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eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.08.2023 um 03.19

Erklär mir die Welt
Bohuslav Martinůs Geflüchteten-Oper "The Greek Passion" beschert den Salzburger Festspielen einen einhelligen Publikumserfolg.

Von Egbert Tholl

sueddeutsche.de 14.8.2023 (rot hinzugefügt)

Vor 18 Jahren schrieb der Egbert Tholl:
»Deutschland kommt nicht aus dem tiefen Jammertal der Pisa-Studien heraus, die Jugend verliert Werte, Ziele und Kultur.«

Nun hat sich seine Thollität, der Kultur-Faschingsprinz, die Correctness-Narrenkappe selbst aufgesetzt. Oder wurde er von der „Alpen-Prawda“ dazu gezwungen? Martinu, als Untertan der KuK-Monarchie geboren und in der Schweiz lange vor Tholl gestorben, hätte solche Sprachgreuel nie zugelassen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.07.2023 um 04.20

Becken zu gebärfreudig! Uni entfernt Frauen-Skulptur
Der Ersatz wirft Fragen auf


Flensburg (Schleswig-Holstein) – Was wohl Fritz During († 83) dazu sagen würde? Eine von ihm geschaffene Bronze-Figur wurde nach fast 70 Jahren aus dem Foyer der Europa-Universität entfernt. Der Grund klingt abenteuerlich ...

1956 modellierte der gebürtige Schleswig-Holsteiner die nackte, 1,20 Meter hohe „Primavera“ („Frühling“ Bild). „Ein figürlicher Abstraktionsprozess der damaligen Zeit“, schwärmt Landrat Björn Demmin (49, parteilos). Der Kreis Plön hat den gesamten Nachlass Durings geerbt und verwaltet die „Fritz-During-Stiftung“...

Martina Spirgatis ist Gleichstellungsbeauftragte der Uni und sieht das offenbar anders. Sie verweist darauf, dass man einen „hohen Frauenanteil unter den Studierenden als auch den Lehrkräften“ habe – der sich zum Teil „unwohl“ bei dem Anblick fühle. Die Statue stehe für ein „überholtes Bild der Weiblichkeit und legt nahe, Weiblichkeit auf Fruchtbarkeit und Gebärfähigkeit zu reduzieren“...

Anstelle der „Primavera“ steht nun ein regenbogenfarbenes Fragezeichen auf dem Sockel im Uni-Foyer. Nicht über Monate von einem renommierten Bildhauer wie Fritz During geschaffen, sondern in wenigen Minuten von einem 3D-Drucker ausgespuckt.

bild.de 21.7.2023 (Hervorhebung S.S.)

»Primavera« wurde (angeregt durch Botticelli?) im abstrahierenden Stil der 50er geschaffen. Die mädchenhafte Skulptur sollte wohl Hoffnung und neuen Aufbruch symbolisieren, nachdem 12 Jahre lang Figuren wie Adolf Ziegler die Kunstszene beherrscht hatten. – Zeitgemäßer Ersatz: ein schwangerer POC-Mann als Benin-Bronze?

(Nach Hinweis von Imad Karim)


eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.07.2023 um 05.18

Spannender Fund: In Dschungel Mexikos haben Archäologen eine große Maya-Stadt entdeckt – mitsamt Pyramiden, Plazas und einem Ballspielplatz. Allein das auf einem Plateau errichtete Stadtzentrum erstreckte sich über 50 Hektar und umfasste mehrere Monumentalgebäude, Tempel und ummauerte Plätze. In der Zeit um 250 bis 1000 nach Christus muss diese Ocomtún – Steinsäulen – getaufte Stadt ein wichtiges Zentrum der Mayakultur gewesen sein, wie die Archäologen berichten...

Die zahlreichen überall verstreuten zylindrischen Steinsäulen interpretieren die Forscher als Überreste von Eingängen zu den Obergeschossen der heute verfallenen Gebäude...

In dieser Zeit erlebten viele Mayastädte einen drastischen Bevölkerungsschwund und wurden schließlich aufgegeben. Was damals die Mayakultur zu Fall brachte, ist allerdings bis heute nicht eindeutig geklärt. Zu den diskutierten Theorien gehören soziale Konflikte und Kriege innerhalb des Mayareichs, aber auch Nahrungsmangel durch eine Trockenperiode, die Übernutzung der Böden oder die Invasion fremder Völker.

scinexx.de 4.7.2023


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.05.2023 um 14.35

Nigerianischer Prinz wirft Baerbock „komplette Unkenntnis der Lage“ vor
Er wandte sich an die „ Berliner Zeitung “ und warf Baerbock „komplette Unkenntnis der Lage“ vor. Er erklärt dem Blatt: Es sei überhaupt nicht möglich, die Bronzen dem „nigerianischen Volk“ zu übergeben, weil es gar nicht existiere. Stattdessen lebten dort 250 unterschiedliche Volksstämme. Und diese würden sich selbst nicht als „Nigerianer“ betrachten.
Die Benin-Bronzen seien ursprünglich im Besitz des Volkes der Edo gewesen und hätten ihrem Oberhaupt, dem Oba gehört ... „Es tut mir leid, aber Ihre Außenministerin ist zu jung. Sie hat keine Erfahrung, und manchmal merkt man das, wenn sie spricht.“
focus.de 13.5.2023

Die New Yorker "Restitution Study Group", eine gemeinnützige Organisation von Nachfahren westafrikanischer Sklaven, lehnt die pauschale Rückgabe der Benin-Bronzen ab. [Sie bezeichnet einige Bronzen als "Blut-Metall".] "Schon lange vor dem Kolonialismus gab es den transatlantischen Sklavenhandel. Das Königreich Benin war 300 Jahre lang daran beteiligt", sagt Deadria Farmer-Paellmann, die Direktorin der "Restitution Study Group". "Europäische Sklavenhändler haben Benin im Austausch für Menschen mit sogenannten Manillen bezahlt, Armreifen aus Metall. Diese wurden dann eingeschmolzen und daraus die Benin-Bronzen gemacht."
ndr.de 9.1.2023

Die Benin-Kultur war geprägt von Menschenopfern, in einer Zahl, die selbst geeignet wäre, die Massen-Abschlachtungen der Mayas oder Azteken in den Schatten zu stellen.
Klonovsky 8.5.2023


eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.05.2023 um 11.20

Vorletzten Monat hatte ich sie noch erwähnt, vorgestern ist sie nun im Alter von 86 Jahren in Wien gestorben: Grace Bumbry. Ich denke noch an den Zwergenaufstand, den ihr Auftritt 1961 in Bayreuth als „Schwarze Venus“ in Wagners Tannhäuser verursachte. Dabei ist die Venus doch nur eine Phantasiefigur – wie „Gott“, von dem nach einem Witz ein eben verstorbener Mönch entgeistert aus dem Jenseits telegraphiert: „She is black“.

Anders verhält es sich mit der Netflix-Produktion „Kleopatra“, wo die griechisch-stämmige ägyptische Königin durch eine schwarze Schauspielerin dargestellt wird. Man vermerkt verstimmt den „woken“ Eifer, die altägyptische Kultur für Schwarzafrika in Beschlag zu nehmen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 01.05.2023 um 05.22

Wir trauern um

Peter Petersen

*14.11.1942 – † 21.4.2023

Mehr als zehn Jahre lang hat Herr Petersen die vielfältigen Aspekte der lateinischen Sprache und Literatur, der römischen Kultur samt ihrem Fortwirken in der europäischen Geschichte, in Literatur, den bildenden Künsten und der Musik vertraut gemacht, auf der Grundlage seiner profunden Bildung und mit dem neuesten Stand digitaler Präsentationstechnik.
Sein Wissen allen zugänglich zu machen, war ihm ein besonderes Anliegen, auch auf den von ihm organisierten Tagesfahrten und Studienreisen. Sein humorvolles Engagement, seine Begeisterung wirkten auf jeden von uns ansteckend.
Peter Petersen war ein einzigartiger Sachwalter des humanistischen Bildungsideals. Sein Wirken wird lange nachhallen.

Seine dankbaren Lese- und Gesprächskreis-„Schüler“

25 Unterzeichner

Auch seit fast zehn Jahren habe ich hier über einige seiner Veranstaltungen berichtet:
Hans Olde, Dante, Leonardo, neues Latein, Graffiti in Pompeji, Lady Hamilton, Ausstellung Pompeji in Hamburg 2014, Lorenzettis Fresko in Siena 2014.


