Sprachpfleger, deutsche
Unsere deutschen Anglizismen-Fighter schützen manchmal auch eine geradezu rührende Sorge um das Englische vor, das ja nun überall zu Bad English verkomme. Von englischer Seite ist das nur selten zu hören. In einem gewaltigen Land wie Indien (mit einem Dutzend großen und 1200 kleinen Sprachen) ist Englisch fast jedermanns Zweitsprache und das eigentliche Verständigungsmittel aller Bevölkerungsteile. Wie das funktioniert, mit wirklich sehr guten Zeitungen usw., das hat etwas ungeheuer Beeindruckendes und ist auch lehrreich für andere Regionen, die sich etwas zum Sprachenregime einfallen lassen müssen. Frankreich bekämpft seit je alle Abweichungen vom Pariser Standard, angefangen mit den Dialekten. Das Französische hat folglich keine Zukunft. Da helfen auch die Frankophonie-Konferenzen nicht, zu denen die ehemaligen Kolonien regelmäßig zusammengerufen werden.
In England spielt bekanntlich die Aussprache eine große Rolle als soziales Unterscheidungsmittel. Die Welt-Englische, vor allem das indische, laufen hier sozusagen außer Konkurrenz. Man sagt ja, daß Franzosen sich gleich abwenden, wenn jemand so schlecht französisch spricht, wie eine Milliarde Menschen englisch spricht und damit bei Anglophonen auf Wohlwollen bis Begeisterung rechnen kann.
Wie sehr die grundsätzliche Einstellung auch die Wahrnehmung verzerren kann, wurde mir vor ein paar Jahren klar, als ich mich in der FAZ über solche Fragen geäußert hatte. Ein wütender Verteidiger des Französischen (das ich natürlich gar nicht kritisiert, sondern bloß charakterisiert hatte) gab daraufhin zum besten, das Französische eigne sich überhaupt nicht zur Kreolisierung. Zufällig erschien in derselben Ausgabe der FAZ ein großer Artikel über das französische Kreol der Seychellen ... (von der besten Spezialistin auf diesem Gebiet).
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Th. Ickler
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