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Forum > Rechtschreibforum
Sammlung: Probleme der ss/ß-Schreibung
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Sigmar Salzburg
25.03.2004 08.07
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[Lieber Herr Wagner, vielen Dank für Ihren Hinweis auf „ſ “. Ich zweifelte schon an meinem Rechner, der für mich arabisch, chinesisch, tibetisch … schreibt, aber bisher die adäquate Übertragung älterer deutscher Texte verweigerte.]
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Sigmar Salzburg

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J.-M. Wagner
24.03.2004 22.04
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Hier mit Antiqua-Lang-s!

(Bei dem folgenden Text handelt es sich – weitgehend – um eine Kopie meines Beitrages Antiqua versus Fraktur vom 02.04.2003 aus dem Gästebuch „Von den Reizen der neuen Rechtschreibung“. Ich habe lediglich die als Ersatzschreibung für ein Lang-s der Antiqua dienenden „f“ durch echte Lang-s ersetzt [und entsprechende Erläuterungen gelöscht]; dieses Zeichen ist unter der Nummer 383 [hexadezimal: 017F] verfügbar. Der hiesige Text wird natürlich nur dann richtig angezeigt, wenn Ihr HTML-Interpreter dieses Zeichen kennt. Hier ein Test: »ſ«; aufrecht: »ſ«. – Weitere Änderungen dieser Fassung gegenüber dem Original beschränken sich auf Typographisches [Anführungszeichen, Kursivierung], ferner ist der Nachtrag nicht enthalten.)



Antiqua versus Fraktur
(Re: Die gültige ss- Regelung ist nicht schlecht)

R. Menges: Wenn es ein Zurück zur alten Rechtschreibung geben würde und es nach den Vorbildern auf diesen Seiten eine Weiterverfolgung dieser Ziele gäbe, dann müssten auch alle Schulbücher neu geschrieben werden. Ebenso bei einer umfangreichen Neureform. Bei kleineren Renovierungen allerdings würde es Jahrzehnte dauern bis dies wirklich in den Schulbüchern erscheinen würde.
Darauf hoffen Sie also, liebe Frau Menges, daß einige kleine Korrekturen ausreichen, um die Probleme zu beseitigen? Daß diese Korrekturen so gering wie möglich sind, so daß »es Jahrzehnte dauern [würde] bis dies wirklich in den Schulbüchern erscheinen würde«? Daß eine neue Kostenlawine vermieden werden kann? Und deshalb tischen Sie jetzt das Thema der s-Laut-Schreibung auf – in der Hoffnung, daß, wenn diese bleibt, wie sie ist, die übrigen Änderungen kaum ins Gewicht fallen? Es ist ja klar, daß das Thema „ss vs. ß“ das Wichtigste ist, um die Geringfügigkeit einer „Reform der Reform“ zu gewährleisten. Es ist ja in der Tat eine wichtige und spannende Frage: Soll man die Reform an dieser Stelle korrigieren oder nicht? Wie werden sich die Kultusminister (etc.) entscheiden, was wird die Zwischenstaatliche Kommission ihnen raten?

Ich weiß es nicht. Ich habe meine Meinung an anderer Stelle ausführlich begründet. Sie haben meine Beiträge zu den Problemen der ss/ß-Schreibung ja wohl gelesen, denn Sie sagten von ihnen, sie seien es wert, sich die Zeit zu nehmen, um sie genau zu studieren (vgl. hier). Ich versuche, sie hier aus gegebenem Anlaß zusammenzufassen und sie unter einen neuen Leitgedanken zu stellen. Vergleichen wir also die s-Schreibungsregeln nach Adelung/Gottsched und Heyse, und zwar bezüglich (theoretischer) Regeldefinition, praktischer Anwendung und Lesevorgang.

Zur Theorie: Beide Regeln sind klar, lassen sich relativ kompakt darstellen und sind so konzipiert, daß sie immer ein eindeutiges Ergebnis liefern. Sie verfolgen verschiedene Strategien, die beide als Optimierungsziele einer sinnvollen Rechtschreibung anerkennenswert sind. Hierin nehmen sie sich also nichts, von der Qualität her gesehen. (Mit anderen Worten: „Die gültige ss-Regelung ist nicht schlecht“. Ja, Frau Menges, bloß ist das nicht alles, worauf es ankommt.)