__________________
Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 23.03.2023 um 05.38

Als der ehemalige Kolonial-General v. Lettow-Vorbeck in den Fünfzigern Afrika besuchte, wurde die Nachricht noch durch Buschtrommeln verbreitet und die letzten Askaris strömten zusammen, um ihren Anführer wiederzusehen. 1983 zitierte der „Spiegel“ den Film einer schwarzen Ethnologin: „Wenn die Neger drei Takte Beethoven hören, machen sie Schluß mit ihrem Tamtam.“

Diese Musikalität muß Schlagersänger wie Roberto Blanco bewogen haben, Beethoven als einen der Ihren zu betrachten, so daß er vom Wiener Bürgermeister die Exhumierung des Komponisten zwecks Gen-Analyse verlangte. Heute genügen fünf Haarlocken, um der Wahrheit näherzukommen, wie die Physikerin Nadja Podbregar in wissenschaft.de und scinexx.de berichtet:

Die DNA-Analysen enthüllten, dass fünf der acht Haarlocken vom selben Individuum stammen – einem Mann mit europäischer Herkunft und genetischen Übereinstimmungen mit Menschen in Nordrhein-Westfalen – der Geburtsregion des Komponisten.
wissenschaft.de 22.3.2023
Nach Streichung des „Individuums“ und der Einfügung des „korrekten“ Gender-Partizips liest sich das in scinexx.de so:
Fünf der acht Haarlocken stammen wahrscheinlich tatsächlich von Beethoven. Ihre DNA stammt von einem Mann mit europäischer Herkunft ...
In Beethovens Erbgut stießen die Forschenden unter anderem auf zwei Kopien einer Genvariante, die als eines der stärksten Risikogene für Leberzirrhose gilt.
scinexx.de 23.3.2023
Allerdings fand man auch alte außereheliche Gen-Spuren, die aber nicht, wie heute staatlich erwünscht, nach Afrika führen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.03.2023 um 20.23

MSN.com warf gerade einen Klickköder aus – mit einer Nachricht aus meiner Nachbarschaft, übersetzt aus dem Französischen:

Am 17. Februar dieses Jahres wurde in Norddeutschland ein Mann in der Kunst der Metallsuche ausgebildet. Mithilfe seines Metalldetektors und unter Anleitung erfahrener Archäolog:innen [des archéologues] sah der Nachwuchsforscher sehr schnell, dass seine Bemühungen belohnt wurden!
Dank des genderfreien Berichts bei Damals.de kennen wir sogar den Namen des Glücklichen und wissen, daß Münzen, Goldkette und Ohrgehänge nach der Zerstörung Haithabus (im ominösen Jahr 1066) vergraben worden sein müssen. Sie stammen aus der Zeit König Waldemars II. und weisen Stileinflüsse der Byzantiner und Almohaden auf.

Schon 2020 war im dänischen Vindelev ein Schatz mit einem runenschriftlichen Hinweis auf Odin gefunden worden, so daß die Medien den Beginn des Wirkens dieses Gottes zeitlich zwischen Jesus und Mohammed einordnen konnten.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.02.2023 um 15.43

Th. Ickler kritisierte die Kunstkritikerin der SZ, Kia Vahland: ...

Die Fachfrau knüpft einige Betrachtungen daran, daß auf dem bekannten Bild "Das Glas Wein" (es gibt noch andere Titel) der Stuhl im Vordergrund frei bleibt. Eine Reproduktion ist beigefügt, und so kann der Leser auf den ersten Blick sehen, daß der Stuhl keineswegs frei ist: eine große Laute (Chitarrone) liegt darauf. Was wird nun aus dem ganzen Geschwätz?
Der Artikel ist bei der SZ nicht frei zugänglich, aber: Das Instrument ist eine große Cister (Pandora). Die dargestellte Situation: Der Musikfreund hatte der Dame vorgespielt oder ihren Gesang begleitet. Die Noten liegen noch auf dem Tisch. Er hat sein Instrument auf dem Stuhl abgelegt und ihr ein Getränk eingegossen ...
Das Glas Wein
Ein Blick auf weitere Bildangebote weckt Heiterkeit – Übersetzungen durch künstliche Intelligenz?
Eine junge Dame sitzt an einem Jungfernhäuschen, c.1670 von Jan Vermeer van Delft
Dieses Bild ist lieferbar als Kunstdruck, Leinwandbild, gerahmtes Bild, Glasbild und Tapete.
Dieses Kunstwerk von $artist_short ist auch bekannt als: A Young Lady Seated at a Virginal, c.1670.
Die KI oder AI weiß nicht, daß ein Virginal ein Cembalo ist, das z.B. die Königin Elizabeth I. gerne spielte. Ungläubig frage ich das Internet noch einmal, aber die Google-Intelligenz weiß noch weniger und fragt dummduzend zurück:
Meintest du:
Eine junge Dame sitzt an einem Jungfernhäutchen, c.1670 von Jan Vermeer van Delft ...?
Na, die schräge Google-Phantasie kennen wir schon.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.01.2023 um 15.13

Späte Klage wegen Nacktszene

Olivia Hussey und Leonard Whiting waren 1968 minderjährig, als sie von Regisseur Franco Zeffirelli [1923-2019] angewiesen wurden, eine Szene in »Romeo und Julia« nackt zu spielen. Nun haben die beiden das Filmstudio verklagt. Sie verlangen in der Klageschrift mehr als 500 Millionen US-Dollar ...

Whitings nackter Hintern und Husseys nackte Brüste sind in der Szene kurz zu sehen. Die Nacktszene wurde schon vor der Erstaufführung, bei der unter anderem Queen Elizabeth II. im Kino war, ausgiebig diskutiert. Die zeitgenössische Kritik beurteilte sie als »mit Diskretion gedreht«, sie wirke »in keiner Weise anstößig, allenfalls rührend«, so das »Hamburger Abendblatt«...

spiegel.de 4.1.2023

Natürlich ist das pure Geldschneiderei, vor allem auch der Anwälte. Die zweitwichtigsten Organe einer Frau zu tabuisieren ist eine Fehlleistung unserer Zivilisation. Im heißen Gürtel der Erde war so etwas unbekannt, bis Diktatoren diese Unsitte zur Anpassung an den Westen zwangsweise einführten. Eine Schande ist dabei auch die Diskussion, ob eine Mutter ihr hungriges Kind in der Öffentlichkeit stillen darf.

Dagegen sollten Jugendliche, die in den Schulen nach der Methode Tuider sexuell verbildet wurden, Schadenersatz vom Staat und der Gender-Professorin einklagen dürfen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.01.2023 um 06.37

Ägypten erhält fast 2700 Jahre alten Sarkophag-Deckel zurück

Fast drei Meter lang, 90 Zentimeter breit – und 2008 erst gestohlen, dann außer Landes geschafft: Ein Sarkophag-Deckel mit grünem Gesicht ist wieder in Ägypten. Der Außenminister persönlich kam zur Präsentation...

spiegel.de 2.2.2023

Nun, die Buchseiten des althochdeutschen Hildebrandsliedes sind „nur“ halb so alt und wurden 1945 von den USA gestohlen. Sie gelangten nach 1945 als „Kriegsbeute“ in die USA. Die letzte Seite kam erst 1972 wieder zurück nach Deutschland.

Die Benin-Bronzen dagegen wurden jetzt von unseren beiden dümmsten Politisierenden an einen Staat übergeben, der nicht der Rechtsnachfolger des alten Benin ist. Dabei übernahmen sie noch eifrig die Schuld für den kolonialen Raubzug, an dem Deutschland nicht beteiligt war.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 23.11.2022 um 06.33

Die fast 500 Goldmünzen waren das prunkvolle Aushängeschild des Museums, nun sind sie weg: Unbekannte Einbrecher haben aus dem Kelten-Römer-Museum im oberbayerischen Manching den zwei Jahrtausende alten Goldschatz gestohlen.

Am frühen Dienstagmorgen sei in das Museum eingebrochen worden, sagte ein Sprecher des bayerischen Landeskriminalamts (LKA) in München. Die Vitrine mit dem Schatz sei aufgebrochen und das Gold komplett entwendet worden. "Es war klassisch, wie man es sich in einem schlechten Film vorstellt", sagte der Sprecher. Wie die Täter die Alarmsysteme ausgeschaltet haben, ist noch unklar...

Unklar ist noch, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Goldraub und einem Sabotageanschlag auf einen Technikraum der Telekom in Manching gibt. Einbrecher hatten dort kurz nach Mitternacht mehrere Glasfaserkabel durchtrennt. Die Folge: Bei 13.000 Haushalts- und Firmenkunden der Telekom in der Region fielen Internet und Telefon aus – und damit wohl auch die Alarmverbindung des Museums zur Polizei.

br.de 22.11.2022


eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.11.2022 um 14.00

Christian Ströbele, der linksgrüne Mitgründer der K-Grüppchen-Sammelbewegung „Bündnis 90/Die Grünen“ von 1982 und verurteilte anwaltliche Kommunikator der RAF, popularisierte noch 20 Jahre später sein zweitwichtigstes Lebensziel: „Gebt das Hanf frei!“

[Wiki:]Tatsächlich ist der Ausspruch grammatikalisch inkorrekt. Hanf ist im Deutschen maskulin, dementsprechend hätte es „Gebt den Hanf frei!“ heißen müssen.
Sogleich wurde „Musica“, die abgewirtschaftete „lieblich Kunst*) früherer Jahrhunderte, im Reggae-Stil von Stefan Raab zur Durchsetzung dieser politischen Propaganda eingesetzt:
https://youtu.be/7mo1Vv8v_SQ
Weitere 20 Jahre später konnte sich Ströbele, nachdem das Bunte Kabinett die Macht errungen und die Hanffreigabe eingeleitet hatte, beruhigt zur letzten Ruhe begeben – ein grüner Pyrrhus-Sieg: (Die Welt 5.11.2022).
Zuletzt hatte Ströbele sich noch friedensbewegt zur Ukraine zu Wort gemeldet:
Am 1. Mai 2022 kritisierte Ströbele die Parteispitze der Grünen ... Er betonte, „bei dem Vorgehen, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern“, handele „es sich um erprobte, international seit Jahrzehnten anerkannte und auch gute Grundsätze der Friedenspolitik“.
Bis dahin diente die linke „Friedensbewegung“ vor allem der Schwächung des „kapitalistischen“ Lagers. Sollte nun ihr Pazifismus ehrlicher gemeint sein?

