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Forum > Argumente der Rs-Reformer
„Rechtschreiben ist Zeitverschwendung“
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Norbert Schäbler
06.08.2004 08.30
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Rechtschreiben ist Zeitverschwendung

(ein Kapitel über Ohnmacht, Orientierungslosigkeit und nihilistische Ansätze)

Wir leben in einer modernen Welt. Der Wissenszuwachs ist enorm. Selbst bahnbrechende Erfindungen gehen in einem Strudel von konkurrierenden oder andersartigen Erkenntnissen unter ...
Und jede einzelne neue Erfindung schickt die Gattung Mensch noch tiefer hinein in Ohnmacht und Bedeutungslosigkeit. Das gilt auch für jene Menschen, denen man gemeinhin eine herausragende Stellung und Vorbildwirkung zuordnet, denn das Wissen eines Spezialisten auf seinem eigenen Fachgebiet ist zwar überaus beträchtlich; in Relation zum gesamten verfügbaren Wissen jedoch sinkt es gegen Null.
Paradox: Die Welt/der Mensch verarmt, obwohl und weil sie reicher an Wissen werden.

Wir treiben wie Floße auf dem „Strom“. Perfekte Technik, neue Ressourcen und Energiequellen sind unser Antrieb, zugleich unsere Arbeitshilfe.
Wiederum erleben wir eigene Bedeutungslosigkeit. Wir sind nichts ohne Maschine, und unsere Zukunft ist düster. Hiobsbotschaften vom Arbeitsmarkt schüren unsere Angst und Verzweiflung.

Was tun?
Welche und wie viele Erkenntnisse sollen wir dem Menschen vermitteln?
Was kann die Schule tun, um der intensiv erlebten Ohnmacht gegenzusteuern?
Kann die Schule Orientierungshilfe geben, Wertekategorien entwickeln, Selbstwertgefühle verleihen?
Was wird getan?

1996 mußten wir einen staatsstreichartigen Überfall auf das Bildungssystem erleben. Die Sprache, die ehemals durchgängiges Unterrichtsprinzip war, wurde reformiert. Wissen, das einen hohen Grad an Verläßlichkeit aufwies, wurde entwertet. Selbst das, was mancher in Selbstachtung und Freude mit sich führte; jenes Wissen, das er fortdauernd zu perfektionieren suchte, galt plötzlich nichts mehr, und um den Zug der Zeit nicht zu verpassen, stellte sich mancher um, selbstredend mit Hilfe der Maschine und der Korrekturprogramme des Computers.

Die Begründung für den Staatsstreich war einfach. „Es gibt Wichtigeres als Rechtschreibung. Rechtschreibung ist Zeitverschwendung.“
Daß die Reformer damit keine Richtung und Orientierung angegeben haben, ist eine andere Sache, aber es zeigt, daß die Rechtschreibreformer einer immer größer werdenden bedrohlichen Gruppe angehören: der Gruppe der Nihilisten.
Diese können nur sagen, was man nicht tut. Auf die Frage, was man tun sollte, wissen sie keine Antwort. Sie können nur sagen, daß sie etwas ersetzt haben, wissen und ahnen aber überhaupt nicht, welchen symbolischen und praktischen Wert sie vernichteten.

Das Zwangsprogramm der orientierungslosen Gesellschaftsveränderer tut Not! Was not täte, wäre allerdings eine Rückbesinnung auf Werte.
Welchen Wert hat der Mensch? Ist er denn ausschließliches Ziel der Marketingforschung, ist er lediglich Konsument?

Als ich noch im Schuldienst tätig war, habe ich bei Lehrerveranstaltungen oft folgenden Satz gesprochen: „Wir müssen aufhören damit, dem Menschen Werte zu vermitteln, sondern wir müssen anfangen damit, jedem einzelnen Menschen Wert zu verleihen.“
Das ist ein wenig philosophisch und vielleicht eine riesengroße Spruchblase, doch wer jemals in der Erziehung tätig war, der hat das Leuchten in den Augen eines Zöglings gesehen, der ein angemessenes und dosiertes Lob für seine persönliche Leistung bekam.

