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Forum > Beispielsammlung über Sinn und Unsinn
GZS 1
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J.-M. Wagner
16.05.2002 15.39
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»schwer+mütig ... § 36(2)«: Darauf habe ich mich bezogen. gutwillig fehlt als eigener Eintrag im amtlichen Wörterverzeichnis, es existiert aber »gutmütig § 36(2[)]«.

(In der HTML-Version wird das Pluszeichen anstelle des unteren Halbkreises verwendet.)
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Jan-Martin Wagner

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wrase
16.05.2002 13.58
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schwerfällig, gutwillig

In diesen Fällen trifft eigentlich gar keine der Kategorien aus § 36 zu, weder unter (1) bis (6) noch unter E1 (1) bis (4). Entweder gibt man dem Hauptteil der Regel den Vorrang, dann würde Getrenntschreibung gelten, denn es heißt ja: In den anderen Fällen schreibt man getrennt. Oder man nimmt E1 ernst und stellt fest, daß bei E1 mit der Einleitung „Dies betrifft ...“ ebenfalls keine Kategorie zutrifft. Dann müßte E2 gelten: Läßt sich keine eindeutige Entscheidung treffen, ist sowohl Getrenntschreibung als auch Zusammenschreibung möglich.

Man müßte nachsehen, ob das amtliche Wörterverzeichnis hierzu einen Regelverweis nennt.

Aber im Grunde zeigt sich doch wieder, daß das ganze Herumlaborieren mit diesen Regeln hochgradiger Schwachsinn ist. Früher gab es nicht den geringsten Zweifel, wie solche Wörter geschrieben werden, und jetzt kann man stundenlang Gehirnakrobatik betreiben und kommt trotzdem nicht zu einem abschließenden Ergebnis. Es ist pervers, sich mit diesen vollkommen nutzlosen Regeln abzumühen.
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Wolfgang Wrase

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wrase
16.05.2002 13.16
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Noch einmal einfacher

Mir schien beim Nachlesen meiner letzten Beiträge, daß ich Probleme mit verständlichem Deutsch habe. Deshalb hier ein neuer Versuch.

Aus den Regeln (hier § 36) geht meiner Meinung nach eindeutig hervor, daß „hochwertig“ im Sinne der Reform getrennt geschrieben werden müßte. Und zwar, weil der erste Bestandteil steigerbar ist: „hoch wertig“, „höher wertig“. Dagegen könnte höchstens § 36 (2) sprechen, nach dem zusammengeschrieben werden muß, wenn „der erste oder der zweite Bestandteil in dieser Form nicht selbstständig vorkommt“. Ich meine: Sowohl „hoch“ als auch „wertig“ kommt „in dieser Form“ selbständig vor. Daher greift diese Bestimmung nicht, und es gilt Getrenntschreibung.

Genau dasselbe trifft auf „höchstwahrscheinlich“ zu (wobei hier der erste Bestandteil schon gesteigert ist). Sowohl „höchst“ als auch „wahrscheinlich“ existieren „in dieser Form“ selbständig. Daher müßte nach § 36 grundsätzlich getrennt geschrieben werden, und entsprechend müßte der Eintrag im amtlichen Wörterverzeichnis aussehen. Dort steht aber merkwürdigerweise „höchstwahrscheinlich“ zusammengeschrieben. Und noch merkwürdiger: Es ist dort ein Verweis auf § 36 (2) als Begründung angegeben. Das würde heißen: Entweder „höchst“ oder „wahrscheinlich“ existiert nicht „in dieser Form“, deshalb Zusammenschreibung.

Meiner Meinung nach ist das ein klarer Widerspruch zwischen Regeln und Wörterbucheintrag. Man muß sich entscheiden, was gelten soll: die Regel oder der Eintrag „höchstwahrscheinlich“, der der Regel widerspricht.

Für den Eintrag bzw. für das Wörterverzeichnis spricht, daß es offensichtlich wünschenswert ist, die Zusammenschreibung zuzulassen bzw. vorzusehen. Dann aber müßte die Regel umformuliert werden, so daß sie zu diesem Eintrag paßt.