*) Die musikalische Struktur hier mit geschriebenem Text:
https://www.youtube.com/watch?v=WjRubw_CE5w
Die Tripla (seconda pars im Sonett)... „Sie frischt das Herz, welchs leidet Schmerz ...“
müßte heute heißen: ... „Hanf stumpft das Hirn in hohler Stirn“


eingetragen von Sigmar Salzburg am 21.10.2022 um 16.40

Kaputte Politik, kaputte „Kultur“

19. Oktober 2022

Von WOLFGANG HÜBNER | Zweifellos war die diesjährige Verleihung des Deutschen Buchpreises an einen Mann, der sich als geschlechtslos empfindet, „Kim de l’Horizon“ nennt und ein Büchlein mit dem Titel „Blutbuch“ der literarischen Welt geschenkt hat, eine dumme dekadente Farce. Aber sie war kein peinlicher Ausrutscher in einem ansonsten intakten Kulturleben, sondern machte deren überaus maroden Zustand nur geradezu erfreulich kenntlich.

Dieser „Blutbuch“-Verfasser, der laut seiner Schreiberei gar nicht genug Männergeschlechtsteile in sich spüren kann, hat den Preis zugesprochen bekommen, weil er durchaus repräsentativ für eine von Steuergeldern hochsubventionierte, vollständig korrumpierte und korrupte Szene ist, deren Hauptbeschäftigung darin liegt, eine ehemalige Kulturnation in aller Welt als Ansammlung von „Buntlandirren“ lächerlich zu machen...

Bei der Verleihungszeremonie im Kaisersaal des Frankfurter Römers saßen ausschließlich Personen, die für sich in Anspruch nehmen, der geistigen und literarischen Elite zuzugehören. Ihr Beifall, ja Jubel bei der Bekanntgabe des Preisträgers, war nichts als das Eingeständnis tiefsten Elends und intellektuellem Selbsthasses....

Deutschland ist in jeder Beziehung ganz unten.

pi-news 19.10.2022


eingetragen von Sigmar Salzburg am 15.10.2022 um 05.07

Das Bild »192 Farben« von Gerhard Richter ist am Abend für 20,9 Millionen Euro in London versteigert worden. Das teilte eine Sprecherin des Auktionshauses Sotheby's in Köln mit. Der Schätzpreis des Bildes hatte bei 15 bis 21 Millionen Euro gelegen. Das 1966 in Düsseldorf entstandene Gemälde gilt als Schlüsselwerk des Malers, der einer der teuersten und einflussreichsten lebenden Künstler der Welt ist.

spiegel.de 14.10.2022

Solch schachbrettbunte Farbübungen haben wir im Architekturstudium anfang der 60er massenweise produziert. Welche „Werte“ wir doch damals schließlich entsorgen mußten!

Die Öko-Taliban dagegen achten nichts, nicht einmal van Goghs Bild mit den Symbolblumen der Ökobewegung.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.10.2022 um 05.15

Baselitz fordert Entfernung eines NS-Gemäldes
Die Münchner Pinakothek der Moderne zeigt ein Werk der NS-Kunst in seiner Dauerausstellung. Georg Baselitz, einer der bedeutendsten deutschen Künstler, ist empört.

spiegel.de 3.10.2022

Ausgerechnet der Modernist, der sich mit dem Skandal um das Schmuddelbild „Lange Nacht im Eimer“ den Einstieg in den „modernen“ Kunstzirkus verschafft hat, beklagt sich über einen ähnlichen Konjunkturritter in der Nazizeit.

Nach Dürer ist die Aufgabe der Malerei, das Bild der Menschen zu bewahren und die Erzählungen der Bibel zu verbildlichen. Fotografie und Kino haben den Malern ihren Existenzgrundlage entzogen.

Prof. Georg Hoeltje (1906-1996), Kunsthistoriker, meinte in einer seiner Vorlesungen, man solle die Malerei als eine Art Sport weiter betreiben. Tatsächlich aber ist der Kunstbetrieb zu einem Wettbewerb von Gag-Spezialisten geworden.

Obwohl an meinen vier Wänden einige Bilder von Gegenwartskünstlern hängen, würde ich weder einen Baselitz noch einen Adolf Ziegler täglich vor Augen haben wollen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.06.2022 um 11.41

Geburtstag eines ungewöhnlichen Kunstwerks
05. Juni 2022

Karlheinz Weißmann

Mit dem Pfingstfest enden in Schleswig die Veranstaltungen aus Anlaß des 500. Jahrestags der Fertigstellung des „Bordesholmer Altars“. Sie haben die Existenz eines der ungewöhnlichsten und schönsten Kunstwerke Norddeutschlands wieder ins Gedächtnis gerufen. Die „Großtat“ (Horst Appuhn) des Holzbildhauers Hans Brüggemann erhebt sich auf einer Höhe von mehr als zwölfeinhalb Metern. In einem aufwendigen architektonischen Rahmen zeigt der Altar 392 aus Eiche geschnitzte Figuren. Zu seinen Besonderheiten zählt, daß er niemals farbig gefaßt wurde. Solche Monochromie war ein Stilmittel, das seit dem 15. Jahrhundert einige Künstler – der bekannteste dürfte Tilman Riemenschneider gewesen sein – anwendeten, und das dazu zwang, besonders sorgfältig und detailliert zu arbeiten und dem Material selbst alles an Ausdrucksmöglichkeiten abzugewinnen.

Bordesholmer Altar
Foto: Karlheinz Weißmann

Der Bordesholmer Altar war aber nicht nur in formaler Hinsicht, sondern auch im Hinblick auf das Bildprogramm ungewöhnlich. Sein Name erklärt sich daher, daß er ursprünglich durch Herzog Friedrich I. von Schleswig-Holstein, nachmals König von Dänemark und Norwegen, für die Kirche des Augustiner-Chorherrenstifts Bordesholm gedacht war und erst 1666 an den Dom in Schleswig kam...

... weiter in jungefreiheit.de 5.6.2022.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 15.04.2022 um 08.07

Der Klavier-Kabarettist Bodo Wartke überschreibt sein Programm vom letzten Dezember listig mit:

Black Keys Matter
– Mit Zwölftonmusik zu einer besseren Gesellschaft


Begleittext: Klassische Musik ist sehr europäisch geprägt. Als der Komponist Arnold Schönberg vor einhundert Jahren die Zwölftonmusik erfand, verhalf er allen Tasten auf dem Klavier zur Gleichberechtigung und befreite damit die Musik aus der Umklammerung des Quintenzirkels. Für das ungeschulte Ohr ist Zwölftonmusik jedoch nicht gerade eingängig. Genau das ändert Bodo Wartke in seinem Beitrag zur TEDxMünster. Er erklärt das Konzept der Zwölftonmusik, zeigt ihre revolutionäre Kraft und öffnet uns mit einem Augenzwinkern eine Tür zu dieser Musik.

https://youtu.be/g_foEjGwdmk
Um 1600 reifte die Erkenntnis, daß alle europäischen Tonarten der Musik annähernd mit einer gleichstufigen chromatischen Kompromißtonleiter von zwölf Tönen darstellbar sind – auf Kosten einer Reinheit vor allem der Terzen. Nach dieser erzwungenen Gleichheit aller Töne trat nach 1900 auch der Wunsch auf, die völlige Gleichheit ihrer Verwendung zu erzwingen.

Arnold Schönbergs Idee war nun die Vorschrift, daß alle zwölf Töne der Tonleiter erklungen sein mußten, bevor der erste Ton wiederverwendet werden durfte. In der Poesie hätte das etwa einer Vorschrift entsprochen, Gedichte nur in Kreuzworträtselform zuzulassen. Damit machte er jeden musikalischen Gedanken der letzten 3000 Jahre unmöglich, garantierte aber zunächst die absolute Neuheit – bis die Epigonen auch dieses Feld erobert hatten.

Ob Schönbergs Werk den erstrebten Ewigkeitswert in der Kunst erlangt hat, mag die Geschichte zeigen. Dabei war ihm der musikalische Sonderling Joseph Matthias Hauer mit der Zwölfton-Idee 1919 ein wenig zuvorgekommen. – Richard Strauss hatte schon 1896 in seiner sinfonischen Dichtung „Zarathustra“ für seine Fuge zur „Wissenschaft“ ein 12töniges Thema verwendet, allerdings mit der nach der Zwölfton-Ideologie frevelhaften Wiederholung der Töne C und G.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 15.01.2022 um 18.35

In Afghanistan hat in sozialen Medien ein Videoclip für Aufsehen gesorgt, der militant-islamistische Taliban beim Verbrennen von Musikinstrumenten zeigen soll. In dem Clip ist zu sehen, wie die Islamisten zwei in der Nähe der Flammen stehende Musiker beleidigen. Die Künstler werden von einer umstehenden Menschenmenge ausgelacht und gefilmt. Die Taliban sehen das Musizieren als unislamisch an...

