Buxtehuder Tageblatt
11.8.2004
Von Populismus und Schwachsinn
Stimmen aus dem Landkreis Stade zum wieder aufgeflammten Streit um die deutschen Rechtschreib-Regeln
Kreis Stade (sbi/chw/ing/jb/q). Ab 1. August 2005 soll die Rechtschreibreform Gesetz werden. Aber in der vergangenen Woche bliesen mehrere deutsche Großverlage zum Großangriff gegen die neuen Regeln und fordern die Rückkehr zu alter Schreibweise und Zeichensetzung. Das TAGEBLATT fragte Menschen, für die das geschriebene Wort zum alltäglichen Geschäft gehört, nach ihrer Meinung.
Das TAGEBLATT ist seiner bisherigen Linie treu. „Wir bleiben bei der neuen Rechtschreibung“, versichert Chefredakteur Wolfgang Stephan. Am Montag hatten bereits mehrere verunsicherte Leser angerufen, wie es denn ihre Lokalzeitung mit der Schreibweise halten wird. Stephan erklärt: Das TAGEBLATT handelt in Absprache mit der Deutschen Presse Agentur (dpa), die das Gros der Artikel für die überregionalen Seiten stellt. „Das ist entscheidend für uns.“ Den Vorstoß von Springer und Spiegel hält er für populistisch. „Das trägt doch nur zur allgemeinen Verunsicherung bei“, so Stephan.
Annegret Sloot aus Moisburg, Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), befürchtet, dass die Reformgegner sich durchsetzen könnten. Aber in den Augen der Lehrerin wäre es „fatal, alles zurück zu drehen. Das würde auf den Rücken der Kinder ausgetragen.“
Und diese Neuregelung sollte nicht gestoppt, sondern vielmehr noch weiter entwickelt werden, fordert Jörg Petersen. Ein Zurückdrehen würde das totale Chaos bei Schülern auslösen, fürchtet der Leiter des Nordkehdinger Schulzentrums in Freiburg.
Katja Lange-Müller allerdings findet die Rechtschreibreform insgesamt „schwachsinnig“. Politik dürfte eben keinen Einfluss auf Sprache haben, sagt die Berliner Autorin, die bis vor kurzem Stades Stadtschreiberin war. Sie plädiert – bis auf das Doppel-S statt ß – für eine Rückkehr zu den alten Schreibweisen.
„Ich habe die neue Rechtschreibung immer für absolut überflüssig angesehen“, sagt dagegen der Buxtehuder Buchhändler und Initiator des Jugendbuchpreises „Bulle“, Winfried Ziemann. Er habe sich nie dran gehalten, werde es auch nie tun und müsse das auch nicht. Aber die Reform jetzt wieder zurückdrehen zu wollen, das halte er „für ausgemachten Schwachsinn“.
Weitere Stimmen zur Rechtschreibreform lesen Sie am Dienstag (10. August 2004) in Ihrem TAGEBLATT.
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