülerInnen aber möglichst schnell vom Tisch, betont Paul. Grundsätzlich plädiert die GJN aber für ein Beibehalten der neuen, vereinfachten Rechtschreibung.
„Es darf nicht so weit kommen, dass zum Schulbeginn nur noch Chaos in der Schultüte zu finden ist und der Spaß am Lernen schon in der Grundschule verlorengehe, weil sich Politik und Verlage nicht einigen können, wie 'Schifffahrt' geschrieben werden soll.“
Wie die Bundespartei reduziert auch die Grüne Jugend das ganze Problem auf die immergleichen trivialen Beispiele (Tunfisch, Schifffahrt), die weit vom Kern der Reformkritik entfernt sind.

Am 17.9.2004 befaßte sich der niedersächsische Landtag mit einem Antrag der Grünen: „Deutsche Rechtschreibung konsequent weiter vereinfachen“. Die Abgeordnete Ina Korter setzte sich vehement für „die konsequente Umsetzung der beschlossenen Reform zum August 2005“ ein, wobei sie offenbar die bereits beschlossene Revision vom Juni 2004 gar nicht zur Kenntnis genommen hatte. Immerhin ließ sie auch die wirtschaftlichen Interessen der Schulbuchverlage nicht unerwähnt. Auf weitere Sicht will sie die „gemäßigte Kleinschreibung“ einführen, um das Deutsche „an europäische Standards anzupassen“. Solche Ideen waren vor gut dreißig Jahren besonders in GEW-Kreisen beliebt (vgl. Frankfurter Kongreß „vernünftiger schreiben“ 1973). Die gesamte Einlassung ist zwar sehr polemisch, zugleich aber von größter Oberflächlichkeit. Man hat seitens der Grünen offenbar nicht die mindeste Lust, sich gründlicher mit dem Gegenstand des milliardenteuren, pädagogisch und kulturpolitisch desaströsen Unternehmens zu beschäftigen.


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Th. Ickler

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Fritz Koch
26.09.2004 08.30
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Ich verrate nicht,

daß in der Südd. Zeitg. v. 25./26.9.04 im Feuilleton ein Bericht zur Rechtschreibung steht:
„Auf Länderebene, Mehrheit für Rechtschreibreform, Die überwiegende Mehrheit der Bundesländer will an der Rechtschreibreform festhalten. Auch soll an dem Termin für die verbindliche Einführung der neuen Schreibweisen an den Schulen zum 1. August 2005 nicht mehr gerüttelt werden. Dies wurde nach einem Treffen der Chefs der Länder-Staatskanzleien am Freitag in Elmau (Bayern) bekannt.“
(Auch schlechte Nachrichten müssen zur Kenntnis genommen werden.)

Für diese Politiker und Kultusminister findet man auf derselben Seite den passenden Namen aus der Schweiz der achtziger Jahre:

„Packeis“

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Norbert Lindenthal
26.09.2004 06.38
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Re: Bergreform

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Klaus Eicheler
25.09.2004 21.11
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Bergreform

Es gibt bei Bayrischzell, nicht weit vom Wendelstein, unter vielen anderen zwei Berge, die etwas Besonderes sind: Ihre Namen wurden reformiert. Der „Tagweidkopf“ heißt nun „Lacherspitz“, die „Lacherspitz“ nun „Tagweidkopf“ – so steht es seit 1995 in den amtlichen Karten.

Die Namensänderung hat eine Geschichte, die bis ins Jahr 1866 zurückgeht, als aus alten Flurkarten die eine oder andere Bezeichnung entnommen wurde. Im Jahr 1910 wurde dann die Felsspitze „Lacherspitz“ benannt, der runde „Kopf“ „Tagweidkopf“. So blieb es, bis 1995 die Namen der Berge vom Bayerischen Vermessungsamt ausgetauscht wurden – der Grund wäre der Wunsch der Bevölkerung. Dieser Grund hat einen Schönheitsfehler: Von den umliegenden Gemeinden wußte niemand davon. Die Bezeichnung in den amtlichen Karten hielten alle für einen Druckfehler.

