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Mannheimer Anhörung
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J.-M. Wagner
30.08.2004 18.39
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Re: Mannheimer Anhörung, 5. Jahrestag

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Die Mannheimer Anhörung ist den Reformern offensichtlich so peinlich, daß sie weder auf der „Zeittafel“ der Rechtschreibkommission erwähnt ist noch in anderen offiziösen Chronologien der Reform.
In der ausführlichen Zeittafel von Michael Schneider wird ſie auf S. 23 erwähnt – woraus folgt, daß dieſe keine „offiziöſe Chronologie“ darſtellt.

Zitat:
Einen ausführlichen Bericht sowie einen gründlichen Kommentar der damals diskutierten Vorlage („Erster Bericht“) enthalten meine Bücher „Kritischer Kommentar“ [zweite Auflage] und „Regelungsgewalt“.
Siehe auch http://www.rechtschreibreform.com/Seiten2/Wissenschaft/973IcklerAnhoer.html.
__________________
Jan-Martin Wagner

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Reinhard Markner
07.01.2004 16.19
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Mit »Dubé (oder so ähnlich)« dürfte der Chefkorrektor der NZZ, Stephan Dové, gemeint sein ?

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Theodor Ickler
20.01.2003 19.13
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Mannheimer Anhörung, 5. Jahrestag

Vielleicht interessieren jemanden meine Aufzeichnungen von der Mannheimer Anhörung. Sie sind sehr knapp, aber aus dem Augenblick heraus formuliert und daher irgendwie authentisch.

Die Mannheimer Anhörung ist den Reformern offensichtlich so peinlich, daß sie weder auf der „Zeittafel“ der Rechtschreibkommission erwähnt ist noch in anderen offiziösen Chronologien der Reform.

Einen ausführlichen Bericht sowie einen gründlichen Kommentar der damals diskutierten Vorlage („Erster Bericht“) enthalten meine Bücher „Kritischer Kommentar“ [zweite Auflage] und „Regelungsgewalt“.
--

Anhörung der Rechtschreibkommission, Mannheim 23.1.1998 (Aufzeichnungen von Th. Ickler)

Vor Beginn sind TV-Teams zu Kameraschwenks und Interviews im Saal.
Die Kommissionsmitglieder sind bis auf Gallmann und Spechtler versammelt: Augst, Heller, Hoberg, Eisenberg, Nerius, Blüml, Schrodt, Hauck, Sitta.
Der Vorsitzende Augst begrüßt die Versammlung und schließt die Presse aus. Krieger und Ickler protestieren erfolglos; Dr. Reumann (F.A.Z.), Dr. Guratzsch (Die Welt) u.a. verlassen den Raum. Eine Tagesordnung liegt nicht vor, auch keine Teilnehmerliste, nur eine veraltete Liste der Eingeladenen. (Deshalb sind im folgenden manche Namen nur nach Gehör und daher u. U. falsch geschrieben.) Bei Aufruf erweist sich, daß viele nicht erschienen sind.
Bertelsmann ist mindestens vierfach vertreten: durch Varnhorn, Störiko-Blume, Menze (über AOL-Verlag) und Wahrig. (Nach anderen Zählungen sechsfach.)
Im Saal befinden sich außer den Eingeladenen noch sechs oder sieben Personen, die nicht vorgestellt werden. Darunter Dr. Tobias Funk von der KMK, eine Dame, die später als Dr. Palmen-Schrübbers vom BMI identifiziert werden konnte, sowie Frohmut Menze (AOL-Verlag), der neben seiner als GEW-Vertreterin erschienenen Frau sitzt. (Das Ehepaar Menze scheint dem Kommissionsvorsitzenden gut bekannt zu sein und überhaupt beim IDS ein- und auszugehen. Zwei weitere Männer fallen dadurch auf, daß sie jede reformkritische Äußerung mit übertriebenem pantomimischem Spiel kommentieren und bei Hans Kriegers Vortrag demonstrativ den Saal verlassen. Einer von ihnen konnte später als Ministerialrat Stillemunkes identifiziert werden.)
Ein Tonbandprotokoll soll irgendwann einmal verschriftet werden. Ickler bittet um beschleunigtes Verfahren, weil das Protokoll der Wiener Abschlußverhandlungen von 1994 heute noch nicht vorliege.
Augst: Der Protest gegen die Rechtschreibreform habe bei der Frankfurter Buchmesse 1996 begonnen. Durch die Reform sei aber ein vielfältiges „Handeln“ angestoßen worden, dessen Folgen (wirtschaftlich usw.) zur Kenntnis zu nehmen seien.