Einen Hinweis, wie das möglich wäre (zur Lösung dieses speziellen Problems, wenn auch nicht zur Rettung des gesamten reformierten GZS geeignet), gibt der dritte Bericht der Reformer. Dort wird auffälligerweise bei der Inhaltsangabe von § 36 (2) auf Seite 64 die Formulierung „in dieser Form“ vermieden. Statt dessen heißt es: "... Bestandteil so selbstständig nicht vorkommt“, also „so“ statt „in dieser Form“, obwohl sich das deutlich schlechter liest („so selbstständig“). Aha: „so“ kann in der Tat etwas anderes bedeuten als nur die Form, zum Beispiel auch die Betonungsverhältnisse, vielleicht sogar die Bedeutung. Damit wäre das Problem jedenfalls punktuell vermieden.

Für die Regel – und damit für „höchst wahrscheinlich“ sowie „hoch wertig“ – spricht allerdings, daß das ganze Prinzip der Reform ja darin besteht, daß die neuen Regeln gelten sollen und daß aus diesen die Schreibungen herzuleiten seien. Und nicht umgekehrt.

Dazu kommt, daß die Reformer jüngst in ihrem dritten Bericht gerade erklärt haben, das Wörterverzeichnis habe gar keinen normsetzenden, sondern nur einen veranschaulichenden („exemplarischen“) Charakter.

Wegen dieser doppelten Priorität der Regeln vor den Schreibweisen im Sinne der Rechtschreibreform habe ich gesagt, der „Spiegel“ schreibe „regelkonform“, wenn er uns „höher wertig“ vorsetzt; hingegen irre der Duden mit seinem Eintrag „hochwertig“.

Selbstverständlich wäre das umgekehrte Prinzip besser, aus den gebräuchlichen, weil gewollten, offenbar als richtig oder günstig empfundenen realen Schreibungen die Regeln herzuleiten. Dann gäbe es viel weniger Probleme, und die ganze Reform wäre überflüssig, bis auf die Entmachtung des Duden mit seinen eigenwilligen Einzelfestlegungen und einigen Irrungen bei der Regelformulierung.
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Wolfgang Wrase

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J.-M. Wagner
16.05.2002 13.15
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noch ein Beispiel

Warum sollte nach § 36 (2) schwerfällig zusammengeschrieben werden? Sowohl schwer als auch fällig existieren als eigenständige Wörter (genauso bei gut_willig) -- bloß, daß das nicht das Kriterium ist, sondern das selbständige (!) Vorkommen in dieser Form. Ob das doch etwas mit der Bedeutung zu tun hat???
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Jan-Martin Wagner

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wrase
15.05.2002 12.45
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hochwertig: Regeln oder Schreibweisen?

Es schien mir zwischendurch, als hätte ich das Beispiel „hoch wertig“ mit Getrenntschreibung nach § 36 – Steigerbarkeit des ersten Bestandteils – etwas überstrapaziert, zumal das amtliche Wörterverzeichnis den hier kritischen § 36 (2) – existieren beide Glieder „in dieser Form“ als selbständige Wörter? – sogar bei seinem Eintrag „höchstwahrscheinlich“ ausdrücklich anführt. Das heißt nämlich, unter diesem Stichwort (zusammengeschrieben) wird behauptet, es greife § 36 (2), ein Bestandteil – offenbar „höchst“ – komme „in dieser Form“ nicht als selbständiges Wort vor.

Wonach soll man sich nun richten? Worin besteht der Unterschied „in der Form“ zwischen „höchst“ und „höchst“? Mir will er beim besten Willen nicht auffallen. Ich sehe einfach keinen Unterschied in der Form. Was könnte – so muß man fragen, wenn man dem Eintrag „höchstwahrscheinlich“ folgt, wenn man also davon ausgeht, daß doch ein Unterschied „in der Form“ vorliegt –, was könnte denn mit „Form“ gemeint sein? Zwischen „höchst“ (Bestandteil von höchstwahrscheinlich) und „höchst“ (selbständiges Adverb) gibt es natürlich Unterschiede bei der Betonung (im Normalfall) und bei der grammatischen bzw. syntaktischen Funktion, aber wieso sollte ein Unterschied „in der Form“ vorliegen??