In den „nichtamtlichen“ Karten stehen die Namen so, wie sie Einheimische und Wanderer seit jeher kennen, und wie sie von allen nach wie vor verwendet werden. Auf diesen Umstand hingewiesen, blieb das zuständige Finanzministerium stur: „Zahlreiche Gespräche seien der Umbenennung vorausgegangen“. „Die Sache ist endgültig entschieden. So bleibt es jetzt. Das Hin und Her ergibt keinen Sinn“, meinte das Bayerische Vermessungsamt dazu.

Reine Gewöhnungssache? Die Bergwacht meldet Bedenken an: Wohin soll sie kommen, wenn sie zu einem Einsatz gerufen wird?

Diese Woche kam nun die Rücknahme der Bergreform: Die „Lacherspitz“ heißt wieder „Lacherspitz“, der „Tagweidkopf“ wieder „Tagweidkopf“. Das Finanzministerium begrüßte die Einigung der umliegenden Gemeinden auf die neuen, alten Namen – allerdings gab es unter ihnen nie eine abweichende Meinung hierzu.

Mir ist nicht bekannt, ob 250 Millionen Euro für den Neudruck von Karten ausgegeben werden müssen oder sich wandernde Kinder vor lauter Verwirrung verirren. Aber: Wir erlebten soeben die erfolgreiche Rücknahme einer Bergreform.

http://www.roberge.de/frameexec.php?file=tour.php&id=133&swo=


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Klaus Eicheler

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Theodor Ickler
25.09.2004 13.29
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Stillemunkes ungenügend

Die hessische Kultusministerin verweist auf die Broschüre „Rechtschreibung gut erklärt“, die ihr Ministerium im November 2003 herausgegeben hat. Die Verfasser sind Uta Jeide-Stengel und Ministerialrat Christoph Stillemunkes, der Hauptverantwortliche für die praktische Durchsetzung der Rechtschreibreform in Hessen.

Schon das Vorwort von Ministerin Wolff enthält einen Kommafehler:

Dabei geht es auch darum die Chancen der Rechtschreibreform richtig zu nutzen.

Kommas sind im allgemeinen weggelassen, wo es nach der Neuregelung möglich ist:
Da musste der Herr über die listige Antwort seines Knechtes lachen und er beschloss sich in Zukunft besser zu benehmen.

Die Verfasser schießen aber wie die Ministerin selbst weit übers Ziel hinaus, indem sie obligatorische Kommas nach einem vorausweisenden Korrelat ebenfalls weglassen:
Ammen erzogen Säuglinge dazu das vorgesetzte Essen allein zu sich zu nehmen. (21)
Die Erziehung bestand vor allem darin das Gehorchen zu erlernen. (21)
und weitere Fälle (25, 42).

In der Einführung wird sogenannt fälschlich zusammengeschrieben – was nach der jüngsten Revision wieder zulässig ist, 2003 aber noch nicht richtig war.

Weitere Fehler:
um so (11, 13)
gespen-stisch (15)


„Richtig“ im Sinne der Neuregelung, aber grammatisch falsch: Das tat seiner Frau so Leid. (16)

Eine irreführende Erklärung findet man auf S. 33:

„Wie zwei Fliesen durch die Fugenmasse miteinander verbunden werden, so verbindet der Konsonant in einer Fuge zwei ursprünglich eigenständige Wörter zu einem neuen Begriff; dieser muss deshalb zusammengeschrieben werden.“

Die Zusammenschreibung hat nichts mit einem „neuen Begriff“ zu tun, und es entsteht auch kein neuer Begriff, ob man nun ein Fugenzeichen setzt oder nicht, vgl. arbeitsuchend/arbeitssuchend.

Der Plural von Fremdwort lautet Fremdwörter, nicht Fremdworte(47).