Die Eingeladenen werden aufgefordert, ihre Statements vorzutragen.

Österreich:
1. Grubich (Did. Arbeitsgruppe): Alle Grundschulen in Österreich praktizieren bereits Neuregelung. Warnt vor Übertreibung bei Betonungskriterium.

2. Ruiss (IG Autoren): Welche Kompetenz hat die Kommission? Warum liegt kein neues Wörterverzeichnis vor?
Blüml: Wörterverzeichnis zu überarbeiten wäre eine „immense Arbeit“.
Eisenberg: Kommission soll Sprache beobachten, aber nicht verändern.

3. Fussy (ÖWB): Sieht Reform kritisch, fügt sich aber „demokratischen Regeln“. Die Änderungen verschlimmern nur. Im Wörterbuch seien nun schon die Neuregelungen umgesetzt, und man könne mit ihnen leben. Bis 2005 warten, dann nach einem Praxisvorlauf Änderungen erwägen.
Hoberg: Die Kommission ist nicht dieselbe wie 1994.
Augst: Acht Mitglieder seien identisch mit dem Internationalen Arbeitskreis.

4. Veritas Verlag begrüßt Vereinfachungen.

Schweiz:
5. Tobler (WDS und SBVV – Schweiz): war nie begeistert, will Kleinschreibung etc. Die Schulbuchverleger der Schweiz bringen seit 1995 alle neuen Bücher in Neuschreibung. Ist gegen Änderungen jetzt.

6. Dubé (oder so ähnlich) (PBS): Unverständlich, warum so viel Diskussion, die Sache sei gelaufen. Begrüßt die Varianten. Allerdings jetzt viel Unsicherheit und bereits Hausorthographien.

Deutschland:
7. Varnhorn (Bertelsmann): Begrüßt grundsätzlich die Neuregelung und den Bericht, Kritik sollte einbezogen werden, das sei auch weitgehend geschehen. Mehr Varianten sind gut. 500 bis 1000 neue Varianten, 0,5 Prozent des Bertelsmann-Wortschatzes, das sei zu verkraften, aber ein Wörterverzeichnis sei schnell erforderlich.
Sitta begrüßt, daß Bertelsmann die Varianten begrüßt.

8. Störiko-Blume (AVJ für Börsenverein): Lage der Jugendbuchverlage, Back-list. Heute andere Gefährdungen der deutschen Sprache. Varianten erleichtern das Lernen. Hat den Bericht nicht durcharbeiten können, Kippen der Reform wäre Katastrophe. Allerdings gebe es bereits wieder Hausorthographien der Verlage.
Nerius lobt die Sensibilisierung der Menschen für Sprache durch die ganze Rechtschreibdiskussion.
Ickler hebt große Zahl von wieder zugelassenen Zusammenschreibungen hervor.
Mentrup: Varianten setzen kreative Kräfte frei, Reflexion über Sprache.

9. Müller (Deutsche Akademie f. Sprache und Dichtung, Pressereferentin) verliest Statement von Präsident Meier. Auf Nachfrage: Das Statement ist auch von der Rechtschreibkommission der Akademie gebilligt.
Augst: „Sie haben sich hier als Pressereferentin der Akademie für Sprache und Dichtung ausgegeben.“
Eisenberg: Das Statement enthält sämtliche Mißverständisse über die Rechtschreibreform.
(Einige Kommissionsmitglieder fallen über die wehrlose Referentin her und besinnen sich nur mit Mühe darauf, daß es nicht möglich ist, die junge Dame für die Stellungnahme der Akademie zur Verantwortung zu ziehen. Peinliche Szene.)