Die eine Möglichkeit ist, daß man sagt: Es konnte ja nie und nimmer aufgrund irgendwelcher Regeln von den Reformern gewollt gewesen sein, daß „höchstwahrscheinlich“ nun genauso geschrieben wird wie schon immer die Wortkombination „höchst wahrscheinlich“ = "äußerst wahrscheinlich“. Denn sonst wäre ja gar keine Unterscheidung möglich, so dumm können doch die Reformer nicht sein, daß sie das wollen. Außerdem besagt ja eben der Eintrag im Wörterverzeichnis ausdrücklich, daß zusammengeschrieben werden soll, sogar mit Verweis auf den Paragraphen, der Getrenntschreibung zu fordern scheint. Offenbar gibt es einen Unterschied „in der Form“ im Sinne der Reformer, und wir müssen herausfinden, was sie mit „Form“ meinen.

Das ist treuherzig gedacht, ausgehend von dem selbstverständlichen Bedürfnis, elementare grammatische Unterschiede in der Schrift abbilden zu können. Jedoch muß es nachdenklich machen, daß die Reformer auch anderswo keine Rücksicht darauf nehmen, daß Unterscheidungen aufgrund der Regelbefolgung verlorengehen: Handvoll wird zu Hand voll usw.

Schließlich landet man bei der Erkenntnis, daß es den Reformern ja gerade darum ging, nicht mehr aus den vielgestaltigen, differenzierten Schreibungen Regeln herzuleiten, sondern (angeblich) einfachere Regeln aufzustellen, aus denen die Schreibungen abgeleitet werden sollen. Haben sie nicht immer wieder ihre Getrennt- und Zusammenschreibung als Meisterwerk gerühmt, das mit den Ausnahmen auf der Seite der Schreibungen aufräume und zu mehr Systematik führe?

Demnach ist dem Regelwerk im Sinne der Reformer der Vorzug zu geben. Als Klaus Heller dann das Wörterverzeichnis zusammenschusterte und beim Eintrag „höchstwahrscheinlich“ ankam, dachte er sich eben, das muß natürlich nach wie vor anders geschrieben werden als „höchst wahrscheinlich“ (= äußerst wahrscheinlich), trug es so ein und stellte den kritischen Paragraphen daneben, nach dem Motto: Es kommt nur dieser § 36 (2) in Frage, um die Zusammenschreibung zu rechtfertigen, also schreibe ich ihn hin. Daß in Wirklichkeit dieser Paragraph gerade zur Getrenntschreibung führen würde – weil es keinen Unterschied „in der Form“ gibt, was soll's? Da muß man fünfe gerade sein lassen und interpretieren: Es gibt da Unterschiede, das merkt ja jeder, und diese werden in dem Paragraphen eben als Unterschied „in der Form“ bezeichnet. Es existiert zwar ein selbständiges „höchst“, aber laut Paragraph gibt es einen Unterschied „in der Form“. Damit der Paragraph recht behält, muß man eben den Begriff „Form“ etwas weiter fassen als üblich.

Die andere Möglichkeit der Deutung ist realistischer: Nicht der Eintrag „höchstwahrscheinlich“ zählt, sondern dieser wurde mit Gewalt in Zusammenhang mit einer Regel gebracht, die das Gegenteil der gewählten Schreibweise fordert. Was im Sinne der Reformer gerade zählen müßte, ist die Regel. Nach dieser gibt es einen klaren Widerspruch zum Eintrag „höchstwahrscheinlich“ im Wörterverzeichnis.