Die Regeln auf S. 30 sind zum Teil durch die jüngste Revision überholt.

Zehn von 27 auf die Rechtschreibung bezogenen Seiten (die letzten zehn Seiten der Broschüre behandeln die Wörterbuchbenutzung) gelten der angeblich so leicht gewordenen s-Schreibung. Die Zeichensetzung ist gar nicht behandelt, wohl aber die verhältnismäßig unwichtige Silbentrennung. Dabei wird ausdrücklich die Sprech-oder Klatschprobe empfohlen, nicht aber ihr Widerspruch zu der Sonderregel „Trenne ck wie ch und sch“ erörtert.

Bei der Groß- und Kleinschreibung wird die Artikelprobe empfohlen. Deren Anwendung ist bekanntlich mit großen Problemen behaftet. In der Broschüre wird mit Recht gemahnt: „Bei der Artikelprobe darf das zu bestimmende Wort niemals aus dem Satz herausgenommen werden.“ (19)

So kommt man allerdings niemals dazu, die Tageszeiten in Gefügen wie heute Abend groß zu schreiben. Der verschmolzene Artikel wird zunächst wie der freie behandelt (beim Laufen, zum Kochen 20), obwohl er für Schüler nicht ohne weiteres zu erkennen ist. In einem besonderen Abschnitt werden dann „feste Wendungen“ angeführt: im Allgemeinen usw. Warum aber auch für Jung und Alt groß geschrieben wird, ist nicht ersichtlich.

Fazit: Diese Broschüre aus dem „Bildungsland Hessen“ ist zwar großzügig gestaltet, erweist sich aber bei näherem Hinsehen als arm an Gehalt, sachlich überholt und erstaunlich fehlerhaft.


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Th. Ickler

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Theodor Ickler
23.09.2004 04.04
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Tatsachen und Anmaßungen

„Das Schriftsystem des Deutschen ist in seiner heutigen Form etwa seit der Mitte des 18. Jahrhunderts stabil.“ (Peter Eisenberg in HSK 10,2 (Schrift und Schriftlichkeit 1996), S. 1451)
„Die alte Rechtschreibung hat sich nicht bewährt.“ (Die hessische Kultusministerin Karin Wolff, Internet 2004)

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Th. Ickler

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Fritz Koch
18.09.2004 20.39
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Ist der "Ruck" nicht die Beschleunigungsänderung?

Aber eine kleinbuchstabige Bezeichnung für da/dt gibt es wohl nicht.

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Norbert Lindenthal
18.09.2004 17.42
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Schanghai ist vorbei


Foto und ß: Norbert Lindenthal, 18.9.2004, Koblenz am Rhein

Der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog erklärte einmal: „Ich habe mich nie mit der Rechtschreibreform befaßt. Ich befasse mich nur mit wichtigen Dingen.“ Und in Schanghai nannte er die Reform, aber auch die Aufregung darüber, „überflüssig wie einen Kropf“.

(aus einem Brief vom 26. Juli 2004 von Hans-Jürgen Grosser an Peer Steinbrück)

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Fritz Koch
21.08.2004 15.48
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Auch ein Kultusminister kann immerhin noch

als schlechtes Beispiel dienen. Und als Synonym für die allerhöchte Stufe der Sturheit: stur, sturer, Kultusminister (der Elativ).

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Klaus Malorny
21.08.2004 13.30
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Re: Frage

Zitat:
Sind denn – na, sagen wir: halbmassive – Beleidigungen die beste Waffe? Oder könnte man sich bessere Maßnahmen vorstellen? Wie wollen Sie mittelfristig mit dieser Lage umgehen?
Das ist ja das Problem, man ist machtlos gegen die Ignoranz und Sturheit von Politikern. Beleidigungen helfen da auch nicht weiter. Als mittel- und langfristige Strategie -- die keine ist -- schwirrt mir immer noch das Thema Auswandern durch den Kopf. Bislang habe ich das aber nicht ernsthaft verfolgt.

mfg.