10: Suchsland (Dt. Ges. f. Sprachwissenschaft): Bekräftigt Stellungnahme vom Sommer 1997. Die DGfS ist für eine Reform, aber nicht für diese und auch nicht für die Kommission in dieser Zusammensetzung. Trägt viel linguistische Detailkritik vor. (Wundert sich noch mehrmals über die linguistische Ignoranz der meisten Teilnehmer.)

11: Kugler (Dt. Germanistenverband): Österreich und Schweiz behandeln die Reform als Tatsache, nur die Deutschen tun so, als sei alles noch in der Diskussion. Die Fachverlage halten sich sehr zurück; auf die Dauer keine zwei Rechtschreibungen nebeneinander. Nach Kuglers Ansicht erhöht der Bericht von 1998 die Akzeptanz der Reform. Wie ist der Zeitplan?
Augst: Die Arbeit der Kommission ist auf Dauer gestellt. Als nächstes Thema ist die Zeichensetzung dran.
(Weitere Aussagen Kuglers werden in der Presse als Zustimmung des Germanistenverbands zur Reform wiedergegeben. Kugler dementiert am 27.1. in den Nürnberger Nachrichten, S. 4: keine Zustimmung, sondern gespaltene Meinungen innerhalb des Verbands.)

12: Köstlin verliest Stellungnahme des Deutschen Lehrerverbandes (Josef Kraus): Aus Termingründen keine Befragung der Mitgliederverbände möglich gewesen. Kritisiert Einladungspolitik der Kommission.
(Kraus erklärt am Tag darauf vor der Presse, daß er die Reform ablehne. Fordert Auflösung der Kommission.)

13. Meidinger (Deutscher Philologenverband): Es gibt keine Differenzen zwischen Führung und Basis im Philologenverband. In Bayern befürworten 80 % der Delegierten die Neuregelung. Meidinger gibt zu, daß er die neuen Vorschläge noch nicht genau studieren konnte, findet sie aber gut. Die neuen Varianten laufen nur auf eine Verlängerung der Übergangsfrist hinaus. Alles prima.

14. Baxman-Krafft (DIN): Gegen Variantenvermehrung.

15: Wermke (Duden): Duden hat Neuregelung begleitet, die Vorlage von 1996 ist eine tragfähige Basis. Die Varianten werden jetzt erheblich vermehrt. Bei Fremdwörtern nach § 55(3) und 37 ergeben sich jetzt bis zu 5 Schreibungen (Hot Dog, Chewing Gum usw.); vermißt klare Hinweise auf Variantenführung. Hausorthographien werden unvermeidlich, existieren teilweise auch schon wieder. Gegen volle Umsetzung der §§ 34, 36, 37 und 55(3).
Blüml: Die GZS ist nicht endgültig zu regeln.
Sitta verteidigt Fülle der Trennmöglichkeiten. Man könnte aber auch wie in der Schweiz Schülerwörterbücher ganz ohne Trennungen herausbringen.
Mentrup erklärt Unterschied zu 19. Jahrhundert: Heute steht über den Hausorthographien die amtliche Regelung, damals nicht.

16. Pflug (GfdS): GfdS begrüßt die Variantenfülle, gerade weil es keine Übergangslösung ist, sondern dauerhaft mehr Freiheit läßt. Warum staatliche Orthographie? Grammatik und Phonetik seien ja auch nicht staatlich geregelt. Dauerhafte Varianten führen zu wünschenswerter Abwertung der Orthographie.

