JU = Jacobs für die Union
Junge Union
Bezirksverband Mittelfranken
Geschäftsstelle Mittelfranken
Ansbacher Str. 20
91413 Neustadt
Beschluß der Bezirksvorstandschaft vom 17.09.1997
Beschluß:
Die Bezirksvorstandschaft der Jungen Union Mittelfranken spricht sich nachdrücklich gegen die geplante Rechtschreibreform aus
Begründung:
Die deutsche Sprache ist wie jede Sprache etwas Gewachsenes. Sie kann nicht so einfach und radikal „verbessert“ werden.
Die Reform stellt zudem keine Vereinfachung dar, wie vielfach behauptet wurde, sondern sorgt nur für Verwirrung. Die Regeln sind kompliziert und in sich widersprüchlich („Es tut mir weh : „Es tut mir Leid“, „segelfliegen“ : Rad fahren“). Weiterhin sind extrem viele Ausnahmen zu diesen Regeln zu finden, was die Rechtschreibung nicht eben vereinfacht.
Eine wirkliche Vereinfachung wäre es zum Beispiel gewesen, das unbeliebte ß ganz durch ss zu ersetzen. Statt dessen soll es nach kurzem betontem Vokal wegfallen (Fass statt Faß, Fluss statt Fluß, aber: Maß, fließend). Da in den verschiedenen Regionen Deutschlands unterschiedliche Dialekte und Sprachweisen verbreitet sind, dürfte es schwer werden, diese Regelung durchzusetzen.
Eine weitere Schwierigkeit taucht bei der Schreibung von Fremdwörtern auf. Fremde Worte werden ungeachtet ihrer Herkunft eingedeutscht. Dies entspricht nicht dem europäischen Geist. Man sollte entweder mehr Respekt vor anderen Sprachen haben, oder gleich so konsequent wie Frankreich auf eine reine Sprache achten (Delphin : Delfin, Spaghetti : Spagetti. Thunfisch : Tunfisch, Orthographie : Orthografie, aber: Apotheke, Strophe).
Für die Bevölkerung ergeben sich Nachteile: Ältere Mitbürger müssen sich radikal umstellen, da ansonsten eine Schüler- und Amtssprache entsteht. Im ungünstigsten Fall gibt es dann also zwei deutsche Sprachen, wie dies in der „Dresdner Erklärung der Kultusministerkonferenz zur Neuregelung der Rechtschreibung“ vom 24./25 Oktober 1996 in Punkt 2 erwähnt ist („Tatsächlich betrifft die geplante Neuregelung ausschließlich das Schreiben in Behörden und Schulen“). Dies sollte nicht die Absicht dieser „Reform“ sein.
Es erscheint unsinnig, ein Vorhaben, mit derart weitreichenden finanziellen Konsequenzen zu realisieren. Schließlich müssen nicht nur die Lese- und Sprachbücher in den Schulen ausgetauscht werden, was ja sowieso einen immensen Kostenaufwand bedeutet, sondern nach und nach die gesamte Literatur. Wie sonst soll man es einem Schulkind erklären, daß das Jugendbuch, das es gerade liest, falsch geschrieben ist?
Zu kritisieren ist auch die Vorgehensweise der Kultusministerkonferenz. Bis zur „Gemeinsamen Absichtserklärung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“ wurde jede ernsthafte öffentliche Diskussion darüber vermieden. Dies ist den Verantwortlichen insofern vorzuwerfen, als die Neuregelung jeden Bürger betrifft. Diese Vorgehensweise fördert die so oft beklagte Politikverdrossenheit.
An vielen Schulen wird bereits nach der neuen Rechtschreibung unterrichtet, was angesichts des offiziellen Einführungstermins am 01.08.98 ebenfalls auf Unverständnis stößt.
Bei näherer Betrachtung entsteht also der Eindruck, daß diese Reform eine „Kabarettnummer“ oder auch ein „politisches Intermezzo“ darstellt.
Das Einführungsdatum für die Rechtschreibreform ist auf den 01.08.1998 festgelegt. Es ist also noch nicht zu spät, die Neuregelung zu stoppen. Daher sind die Schul- und Wörterbuchverlage, die bereits nach den neuen Regeln arbeiten, auch keineswegs zu bemitleiden bezüglich der nach den neuen Regeln gedruckten Auflagen und des ihnen durch Rücknahme der Bücher eventuell entstehenden Schadens, da alle Neuausgaben mit veränderter Rechtschreibung auf eigenes Risiko entstanden sind. Hinzu kommt, daß sich auch die neuen Regelungen durch Überarbeitung ständig ändern, so daß letztlich die „neuen“ Schulbücher auch schon wieder veraltet sind. Dies gilt ebenso für die Wörterbücher (z.B. Duden etc.).
Die Junge Union Mittelfranken wendet sich nicht gegen eine Vereinfachung der Rechtschreibung. Sie hat jedoch weder für eine unverständliche, unlogische und gewaltsame Umschreibung der Rechtschreibregeln Verständnis, noch für die seltsame Vorgehensweise der Kultusministerkonferenz bei der Durchsetzung der Neuregelung.
_______________________
PS:
Ursprünglich wollte ich dieses Schreiben im Strang „Dokumente“ einstellen, doch weil dies ein Strategiepapier ist, paßt es genau in den von Herrn Professor Ickler eröffneten Strang. Es paßt hierher wie die Faust auf das Auge.
Dieses Schreiben erreichte mich mit folgendem handschriftlichen Zusatz am 5.10.1997:
Sehr geehrter Herr Schäbler,
bezugnehmend auf Herrn Manfred Riebe übersende ich Ihnen den Beschluß der JU Mittelfranken gg. die geplante Rechtschreibreform.
Ich freue mich sehr über Ihr Interesse!!
Mit freundlichen Grüßen
S. Jacobs
(Kreisverband Erlangen Stadt, Adenauer-Haus, Neue Straße 34, 8520 Erlangen, Tel. JU 09131/28101, CSU 26081)
Stephanie Jacobs, Lug-ins-Land-Str. 3,91080 Marloffstein, 09131/55771
__________________
nos
|