Ich habe diese Perspektive bei meinen Betrachtungen zu „hoch wertig“ gewählt: Natürlich kann das nicht gewollt sein, aber die Reformer machen doch nichts anderes, als die Schreibweisen ohne Rücksicht auf Verluste aus ihren Regeln herzuleiten. Das tun auch die Wörterbücher, und ich habe es am Beispiel von „hoch wertig“ getan.

Wenn die Reformer nämlich das umgekehrte Prinzip anwenden würden – also beispielsweise: Wir wollen „höchstwahrscheinlich“ als Zusammensetzung registrieren und müssen die Regeln dementsprechend formulieren –, wenn die Reformer also wieder von den Schreibweisen zu den Regeln kommen wollten, dann wäre nicht nur die Reform gänzlich überflüssig, sondern dann hätten wir tatsächlich im Handumdrehen die sogenannte alte Rechtschreibung wieder.
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Wolfgang Wrase

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Michael Krutzke
15.05.2002 11.32
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Hochwertige Ausnahme ...

Unter http://www.dpa.de/info/rechtschr/ausnahme.pdf sind die Ausnahmen aufgeführt.
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Michael Krutzke

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J.-M. Wagner
15.05.2002 10.04
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Re: dpa und hochwertig

Kann man diese Liste im Netz nachlesen, und wenn ja, wo?
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Jan-Martin Wagner

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Christian Melsa
15.05.2002 08.44
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dpa und hochwertig

In den Dokumenten zur dpa-Orthographie steht übrigens hochwertig zusammengeschrieben in der Wörterliste.

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wrase
14.05.2002 06.52
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Nachtrag: "kompliziert"

Daß die Reformer schon bei einfachen Änderungsfällen vor dem Scheitern stehen, geht unter anderem aus einer hübschen Formulierung auf Seite 65 ihres dritten Berichts hervor.

Dort heißt es, daß es sowohl „Gewinn bringend“ als auch „gewinnbringend“ geben müsse, und diese Alternative widerspreche dem Normalfall der Rechtschreibung, daß von verschiedenen theoretisch denkbaren Schreibungen nur eine als Norm gelten solle. Daher sei hier eine Art Meta-Toleranzregel anzusetzen (die nichts weiter besagt, als daß gelegentlich zwei Schreibungen möglich sind). Das ist überaus einfach.

Die Reformer fahren jedoch fort: „Dieser komplizierte Sachverhalt muss im amtlichen Regelwerk so nicht explizit aufgezeigt werden, er sollte aber wenigstens indirekt in einer passenden Erläuterung ein Äquivalent haben.“

An anderen Stellen formulieren die Reformer tapfer ihre Regeln vorschlagshalber um – aber hier bleibt uns verborgen, wie diese passende Erläuterung aussehen soll; entschuldigend ist von einem komplizierten Sachverhalt die Rede.
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Wolfgang Wrase

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wrase
14.05.2002 06.30
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Gar nicht so einfach

„Zusätzlich muß man dabei auch beachten, daß die Kommission inzwischen die gesamthafte Steigerung als Kriterium für Zusammenschreibung anerkennt, also hochwertig wegen hochwertiger, am hochwertigsten. Aus dem amtlichen Regelwerk läßt sich das allerdings nicht direkt ableiten.“

Genauer gesagt, erkennt die Reformkommission in ihrem Bericht nur an, daß man zum Beispiel "(noch) gewinnbringender“ zusammenschreiben müsse, und zwar weil der zweite Bestandteil („bringender“) „so selbstständig nicht vorkommt“ (Seite 64 des Berichts). Es wird also gerade mit Hilfe von § 36 (2) – kein Vorkommen eines Bestandteils „in dieser Form“ – argumentiert. Denn die Kommission versucht natürlich, die neue Erkenntnis möglichst noch irgendwie auf der Grundlage ihres Regelwerks herzuleiten, um die Notwendigkeit des Umsturzes der ganzen Regelformulierungen zu verleugnen.