Klaus Malorny

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Klaus Eicheler
20.08.2004 23.06
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Sprache und Schreiben

„Die Rechtschreibung hat nichts mit Sprache zu tun – sie verändert nicht das Sprechen“ habe ich irgendwo in einem Forum als Argument für die Reform gelesen.

Heute, Olympia-Berichterstattung im Radio: "... Medaille im liegend Schießen ...“. Da habe ich das Manuskript des Sprechers geradezu „akustisch gesehen“ – wo doch "Liegendschießen“ gemeint war ...
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Klaus Eicheler

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Norbert Schäbler
20.08.2004 22.21
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Ein Argument, das zählt!

Politiker haben es einfach. Ihre tagesform- und manchmal auch protektionsabhängigen Entscheidungen werden vollzogen in der Verwaltung.
Reagiert die Verwaltung nicht angemessen, wird sie ausgetauscht.
Wechselt die Regierungspartei, wechselt auch oft der Ressortchef.
In gleicher Weise wechselt auch die Demokratie zur Bürokratur.

Bürokratur hat etwas Dauerhaftes, selbst einen Atomangriff Überlebendes. Sie besteht aus dem undurchdringlichen, nach sozialen und marktwirtschaftlichen Grundsätzen gefertigtem Beton.

Man sollte sich überlegen, wie dieser Beton zu durchbrechen ist, ohne zugleich in den Ruch zu geraten, ein Außergesetzlicher (oder gar ein „Bin Laden“) zu sein.





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nos

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Detlef Lindenthal
20.08.2004 21.30
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10 gute Argumente??

Nun habe ich auch einige Anmerkungen zu den 10 angeblich guten Gründen für die RS„R“ aufgeschrieben; für Ergänzungen oder Berichtigungen bin ich dankbar.
Ich habe meine Gründe nicht abgeglichen mit den Argumenten von Herren Bolz und Paulwitz, man sollte die besten Begründungen zusammentragen.

Auch sollte diese Gegenüberstellungen in den Forenbereich „Argumente ...“ gestellt werden.



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Hessische Landesregierung
Ein Ja zur Rechtschreibreform
Vorwort von Kultusministerin Karin Wolff

10 gute Gründe für die Rechtschreibreform
10 gute Beispiele, die zeigen, dass die Reform logisch ist
10 gute Gründe, warum es kein Zurück geben kann


Vorwort
Wir haben ein Herz für die deutsche Sprache. Und weil wir dieses haben, muss Deutsch auch richtig geschrieben werden. Wer Fehler in der Rechtschreibung begeht, fällt unangenehm auf. Wenn Bildungsdefizite karikiert werden, werden diese häufig an Rechtschreibfehlern festgemacht. Mangelnde Kenntnisse der deutschen Rechtschreibung, besonders bei Auszubildenden, sorgen immer wieder für Diskussionen.

Diese Diskussionen erreichten aber bisher nie das Ausmaß, mit dem in diesem Sommer die Debatte um die Rechtschreibreform neuerlich vom Zaune gebrochen wurde. Klar ist: Man muss die Rechtschreibreform nicht lieben! Sie ist zweifellos eine Reform, mit der sich die Rechtschreibregeln einfacher und besser erlernen lassen als bisher. Und daher bietet sie die Chance, die Aufregung um die Rechtschreibdefizite der Schülerinnen und Schüler verstummen zu lassen.

Die Debatte um die neue Rechtschreibung, die von einigen Chefredakteuren angezettelt wurde, schürt Verunsicherung und Unklarheit, die auf dem Rücken und auf Kosten junger Leute ausgetragen wird. Hier geht es nicht darum, dass etwas Bewährtes noch besser wird. Um Inhalte geht es nicht. Es geht vielmehr um die Machtfrage, wer in diesem Land Politik gestaltet. Hessen setzt diesem Chaos politische Verlässlichkeit und inhaltliche Information entgegen. Politik heute so und morgen anders ist mit uns nicht zu machen. Nicht Zeitungsüberschriften bestimmen die Inhalte einer guten Politik, sondern die Richtigkeit des Inhalts muss die Orientierungsgröße für die Politik sein.

