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Forum > Rechtschreibforum
ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge in regionalen Varianten
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Sigmar Salzburg
14.03.2005 07.52
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Zu dem Munske-Zitat von Klaus Kolbe

Das ß ist das eigenartigste Zeichen der deutschen Orthographie. Es stammt aus gotischen Kursivschriften des Spätmittelalters und geht wohl, wie der Name sagt, auf eine Verbindung von langem s und sog. geschwänztem z zurück. (Horst Haider Munske)

Um 1500 gibt es in den Kursivschriften das ß aus langem s mit einer angehängten, nach links überzogenen Schleife, ein ß anscheinend aus langem s mit einem herangeschobenen geschwänztem z, dann dasjenige in einem Zug, das eigentlich nicht mehr an ein z erinnert, und das ähnliche italienische Kürzel aus langem und rundem s. Wenn Max Bollwage meint, das ß sei ein eigenständiges Zeichen, entstanden als alten Kanzleikürzeln, dann dürfte das zumindest auf die erste Form zutreffen. Daß um 1460 nicht an eine Verbindung aus s und z gedacht wurde, könnte die vereinzelte Schreibung ſß, z.B. „laſß“ (Lochamer Liederbuch) nahelegen.

In den romanischen Sprachen war das ß eher eine unverbindliche verkürzende Ligatur. Im Italienischen konnte es naturgemäß am Wortende nicht auftreten. Im Deutschen dagegen entfaltete es seine leserfreundliche, ästhetische Wirkung als Schlußzeichen über 600 Jahre lang. Nun muß sich die Mehrheit der Deutschen, die das beibehalten will, denunzieren lassen als „einige Hochwohlgeborene“, die „ glauben, sie müßten“ die von oben verordnete „Reform“ „aus ästhetischen oder sonstigen Gründen nochmal korrigieren“ (Müntefering).

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Sigmar Salzburg

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Klaus Kolbe
13.03.2005 00.11
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Das ß

Auch zu diesem Thema wird man bei Horst Haider Munske in seinem Buch „Die angebliche Rechtschreibreform“ (zu beziehen bei Herrn Dräger im Reichl Verlag) fündig.
Nachfolgend Auszüge aus seinem Buch:

V.
Das ß

Das ß ist das eigenartigste Zeichen der deutschen Orthographie. Es stammt aus gotischen Kursivschriften des Spätmittelalters und geht wohl, wie der Name sagt, auf eine Verbindung von langem s und sog. geschwänztem z zurück. Solche Buchstabenverbindungen erleichtern das schnelle Schreiben. Diese Praxis fand später auch Eingang in den Buchdruck. Es entstanden sog. Ligaturen, das heißt zwei miteinander verbundene Bleilettern. In den Frakturschriften des 16. Jahrhunderts ist das ß allgemein üblich und fand auch Eingang in europaweit verbreitete Antiquaschriften. Dor wurde es als Verbindung von langem s und rundem Schluß-s umgedeutet. Eine komplizierte Lebensgeschichte. Im 19. Jahrhundert verschwinden langes s und ß aus den europäischen Antiquaschriften, nachdem auch die Frakturschrift ungebräuchlich geworden war – außer in Deutschland, wo Fraktur und ,deutsche‘ Schreibschrift bis zur Abschaffung durch Hitler im Jahre 1941 allgemein üblich bleiben. So konnte das ß zu einem Kennzeichen und Symbol deutscher Orthographie werden.
Die Verwendung des ß ist begrenzt: nie am Anfang, niemals groß geschrieben. Scharfes s nennen es manche, denn es steht immer nur für stimmloses s, nie für stimmhaftes. Darin unterscheidet es sich vom einfachen s, das sich auf beide Laute beziehen kann. Es gibt mehrere Verwendungen des ß: im Inlaut nach Langvokal und Diphthong steht es für stimmloses s, um es vom stimmhaften zu unterscheiden. So können wir Muse und Muße, reisen und reißen, die sich lautlich unterscheiden, auch in der Schreibung erkennen. Ferner als Schluß-ß nach kurzem Vokal und in dem Wörtchen daß. Beides soll künftig beseitigt werden.
Ist es hier überflüssig? Wir wollen verstehen, wozu es dient. Das sogenannte Schluß-ß tritt auf, wenn eigentlich ss nach Stammprinzip zu erwarten wäre. Statt muss wie in müssen steht muß, statt müsste steht müßte. Das ß übernimmt damit eine zusätzliche Information, die über den Lautbezug hinausgeht. Es sagt uns: Hier endet das Wort muß oder der Stamm müß-. Was ist damit gewonnen? Es ergänzt die Information von Wortzwischenräumen, Interpunktion und Großschreibung. Solche Grenzsignale sind ein wichtiges Merkmal leserorientierter Schriftsysteme. Meist wird der Wortbeginn markiert, die Kennzeichnung des Stamm- oder Wortendes erfolgt seltener. Das ß ist dazu das einzige Mittel. Dazu dient es seit seiner Entstehung. Eine besonders wichtige Funktion hat es in Zusammensetzungen wie Ausschußsitzung, Mißstand, Eßsaal oder Schlußsatz. Hier zeigt es die Kompositionsfuge an und erleichtert es, die Teile des zusammengesetzten Wortes zu erkennen. Diese Erleichterung des Lesens sollte man nicht ohne Not über Bord werfen.