In der praktischen Anwendung zeigt sich zum einen bei beiden Regeln ein Schwachpunkt, wenn ein Wechsel zwischen »ss« und »ß« eintritt (Heyse: gießen – er goss [nicht: goß – vgl. groß]; Adelung/Gottsched: Fluß – Flüsse [nicht Flüße – vgl. Füße]). Hierin nehmen sich die beiden Regeln ebenfalls nichts, denn der „Fehler“ ist in beiden Fällen auf die gleiche Art von mangelndem Verständnis bzw. möglicher Unklarheit zurückzuführen: daß die Verwendung des »ß« auf bestimmte, für die jeweilige Regel charakteristische Fälle beschränkt ist und daß sie mit der gewöhnlichen Konsonantenverdopplung (und bei Heyse auch mit der Stammschreibung) in Konkurrenz steht.
      Zum anderen aber macht sich hier das Konzept hinter den Regeln bemerkbar: Im einen Fall (Heyse) hängt der Unterschied zwischen »ss« und »ß« von dem vorausgehenden Selbstlaut (Vokal oder Diphthong) ab, im anderen (Adelung/Gottsched) von der Stellung des s-Lautes innerhalb des Wortes. Ersteres setzt die Beherrschung der der hochsprachlichen Aussprache voraus, letzteres die der Silbentrennung. Eine größere Sicherheit in der Anwendung steht bei letzterem zu vermuten – die Zerlegung nach Sprechsilben ist „elementarer“ als die hochsprachliche Aussprache.
      Zum dritten ist die Möglichkeit der der Übergeneralisierung zu betrachten, d. h. die Verwechslung mit »s«. Weil die Orientierung an der Aussprache diesbezüglich eine scharfe Trennung zwischen dem »Fall ss bzw. s« und dem »Fall ß bzw. s« erlaubt, die Orientierung an der Silbenzerlegung dagegen zwischen dem »Fall ss« und dem »Fall ß bzw. s«, ist auch hier letzteres von Vorteil.

Zuletzt zum Lesevorgang: Lesen ist Mustererkennung. In Fraktur geschrieben, ergibt sich wegen des Lang-s kaum ein Unterschied in der Lesbarkeit eines Schriftbildes, das der Adelung-/Gottschedschen Regel folgt, im Vergleich zu einem, das der Heyseschen folgt (insbesondere, wenn eine spezielle Lang-s-Rund-s-Ligatur, die kein »ß« ist, verwendet wird; zu sehen etwa bei Poschenrieder in Eroms/Munske, S. 177). In Antiqua sieht es jedoch anders aus – im wörtlichen Sinne: Weil die Verwendung des Lang-s nicht mehr üblich ist, ist die „logische Zuordnung“ von mehreren »s« nicht per se klar, sondern bleibt dem Leser überlassen. Dies gilt prinzipiell bei der Verwendung von Antiqua ohne Lang-s und hat noch nichts mit der s-Schreibungsregel zu tun. Es erklärt aber unmittelbar, warum die Heysesche Regel beim Lesen von Antiquatexten einige Schwierigkeiten verursacht: Die vermehrte Verwendung von s-Buchstaben gibt Anlaß zu mehr Uneindeutigkeiten bei Zusammensetzungen (-ssch-, -sst-, -ssp- sowie bei -ss+Vokal), weniger Kontrast (dass ist das ähnlicher als daß) und Dreifach-s (Bsp.: Flussseeschwalbe, Ausschusssitzung; in Fraktur hätte man Fluſsſeeſchwalbe, Ausſchuſsſitzung).
      Welche Schwierigkeiten verursacht dagegen die Adelung-/Gottschedsche Regel? Wegen der Verwendung des »ß« in den beiden Funktionen des Scharf-s-Zeichens nach Langvokal/Diphthong sowie als Doppel-s-Ligatur an Stellen, an denen in Fraktur »ſs« bzw. »ſſ« geschrieben würde, bleibt die charakteristische Oberlänge des Lang-s erhalten, welche die logische Zuordnung erleichtert (vgl. die Funktion von Großbuchstaben am Wort- oder Satzanfang: Markierung von logisch/konzeptionell herausstechenden Teilen), und erlaubt ein rasches Erfassen der Struktur des Wortes auch in Zusammensetzungen. Dies hilft, die sich aus der bei der Adelung-/Gottschedschen Schreibweise fehlenden Längenmarkierung ergebende Schwierigkeit bei der Worterkennung zu kompensieren: Wenn man die logische Struktur eines Wortes leichter erfassen kann, kann man es auch schneller/besser erkennen. Wenn man das Wort solches kennt, ist man auf die Längenmarkierung des „Vorvokals“ nicht angewiesen; ein Diphthong bedarf keiner speziellen Markierung, sein Länge ist zudem nicht immer klar (vgl. Lamm – Leim – lahm; Anne – Aue – Ähre). Wer ein Wort (noch) nicht kennt, profitiert (bei der Heyseschen Schreibweise) von der Längenmarkierung durch das »ß« insofern, daß er es richtig aussprechen kann, weiß aber trotzdem nicht, was es bedeutet; das eigentliche Problem des Nichterkennens liegt damit woanders. In Antiqua ohne Lang-s wiegen also die Nachteile der Adelung-/Gotschedschen Regel weniger schwer als die der Heyseschen.
Fazit: Die Heysesche ist eine gute Regel – sie funktioniert bloß in Antiqua nicht so gut wie die Adelung-/Gottschedsche. In Fraktur dagegen geht die Heysesche Regel in Ordnung – wegen des Lang-s! Da wir in der Antiqua das Lang-s aber nicht mehr verwenden, bringt die Heysesche Regel mehr Nachteile als Vorteile mit sich. (Ich würde gern wissen, was Herr Schneider aus Marburg dazu zu sagen hat.)
Aber was meinen Sie, Frau Menges, wie realistisch Ihre Erwartungshaltung ist, daß es 2005 bei einer „kleinen Korrektur“ bleibt und daß keine »umfangreiche Neureform« erforderlich ist? Als was schätzen Sie denn diesbezüglich den Kompromißvorschlag der DASD ein – von dem Prof. Eisenberg selbst gesagt hat, daß er nur 2. Wahl ist und also das eigentlich Richtige, weil Bessere, noch darüber hinausgeht? Gerade bei der ss/ß-Regel windet sich Eisenberg zu offensichtlich mit einer Notargumentation heraus, die durchblicken läßt, daß er genau weiß, was eigentlich dazu zu sagen wäre. Und das mit Recht, denn das, was Sie anführen – eine Fehlerverminderung in der s-Laut-Schreibung – scheint Illusion zu sein. Schauen Sie noch einmal auf die Ergebnisse der Studie von Prof. Marx:


Sehen Sie, Frau Menges: Die reformierte s-Schreibung ist schlechter als die herkömmliche, weil die Erwartungen nicht erfüllt werden.

Aber selbst wenn die s-Laut-Schreibung nicht korrigiert wird, bleibt genug zu ändern, so daß eine „Kleine Lösung“ nicht in Betracht kommt. Seien Sie realistisch und geben Sie die Hoffnung darauf – sofern vorhanden – auf.
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Jan-Martin Wagner

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J.-M. Wagner
19.03.2004 22.53
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Zur Erinnerung

Hier in der Sammlung: Probleme der ss/ß-Schreibung bitte nicht diskutieren, sondern nur Beispiele, Argumente und Abhandlungen einstellen. Alle Kommentare etc. bitte in einem der Parallelstränge „ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge in regionalen Varianten“ (Rechtschreibforum; dort gehe ich auf die hiesigen Beiträge ein) oder „ss vs. ß“ (Beispielsammlung über Sinn und Unsinn) unterbringen!! Danke.
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Jan-Martin Wagner

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Stephan Fleischhauer
19.03.2004 17.38
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Lieber Herr Ickler,
ich muss ein Jahr lang auf schweizerische Weise ss und sss schreiben, das hat mir mein Therapeut verordnet. Zur allgemeinen Beruhigung: Auch ich finde die Adelungsche ß-Schreibe sehr ästhetisch. Aber ich will es mir mit dem guten Dr.B.Wußtsein, der sich hier schon für mich eingesetzt hat, nicht verscherzen. Der arme Kerl leidet übrigens an einem Sprachfehler, spricht jeden Diphthong ungewöhnlich kurz – was dann auch zu einer gewissen Rechtschreibschwäche geführt hat. Nun weiss ich nicht, um zur Sache zurückzukommen, was gerade an der Heyseschen „Straße“ so schwer sein soll. Wer würde bestreiten, dass sie ein langes a hat? Da sie aber schon immer mit ß geschrieben wurde, kann man sich fragen, warum ausgerechnet bei solch völlig klaren Fällen Fehler gemacht werden. (In Ihrem Leserbrief führen Sie leider nur Beispiele mit Diphthong oder regional kurz gesprochenem Vokal auf.) Ich hatte einmal den Verdacht, der schweizer Gebrauch (den es ja nicht nur in der Schweiz gibt) könnte einen Einfluss haben – und wurde deshalb von Herrn Markner in Therapie geschickt. (Hoffe jetzt auf Besserung! ) Aber es ist wohl einfach so, dass der Neuschreiber jetzt bei jedem Wort mit einem scharfen s ein kurzes Nachdenken einlegen muss, ob sich etwas ändert oder nicht. Also auch bei „Straße“. Das überfordert den besagten Schreiber, der ja nicht ständig nachdenken will, und so macht er eben Fehler – eine reine Folge der Umstellung. Die Reformer nahmen diese Umstellungsproblematik viel zu leicht. Rechtschreibung wird doch sehr früh gelernt. sie betrifft sozusagen frühe Gedächtnisschichten. Ein Freund von mir meint mir noch anzuhören, dass ich bis zu meinem siebten Lebensjahr im Kohlenpott gewohnt habe. Habe ich meinen Dialekt vielleicht nicht genügend umgestellt? Wenn ich Klavier übe, gibt es irgendwann einen Zustand, in dem ich z.B. kaum noch auf Fingersätze, Sprünge usw. konzentriere. Das geht dann automatisch. Ich kann mir auch andere Fingersätze angewöhen, doch das fordert diszipliniertes Üben, bei den schweren Stellen jedenfalls. Ich glaube durchaus, dass man völlig auf die Heysesche Schreibung umstellen und bis zu einem gewissen Grad auch die einstmals „blinde Sicherheit“ wiedererlangen kann. Man müßte tausende von Wörtern, egal ob geändert oder nicht, neu lernen. Bis die Motorik wieder von alleine läuft, ohne wiederkehrendes Nachdenken. Ob die Neuschreiber wohl diese Disziplin aufbringen? Bei ihrer laxen Einstellung zur Rechtschreibung kann man daran zweifeln. Mich wundern die häufigen Fehler in der ss-Schreibung jedenfalls nicht.