Die neue Rechtschreibung ist weder ein Buch mit sieben Siegeln, noch bedeutet sie den Untergang unserer Sprache. Polemik ist daher überflüssig. Vielmehr sind wir unseren Schülerinnen und Schülern eine sachliche Argumentation schuldig.

Wir informieren Sie über die Inhalte der Rechtschreibreform!

Karin Wolff
Hessische Kultusministerin

Auf den folgenden Seiten:

10 gute Gründe für die Rechtschreibreform

1. Einfachheit der Rechtschreibung
2. Alte Rechtschreibung – viele Ausnahmen untergraben die Regeln
3. Neue Rechtschreibung – bessere Erlernbarkeit und Handhabbarkeit
4. Das Stammprinzip wird gefestigt
5. Neue s-Schreibung
6. Keine Streichung beim Zusammentreffen von drei Konsonanten
7. Getrenntschreibung wird geregelt
8. Großschreibung von Substantiven wird gestärkt
9. Kleinschreibung bei festen Verbindungen von Adjektiv und Substantiv wird festgelegt
10. Trennung nach Sprechsilben


1. Einfachheit der Rechtschreibung


Konrad Duden, der Vater des Duden, forderte schon 1902, auf die Einheit der deutschen Rechtschreibung in allen deutschsprachigen Ländern müsse nun auch die Einfachheit folgen. Diese blieb allerdings für die folgenden Jahrzehnte eine Utopie. Im Gegenteil: Das Regelwerk der deutschen Rechtschreibung wurde zusehends undurchdringlicher.

Konrad Duden hat mit seinem diplomatisch und kulturpolitisch gelungenen Wörterbuch den Schlußpunkt für die jahrhundertelange Vereinheitlichung unserer Rechtschreibung gesetzt. An die „Vereinfachung“ hat er sich erst als Greis herangetraut; da wollte er dann plötzlich, daß wir so schreiben: Zal, Mel, Al, Bot, Schossee, Krist, Kor. Die Nazis wollten 1944, daß wir Fysik, Fase, Frase, Tema und Tomas schreiben. Doch sind Duden, Hitler und Bormann gestorben, bevor sich diese Änderungen durchgesetzt haben.

2. Alte Rechtschreibung – viele Ausnahmen untergraben die Regeln

Das bekannte Sprichwort „Ausnahmen bestätigen die Regel“ gilt vielleicht im Leben, nicht aber bei der Rechtschreibung. Zahlreiche Ausnahmen, Einzelfallregelungen und sich widersprechende Festlegungen machten die Rechtschreibung unübersichtlich und kompliziert. Resultat waren Probleme im Rechtschreibunterricht und schlechte Kenntnisse der Regeln nicht nur bei Schülerinnen und Schülern, sondern auch bei versierten Schreiberinnen und Schreibern.

Das stimmt nicht: Deutschlands Bücher hatten in den Jahren von (1500 und) 1850 bis 1996 eine vorbildliche, immer einheitlicher werdende Rechtschreibung. Daß die Rechtschreibkenntnisse der Lehrer und Abiturienten derart nachgelassen haben, ist hauptsächlich dem Fernsehen geschuldet.

Das mit den Ausnahmen (Einzelfallregelungen usw.) stimmt nicht; die deutsche Rechtschreibung hat sich nach leicht zu erfassenden Überregeln gerichtet, etwa:
1 Wort (z.B. lahmlegen) schreibt man zusammen, mehrere Wörter getrennt.
Dinge schreibt man groß, alle anderen Wortarten klein (z.B. „Es tut mir sehr leid.“ (leid ist hier ein Adverb, kein Substantiv; ebenso können [t]rotz, [w]eh usw. Dingwörter oder andere Wortarten sein.)
Zwar zweigten von diesen Regeln Unterregeln ab: Fürwörter, Zahlwörter klein, Mengenwörter (das Paar, das Dutzend, das Gros, das Hundert) jedoch groß, doch folgten all diese Unterregeln der vorgenannten Überregel.