VI.
Zum Wörtchen daß

Gute Gründe haben also dazu geführt, daß die Unterscheidungsschreibung selbst in der sogenannten Rechtschreibreform beibehalten wurde. Warum dann aber eine Schreibänderung von daß zu dass? Offenbar sollte dem Schluß-ß unbedingt der Garaus gemacht werden. Dabei gab es gute Gründe, am daß nicht zu rühren. Doppelkonsonanten sind nämlich in unserer Rechtschreibung vor allem flektierbaren Wörtern vorbehalten, um ein Gelenk zwischen zwei Silben bilden zu können (Män-ner). Unflektierbare Einsilber wie in, mit, bis schreibt man zu Recht nur mit einfachem Konsonanten. Will man also weiterhin Pronomen und Konjunktion in der Schreibung unterscheiden, dann ist dafür das Sonderzeichen ß am besten geeignet. Es hebt auch durch seine graphische Oberlänge die Konjunktion daß gegenüber dem Pronomen das ab. Die Weisheit historischer Entwicklung ist auch hier den falschen Vereinfachungen von Reformern vorzuziehen. Das bestätigt auch die erhöhte Fehlerquote der neuen ss-Schreibung.

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Ursula Morin
02.12.2004 22.14
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Totaler Wahnssinn ...

Die neue „ss“-Schreibung gehört schleunigst abgeschafft, sie ist offensichtlich gehirnschädigend. Beispiele – bei einem einzigen Zugriff auf Google auf der ersten Seite:

GERUCHSVERSCHLUß (der einzige Fehler, den man auch früher häufig sehen konnte)

dann:
Einbau eines Geruchsverschluss
Montage eines Geruchsverschlußes

Rohrstück, dass derart gestaltet ist, dass es durch Zurückhalten geringer Wassermengen ...

Ich habe schnell wieder „zugemacht“ – vielleicht leide ich ja an Halluzinationen ...

Kann mir übrigens jemand erklären, weshalb „das“ und „dass“
verwechselt werden. Man kann doch die Schreibweise u.a. auch an der Aussprache erkennen – „das“ mit etwas längerem Vokals als „dass“ – oder gilt das nur für Schwaben, die kein Hochdeutsch können?






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Reinhard Markner
03.11.2004 18.40
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Vgl. auch

Weimarisches Jahrbuch für deutsche Sprache, Literatur und Kunst, hrsg. von Hoffmann von Fallersleben und Oskar Schade. – Hannover : Rümpler, 1.1854 – 6.1857; damit Ersch. eingest.

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Sigmar Salzburg
03.11.2004 09.57
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Frühe Heyse-Schreibung

Das bisher einzige Buch in historischer Heyse-Schreibung, das mir unter die Augen kam, ist plattdeutsch und erträglich durch die Frakturschrift:

Klaus Groths Gedichtband „Quickborn“, in der Bearbeitung und mit Glossar von Prof. Karl Müllenhoff 1855, Ausgabe im F.W.Hendel Verlag, Meersburg 1930.

Druck in Fraktur: S. 270 …Voſs, …Oſs, S.271 …de Haſ’, …je’n Spaß. Naturgemäß ist das „ß“ äußerst selten: Droßel, Preißen, Blumenstruß, Karbüßel („Kombüse“, Hütte). Bemerkenswert: Schöſſteen (Schornstein).

Die Aussprache will Müllenhoff auch mit weiteren Sonderzeichen andeuten.