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Sigmar Salzburg
19.03.2004 16.35
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Thomas Mann, Tagebücher:

Kilchberg, Donnerstag den 4.11.54

Das rückwärtige Leiden war nach der letzten Entleerung beunruhigend schwer, störte die Nacht auf heute, war aber morgens mit der Salbe bezähmt. Ass Austern und trank Sherry dazu, auch Gänseleber. Doch sind die Mahlzeiten, bis auf die Suppe, meist eine Plage.

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Sigmar Salzburg

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Sigmar Salzburg
19.03.2004 15.51
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Ohne Vorurteile …

… an Rechtschreibung herangehen hieße, sich in einen geschichtslosen Urzustand zurückversetzen. Wenn man aber eine völlige Neukonstruktion der Schreibung nicht wünscht, braucht man dies auch nicht für die s-Schreibung in Erwägung zu ziehen. Es muß genügen, daß man die Verbindung mit der Vergangenheit nicht aufgeben will.

Durch alle Jahrhunderte, alle Schreibungen und Schriftarten hindurch bis zur 1941 zwangsverordneten Antiqua schafft uns die „Fähigkeit, Wörter als Ganzes zu speichern“, eine Vertrautheit mit dem Text, wenn wir bekannte Wortbilder wie „daß“, „Fluß“, „muß“ usw. wiederfinden. Dieses wird durch die „neue“ ss-Regel rigoros abgeschnitten.

Sogar dem Kieler Germanistik-Professor Winfried Ulrich „fällt selbst auf, dass ihn nach den alten Regeln Geschriebenes irritiert.“ (Kieler Nachrichten 1.8.2003) und Professor Harald Marx, Leipzig: „Inzwischen nehme ich persönlich ein „daß“ mit ß für befremdlich wahr; das Gehirn stellt sich um.“ (Rheinischer Merkur 28.1.04).

Was diesen Herren widerfährt, die ja immerhin Unmengen traditioneller Literatur gelesen haben und lesen, will ich für mich und meine Kinder nicht. Sie sollen die großen Schriftsteller nicht mit Befremden lesen. Es soll auch nicht mit letztlich Milliardenaufwand ausgewählte alte Literatur „angepasst“ werden, so daß sich ein Angepaßter beim Lesen wirklich älterer Bücher wie ein Behinderter vorkommt, dem seine Krücken weggenommen wurden.

Natürlich kann man Argumente in ausreichender Zahl für die herkömmliche Schreibung finden. Das ist hier zur Genüge geschehen. Diese werden aber eingefleischte Veränderungs- und Fortschrittsideologen ohnehin nicht überzeugen. Ich würde die Adelungsche Schreibweise neben dem Heyse-System auch nicht als Behelf bezeichnen, denn letzteres ist auch nichts anderes – aber gegen die Ästhetik und Lesefreundlichkeit des ersteren Notzucht.

Die kurze Formulierbarkeit der „neuen“ ss/ß-Regel ist ohnehin eine Illusion und wird vor allem bei den von Gerhard Schröder 1995 als „faule Säcke“ bezeichneten Lehrpersonen Hoffnungen geweckt haben. Allein schon der auch neu zulässige Satz „sie rasten vor der Litfaßsäule“ zeigt, daß man weder im Schreiben noch im Lesen von dieser Regel Vorteile hat.

Nebenbei: wenn mein Sohn in der Schule die Größen aller Erdteile in Quadratkilometern auswendig lernen muß, sollte er auch die Regeln des herkömmlichen ß in dieser Zeit lernen können.

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Sigmar Salzburg

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Theodor Ickler
19.03.2004 13.26
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Behelfe

Was mich betrifft, so habe ich nie verschwiegen, daß auch die Adelungsche s-Schreibung eine Behelfsschreibung ist (und warum).
Herr Fleischhauer findet die Heysesche s-Schreibung nicht schlecht, das ist bekannt. In seinem jüngsten Beitrag geht er gleich zur Schweizer Schreibweise über („grosse“). Ist das Absicht, oder sollen die anderen Gäste etwas daraus lernen, woran der Verfasser nicht gedacht hat?
Es wird behauptet, daß die Heysesche s-Schreibung etwas fehlerträchtiger ist als die Adelungsche. Dafür gibt es Belege, aber keinen strengen Beweis, glaube ich jedenfalls. Die Adelungsche Schreibweise hat ziemlich klaglos funktioniert (das Anfängerproblem „das/daß" kann man ja beiseite lassen, darüber ist genug gesagt).
Herr Fleischhauer trifft den Nagel auf den Kopf: Warum etwas ändern, wenn kein deutlicher Vorteil winkt? Machen wir uns nichts vor: ob man von der bisherigen oder von der reformierten Rechtschreibung ausgeht – die Einführung bzw. Beibehaltung der Heyseschen s-Schreibung allein führt zwangsläufig zum Neudruck aller Schul- und Jugendbücher, darüber hinaus wohl auch noch zu weiterem Ersetzen der dadurch „veralteten“ Texte. Lohnt es sich?

