Verkehrte Welt
Peter Gallmann in (Schrift und Schriftlichkeit, HSK 10,2, 1996, Artikel 128: Interpunktion (Syngrapheme), S. 1460:
Die Kommasetzung bei Infinitivkonstruktionen macht Gallmann davon abhängig, ob es sich um einen kohärenten oder inkohärenten Infinitiv (im Sinne Gunnar Bechs) handelt. Da der Subjektsinfinitiv zumindest bei transitiven Verben stets inkohärent und daher eigentlich kommapflichtig sei, kommt Gallmann zu dem Schluß:
Es erstaunt darum nicht, daß die gegenwärtige Regel, daß Subjektsinfinitive, obwohl inkohärent, nicht mit Komma abgetrennt werden dürfen, häufig nicht beachtet wird die Regel ist ganz einfach nicht adäquat.
Zunächst ist zu bemerken, daß die von Gallmann angesprochene Dudenregel gar nicht auf den Begriff der Kohärenz Bezug nimmt. Das ist vielmehr Gallmanns Interpretation und Theorie zu den orthographischen Tatsachen. Die Dudenregel wird an dieser Theorie gemessen und für nicht adäquat befunden. Richtig wäre es, sie am Schreibbrauch zu messen. (Auch dann wäre die Dudenregel vielleicht inadäquat, aber das ist eine andere Frage.) Gallmann verwechselt, wie so oft, seine Theorie mit der Wirklichkeit und kommt dann an verschiedenen Stellen zu dem Schluß, die Wirklichkeit müsse (durch staatlichen Erlaß) geändert werden, damit sie zur Theorie paßt.
Nebenbei bemerkt: Da die Kohärenz als Inkorporation in das Prädikat definiert wird (ebd.), ist das Subjekt transitiver Verben selbstverständlich nicht kohärent; man könnte aber auch sagen, daß diese Frage sich hier gar nicht stellt.
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Th. Ickler
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