3. Neue Rechtschreibung – bessere Erlernbarkeit und Handhabbarkeit

Die neue Rechtschreibung stärkt Prinzipien und Grundregeln, vermeidet Ausnahmen und baut Überregulierungen ab. Die richtige Schreibweise kann von einer Regel abgeleitet werden. Die neuen Regeln sind daher einfacher zu vermitteln und leichter zu lernen. Dies zeigt die Broschüre Rechtschreibung gut erklärt des Hessischen Kultusministeriums. http://www.kultusministerium.hessen.de (Presse/Publikationen – Broschüren).

Das stimmt nicht: „Reformiert“ heißt es 8-mal, aber 8fach und achtmal; Platz sparend, aber zeitsparend; Rad fahren, aber staubsaugen; Arbeit suchend, aber wohnungsuchend; Kosten sparend, aber kostendeckend; Staaten bildend, aber klassenbildend; Eis laufen, aber seiltanzen; warm laufen, aber heißlaufen; Musik liebend, aber tierliebend und so weiter ... die „Reformer“ haben Wortbildungsregeln zerstört und viele Wörter verboten.

4. Das Stammprinzip wird gefestigt

In der deutschen Rechtschreibung gilt grundsätzlich das Stammprinzip. Das bedeutet, dass sich die Schreibung eines Wortes nach seinem Stamm richtet, also dem Wort, von dem es sich ableitet. Der Stamm des Wortes länglich ist lang. Verstöße gegen dieses Prinzip sind in der neuen Rechtschreibung beseitigt. Das Wort Stengel (alte Rechtschreibung) hat seinen Wortstamm in Stange und wird daher jetzt Stängel geschrieben. Ebenso verhält es sich bei überschwänglich (früher: überschwenglich) und Überschwang.

Das Stammprinzip (Stange -> Stängel) gilt „reformiert“ nur manchmal: aufwändig wegen Aufwand, aber trotz aufwenden, jedoch nicht sprächen (trotz Sprache), mässen (trotz Maß), Ältern (trotzalt, älter), dänken (trotz Gedanke), fährtig (trotz Fahrt), märken (trotz Marke) und so weiter.

5. Neue s-Schreibung

Für das stimmlose s steht nach kurzem betontem Vokal ss, also Amboss (statt früher Amboß; nass statt naß). Das führt zu einheitlichen Schreibweisen – Fluss schreibt sich wie Flüsse –, wo früher Abweichungen gelernt werden mussten. Gemäß dem Stammprinzip bleiben auch hier die Schreibweisen gleich, z.B. küssen – sie küsst – er wurde geküsst ( früher: sie küßt, er wurde geküßt).

Nein, oftmals bleibt die Schreibweise nicht gleich:
schließen – Schloß; „reformiert“: Schloss
reißen – Riß; „reformiert“: Riss
genießen – Genuß; „reformiert“: Genuss ...
Die bisherige Regel war sehr einfach: Doppel-ss am Schluß bringt Verdruß.
Die neue ss-Schreibung hat sich als sehr fehlerträchtig erwiesen (Grüsse usw.)


6. Keine Streichung beim Zusammentreffen von drei Konsonanten

Bis 1991 wurden für den Fall des Zusammentreffens dreier Konsonanten insgesamt zehn Regeln entwickelt, was in solch verschiedenen Schreibungen wie Ballettänzer, Balletttruppe und Ballettheater gipfelte. Jetzt werden bei allen Versionen alle drei Konsonanten geschrieben (Balletttänzer, Balletttruppe und Balletttheater).