Nebenbei: In der heutigen FAZ wirbt die Modefirma Gucci wieder mal mit feinen Adressen: viermal "-strasse“, einmal "-straße“. Auch das ist kein Beweis, aber die Belege häufen sich, auch nach 9 bzw. 5 Jahren Neuschreibung noch.

In meinem heutigen Leserbrief in der FAZ sind übrigens die Anführungszeichen weggefallen, jedenfals in meiner Deutschlandausgabe und auf dem Nachrichtenbrett. Es stört nicht sehr, aber ich hatte sie u. a. deshalb gesetzt, weil die FAZ im allgemeinen keine Kursive wiedergibt.
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Th. Ickler

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Stephan Fleischhauer
19.03.2004 12.52
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Ich finde, wir sollten einmal ganz ohne Vorurteile an die verschiedenen Möglichkeiten der s-Schreibung herangehen. Wenn man nach Problemen sucht, findet man auch welche. Man mag über „Messerwartung“ einmal stolpern – ein zweites Mal stolpert man nicht. Unsere Fähigkeit, Wörter als Ganzes zu speichern, wird hier immer wieder unterschätzt, trtoz eidnrckusovller Bleege. Es kann auch nicht darum gehen, mit der Lupe minimale Unterschiede im Schwierigkeitsgrad zwischen Heysescher und Adelungscher Schreibweise auszumachen. Es sind ja nicht nur Blöde, die sagen, die ss-Schreibung sei leicht zu lernen. Im Gegenteil, es sind meistens Leute mit ganz gesundem Verstand. Denen müssten wir schon gute Gegenargumente bieten – sonst besteht Gefahr, dass wir uns der Lächerlichkeit preisgeben. Dass die Deutschen zu doof wären, ein Gefühl für Vokallängen zu entwickeln, halte ich jedenfalls für kein gutes Argument. Ich glaube auch nicht, dass die umständliche Darstellung im amtlichen Regelwerk das eigentliche Problem ist, selbst wenn sie Einfluss auf die Schulen haben mag. Offenbar haben wir keine Argumente. Brauchen wir auch nicht. Dass nach wie vor eine grosse Mehrheit die Rechtschreibreform ablehnt, hat meines Erachtens nichts damit zu tun, dass die Heysesche Schreibweise als zu schwierig empfunden wird.
Grundsätzlich ist auch das Adelung-ß eine Behelfsschreibung. (Wie kann man eigentlich auf die Idee kommen, eine Schlussligatur mitten ins Wort zu setzen? „Muße“, „reißen“ – dilettantisch!) Sie hat ihre ganz eigenen Nachteile; das wird auf diesen „Kampfseiten“ gern verschwiegen.
Man kann sich eigentlich nur fragen, warum überhaupt geändert wurde. Dann sind wir wieder bei den ganz allgemeinen Argumenten gegen die Rechtschreibreform.
„Die wollen nur nicht umlernen“ – das ist eigentlich unser Argument! Wir haben es nur noch nicht begriffen. Niemand will umlernen, kann umlernen, denn die blinde Sicherheit geht für immer flöten. Der treuherzige Reformanhänger opfert sich eben, für künftige Generationen. Heyse ist schon okay. Nur die Umstellungszeit müsste man fairereweise auf 50 Jahre erhöhen.

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Sigmar Salzburg
19.03.2004 09.00
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Messerwartung

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Entspricht der Verlauf Ihrer Messerwartung?
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Sind Neutrinos massebehaftet?
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Leichte Handhabung und leichte Messerwartung
http://www.bmh.fi/

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Sigmar Salzburg

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J.-M. Wagner
10.07.2003 10.33
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Re: Re: Richtig

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Ich habe weiterhin ein ganz fundamentales Problem mit der neuen s-Schreibung: WARUM haben wir sie? Auf die Begründung bin ich wirklich neugierig.

Gibt es (nachvollziehbare, nachlesbare, nachdenkenswerte) Gründe, die für diese Änderung gesprochen haben – und es eventuell immer noch tun? Ich bin zwar davon überzeugt, daß die Adelungsche s-Schreibung die bessere ist, weil sie m. E. einfacher zu beherrschen und lesefreundlicher ist als die Heysesche, aber wenn diese Änderung nicht „vom Himmel gefallen“ ist, dann sollte es doch zumindest einen Anlaß dafür gegeben haben. Und dann eventuell sogar einen wichtigen, weil wir die neue s-Schreibung ja haben, obwohl den Kennern bekannt ist (oder besser: sein sollte?), daß sie sich schon einmal als ungünstig erwiesen hat.
Gestern hat Prof. Gallmann in der letzten Vorlseungsstunde zur Orthographie die Änderungen durch die die 1996er Reform zusammengefaßt. Er hat jeweils die zugehörige Begründung angegeben, an manchen Stellen angedeutet, was sich in Zukunft ändern könnte, an einer Stelle explizit dazugesagt, daß man es auf keinen Fall verwenden sollte (Abtrennnung einzelner Anfangsbuchstaben), und erwähnt, was die Kommission noch vorgeschlagen hatte, womit sie aber „kein Gehör fand“ (Einheitsschreibung das für Konjunktion und Relativpronomen – »wie im Englischen oder Französischen«).