„Dieses Video dokumentiert die barbarische Haltung der Taliban gegenüber Musikern und Musik in Afghanistan, wo Musik verboten ist“, schrieb der im Exil lebende Gründer des Afghanischen Nationalinstituts für Musik Ahmad Sarmast zu den Aufnahmen bei Twitter.

welt.de 15.1.2022

Der historische Vordere Orient war einst Entstehungsort vieler Formen von Musikinstrumenten, vor allem auch von Streichinstrumenten. Die Taliban schaffen nun das, was Mohammed nie gelungen war.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.01.2022 um 09.38

Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki (1920-2013) hatte angeekelt geäußert, er wolle die klassische deutsche Literatur nicht in Reformschreibung lesen. Dem würde er aber heute nicht entkommen – und schon gar nicht, wenn er einem der deutschen Zwangsgebührensender ausgeliefert wäre, zum Beispiel dem Deutschlandfunk:

Vor 225 Jahren geboren
Annette von Droste-Hülshoff – Vorbotin der Moderne

Zu Lebzeiten blieb das „Freifräulein“ kaum bekannt – doch ihre Gedichte und die Novelle „Die Judenbuche“ machten Annette von Droste-Hülshoff später zu einer der bedeutendsten deutschen Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts. Vor 225 Jahren wurde sie geboren.
Von Christian Linder | 10.01.2022

... Droste zog [1826] in das gut vier Kilometer entfernte Rüschhaus, einem zum Landgut ausgebauten ehemaligen Bauernhof.
Ihr Wohnzimmer, zugleich das Arbeitszimmer, „Schneckenhäuschen“ genannt und Ort mancher „durchwachten Nacht“:

Vom Taue wach geküsst,
Das Dunkel fühl‘ ich kühl wie feinen Regen.
...

Nun muss ich sitzen so fein und klar,
Gleich einem artigen Kinde,
Und darf nur heimlich lösen mein Haar/ Und lassen es flattern im Winde!


Bis das artige Kind sich auf einmal radikalisierte: „so steht mein Entschluss fester als je, nie auf den Effekt zu arbeiten und unsre blasierte Zeit mit dem Rücken anzusehn.“

Lyrik Lost in Münsterland?
... Auch die Fremdheit der eigenen Person, – da genügte ein Blick in den Spiegel:

Es ist gewiss, du bist nicht Ich,
Ein fremdes Dasein,
… Voll fremden Leides, fremder Lust ...


... Nach ihrem Tod 1848 im Alter von 51 Jahren in Meersburg am Bodensee, wo sie die letzten Jahre bei ihrer Schwester lebte, dauerte es nicht einmal hundert Jahre, bis Annette von Droste-Hülshoff eine der – bis heute – meistgelesenen deutschen Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts geworden war und begriffen wurde, dass sie mit ihrem magischen Realismus die Moderne angekündigt hatte.

deutschlandfunk.de 10.1.2022
Zu welchem „Wokuspokus“ der „woke“ deutsche Zwangskulturbetrieb noch fähig ist, konnte man schon vor zwei Jahren im Deutschlandfunk miterleben:
Droste-Festival auf Burg Hülshoff
„Wie weiblich muss eine Frau sein?“

Ein Kunstfestival auf Burg Hülshoff feiert Annette von Droste-Hülshoff als Vorreiterin des Feminismus. „Sie hat in ganz jungen Jahren schon damit begonnen, sich hinaus zu wagen mit Positionen, die unbequem waren“, sagte Kurator Jörg Albrecht im Dlf. Auf dem Programm steht unter anderem ein „klitorianisches Lesezimmer“.

Jörg Albrecht im Gespräch mit Änne Seidel | 03.07.2019
...
Seidel: ... Wer sind diese Erbinnen von Annette von Droste-Hülshoff?

Albrecht: Ich nehme mal die Beispiele, die wir jetzt heute bei der Eröffnung haben werden. Das sind zwei Eröffnungsrednerinnen, nämlich Eva Meyer und Sharon Dodua Otoo, die uns zwei Texte mitbringen werden, die unterschiedlicher gar nicht sein könnten. Sharon Dodua Otoo spricht eigentlich darüber, wie weiß das Erbe von Droste-Hülshoff auch ist. Sie als „Künstlerin of Colour“ beschäftigt sich natürlich sehr stark damit ...

Seidel: ... Sie laden zum Beispiel ein ins „klitorianische Lesezimmer“. Das ist doch jetzt schon ein gewagter Schritt von der praktizierenden Katholikin Annette von Droste-Hülshoff hin zu Veranstaltungen mit solchen Titeln, oder?

Albrecht: Ja, natürlich. Aber wir sind ja nun mal auch weiter, als vor 200 Jahren die Droste'sche Gesellschaft war ... Dieses „klitorianische Lesezimmer“ wird das machen. Es wird eine Rauminstallation sein, die – natürlich fiktiv – die beiden Teenager-Zimmer von Annette und ihrer Schwester Jenny rekonstruiert und da auf die Klitoris fokussiert und sagt: Was bedeutet so ein Geschlechtsorgan, ... Aber wie kann vielleicht so ein Organ selber auch lesen?...
.
„Wir benutzen gern das Gendersternchen“

Albrecht: ... Wir benutzen gern das Gendersternchen, und so ist es auch gemeint. Wir haben Leute im Festival, die nicht nur weiblich sind, und auch nicht Leute, die nur männlich sind, sondern auch Menschen dazwischen. Das ist wirklich wichtig zu wissen, dass es natürlich um alle Geschlechter geht. ... Gerade jetzt in Zeiten, in denen einige Gruppen der Gesellschaft auch wieder ganz weit zurück wollen, ist es doch ganz gut, entschieden nach vorne zu gucken und zu sagen: Ja, genau dahin wollte Annette von Droste-Hülshoff in ihrem Schaffen auch.

deutschlandfunk.de 3.7.2019
Eine zugelaufene Quotennegerin muß jetzt schon obligatorisch ihren Senf zu Droste-Hülshoff dazugeben – die „Neger“ vielleicht gerade mal sprichwörtlich kannte, wie sie in ihrer zierlichen Kurrentschrift vermuten läßt:
An August v. Haxthausen. – Rüschhaus 1841 Juli 20.

Lieber August!
Schreiben hätte ich längst sollen, das ist gewiß, und wenn ich einige Hoffnung auf ein günstiges Resultat hätte, so würde ich versuchen, mich weiß zu waschen; da ich es aber höchstens vom Mohren bis zum Neger bringen würde, gebe ich dieses ohne Weiteres auf und mich Deiner angeborenen Gnade gefangen...


eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.01.2022 um 09.57

Am 6. Januar vor 200 Jahren wurde Heinrich Schliemann geboren. Er verwendete nach einer erfolgreichen Kaufmannskarriere sein Vermögen darauf, die Stätten der homerischen Geschichten aufzufinden, wie er sie in seiner Jugend kennengelernt hatte. Daniela Albat schreibt in „scinexx“:

Anfangs noch als Amateur belächelt, gilt Heinrich Schliemann heute als ein Pionier der modernen Archäologie und der wissenschaftlichen Grabungstechnik.
Daß sich Schliemann dabei in den Schichten irrte, ändert nichts an der Großartigkeit seiner Entdeckungen. Dazu zitiert die Autorin den Arzt und Anthropologen Rudolf Virchow (in seiner seit 1996 verfremdet erscheinen sollenden Orthographie):
„Es mag sein, daß seine Voraussetzungen zu kühn, ja willkürlich waren, daß das bezaubernde Gemälde der unsterblichen Dichtung seine Phantasie zu sehr bestrickte, aber dieser Fehler des Gemüts (…) enthielt doch auch das Geheimnis seines Erfolgs. (…) Noch heute würde die gebrannte Stadt in der Verborgenheit der Erde ruhen, wenn nicht die Phantasie den Spaten geleitet hätte“, formulierte einst sein Zeitgenosse Rudolf Virchow.

scinexx.de 10.1.2022
Noch vor kurzem wurde am Hügel Hisarlik ein Ring mit luwischen Schriftzeichen gefunden. In der Bronzezeit war Kleinasien von Völkerschaften indoeuropäischer Zunge besiedelt. Dann kolonisierten es die verwandten Griechen, und schließlich blieb es Teil des römischen Imperiums noch das ganze erste nachchristliche Jahrtausend – bis es die Türken an sich rissen. Schliemanns Geburtstag war daher für die zur neuen „Wokeness“ herabgesunkene „Zeit“ der Anlaß zur deutschen Selbstkasteiung, weil er einige Stücke abendländischer Kulturgeschichte an sich genommen hatte:
Heinrich Schliemann: Ein deutscher Held und Räuber

Der Hobby-Archäologe Heinrich Schliemann log, betrog und trickste – und schaffte, was niemand für möglich hielt: Er grub das antike Troja aus. Seine Funde nahm er einfach mit. Ein Porträt zum 200. Geburtstag

Von Moritz Aisslinger

Er hatte europäische Hochkulturen entdeckt und Goldschätze und Königsgräber und Troja. Er war rastlos gewesen und rücksichtslos und getrieben, einundzwanzigsprachig und kleinwüchsig und Halbwaise und unendlich reich. Ein glücklicher Mensch war er nicht gewesen. Und nun war er tot. Heinrich Schliemann lag am 4. Januar 1891 aufgebahrt in seiner Stadtvilla in Athen...

Staatsoberhäupter aus der ganzen Welt hatten kondoliert. Der Deutsche Kaiser Wilhelm II. hatte einen prachtvollen Kranz geschickt, im Namen des deutschen Volkes. Der griechische König und sein Kronprinz hielten Totenwache. Der Sarg wurde auf einen Wagen gelegt. Acht schwarze Pferde zogen den Leichnam zum Ersten Athener Stadtfriedhof...

zeit.de 6.1.2022
Sic transit gloria mundi, und wieder wurde ein großer Deutscher als schäbiger Kleinkrimineller und Räuber von Kulturgütern entlarvt.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.12.2021 um 14.34

Um 1980 besuchte Käte van Tricht, damals Organistin am Bremer Dom, eins unserer Konzerte und wunderte sich zum Schluß: „Im Programm steht Sinfonia in D-Dur, ich höre aber immer nur Des!“ Wir hatten alter Stimmung gespielt (Kammer-A 415 Hz), weil man die früheren Darmsaiten der Instrumente nicht so hoch ziehen konnte wie die heutigen stählernen.