Nun ist es aber im Fall von „hochwertiger“ oder „höherwertiger“ so, daß es im Gegensatz zum Fall „gewinnbringend“ sehr wohl den Bestandteil „wertiger“ in genau dieser Form selbständig gibt. Das heißt, für „hoch wertiger“ läßt sich die Notwendigkeit der Zusammenschreibung gerade nicht herleiten! Die Reformer haben keineswegs die Komparierbarkeit eines Gesamtgefüges als solche schon anerkannt, sondern verweisen hier auf ihren famosen Paragraphen 36 (2), der bei Fällen wie „hoch wertig“ leider nicht greift.

Außerdem folgern die Reformer „aus diesem Sachverhalt“, nämlich für den Fall, daß es einen gesteigerten Bestandteil selbständig so nicht gibt, daß der Positiv sowohl zusammen als auch getrennt geschrieben werden könne: Gewinn bringend oder gewinnbringend. Das ergäbe, selbst wenn die Reformer bei Steigerung grundsätzlich Zusammenschreibung ansetzen würden, für den Positiv immer noch: hochwertig oder hoch wertig; also nicht nur die Zusammenschreibung.

Was Herr Dörner formuliert, entspricht sicherlich der Intention der Reformer, die händeringend versuchen, sinnvolle Schreibweisen auf der Grundlage ihrer Regeln wiederherzustellen. Aber eben das können sie nicht. Dazu müßten sie die Regeln selbst tiefgreifend ändern, sie müßten völlig neu formulieren. Es genügt meiner Meinung nach nicht, zu sagen, die Reformer wollen diese oder jene Schreibung wieder anerkennen. Sondern sie müßten erst vorführen, mit Hilfe welcher neu formulierter Regeln das möglich sein soll. Beispielsweise könnten die Regeln nur dann halbwegs unangetastet bleiben, wenn man für Fälle wie „hochwertig“ eine explizite eindeutige Regelung trifft. Das entspräche dem Vorgehen, im amtlichen Wörterverzeichnis den Fall explizit aufzuführen und darauf zu verweisen.

Das würde aber wiederum eine Aufwertung des Wörterverzeichnisses im Sinne eines überlegenen Bestandteils der Neuregelung bedeuten: Was die Regeln nicht erfassen oder richtig erzeugen, geht aus dem Wörterverzeichnis klärend hervor. Nun haben sich die Reformer gerade entschlossen, den normsetzenden Charakter des Wörterverzeichnisses zu verleugnen: Dieses habe keinen normsetzenden, sondern nur einen illustrierenden Charakter. Also wäre eine solche Rettung von „hochwertig“ gegen den Wortlaut des Paragraphenwerks wiederum mit einer Volte um 180 Grad verbunden.

Wie man es auch dreht und wendet, die Getrenntschreibung funktioniert einfach nicht mit diesen Regeln, sie müssen früher oder später radikal umformuliert werden – oder zum Beispiel völlig entwertet werden, durch eine allumfassende Meta-Toleranzregel der Art: „Im Zweifelsfall kann man so schreiben, wie es dem eigenen Gefühl entspricht.“

Die Feststellung von Herrn Dörner, die Reformer würden Fälle wie „hochwertig“ aufgrund der gesamthaften Steigerbarkeit inzwischen anerkennen (wollen), blendet daher zumindest die Notwendigkeit massiver Eingriffe in die Regeldarstellung aus, worauf ja auch am Ende des Zitats hingedeutet wird. Die Zusammenschreibung von „hochwertig“ geht aber weder aus dem Regelwerk hervor, noch ließe sie sich mit Hilfe der Vorschläge im dritten Bericht herstellen. Allein die Intention der Reformer dürfte es sein, sinnvolle Schreibweisen in ihren Regeln unterzubringen. Das ist noch nicht geschehen und auch nicht in Sicht.
– geändert durch wrase am 16.05.2002, 05.41 –
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Wolfgang Wrase

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Christian Dörner
13.05.2002 22.21
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hochwertig