Als Begründung für die Änderung der s-Schreibung hat er folgendes angeführt: Der eine Teil der alten Regel ("ß" statt „ss“ am Schluß und vor Konsonant) ist ein Überbleibsel der Frakturschrift, bei der unterschieden wird, ob sich ein „s“ innerhalb des Wortes oder in Schlußstellung befindet. Da es diesen Unterschied heutzutage nicht mehr gibt, paßt dieser Teil der "ß"-Regel nicht mehr in das Schriftsystem. Die "ß"-Regel wurde auf den entscheidenden Fall beschränkt.

Mein Kommentar dazu: Ist das alles? Es kommt mir wie eine Rationalisierung (im psychologischen Sinn) vor.

Es zeigt aber auch, wie begrenzt der Horizont dessen ist, was bei der Ausarbeitung der Reform als Leitlinie gedient hat: Hauptsächlich zählt die formale Regelvereinfachung, die leichte Lesbarkeit der resultierenden Schreibungen zählt nur ganz am Rande. Fazit: An dem, worauf es bei der Orthographie eigentlich ankommt, geht die Reform vorbei.

– geändert durch J.-M. Wagner am 10.07.2003, 16.24 –
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Jan-Martin Wagner

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J.-M. Wagner
10.02.2003 16.31
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Nachtrag zum Nachtrag zu »Kritik auf zwei Ebenen«

Ich halte zwar nicht viel von dem Sprichwort „Wer A sagt, muß auch B sagen“, aber bei den reformierten Rechtschreibregeln ist es nun einmal so, daß, wer sich mit § 2 abgibt, auch auf § 4 schauen muß -- und auf § 5, und letzteres hatte ich in meinem ersten Nachtrag vergessen.

Ich hatte behauptet, die Schreibung von „ss“ für ein scharfes [s] ergebe sich nach den reformierten Regeln aus § 2 (Konsonantenverdopplung nach betontem kurzen Vokal), mit Ausnahme der Fälle von § 4 (keine Verdopplung trotz kurzen betonten Vokals). Aber es gibt außerdem natürlich noch den umgekehrten Fall der Verdopplung ohne Betontheit des Vokals:

Zitat:
"§ 5: In vier Fallgruppen verdoppelt man den Buchstaben für den einzelnen Konsonanten, obwohl der vorausgehende kurze Vokal nicht betont ist."
Dies betrifft
(1) das scharfe (stimmlose) s in Femdwörtern, zum Beispiel:
Fassade, Karussell, Kassette, passieren, Rezession
[...]
Die komplette reformierte s/ss/ß-Regel erstreckt sich also über die Paragraphen 2, 4, 5, 23 und 25. Offen bleibt für mich dabei zunächst noch, was davon für die Heysesche S-Laut-Schreibung spezifisch ist und was nicht, was also in gleicher Form auch zu einer ausformulierten Fassung der Adelungschen Variante paßt. Insofern bleibt auch zunächst offen, welche von beiden komplizierter bzw. aufwendiger in der formalen Darstellung ist.
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Unabhängig davon scheint es mir ein Problem der Heyseschen /s/-Schreibung zu sein, daß sie die Lesekompatibilität zur Schweizer "ß"-losen Schreibweise beeinträchtigt. In der Heyseschen Variante treten zwar weniger "ß" auf als in der Adelungschen, jedoch deuten diese konsequent auf einen langen Vokal (bzw. einen Diphthong) hin, und umgekehrt deutet „ss“ auf einen kurzen Laut hin. Was bedeutet das nun für das Lesen von Texten, welche die Ersatzschreibung „ss“ (statt "ß") verwenden?

Wenn man die Adelungsche Schreibwese gewohnt ist, ist man nicht darauf geprägt, ein "ß" mit einem langen Vokal (bzw. einem Diphthong) in Verbindung zu bringen; das "ß" ist davon unabhängig. Dann hat man mit der Ersatzschreibung „ss“ in einem "ß"-losen Text insofern ein geringes Problem, als daß man lediglich den vom "ß" gewohnten „möglichen Wechsel in der Vokalquantität“ (d. h. die Unabhängigkeit davon) gedanklich auf das „ss“ übertragen muß. Dies sollte einem leichtfallen, da man sich das gewohnte "ß" an die Stelle des „ss“ denken kann -- was ja naheliegt, wenn man über die Eszettlosigkeit eines Textes stolpert -- und darüber einen Zugang zu der (gewohnten) Unabhängigkeit von der Vokalquantität bekommt.

Wenn man aber die Heysesche Variante gewohnt ist, ist man stärker auf die Abhängigkeit von der Vokalquantität geprägt -- man empfindet diese quasi als konstituierend für die /s/-Schreibung. Genau diese Grundhaltung muß aber bei einem "ß"-losen Text aufgegeben werden.