17. Frau Beuschel-Menze (GEW) findet Neuregelung sowie Bericht sehr gut. (Sie wird von einer nichteingeladenen Schulleiterin namens Bausch aus der zweiten Reihe heftig unterstützt; Ickler protestiert gegen Zulassung dieser Meldung und weist auf Verbindung von Frau Menze zum AOL-Verlag ihres Mannes hin, der die Reform flächendeckend in die deutschen Schulen bringt.)

18. Vogt (Goethe-Institut) (Jurist): Variantenreichtum problematisch. Verringerung von 212 auf 112 Regeln zu begrüßen (usw. – ahnungslos).

19: Stickel (IDS): Unter IDS-Mitarbeitern Dissens bei GZS. Warnt vor weiteren Eingriffen, eher Überprüfung an großen Wortlisten. Gegen noch mehr Varianten. Haupt- und Nebenvarianten deutlicher unterscheiden.

20. Glück (Studiengruppe Geschriebene Sprache): Verweist auf Erklärung vom Sommer 1997, wo auf Unzulänglichkeiten hingewiesen wird. Zu wenig Forschung betrieben. Um den Schaden gering zu halten, begrüßt die Gruppe den Versuch einer Weiterentwicklung und Kommentierung und wendet sich gegen die Forderung auf Abbruch der Reform. Ein Leitwörterbuch von 70 000 Einträgen sei erforderlich. Andere Besetzung der Kommission erforderlich. Gegen Moratorium, eher Varianten beobachten. (Identisch mit Eisenbergs Strategie.)

21: v. Bernuth (Verband der Schulbuchverlage): Zum Inhalt nichts beizutragen. Der Änderungsaufwand durch Einarbeitung der Varianten sei unvermeidlich. Man solle lieber gegen Aufhebung der Preisbindung protestieren als gegen Reform.

22: Bittner (VS in IG Medien): Tadelt Ausschluß der Medien und der Bürgerinitiativen vom Verfahren. Man sollte sich mehr Zeit nehmen, um auf einzelne Punkte einzugehen. Der VS hat sich im Juni 1997 kritisch zur Reform geäußert. Freiheiten sind gut, ob „aufs neue“ oder „aufs Neue“, ist egal. Aber gegen drei gleiche Buchstaben, gegen Häufung von Satzzeichen, gegen vorauseilende Einführung von Varianten. Reform weitgehend überflüssig, allenfalls eine radikale Vereinfachung (Kleinschreibung) wird von vielen gewünscht.

23: Krieger (Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege): Völlige Ablehnung des ganzen Reformunternehmens.
Eisenberg stimmt vielem zu, nimmt Kommission in Schutz: Sie kann nicht viel anders. Es sei schon Wesentliches erreicht, Hunderte von Wörtern wieder eingeführt. Malt Katastrophenszenario, falls Reform scheitert.
Ickler verweist auf Niedersachsen. Auch sei die neue monumentale Grammatik des IDS soeben in der gültigen Rechtschreibung erschienen und nicht in der geplanten, weil offenbar das IDS selbst nicht an die Reform glaube.
Ruiss wehrt sich gegen überfallartige Revisionen der Reform.

24: Wahrig-Burfeind: findet größere Freiheit durch Varianten gut.
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Bei der abendlichen Pressekonferenz macht die Kommission einen derangierten Eindruck. Heller sucht hilflos nach Unterstützung, weil er auf Fragen keine Antwort weiß. Mehrere Mitglieder schieben alles auf die Politiker, halten nun Aufschub und Veto für möglich. Konfusion überall.
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Nachbemerkung: Zwei Wochen später beschließen die Amtschefs der Kultusministerien und des Bundesinnenministeriums sowie entsprechender Stellen Österreichs und der Schweiz, die Reform in der unkorrigierten Fassung von 1996 durchzuführen. Kommissionsmitglied Eisenberg spricht daraufhin von Rücktritt (Focus 8/1998) und tritt im März wirklich aus der Kommission aus, Kommissionsmitglied Blüml fühlt sich „verheizt“ (Interview im Wiener „Standard“).
– geändert durch Theodor Ickler am 22.01.2003, 16.48 –
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Th. Ickler

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