Vor ein paar Jahren scheiterte ein Musikvorhaben am absoluten Gehör einer Sängerin, die nicht imstande war, Lieder vom Blatt zur Stimmung der Laute einen halben Ton tiefer abzusingen.

Der musikbegabte Physiker Max Planck habe ähnliche Schwierigkeiten gehabt, schreibt nun die FAZ. Damit leitet sie ihre weihnachtliche Erbauung ein und befaßt sich dann mit der wissenschaftlichen Untersuchung dieser Begabung:

Das absolute Gehör ist eine Gabe – und eine Last
( faz.net 24.12.2021).
Der Neurowissenschaftler Lutz Jäncke habe je 50 Absoluthörer, 50 Normalmusiker und 50 Laien radioencephalographisch untersuchen lassen und hirnorganische Funktionsunterschiede festgestellt.

Es verwundert dabei doch, daß eine zwei Jahre frühere ganz ähnliche Untersuchung von Larissa McKetton nicht erwähnt wird:
„Das absolute Gehör ist mit einer Reihe von morphologischen Veränderungen im Gehirn verknüpft“, erklären Larissa McKetton und ihre Kollegen von der York University in Toronto...

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, führten die Forscher ein Experiment mit 61 Freiwilligen durch. Ein Drittel waren Musiker mit dem absolutem Gehör, 20 waren Musiker mit nur relativem Gehör und 20 weitere Probanden waren Laien ohne musikalisches Training. Alle Teilnehmer unterzogen sich einem Hirnscan mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT)... bei den Musikern mit dem absoluten Gehör ... reagierte ein deutlich größerer Hirnbereich auf die Tonfolgen.

„Anatomisch gesehen waren sowohl die primäre Hörrinde als auch der rostrale Bereich des auditiven Cortex bei den Musikern mit absolutem Gehör signifikant größer“, berichten McKetton und ihre Kollegen...

Larissa McKetton (York University, Toronto) et al., Journal of Neuroscience, doi: 10.1523/JNEUROSCI.1532-18.2019

wissenschaft.de 12.2.2019
Dennoch meint Lutz Jäncke, daß Wolfgang Amadeus Mozart und seine Schwester „Nannerl“ ihre Fähigkeiten hauptsächlich durch den eisernen Drill ihres Vaters erlangt hätten. Das glaube ich nicht. Wo keine Begabung ist, nützt auch der beste Drill nichts. Es müssen aber vom Absoluthörer in der Jugend die einzelnen Töne wie die Wörter einer Sprache erlernt werden. Wechselt man die Stimmhöhe, dann müssen sie aufs neue verinnerlicht werden.

Daß unter den ostasiatischen Tonsprachlern 50 Prozent Absoluthörer zu finden seien halte ich für übertrieben. Gewiß wird ihnen ihr für Tonhöhen feiner geübtes Gehör hilfreich sein. Aber nur der Nachweis organisch-neurologischer Verschränkung kann hier den letzten Beweis erbringen, daß sie nicht bloß die Psychologen mit ähnlichen Fertigkeiten überlisten.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 24.12.2021 um 13.20

Was vom Christentum bleibt, ist die Musik und das Kirchengeläut. Das sollte unter Kultur- und Denkmalschutz gestellt werden, auch wenn es fundamentalistischen Atheisten und Islamisten nicht gefällt. Seit dem Mittelalter erhielten die europäischen Kirchen große Glockengeläute. Berühmt war das Geläut zu Speyer, das auch den Komponisten Ludwig Senfl (1490-1543) zu einem tonmalerischen sechsstimmigen Satz anregte.



Der Text dazu lautete in der damaligen (ss-reformfreien) Rechtschreibung:

Das Geläut zu Speyer

[Primus discantus] Nun kumbt hierher all und helft mir einmal, in diesem Saal, wem’s Läuten g’fall’ und siecht an bald, treibt wenig G’schall, Gling, glang... Nit irret mich, sunst hör’ auf ich. Flux fu der dich. Gling, glang... Ich mag nicht läuten lang. Gling, glang... Bitt’ ich mir sag’, was ist für Tag, daß man so läut’. Gling, glang... Solch’s G’läut macht mich betör’n, ich mag mich selbst nit hörn. Schau’ eben auf, zeuch gleich mit auf. Gling, glang... Nun läut’ zam in Gottes Nam. Wer kommen will, darf G’läuts nit viel, mag hertreten ungebeten zue der Metten.

[Secundus discantus] Gling, glang... Laßt mehr angeh’n, da müeßt ihr zue mir herstehn, Gling, glang... Mit unsern Glocken laßt zammenlocken, ziecht unerschrocken. Gling, glang... Wiewohl zwar Andacht bloß Gott’sdienst ist groß geet über ’s G’läut’ am Kirchtag heut’. Gling, glang... Die Schuler kommen schon, Glocken brummen habt viel Singens, gilt Anbringens, so Pfarrer aufsteht, gen Opfer geht.

[Altus] Kumbt her all, kumbt her, und helft mir, Meßner. Ziecht an, ziecht an, wehr mag und kann. Zue dem Fest, tue das Best’. Drumb ich bitt’, spar euch nit. Jedermann soll hergon. Laßt aufgahn, nicht klagt’ an, noch nicht fliecht, ziecht an, ziecht, streckt die Arm’, macht euch warm. Gling, glang... So Hans und Paul, ziecht seid nit faul. Wie schnauft ihr mit dem Maul? Gling, glang... Nit ziecht so schnell, so klingt’s baß hell. So fein greift drein. Gling, glang, mar mir maun, bum... Nun läut’ zammen in Gott’s Namen, Wer will kummen, hat’s vernummen. An dem Fest heut’ hab’ wir lang g’läut. Mur maun.

[Tenor] Mur, maun... Nun kumbt, ihr Knaben all, greift an und läut’ einmal, daß Glockschall’. Mar mir mur maun... Streck’ an, streck’ an, was ein jeder mit der Macht kann. Mar mer mur maun, gling, glang... Seht zue mit und klenkt mit. Mur maun, gling glang... So läut’ guet Ding, daß’s tapfer kling’, Maus, her an Ring, das Opfer bring’, weil man das Amt singt. Mar mer mur maun.

[Tenor secundus] Mir, mur, maun... Ziecht an, lieben gesellen, die mit mir läuten wöllen. Mir, mur, maun, Nu zue diesem Fest tuet allsambt das Best’, nehmt hin Strick’ und Seil, zeicht an resch, mit Eil’. Mur maun... So tuet zammsteh’n, last’s wohl aufgeh’n, daß so viel zwen. Gling glang... Jan’s auch anfang’s. Jetzt klingt’s wohl und geht ganz recht. So, so mein Knecht. Mur maun... Hui, nun läut’ zusamm in Gottes Nam’. Wer kumbt, der kumbt, Hans, tue dich munter umb, daß Glock’ entbrumm und schau’ mit zue, daß’s Seil nit brechen tue. Mur maun...

[Bassus] Mur, maun, mur, maun, mur, maun, bom, mur, maun, bom; mur, maun, bom, mur, maun, bom, mur, maun, bom, mur; maun, bom, mur, maun, bom, mur, maun, bom, mur, maun; bom ...

Allen ein besinnliches Weihnachtsfest!


eingetragen von Sigmar Salzburg am 27.11.2021 um 06.03

Die Sphinx-Parade

Sie ist 2700 Meter lang und von mehr als 1300 Statuen gesäumt: Die weltweit einzigartige Allee im oberägyptischen Luxor wird feierlich eröffnet – und soll helfen, den Tourismus im Land wiederzubeleben...

Luxor am rechten Nilufer, erbaut auf dem Gebiet der antiken Stadt Theben, ist Unesco-Weltkulturerbe und schon lang ein Touristenmagnet. Der um 1380 vor Christus erbaute Tempel zu Ehren der Gottheit Amun zählt zu den besterhaltenen Bauwerken, die das ägyptische Altertum zu bieten hat. Auf der linken Nilseite liegt in staubige Felsen gebettet das Tal der Könige und Königinnen. Der britische Archäologe Howard Carter hatte hier vor 100 Jahren das Grab Tutanchamuns entdeckt und damit sozusagen die Kronjuwelen der Ägyptologie...

Luxor hat nun eine Sehenswürdigkeit mehr. Die 2700 Meter lange Allee, die mehr als 1300 unterschiedlich gut erhaltene Sphinxen zählt, könnte sich zur neuen Hauptachse für Touristen entwickeln. Jahrzehnte lag sie verschüttet. Im alten Theben fand hier wohl die Prozession zum Opet-Fest statt, eine Feier der jährlichen Nil-Überschwemmung, die das Land erneuerte und wieder fruchtbar machte...

spiegel.de 26.11.2021

Als einer der ersten freute sich Hamed Abdel Samad über die neue Kulturattraktion. Er kann sich mit Recht als Nachfahre einer viertausendjährigen Kultur fühlen.

