Lieber Norbert, lies lieber dieses (wer war's?) :
Nächtlicher Fund
Ja, wir sind wieder Düpes geworden, und wir müssen eingestehen, daß die Lüge wieder einen großen Triumph erfochten und neue Lorbeeren eingeerntet. In der Tat, wir sind die Besiegten und seit die heroische Überlistung auch offiziell beurkundet worden, [...] erkrankt uns das Herz in der Brust vor Kummer und Zorn.
Armes unglückliches Vaterland! welche Schande steht dir bevor, wenn du sie erträgst, diese Schmach! welche Schmerzen, wenn du sie nicht erträgst!
Nie ist ein Volk von seinen Machthabern grausamer verhöhnt worden, Nicht bloß, daß jene [...]ordonnanzen voraussetzen, wir ließen uns alles gefallen: man möchte uns dabei noch einreden, es geschehe uns ja eigentlich gar kein Leid oder Unrecht. Wenn ihr aber auch mit Zuversicht auf knechtische Unterwürfigkeit rechnen durftet: so hattet ihr doch kein Recht, uns für Dummköpfe zu halten. Eine Handvoll Junker, die nichts gelernt haben als ein bißchen Roßtäuscherei, Volteschlagen, Becherspiel oder sonstig plumpe Schelmenkünste, womit man höchstens nur Bauern auf Jahrmärkten übertölpeln kann: diese wähnen damit ein ganzes Volk betören zu können, und zwar ein Volk, welches das Pulver erfunden hat und die Buchdruckerei und die »Kritik der reinen Vernunft«. Diese unverdiente Beleidigung, daß ihr uns für noch dümmer gehalten, als ihr selber seid, und euch einbildet uns täuschen zu können, das ist die schlimmste Beleidigung, die ihr uns zugefügt in Gegenwart der umstehenden Völker.
(Das paßt doch schon ein bißchen hierher, aber dennoch: Im selben Text, ein paar Absätze vorher, sind folgende Zeilen zu lesen, die erstaunlich an herumgereichte Schlagwörter der jüngsten Vergangenheit erinnern: )
Wenn wir es dahin bringen, daß die große Menge die Gegenwart versteht, so lassen die Völker sich nicht mehr von den Lohnschreibern der [...] zu Haß und Krieg verhetzen, das große Völkerbündnis, die Heilige Allianz der Nationen, kommt zustande, wir brauchen aus wechselseitigem Mißtrauen keine stehenden Heere von vielen hunderttausend Mördern mehr zu füttern, wir benutzen zum Pflug ihre Schwerter und Rosse, und wir erlangen Friede und Wohlstand und Freiheit.
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Walter Lachenmann
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