Das ist das gleiche Problem wie in dem Fall, wenn im Rahmen der Heyseschen Variante durchgängig Großbuchstaben verwendet werden und das "ß" durch „SS“ wiedergegeben wird -- was zwar zugegebenermaßen typographisch gesehen schlecht ist, in der Praxis aber recht häufig vorkommt (z. B. Plakate, Werbetexte etc.). Es stellt sich (bei mir zumindest) ein „seltsames Gefühl“ ein, daß hier etwas nicht stimmt bzw. nicht systematisch zusammenpaßt, wenn man einen solchen Text „unter dem Blickwinkel der Heyseschen Regel“ liest.

Es kann zwar sein, daß eine andere Leseprägung dieses „seltsame Gefühl“ gar nicht erst aufkommen läßt -- wenn man sich eben durch Lesen von durchgängig großbuchstabigen Texten daran gewöhnt hat, daß es diese systematische Entsprechung nicht gibt. Diese Möglichkeit erscheint mir aber nicht erstrebenswert, und ich halte es daher (und nicht nur daher) für sinnvoll, die Heysesche /s/-Schreibung wieder aufzugeben.

Inwiefern steht damit eigentlich die Gefahr ins Haus, daß das "ß" -- quasi „nach Schweizer Vorbild“ (aber ist es das wirklich?) -- in einem späteren Reformschritt ganz abgeschafft wird?
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Jan-Martin Wagner

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Norbert Schäbler
05.10.2002 19.24
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Lernzielkontrolle

Was ist ein Didaktiker?

Ein Didaktiker ist ein Mensch, der den Wind neu erfinden will, weil es die entsprechende Mühle schon gibt.
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nos

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Norbert Schäbler
05.10.2002 16.50
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Von Fehlberechnungen, Schlechtwettermeldungen und Konfusionen

Ergänzend zu den Gedanken von Frau Philburn will ich an dieser Stelle anmerken, daß es ja schließlich auch zwei Komponenten der sprachlichen Kommunikation gibt, die sich zum Teil überlagern, und die sich wechselwirksam – ja fast spiralartig – gegenseitig befruchten. -
Oberste Lernziele, die es anzustreben gilt, sind:
a) Kommunikationsfähigkeit im Bereich der gesprochenen Sprache,
b) Kommunikationsfähigkeit im schriftsprachlichen Bereich.
Gerade beim Fremdsprachenlernen wird dies doch auf außerordentliche Weise deutlich: Wörter und Begriffe sind – meiner Meinung nach – erst dann im „Sprachspeicher“ sicher abgelegt und deshalb auch wieder verfügbar, wenn sie sowohl bzgl. der Aussprache als auch ihrer Schreibweise weitestgehend sicher beherrscht werden.
(O t h e r w i s e – I' m r e a l l y c o n f u s e d)

In meiner Eigenschaft als Grund- und Hauptschullehrer habe ich im Laufe des Schreiblernprozesses häufig die Erfahrung gemacht, daß meine Schüler große Sicherheit entwickelten im Bereich der S-Laute. Dies habe ich an anderer Stelle auch wiederholt ausgeführt, indem ich über visuelle Lernmethoden berichtet habe.
In Kurzform: Das „ß“ gehört neben dem „f“ zu den einzigen Buchstaben, die im Wortinneren oder am Wortende eine sogenannte Überlänge aufweisen. Das heißt: In der Schreibschrift (manuell, mit Füller, Kugelschreiber oder Bleistift) ziehen sie sich über drei Lineaturen hinweg (man denke hier an die Behelfslineatur bei der Einschulung).

Gerade die Außergewöhnlichkeit dieses Buchstabens „ß“ macht doch die Lernwörter besonders augenfällig und erinnerungswürdig, und von daher kann ich die tendenziösen Absichten nach Selektion nicht verstehen.

Noch einmal – wiederholt – (bis es verstanden wird): Gerade die Besonderheit macht diesen Buchstaben – und hiermit auch den Lernbegriff – zum relativ leichten Lerngegenstand, und ich halte alle Fehlerstatistiken und Pseudountersuchungen ausschließlich für Schlechtwettermeldungen.

Hierzu noch eine weitere Beobachtung aus den Jahren, in denen ich Englisch unterrichtete: Seinerzeit war es üblich, den Kindern so lange wie möglich das Schriftbild vorzuenthalten und statt dessen Bilderchen anzubieten von Wörtern, die in beiden Sprachen ähnlich klingen (Bus, Fisch, Maus …).
Ich weiß heute noch nicht, welche Motive hinter dieser Lerndidaktik stehen, weiß aber andererseits, daß meine Schüler immer wieder forderten, daß man ihnen das Wort komplett vorstellen möge.

Ich muß das jetzt zynisch sagen: Jene Lerndidaktiker halten offensichtlich noch die Keil- und Bilderschrift für das beste Bildungs-Transportmittel. Sie haben keine Ahnung vom Lern- und Leistungswillen der Zöglinge und keinen blassen Dunst von Logik, Differenziertheit und Lern-Harmonie.