Kürzlich wurde nachgewiesen, daß die alten Ägypter genetisch eng verwandt mit den Völkern des Nahen Ostens waren, sie also eine Exklave Eurasiens auf afrikanischem Boden bildeten. Die Denunziation, daß die heutigen Hellhäutigeren von den Kreuzrittern abstammten, worunter Hamed in seiner Schulzeit gelitten haben will, ist also unbegründet. In seinem „fisbuk“-Auftritt ließ er seine Einstellung zum späteren „Kulturwandel“ in einer angehängten Karikatur durchblicken:




"Tal der Könige" 230.000 Ergebnisse (Google)
"Tal der Könige und Königinnen" 2.590 Ergebnisse
Hatschepsut ist wohl die einzige Regentin dort!


eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.10.2021 um 11.02

Der Schlagersänger Roberto Blanco hat den Wiener Bürgermeister aufgefordert, Ludwig van Beethoven exhumieren zu lassen [zwecks DNA-Test]. Der sei nämlich ein Schwarzer gewesen und könnte so Identifikationsfigur für alle People of Color werden.

welt.de 5.10.2021

Arglos begann Roberto Blanco gegen Ende meiner Schulzeit seine Schlagerkarriere und sang gleich nach seiner Einbürgerung 1972Ein bißchen Spaß muß sein“. Er hätte gewarnt sein können, aber erst zehn Jahre später untersuchte die schwarze Ethnologin Diana Bonnelame, filmisch dokumentiert von Peter Heller, die Deutschen mit den Methoden der damaligen Ethnologie und kam zu dem Schluß:

Sie sind »Wie andere Neger auch« ... „Wenn die Neger drei Takte Beethoven hören, machen sie Schluß mit ihrem Tamtam...“.

Damals schon eiferten „taz“ und ihre „Säzzer“ für die „Entnegerung“ der deutschen Sprache. Aber noch 2020 mußte er vom bayrischen Innenminister Herrmann hören, er sei „immer ein wunderbarer Neger“ gewesen. Blanco nahm es mit Humor und „ein bißchen Spaß“.

Was mag aber seinen Vorstoß für den Nachweis der negerischen Abstammung Beethovens ausgelöst haben? Die einst „fälisch“ genannte Gesichtsarchitektur des Komponisten, die Behauptung des Paläogenetikers Krause, wir Deutschen seien nur ausgeblichene Ostafrikaner oder die Weitsicht des Schlagersängers, sich mit den „Black lives Matter“ gutzustellen? – Oder einfach nur der Wunsch, in die einstige deutsche Hochkultur eingereiht zu werden?


eingetragen von Sigmar Salzburg am 15.09.2021 um 06.54

Fast kampflos ließen sich die Afghaner von den Taliban überwältigen. Fast kampflos lassen sich auch die Europäer von den Gender- und Correctness-Taliban (und *innen?) überwältigen, die dank der rotgrüngräulichen Parteienmischpoke schon fast alle entscheidenden Stellungen unterwandert haben.

Was im altehrwürdigen englischen Cambridge abläuft, ist in Dresden, soweit es der Vernichtung durch die alliierten Bomber entgangen ist, schon seit längerem vorbereitet: die Machtergreifung der Korrekten und Zugelaufenen über das Verbliebene. Schon vor einem Monat schrieb Dr. Erik Lommatzsch auf Broders „Achse des Guten“ von der manischen Suche nach ausgegrenzten Undeutschen, in deren Hände unser Kulturgut übergeben werden könnte:

Aus der Stellenausschreibung ist zu erfahren:
Das mehrjährige Projekt „Museen als Orte der Demokratiebildung“ wird über eine Laufzeit von fünf Jahren durch die Beauftragte des Bundesministeriums für Kultur und Medien (BKM) gefördert. Es soll ein Modellprojekt zur Prävention von Rechtsextremismus für den Wirkungsraum Sachsen entwickelt werden.
[...]
Zu den Aufgaben des neu einzustellenden Kurators gehört, wenig überraschend, die Konzeption von Strategien zur Diversitätssteigerung im Museum (Programm, Personal, Publikum, Kooperationspartner*innen). Gewünscht werden unter anderem sehr gute Kenntnisse der aktuellen musealen und gesellschaftswissenschaftlichen Diskurse, insbesondere Diversitätsdiskurse sowie fundiertes Wissen über die Ansprache von einem diversen Publikum (die diverse Grammatik findet sich in dieser Form in der Ausschreibung) und Bewusstsein für diskriminierungssensible Sprache.

Bewerben kann sich fast jeder, vielleicht abgesehen von Abgehängten aus sächsischen Orten, an denen eine mangelnde kulturelle Infrastruktur kaum Diskussionsmöglichkeiten zu gesellschaftlichen Themen erlaubt. Dort muss ja erst demokratiegebildet werden. Ansonsten freuen sich die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden auf Interessenten, unabhängig von Geschlechtsidentität, Nationalität, ethnischer und sozialer Herkunft, Religion, Behinderung, Alter sowie sexueller Orientierung.

Weiter heißt es: In unserem Projekt ist uns Diversität wichtig. Wir ermutigen deshalb insbesondere Migrant*innen, BIPoC (Black, Indigene, People of Color), Rom*nja und Sinti*zze zu einer Bewerbung.

Man sollte überlegen, ob hier wirklich schon alles abgedeckt ist. Da geht doch sicher noch was.

achgut.com 18.8.2021
Die Direktorin der Dresdener Sammlungen, Marion Ackermann (* 1965) war sicher maßgeblich an dieser irren Stellenausschreibung beteiligt. Die „Junge Freiheit“ schreibt am 14.9. (unsicher unreformiert):
Bildersturm
Staatliche Kunstsammlungen Dresden benennen Kunstwerke politisch korrekt um

DRESDEN. Die Staatliche Kunstsammlungen Dresden haben 143 ihrer Ausstellungstücke umbenannt. Unter den veränderten Bezeichnungen finden sich unter anderem Begriffe wie „Mohr“, „Zwerg“ oder „Zigeuner“, wie aus der Antwort des Tourismusministeriums auf eine kleine Anfrage der sächsischen AfD-Landtagsfraktion hervorgeht. Der Name des Gemäldes „Landschaft mit mohammedanischen Pilgern“ von Christoph Ludwig Agricola (ca. 1710) wurde beispielsweise in „Landschaft mit betenden Muslimen“ abgeändert.

Bei elf Exponaten wurde der Titel nicht umgeändert, sondern durch Sternchen unkenntlich gemacht. Die Statuette „Mohr mit der Smaragdstufe“ wurde so etwa zum „**** mit Smaragdstufe“. Bei den veränderten Werktiteln handelt es sich in keinem Fall um von den Künstlern selbst ausgewählte Namen. Die meisten der Bezeichnungen richten sich nach zeitgeschichtlichen Konventionen, wie aus der Antwort zu entnehmen ist. Seit 2020 hatte das seit 1560 bestehende Museumsensemble seinen Bestand auf „rassistische oder anderweitig diskriminierende Begriffe oder Inhalte“ geprüft.

Historiker rügt Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Der kulturpolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion Sachsen, Thomas Kirste, zeigte sich entsetzt von den Umbenennungen: „Es ist mir unbegreiflich, wie hier sächsisches Kulturgut von europäischer Bedeutung verunstaltet wird. Was ist an der Bezeichnung ‘Eskimo’ oder ‘Eingeborener’ raßistisch [orig. „rassistisch“] oder abwertend? Noch abenteuerlicher wird es bei den Bezeichnungen ‘dunkelhäutig’ und ‘afrikanisch’. Diese linke Bilderstürmerei muß [orig. muss] umgehend gestoppt werden.“

Auch der Historiker Michael Wolfssohn sieht die Umbenennungen kritisch. Der Bild-Zeitung sagte er: „Die Schwarze Bürgerrechtsbewegung in den USA war da in den 1960er-Jahren viel klüger: ‘Schwarze’ war lange ein Schimpfwort. Sie drehten den Spieß um und machten daraus: ‘Schwarz ist schön.’“ Die Staatlichen Kunstsammlungen merkten gar nicht, wie sie sich und ihre eigentlich gute Absicht zum Gespött machten. Kunsthistoriker fürchten, daß die Umbenennungen zu erheblicher Verwirrung in den wissenschaftlichen Katalogen führen werden.
Derweil waren die Sprößlinge der heutzutage besonders Begünstigten und ungefragt eingesickerten „Geflüchteten“ schon längst erfolgreich tätig geworden:
Der weltberühmte Bestand der Dresdner Kunstsammlungen steht immer wieder in den Schlagzeilen. Erst im November 2019 wurden bei einem spektakulären Kunstraub im Grünen Gewölbe elf Ausstellungsstücke erbeutet. Der Wert des bis heute nicht zurückerstatteten Beuteguts ist nicht abschätzbar. (fw)

jungefreiheit.de 14.9.2021
Bereits im Juni hatte sich Dr. Lommatzsch mit der politisch korrekten Lyrik der Frau Ackermann beschäftigt: „Kulturrevolution im Grünen Gewölbe“, achgut.com 28.6.2021


eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.09.2021 um 13.20

Zu weiße Gipsskulpturen lösen Rassismus-Debatte aus

Die Universität Cambridge löst mit einem Aktionsplan Verwunderung in Großbritannien aus. Die Statuen sorgen für einen "irreführenden Eindruck von Weißheit".
von Georg Szalai

Das Museum für Klassische Archäologie der Universität Cambridge will noch heuer zur Diskussion über Statuen und Rassismus in Großbritannien beitragen. Dass es aber erklären will, warum Gipsabgüsse weiß sind, sorgt schon jetzt für Debatten.

Denn die etwa 600 Abgüsse von antiken Skulpturen, die es in einer der größten Sammlungen dieser Art zur Schau stellt, geben „einen irreführenden Eindruck von Weißheit und Abwesenheit von Vielfalt in der griechischen und römischen Welt“, wird in einem Aktionsplan der zuständigen Fakultät für Klassische Philologie erklärt. Man wolle aber „dieses Problem in eine Chance umwandeln“.