Zusätzlich muß man dabei auch beachten, daß die Kommission inzwischen die gesamthafte Steigerung als Kriterium für Zusammenschreibung anerkennt, also hochwertig wegen hochwertiger, am hochwertigsten. Aus dem amtlichen Regelwerk läßt sich das allerdings nicht direkt ableiten.
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Christian Dörner

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Martin Reimers
13.05.2002 21.09
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"wieder sehen"

Wenn auf diesen Seiten zuweilen die Ansicht vertreten wird, daß die sinnwidrige Trennung von „wiedersehen“ korrigiert worden sei, so gilt dies tatsächlich erst seit einigen Tagen. Im Zuge der ersten Revision (Duden 22) wurden Zusammen- und Getrenntschreibung vermeintlich synonym behandelt. Die Getrenntschreibung war schließlich rot markiert, man wollte also nicht gänzlich auf die Änderung verzichten, hat sie aber nicht mehr zwingend vorgeschrieben.

Erst der neue Bertelsmann/Wahrig, sieht bei „wiedersehen“ keine Änderungen mehr vor, mehr noch, er bemüht jenes „unzuverlässige“ Kriterium der Wortbetonung, das man doch eigentlich zusammen mit der ebenfalls suspekten Wortbedeutung „so weit wie möglich“ vor die Tür setzen wollte. Nun melden sich die beiden zwielichtigen Gestalten wieder und dringen durch alle Fugen und Ritzen des morschen Gebäudes.

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Martin Reimers

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Martin Reimers
13.05.2002 20.33
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wertig?

Herr Wrase har recht. Das selbständige Vorkommen ist hier das Kriterium für die Zusammenschreibung, nicht das Vorkommen in der Allgemeinsprache. Aber ich möchte mich nicht mit dem Duden – oder mit der ZK – darüber streiten, ob es das Wort „wertig“ gibt.


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Martin Reimers

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Jörg Metes
13.05.2002 14.08
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wertig und höher wertig

Ich schlage vor, die auf dem Nachrichtenbrett begonnene Diskussion um „wertig“ hier fortzusetzen.

'Google' findet eine ganze Reihe von Beispielen, in denen „wertig“ allein verwendet wird. Etwa in der Spielanleitung für eine Patience (namens 'Canfield'):
"Ähnlich wie bei Klondike ist das Ziel von Canfield, alle Karten eines Kartenspiels in wertig absteigend sortierte, farblich abwechselnde Zwischenstapel abzulegen, um sie später von dort wertig aufsteigend sortiert auf den Zielablagestapel der entsprechenden Farbe zu bewegen.“

'Google' findet auch so einige Texte, in denen „wertig“ verwendet wird im Sinne von 'wertvoll' oder 'gediegen':
"... das optisch positiv und sehr wertig wirkende Design dieser Micro-Stereoanlage..."

Es wäre demnach doch die Schreibung höher wertig die reformkonforme.
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Jörg Metes

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J.-M. Wagner
12.05.2002 17.26
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Re: so genannt (II)

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Hinweis: "Über lexikalischen Schrott“. Von Horst Haider Munske. In: Sprache im Leben der Zeit. Fs. f. Helmut Henne. Tübingen 2001, S. 291- 304.

In diesem Aufsatz behandelt Munske auch das Wort sogenannt, seine lange Geschichte, die Parallelbildungen in anderen Sprachen usw. Die Getrenntschreibung wird als gewaltsamer Eingriff gebrandmarkt.
Ein weiterer Beitrag zur „Historie“ von so_genannt stammt von Prof. Kürschner, der -- neben anderen interessanten Analysen, welche er in dieser Ausarbeitung vorstellt -- die 1995er Entwurfsfassung der Reform mit der 1996er Endfassung verglichen und dabei festgestellt hat, daß es 1995 durchaus noch das Wort sogenannt gab (!); er kommt zu dem Schluß, daß es eventuell aus Unachtsamkeit gestrichen worden ist.
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Jan-Martin Wagner

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