Und ich möchte behaupten, zu wissen, wo die Ursachen von Pisa herkommen!
Es liegt an den Baumeistern! Sie haben den Untergrund falsch berechnet!

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nos

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Elke Philburn
05.10.2002 13.41
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Hilferuf aus der AATG-Verteilerliste

I'm really struggling with the Rechschreibreform's ss vs ß issue. Is u-umlaut always considered „short“? I am SO confused.[...]

Someone tell me if I've got it right: – after dipthongs and long vowels always use ess-zett – after short vowels use ss SO...umlauted vowels can be either short or long?

My pronunciation is lacking enough in that can't tell what is a long and a short vowel.

Why is it Schloss and Floß (ess-zett)? I would think they were pronounced the same. It would have been so much easier if they just got rid of the ß ess-zett altogether.

Frustrated,

K. S.



Daß die Kopplung von ß an die Aussprache des vorangehenden Vokals Nicht-Muttersprachlern Schwierigkeiten bereitet, lese ich nicht zum ersten Mal. Anstatt die Schreibung von der Aussprache abhängig zu machen, wäre es wahrscheinlich geschickter, es umgekehrt zu halten und die Aussprache nach der Schreibung auszurichten. Also „sprich wie du schreibst“.

Die neue Regel mit ihrer phonetischen Komponente scheint bei manchen Lernern mehr Verwirrung als Klarheit mit sich zu bringen. Was ein Langvokal, Kurzvokal oder Diphthong ist, sind Fragen, mit denen man sich im Anfangsstadium normalerweise gar nicht befassen muß. Unterschiede in der Vokalquantität (z. B. las – laß) werden von Muttersprachlern des Englischen beim Hören deutscher Wörter problemlos erkannt und mehr oder weniger 'originalgetreu' nachgesprochen. Der Begriff Umlaut wird hauptsächlich zur Bezeichnung der graphischen Variante eingeführt.

Die Frage nach dem ß stellte sich früher in erster Linie bei der Konjugation oder Deklination (müssen -> ich muß -> du mußt oder der Fluß -> des Flusses). Hier genügte es darauf hinzuweisen, daß am Wortende oder vor einem t kein ss stehen kann.

Die große Übereinstimmung zwischen Lautung und Schreibung wird von Muttersprachlern des Englischen in aller Regel als hilfreich empfunden: Kennt man erst einmal die 'Kniffe', d. h. weiß man, wie welcher Buchstabe oder welche Buchstabenkombination lautiert wird, läßt sich die Aussprache eines Wortes anhand seiner Schreibung meist gut erkennen. Hierbei genügt das Vorsprechen und Imitieren der jeweiligen Laute anhand von Wortbeispielen.

Die Kenntnis konkreter phonetischer Lautqualitäten und
-quantitäten als Voraussetzung zum Verstehen einer orthographischen Regel ist eher eine reformbedingte und, wie es scheint, nicht sehr hilfreiche Neuerung.

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J.-M. Wagner
16.09.2002 19.54
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Trivialisierung der Regeln

Wie unterstützt man wirkungsvoll die falsche ss-Schreibung? Die Deutsche Post AG macht es so:

»Neue deutsche Rechtschreibung: Die 11 wichtigsten Änderungen auf einen Blick

Die neue Rechtschreibung – für viele immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Damit Sie schnell durch den Dschungel der neuen Regeln finden, haben wir für Sie die elf wichtigsten Änderungen in der Rechtschreibung zusammengestellt.

Regel 1

Nach einem kurzen Vokal (Selbstlaut) schreibt man immer Doppel-s.
(traditionelle Schreibung: Kuß, bißchen, (er/sie) ißt; reformierte Schreibung: Kuss, bisschen, (er/sie) isst)

Regel 2

Folgt auf einen kurzen Vokal (Selbstlaut) ein einzelner Konsonant (Mitlaut), so wird dieser in der Regel doppelt wiedergegeben.
(traditionelle Schreibung: numerieren, Tip, Friteuse; reformierte Schreibung: nummerieren, Tipp, Fritteuse)

(...)

Diese Übersicht wurde von Christian Stang verfasst. (...)«

Ich denke, hier erübrigt sich jeder detaillierte Kommentar. Es ist mit das schlechteste, was ich je bezüglich der neuen Regeln gesehen habe.
(Am Ende der Post-Seite gibt's noch eine Literaturempfehlung: Stangs Büchlein bei Langenscheidt, 2001. Eine bessere Anti-Werbung kann man eigentlich nicht machen.)

________


Zur Erinnerung: Hier in diesem Strang bitte nicht diskutieren, sondern nur Beispiele, Argumente und Abhandlungen einstellen. Alle Kommentare etc. bitte in einem der Parallelstränge "ss/ß-Schreibung und die Problematik der Vokallänge in regionalen Varianten" (Rechtschreibforum) oder "ss vs. ß" (Beispielsammlung über Sinn und Unsinn) unterbringen!! Danke.
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Jan-Martin Wagner

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