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Sigmar Salzburg

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Karsten Bolz
25.05.2004 10.49
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Re: Schloßstraße versus Schlossplatz

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Karin Pfeiffer-Stolz
... Ist dieser Vorschlag wirklich gemacht worden?
Wer hat ihn gemacht?
Ich bin von einem Redakteur danach gefragt worden.
Danke für rasche Antwort!

Nachzulesen in der WELT vom 24. März 2003 (zu finden u. a. bei http://www.vrs-ev.de/forum/viewtopic.php?t=330&highlight=deutsche+akademie+sprache+dichtung):

Totgelaufen oder tot gelaufen?

...
Gewiss erfreulich: Die Dreifachhäufung von Konsonanten wird zurückgenommen (Schlammasse statt Schlammmasse), und bei Streßsituation (statt Stresssituation) kehrt sogar das „ß“ zurück.
...

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Karsten Bolz

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Reinhard Markner
25.05.2004 10.40
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Schlossplatz, aber Schloßstraße

Dieser „evident dumme“ Vorschlag der Darmstädter Akademie stammt aus dem Jahr 1999 und hat in die im Frühjahr 2003 publizierte Buchfassung ihres Kompromißvorschlags Eingang gefunden. Schon Daniel Sanders hat Ende des 19. Jahrhunderts mit der Heyseschen ss-Schreibung im Verbund mit zwei verschiedenen ß experimentiert. Das ist alles ganz fruchtlos. Der einschlägige Satz aus ihrem offenen Brief übrigens („Aus verschiedenen „Strassen“ in Deutschlands Orten erreichen uns Briefe, deren Schreiber sich höflich und mit „freundlichen Grüssen“ verabschieden“) ist wirklich brillant.

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Norbert Schäbler
25.05.2004 10.19
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Ohne Gewähr

Der Vorschlag wurde meines Wissens von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung (Darmstadt) vor etwa zwei Jahren unterbreitet.
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nos

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Karin Pfeiffer-Stolz
25.05.2004 09.39
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Schloßstraße versus Schlossplatz

Habe ich das gelesen oder geträumt:
Um die Dreifachschreibung sss zu vermeiden, wird vorgeschlagen, künftig so zu schreiben:
Schlossplatz aber Schloßstraße
Bassgeige aber Baßstimme
Esslokal aber Eßstörung
?

Ist dieser Vorschlag wirklich gemacht worden?
Wer hat ihn gemacht?
Ich bin von einem Redakteur danach gefragt worden.
Danke für rasche Antwort!
__________________
Karin Pfeiffer-Stolz

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J.-M. Wagner
04.04.2004 18.32
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Betrifft: Morphemfugen

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer
Lieber Herr Wagner,
Sie haben völlig recht: Ich muss zurücknehmen, dass das Heysesche sss ein wirklicher Nachteil ist. Da hat auch mein ästhetisches Vorurteil hineingespielt. Ich drücke mich noch einmal anders aus: Dass Morphemfugen bei Adelung manchmal besser erkennbar sind, ist ein Argument, das so gut wie nichts wiegt. Vermutlich.
Einverstanden?
Nein: Solange Sie nicht begründen, worauf Sie Ihre Vermutung stützen, bin ich nicht einverstanden.
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Jan-Martin Wagner

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J.-M. Wagner
04.04.2004 18.21
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Fusball

Auf diese Variante war ich noch gar nicht gekommen. Ihre Existenz unterstreicht, worauf ich hingewiesen habe: Es geht bei der s-Schreibung eben nicht nur um die Frage ss oder ß. Allerdings muß man auch die Relationen sehen (und diese mit der Häufigkeit anderer Falschschreibungen vergleichen, aber das mache ich jetzt nicht): Google lieferte mir für „fußball -fussball“ ca. 2,480,000 Treffer, für „fussball -fußball“ ca. 1,940,000 Treffer und für „fusball -fußball -fussball“ ca. 8,030 Treffer (soweit ich weiß, ignoriert Google die GKS).

Insgesamt erhebt sich für mich dabei die Frage, welche der „ß-haltigen“ s-Schreibungsregeln von ihrer Konzeption her weniger zu derartigen Falschschreibungen verleitet. Was halten Sie von dieser Fragestellung, Herr Fleischhauer?
__________________
Jan-Martin Wagner

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Norbert Schäbler
04.04.2004 10.12
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Karfreitag naht schneller als Ostern

Zugegeben:
Ehrfurchtsvolles Staunen hat eine religiöse Dimension, allerdings auch ein Stück Naivität.
Bedenklich wird nämlich derartiges Staunen, wenn es sich zu einer Art Ekstase steigert, wenn beispielsweise 15 Leute – (so viele braucht man mindestens) – eine 1000jährige Eiche umfassen, vor selbiger in die Knie fallen und sich mit der Ehrwürdigen zu unterhalten beginnen.