Welche Erklärungen die Schilder genau beinhalten werden, ist noch nicht bekannt, aber das Museum hofft, „auf die Vielfalt der Abgebildeten“ und „die Rolle klassischer Bildhauerei in der Geschichte des Rassismus“ hinzuweisen...

kurier.at 24.8.2021

Wer in der Bildhauerei oder der Orthopädie gearbeitet hat, weiß, daß Gips weiß ist.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.09.2021 um 09.53

Mehr Diversität: Englisches Opernensemble entläßt weiße Musiker

LONDON. Die English Touring Opera (ETO) hat die Hälfte ihrer Musiker entlassen, um die Diversität in seinem Ensemble zu erhöhen. Bei den Betroffenen handelt es sich um 14 Weiße im Alter von 40 bis 66 Jahren, berichtete die Zeitung The Daily Mail. Ihnen wurde demnach mitgeteilt, daß sie für die neue Spielzeit ab Frühjahr 2022 keine neuen Verträge erhalten werden.

„Die English Touring Opera hat sich verpflichtet, alle Arten von Vielfalt in ihrem Team zu fördern, und während es auf der Bühne in diesem Bereich spürbare, stetige Fortschritte gegeben hat, haben wir einer größeren Vielfalt im Orchester Priorität eingeräumt. Dies steht im Einklang mit den strengen Vorgaben des Arts Council, des Hauptfinanzierers der Tourneetätigkeit der ETO, und der meisten Stiftungsfonds, die die ETO unterstützen“, zitiert das Blatt aus dem Schreiben von Direktor James Conway an die betroffenen Musiker...

Derzeit gebe es keine nicht-weißen Musiker im Orchester, das im kommenden Monat seinen Konzertbetrieb wieder aufnehmen soll. (ag)

jungefreiheit.de 14.9.2021 (unreformierte Rechtschreibung)

Nun fehlt bloß noch die Auflage, nur Opern- und Operettennummern zuzulassen, die von farbigen Komponisten geschaffen wurden. Aus den letzten 420 Jahren sind keine bekannt. Vielleicht bieten Nummern der chinesischen Oper einen Ausweg, sofern deren Schöpfer den POC-Test bestehen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.09.2021 um 02.20

Im Wissenschaftsportal Scinexx schloß Nadja Podbregar kürzlich ihren Bericht über die Entzifferung unentrollter, verkohlter Buchrollen des Philosophen Philodemos mit den Worten:

Vielleicht entschließt sich Italien ja doch noch zu weiteren Ausgrabungen in Herculaneum. Wissenschaftler vermuten, dass in anderen Räumen der Villa dei Papiri weitere literarische Schätze verborgen sind. Im Würzburger Institut für Klassische Philologie würde man dies sicherlich begrüßen – neben griechischen ist nämlich auch mit verlorenen lateinischen Texten zu rechnen.
Denkbar wäre auch, daß sich unter den Texten Fragmente der wissenschaftlichen Arbeiten des Kaisers Claudius (reg. 41 bis 54 n. Chr.) finden lassen. Er hat sich Gedanken über eine Schreibreform des Lateinischen gemacht und 20 Bücher über die Etrusker geschrieben. Gerade letzteres wäre von Interesse, besonders, falls er auf die heute noch nicht richtig verstandene Sprache eingegangen wäre.

Ehe wir mit der Rechtschreib„reform“ belästigt wurden, habe auch ich mich damit beschäftigt. Ausgangspunkt waren die Goldbleche von Pyrgi, deren Paralleltexte auf punisch leicht verständlich waren. Damals hatte ich, wie wohl andere schon, vermutet, daß das Wort „pulumχva“ dem punischen „kkbm“ (Sterne) entspricht. Jetzt gibt es in der englischen Wikipedia eine fortgeschrittenere Deutung des Textes, die Hand und Fuß hat, aber auch einige Unstimmigkeiten nicht erklären kann.

Vor 40 Jahren stieß man unweigerlich auf die Arbeiten des Etruskologen Ambros Josef Pfiffig (1910-1998), die mitunter reichlich phantasievoll waren. Erst jetzt erfuhr ich seinen biographischen Hintergrund: Er war Prämonstratenser Mönch, oft verfolgt pädophil und zuletzt Honorarprofessor in Wien.
.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.09.2021 um 20.44

Ein freier Mann

Von Giorgos Christides

Griechenland trauert um Mikis Theodorakis, den legendären Komponisten...

»Heute haben wir einen Teil von Griechenlands Seele verloren. Mikis Theodorakis, Mikis, der Lehrer, der Intellektuelle, der Radikale, unser Mikis ist von uns gegangen«, sagte Kulturministerin Lina Mendoni...

Der Balsam auf die ideologischen Wunden, den Theodorakis verteilte, war die passende Hinterlassenschaft eines großen Griechen für seine Landsleute – in diesen turbulenten, rau[h]en, gespaltenen Zeiten für eine Nation, der Theodorakis stets zu dienen versuchte, und dabei Trennendes und Parteilinien ignorierte. Er selbst sagte mal: »Ich bin kein Kommunist oder Sozialdemokrat oder irgendwas anderes. Ich bin ein freier Mann.«

spiegel.de 2.9.2021


eingetragen von Sigmar Salzburg am 30.08.2021 um 08.54

Jan Vermeer

Nach einem spektakulären Fund muss die Geschichte des weltberühmten Bildes "Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster" von Johannes Vermeer (1632-1675) umgeschrieben werden. Im Zuge der Restaurierung des Kunstwerks in der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister haben Fachleute herausgefunden, dass die ursprüngliche Komposition mit dem Bildnis eines nackten Cupido (Amor) erst mehrere Jahrzehnte nach dessen Entstehung verändert wurde...

[Viel Arbeit mußte der Restaurator aufwenden, um die Übermalung zu entfernen:]

Restaurator Christoph Schölzel entfernt die nicht mal einen Millimeter dünne Schicht extrem vorsichtig - mit winzigem Skalpell unter dem Mikroskop. "An einem guten Tag schaffe ich ein bis zwei Quadratzentimeter." ...


Zwischenzustand der Restaurierung

Schölzels Präzisionsarbeit macht die seit Frühjahr 2017 laufende Restaurierung des 83 mal 64,5 Zentimeter großen Gemäldes aufwändiger als gedacht, sie wird noch mindestens ein Jahr dauern.
monopol-magazin.de 7.5.2019

... Gut zwei Jahre nach der als Sensation gefeierten Entdeckung eines nackten Cupido (Amor) auf dem Bild "Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster" Johannes Vermeer (1632-1675) ist die spätere Übermalung komplett entfernt.... Die Staatlichen Kunstsammlungen (SKD) feiern ihren "neuen" Vermeer mit einer Ausstellung "Johannes Vermeer. Vom Innehalten" (10. September bis 2. Januar 2022).
monopol-magazin.de 24.8.2021


eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.05.2021 um 04.45

Der Staats- und Domchor Berlin ist ein reiner Knabenchor.

Das allerdings will die Rechtsanwältin Susann Bräcklein nicht hinnehmen. Sie hat eine elfjährige Tochter, die seit vielen Jahren singt, musiziert und Stimmbildung erhält. Das Mädchen war an der Domsingschule in Frankfurt, derzeit singt es im Chor der Komischen Oper in Berlin. 2016 las das Mädchen in einem Flyer vom Staats- und Domchor Berlin, und weil es alte Musik mag, wollte es sich dort bewerben. Die Mutter schrieb dem Dekan der Berliner Musikfakultät der Universität der Künste (UdK), die den Chor betreibt, eine E-Mail und erhielt zur Antwort: "Ihr Wunsch ist aussichtslos. Niemals kann ein Mädchen in einem Knabenchor mitsingen. Genauso wie eine Klarinette nicht in einem Streichquartett spielen kann."...

Vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg stellt der Vorsitzende Richter am Freitag erst mal viele Fragen zu den aktuellen Kulturdebatten. Darf ein Ballett eine schwarze Ballerina vom "Schwanensee" ausschließen, weil Schwäne in einer bestimmten Inszenierung zwingend weiß sein müssen? Darf ein weißer Tenor den Part des Othello singen? Soll die Übersetzerin der Lyrikerin Amanda Gorman eine ähnliche Person sein wie sie, also eine junge schwarze Frau? Die Fragen bleiben unbeantwortet ...

Am Ende verliert Susann Bräcklein abermals vor Gericht. Das Oberverwaltungsgericht weist die Berufung ab...

sueddeutsche.de 21.5.2021

Der Knabengesang war ursprünglich eine Notlösung, um dem Gebot des Christentum-Erfinders Paulus entgegenzukommen: „EWer Weiber lasset schweigen vnter der Gemeine“. Dann entdeckte man die Kastraten, „Evnuchis“, wie Praetorius 1619 schreibt, mit der Stimmkraft von „zween oder drey Knaben“. Das bewirkte die Entstehung einer Entmannungsindustrie für kleine Jungen, besonders in Italien, wo arme Familien für ihren Nachwuchs eine musikalische Karriere erhofften.