Gilt die Formel: Wissen = Wert des Menschen?
Dazu ein Auszug aus einem inzwischen neun Jahre währenden paradoxen Lebensbeispiel:
Meine Mutter hat Alzheimer. Sie lebt im Heim. Täglich wird ihr Wissen weniger. Neuerdings kann sie ihre Kinder nicht mehr beim Namen nennen. Den Vornamen ihres Mannes hat sie auch vergessen. Er heißt „Vater“ bei ihr.
Vater quält sie immer mit Wissensfragen. Was habt ihr denn heute gegessen? Wer hat dich denn heute besucht? Wie, wann, was, wie oft, wie viel, warum ...?
Mutter lacht ihn dann immer an mit diesem Mona-Lisa-Lächeln. Das ist ein bißchen einfältig und verstört, aber doch in der rechten Gesichtshälfte äußerst glücklich, weil da einer ist, der sich mit ihr abgibt, der sie unterhält und irgendwie auch lieb zu ihr ist. Wenn sie Besuch kriegt, zeigt sie grenzenlose und tränenreiche Freude.
Mutter ist für mich der bescheidenste und auch wertvollste Mensch.
Wie paradox: Wirtschaftlich hat sie doch absolut keinen Wert.


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nos

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Norbert Schäbler
17.08.2004 20.30
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Optimierte Übergangslösung

Wenn wir über Unterrichtsoptimierung im Bereich Rechtschreiben sprechen, dabei eine friedliche Koexistenz zweier unterschiedlicher Rechtschreibmethoden unterstellen – fordern, daß die alte Rechtschreibung der neuen gleichberechtigt zur Seite gestellt werden müsse – dann gilt es zunächst einmal, den erforderlichen Zeitaufwand zu klären und vor allem die Deutschstunden aufzulisten, die in einem Schuljahr theoretisch (ohne jeglichen Unterrichtsausfall) vorhanden sind.

Ein Schuljahr hat ca. 35 vollwertige Schulwochen, denn von den 52 ursprünglichen Wochen des Kalenderjahres sind 12 Ferienwochen und weitere fünf Organisationswochen (Schulfeste, Sportveranstaltungen, Projektwochen etc.) abzuziehen.

Innerhalb des gesamten Fächerkanons entfallen auf den Fachbereich Deutsch pro Woche zwischen fünf und sechs Unterrichtsstunden. Das sind in einem gesamten Schuljahr im Maximalfalle 210 Stunden.

Wesentlich schneller wäre natürlich die Rechnung durchzuführen für die Stunden, die auf den als minderwertig erachteten Rechtschreibunterricht entfallen. Das sind nämlich im Grundschulbereich maximal zwei Stunden pro Woche, im Hauptschulbereich eine Stunde pro Woche. Der Rest der anberaumten Deutschstunden entfällt nämlich auf die „mündliche“ und „schriftliche Sprachgestaltung“ (Aufsatz), auf „Lesen“ und „Sprachbetrachtung“ (Grammatik).

Mithin genießt ein Schüler der Grundschule innerhalb von vier Jahren zwischen 140 und 280 Rechtschreibstunden, denen sich im Verlauf der Hauptschule (fünf Schuljahre) weitere 175 Rechtschreibeinheiten anschließen.

Das ist zunächst einmal ein Zahlenspiel der allerübelsten Sorte, das zwar der schulischen Wirklichkeit entspricht, allerdings die häusliche Vorbereitung – die Hausaufgabe – ausschließt. Dort läuft der größte Teil der sog. Automatisierung ab.

Meine Behauptung ist nun die:
Schule kann allerhöchstens Inselstunden liefern im Bereich vergleichender Rechtschreibanalyse, denn gleichwohl muß ja Übung, Festigung und Lernzielkontrolle stattfinden. Das heißt: Schule kann sich im Rechtschreibbereich nicht verzetteln mit Entscheidungsfragen. Das muß vor- oder nachschulisch passieren.

Mit „vorschulisch“ ist ein politisches Gremium gemeint, das den Fächerkanon festlegt und sich zudem ungerechtfertigterweise der Schriftsprache bemächtigt hat.
Mit „nachschulisch“ sind die Eltern gemeint, die gemeinhin als Hilfslehrer bezeichnet werden, aber tatsächlich im Rechtschreibbereich den größten Teil der Arbeit leisten.

Meine Forderung ist die:
Die Eltern sollten – in einer fairen, unbeeinflußten Abstimmung an den einzelnen Schulen im Rahmen von Elternabenden – nach spätestens zwei Jahren Übergangszeit eine Entscheidung darüber fällen dürfen, welche Form der Rechtschreibung die allgemein übliche werden sollte, denn das vorgenannte Gremium der Kultusminister hat sich unsterblich blamiert und disqualifiziert.

Unter diesen Voraussetzungen hätte ich gegen eine Übergangszeit von zwei Jahren nichts einzuwenden. Das erwartbare Votum träfe im übrigen den Volkswillen ziemlich eindeutig, vorausgesetzt die Sprachverbrecher (dazu zähle ich inzwischen einen Großteil der vorauseilend gehorsamen Lehrer) gäben die Alternative tatsächlich frei.




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