„... insgesamt zehn Regeln ... “ ist gelogen; es war eine einzige Regel: Wenn ein Selbstlaut folgt, wird von 3 gleichen Mitlauten einer eingespart. Die neue Nicht-Regel ist, zugegeben, etwas einfacher, das Ergebnis ist aber nicht besser zu lesen (z.B. Schlammmassen), gerade im Zusammenhang mit der ss-Schreibung: Schlosssee usw.; Mittag und dennoch erhalten nach wie vor keinen Dreifachmitlaut.

7. Getrenntschreibung wird geregelt

Verbindungen aus Substantiv und Verb (Rad fahren) sowie steigerbarem Adjektiv und Verb (übel nehmen) werden nach den neuen Regeln immer getrennt geschrieben. Bei der Kombination zweier Verben hing die Schreibweise bisher von den verschiedenen Bedeutungen dieser Kombination ab. „Er ist auf dem Stuhl sitzen geblieben“ aber: „Er ist in der Schule sitzengeblieben“. Im Widerspruch dazu wurden aber auch Worte zusammengeschrieben, ohne dass ein neuer Begriff entstanden war (spazierengehen); in anderen Fällen wurde trotz übertragener Bedeutung getrennt geschrieben (baden gehen). Die neuen Regeln verlangen jetzt in allen Fällen die Getrenntschreibung.

Nein, von einer ordentlichen Regelung kann man nicht sprechen, siehe oben unter 3.
Außerdem sind Hunderte von Wörtern verboten worden: sogenannte, lahmlegen, tiefgreifend, allgemeinbildend usw., was juristisch völlig unmöglich ist.


8. Großschreibung von Substantiven wird gestärkt

So werden jetzt alle Tageszeiten nach gestern, heute und morgen (gestern Nacht, heute Morgen) und Substantivierungen (der Einzelne, als Erster, im Dunkeln) konsequent großgeschrieben. Zugleich wird die Schreibweise bei feststehenden Ausdrücken vereinheitlicht (früher: mit Bezug auf, aber in bezug auf; jetzt: mit Bezug auf, in Bezug auf).

Erstens stimmt das nicht: es heißt nach wie vor morgen früh;
bis 1996: mit Hilfe, in Frage stellen, „reformiert“: mithilfe, infrage stellen.
Bei den Zahlwörtern und Verweisen herrscht Chaos: („reformiert“:) der Einzelne, aber der eine, der andere, das meiste, alles Weitere usw.


9. Kleinschreibung bei festen Verbindungen von Adjektiv und Substantiv wird festgelegt

Bei Verbindungen von Adjektiven und Substantiven, die keine Eigennamen sind, wird das Adjektiv jetzt immer klein geschrieben, also: schwarzes Brett, schwarze Liste, goldener Schnitt und goldene Hochzeit. Bisher hieß es: Schwarzes Brett aber schwarze Liste, Goldener Schnitt aber goldene Hochzeit.

Die Agenturen haben das von Anfang an nicht mitgemacht: Erste Hilfe und erste Hilfe sind nicht das gleiche, ein Schwarzes Brett ist meist gar nicht schwarz, der Goldene Schnitt ist nirgends golden.

10. Trennung nach Sprechsilben

Mehrsilbige Wörter werden jetzt so getrennt, wie es sich beim Sprechen ergibt. Das frühere Verbot der Trennung von st gilt nicht mehr (Wes-te, Kas-ten) und es kann auch ein einzelner Vokal am Wortanfang abgetrennt werden (A-der, I-gel).

„... so getrennt, wie es sich beim Sprechen ergibt“? Das stimmt überhaupt nicht: ext- ra (aber Ex- trakt), Ruma- roma, alla- bendlich, Kraftfahrzeuge- lektronik (Auto-Bild, 18.8.2004), Fuldau- ferweg, Tee- nager, Koche- cke usw. – und mit riesigen Unterschieden zwischen den einzelnen Wörterbüchern.

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Detlef Lindenthal

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