Salonfähiger:
... scheint da schon das wissenschaftliche Staunen. Das ist ein solches, das sich aus dem Wald einige Paradebäume herauspickt und diese in Atome zerlegt.
Veröffentlichte man doch daselbst kürzlich folgende absolut sachbezogene Experiment-Erkenntnisse.
Man habe, beim Untersuchen der Adelung`schen Edelbuche festgestellt, daß im teutonischen Urwald (sozusagen im germanischen Kerngebiet) 80 Millionen Menschen in stiller Gläubigkeit und ritueller Praxis der Buche Rauchopfer darbringen, wobei man über derartige Naivität ja nur lächeln könne, was u.a. eine alte Dame aus einem aufgeklärten Kanton auch lauthals tue.
„Buche“, so die Schlußfolgerung, „ist lediglich Hartholz“.

Noch ein Schlußgedanke zur Karwoche, die am heutigen Tag mit „Hosianna“ beginnt und genau sieben Tage später mit „Auferstehung“ endet.
Zwischendrin liegt bekanntlich Karfreitag „Nacht“ – symbolischer Termin, der treffend das dünkelnde wissenschaftliche und weltliche Tun skizziert.


– geändert durch Norbert Schäbler am 04.04.2004, 16.36 –
__________________
nos

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Wolfgang Scheuermann
04.04.2004 09.20
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Wahre Warnung - Fusball kommt vor dem Ei

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Damit die Auferstehungsfeier wirklich stattfinden kann, bedarf es noch einiger Vorbereitungen; dabei dürfte es aber mit dem Plazieren von ein paar Ostereiern nicht getan sein...

Vor gut einem halben Jahr schrieb Herr Fleischhauer, sich auf mich beziehend, auf diesen Seiten: „Ich glaube wir verstehen uns ganz gut. Ich habe jedenfalls keine nennenswerten Einwände.“ Jetzt sind wir offenkundig nicht wesentlich weiter. (Das Verteilen von Ostereiern ist also in der Tat verfrüht – aber es ist ja noch ein bißchen Zeit.)

Ich gebe Herrn Fleischhauer insofern recht, als sich die Problematik mit der Zeit nicht entschärft; eher ist das Gegenteil der Fall.
Während die Mehrheit der in diesem Forum Vertretenen die möglichst baldige Rückkehr zur ss/ß-Schreibung vor der Rechtschreibreform bevorzugt, Herr Fleischhauer dies (aus ganz überwiegend theoretischen Erwägungen) immer wieder in Zweifel zieht, driftet ein größer werdender Teil gerade der jungen Menschen ab in ein (von vielen Seiten lautstark beklagtes) Rechtschreib-Chaos.

Angeregt durch den Hinweis von Herrn Fleischauer, mir den „Ickler“ vorzunehmen, habe ich mir den § 4 noch einmal genauer angeschaut. Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß weder dieser Paragraph (noch seine gekürzte Darstellung auf S. 16) noch der Hinweis von margel („Liebe Gewohnheit, sonst nichts“) der „Rechtschreibwirklichkeit“* vor der Rechtschreibreform tatsächlich entsprechen. (§ 4 ist eine gute „Regelbeschreibung“ i.S. dessen, was ich vor ein paar Tagen hier mal geschrieben habe**, NUR Gewohnheit führt wahrscheinlich bei der Vielzahl der möglichen Einzelfälle nicht zu der vor der Reform zu beobachtenden Fehlerarmut.)

Ich habe gerade einen Google-Ausflug hinter mir, bei dem es mir um folgendes ging: Ich hielt die von Ickler beschriebene „Einzelbuchstabigkeit“ des ß für kein praktisch relevantes Problem und ging von folgender Hypothese aus: Im allgemeinen wäre der ss-Charakter von ß auch in draußen, außen, Straße, heißen etc. klar, es dürften also viele Fehlschreibungen mit doppeltem s vorkommen (wie dem ja auch so ist). Aber allenfalls in den Gegenden Deutschlands, in denen das stimmhafte s fast nicht (oder gar nicht) genutzt wird (also vorzugsweise in Süddeutschland) würden (seltenst) Fehlschreibungen wie drausen, ausen, Strase, heisen etc. auftauchen.

Diese Hypothese wurde durch meinen Ausflug nicht bestätigt. Man muß zwar u.U. eine ganze Reihe von Algorithmen ausprobieren, um Eigennamen usw. auszuschließen, aber das Ergebnis ist: Selten ist „drausen“ etc. nicht gerade – besonders offenbar in Internet-Foren. Und eine regionale Differenzierung zeigte sich mir jedenfalls nicht.

Davon angetrieben, prüfte ich noch: Wieviele Fundstellen liefert »„Fusball“ -„Fußball“«, eingeschränkt auf „Seiten aus Deutschland***"? Beeindruckend!

FAZIT: Wir brauchen GANZ einfache Leitlinien. (Meines Erachtens darf, nein muß, da Einfachheit vor Präzision gehen.)



* = i.S. dessen, was sich beim Schreibenden vollzieht, während er schreibt
** wobei ich immer auf einen Laienbonus setze
*** 15.300


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Dr. Wolfgang Scheuermann

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Wolfgang Scheuermann
03.04.2004 15.57
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Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer
... man trennt nach Sprechsilben. Ob man die Aussprache oder die Trennbarkeit zum Kriterium macht, ist deshalb eigentlich gleichgültig.

Wenn ich ein einsilbiges Wort habe, kann ich natürlich auch nicht trennen: Piß, pißt. Wenn ich mehrsilbige Wörter habe, ist der Begriff „Aussprache“ hier inzwischen so auf die Vokallänge zentriert, daß die Trennbarkeit durchaus eine sinnvolle Differenzierung darstellt.

Zitat:
Dass man vor der Reform beim ß kaum Fehler machte, hat eher etwas mit dem Gedächtniß (wegen Gedächtmis-se; ich benutze einmal Ihre Regel) zu tun als mit Anwendung von Regeln.

Zu Gedächtniß hat Sie was für eine Regel geführt? (Mein „Probeschuß" kann es ja wohl nicht gewesen sein.)

Zitat:
Sie glauben doch nicht etwa, dass man bei jedem Wort mit s am Schluß nach dessen Trennbarkeit gefragt hätte!

In der Tat nicht. Ergibt sich ja wohl von selbst.

Zitat:
Übrigens trennt man „pis-sen“.

Wieso übrigens? Hat irgendjemand (ich vielleicht gar) etwas anderes behauptet?

Zitat:
(Kleiner Tip: Lesen Sie mal Ickler, §3.)

Kann man sicher immer wieder mal lesen. Welchen Anlaß sahen Sie jetzt konkret zu diesem Hinweis?

Trage ich Scheuklappen? In diesem Beitrag habe ich kein ernsthaftes Argument gefunden. (Ostern kommt doch erst!)

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Dr. Wolfgang Scheuermann

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Stephan Fleischhauer
03.04.2004 15.02
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Lieber Herr Wagner,
Sie haben völlig recht: Ich muss zurücknehmen, dass das Heysesche sss ein wirklicher Nachteil ist. Da hat auch mein ästhetisches Vorurteil hineingespielt. Ich drücke mich noch einmal anders aus: Dass Morphemfugen bei Adelung manchmal besser erkennbar sind, ist ein Argument, das so gut wie nichts wiegt. Vermutlich.
Einverstanden?
Zur Empirie: Die Heyse-Schreibung hat ja noch niemand richtig verinnerlicht, dazu reichen sieben Jahre nicht. Man könnte aber einen Schweizer Adelungsche und Schweizer Texte korrigieren lassen. Er hat ja beide Schreibungen drauf. Man könnte auch sein Lesetempo in beiden Textsorten untersuchen. Oder ihn einfach fragen, welche Texte er „angenehmer“ findet. (Ich hatte mich einmal mit einer Schweizerin per E-Mail ein bisschen darüber ausgetauscht. Wir alle können ja mal ein bisschen herumfragen!) Man muss dann noch berücksichtigen, dass die Heysesche Schreibung der Adelungschen näher ist.
Zu den ästhetischen „Kriterien“: Sie lassen sich nicht verallgemeinern. Und sie sind wandelbar. Auf eins können wir immerhin achten: Wie äussern sich andere Menschen über die Reform? Was heben sie dabei besonders hervor? Welche Bereiche akzeptieren sie, welche halbwegs, welche überhaupt nicht? usw.

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