PS: Echten Juden untersagte „Gott“ Kastrationen, bestand aber doch unnachsichtig auf der Opferung eines Stückchens ihrer männlichen Neugeborenen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.05.2021 um 06.12

Gestern abend sah ich, nach Vorschlag von Google, das mein Interesse ausspioniert hatte, die selbst erzählten Anekdoten des Schauspielers Gert Fröbe von seinen Anfängen als Bühnenmaler:

»Als wär’s heut gewesen«
https://youtu.be/MyDhWo-ASJ8

Ganz zum Schluß erzählte er, wie er zur Dresdener Uraufführung von Mark Lothars Oper „Münchhausen“ (1933) den Kanonenschuß zum Mond durch eine besondere Schwarzpulvermischung darstellen wollte. – In dem Augenblick fiel, wie auf höhere Regieanweisung, in unserem Dorf der Strom für acht Stunden aus, so daß ich den großen Knall bei der Generalprobe, der „aus technischen Gründen“ eine Verschiebung der Premiere um drei Tage erzwang, erst heute morgen erleben durfte.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.05.2021 um 21.34

Die Himmelfahrt einer Gottheit nach einer Grablegung war in der Antike nichts Ungewöhnliches. Den Göttern verschiedener Kulturen widerfuhr das häufig, z.B. Ischtar bzw. Astarte im alten Babylonien. Auch vergöttlichte Heroen fuhren zum Himmel auf. Der Sonnengott tat es täglich.

Vor über 40 Jahren beschäftigten mich die auf drei Goldplättchen eingravierten Weiheinschriften in etruskischer und punischer Sprache, die 1964 in den Überresten eines Tempels in Pyrgi in der Nähe Roms gefunden worden waren. Der Tempel war der etruskischen Göttin Uni (Juno) geweiht, der die phönizische Göttin Astarte gleichgesetzt wurde. Der gleichzeitige punische Text in der Sprache Karthagos zeigt die enge (Handels-)Beziehung zu den Etruskern.

Das war vielleicht auch ein Grund für Hannibal, 200 Jahre später die Römer von Norden anzugreifen (der benutzte Alpenpaß wurde kürzlich durch Pferdeäpfel der Zeit identifiziert). Neben Astarte wird die Sonne oder der Sonnengott genannt. Der Text lautet im übertragenen punischen Alphabet (Worttrennung zugefügt, ʻAin nach IPA):

l rbt l ʕštrt ʼšr qdš ʼz
ʼš pʕl w ʼš ytn tbryʼ wlnš mlk ʕl kyšryʼ
b yrḥ zbḥ šmš b mtnʼ b bt
w bn tw k ʕštrt ʼrš b dy l mlky šnt šlš
b yrḥ krr b ym qbr ʼlm
w šnt l mʼš ʼlm b bty šnt km h kkbm ʼl


Für die Herrin, für Astarte (ist) dies der heilige Ort; den machte und den übergab Tiberius Velianas, König von Caeseria, im Monat Opfer der Sonne(ngottheit?) als Geschenk für den Tempel, und er baute (ihr darin) die Kammer, weil Astarte ihre Hand über sein Königreich drei Jahre lang gehalten hatte, im Monat Churvar am Tage der Grablegung der Gottheit. Und (es seien) die Jahre der Statue der Gottheit in ihrem Tempel ebensoviele wie die Sterne am Himmel.
Die Etrusker, deren Sprache nur mühsam erraten werden kann, waren ein sehr gläubiges Volk. Kaiser Claudius soll mehrere Bücher über sie geschrieben haben, die verloren sind. Von ihnen stammte wohl die Wahrsagerei aus Vogelflug und Eingeweiden von Opfertieren. Bronzene Nachbildungen von Lebern mit etruskischer Bezeichnung der zu beachtenden Stellen sind noch überliefert.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.04.2021 um 08.36

Mozart wird billig nach den USA verkauft – laut Spiegel:

Ein Manuskript des Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) ist in Berlin für 130.000 Euro versteigert worden. Das zweiseitige Original, das an einen privaten Bieter aus den USA ging, enthalte die vollständige erste Violinstimme für zwei Orchestertänze (Köchel-Verzeichnis 609 und 463) sowie drei Entwürfe für eines der wichtigsten Konzerte im Leben des Komponisten, wie das Auktionshaus J.A. Stargardt am Freitag mitteilte...

Neben eigenhändigen Kritzeleien und Worten («. und und und und .») hatte sich Mozart Notizen für sein Wiener Konzert vom 23. März 1783 gemacht...

In einem Brief an seinen Vater Leopold am 29. März schrieb Mozart »das theater hätte ohnmöglich völler seyn können, und alle logen waren besezt. das liebste aber war mir, daß seine Mayestätt der kayser auch zugegen war, und wie vergnügt er war, und was für lauten beyfall er mir gab...«.

spiegel.de 16.4.2021
Während die y-Schreibweise schon um 1800 mit Adelung außer Gebrauch kam, erpreßten die kulturbanausischen Kulturminister ab 1998 die deutsche Bevölkerung zum Dass-Deutsch, um uns von unserer kulturellen Vergangenheit abzuspalten.

Es ist auch ein Elend, daß Kulturgüter in Privatbesitz und sogar nach Übersee verkauft werden dürfen, wo sie nicht mehr zugänglich sind. Bachs Lautensuite „pour la Luth“ soll unzugänglich in einem Tresor in Tokio ruhen. Spiegelleser schrieben:
AITheKingBundy
Ich war gestern bei der Auktion (online) dabei. Erstaunlich, dass die Dokumente der Musikgeschichte ersteigert werden können und erstaunlich, wie "günstig" das Exponat zu haben war...

unglaeubig
Habe ich auch beim Lesen gedacht: Irrsinn, wenn man sieht wie irgendwelche NFTs zur gleichen Zeit für Millionen und Abermillionen weggehen!
Mir als atavistischem Kulturfreund bleibt da nur, bei Wiki nachzuschlagen:
Ein Non-Fungible Token (NFT) ist ein einmaliges kryptografisches Token, das (im Vergleich zum Fungible Token wie z. B. Bitcoin) nicht austauschbar ist.
Bei NFT muß es sich wohl um eine neue kapitalistische Kunst- und Kulturform handeln, die unsereinem so fern ist wie einem Schimpansen die Musik Mozarts. Die nächste Entwicklungsstufe der Menschheit ist offensichtlich eingeleitet.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 31.03.2021 um 09.35

Beethoven und Mozart werden jetzt »gecancelt«

Oxford: Klassische Musik ist zu weiß


Die Oxford University will den Lehrplan »dekolonialisieren« und nennt z.B. klassische Musik »weiße Musik der Sklavenära«, wie der Telegraph enthüllt.

Der Telegraph hat interne Dokumente der ältesten englischsprachigen Universität der Welt eingesehen, nach dem Dozenten den Lehrplan kritisieren, wegen »Mittäterschaft mit weißem Nationalismus«. Die Musik von Mozart, Beethoven und anderen klassischen Komponisten sei »weiße Musik der Sklavenära« und Teil der »weißen Vorherrschaft«, kritisieren die Dozenten. Das Notensystem müsse reformiert werden, da es Teil des »kolonialistischen Repräsentationssystems« sei. Musikalische Notenschreibung, die ihre »Verbindungen zur kolonialen Vergangenheit nicht abgeschüttelt« habe, sei ein »Schlag ins Gesicht« für manche Musikstudenten.

Die klassischen musikalischen Fertigkeiten wie Klavierspielen oder Dirigieren sollten nicht mehr verpflichtend sein, da sie »weiße Musik strukturell bevorzugen« und daher »farbigen Studenten großes Leid verursachen«. Außerdem werde kritisiert, dass die »überwiegende Mehrzahl von Musiklehrern weiße Männer« seien, berichtet der Telegraph.

Dozenten beklagen, dass »die Struktur des Lehrplans weiße Überlegenheit befördert«, dass der Lehrkörper »fast rein weiß« sei, und »daher weiße Musik privilegiere«.

Zu den Reformvorschlägen gehören ein Fokus auf »die Musik Afrikas und der afrikanischen Diaspora«, »Weltmusik« und »Popmusik«, so wie Hiphop und Jazzmusik.

freiewelt.net 31.3.2021. Siehe auch JF 31.3.2021

Um 1600 waren englische Musiker noch stolz, „Bachelor of Musicke in both the Uniuersities“ zu sein. Bald reicht‘s nur bis zum Trommel-Abitur. Nach Steven Weinberg, Nobelpreis 1979, sind die moderne Naturwissenschaft und die polyphone Musik Geschenke des (weißen) Westens an die Welt. Die Schwarzen konnten mit ihrer Musikbegabung ein bis dahin unbekanntes Terrain erschließen. Aber erst die wissenschaftliche Notation Europas ermöglichte die weitere Entwicklung.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 20.03.2021 um 04.52

Im alten China kam im buddhistisch missionierten Teil der Bevölkerung die Vorstellung eines vielarmigen weiblichen Bodhisattva auf. Dieses indisch inspirierte Geistwesen (Avalokiteshvara, chin. Guanyin 觀音 Reform:观音), Symbol des Mitempfindens, nahm bald den Rang einer Göttin ein, deren Fest im Frühjahr gefeiert wurde. Erst vor wenigen Jahren sollte eine 99 m hohe Statue, errichtet bis 2009 von örtlichen Vereinen in Ningxiang, Hunan, die vernichtende „Kulturrevolution“ vergessen machen.

Ab 1997 verfolgte der Choreograph Zhang Jigang den Gedanken, gehörlose Mädchen diese Figur darstellen zu lassen. Berühmt wurde die Aufführung von 21 als Tempeltänzerinnen gekleideten jungen Frauen, die ohne die Musik zu hören, nach Handzeichen eine perfekte Choreographie vollführten. Kürzlich stellte man für ein Frühlingsfestival die junge Schauspielerin Guan Xiaotong
(关晓彤 ) an die Spitze der kleinen Truppe – anstelle von Tai Lihua ( 邰丽华 *1976, ertaubt mit 2 nach einer Impfung). Auch als kurze Werbe-Show für das Vivo-Smartphone ist der Reiz noch erhalten geblieben.



Geä. 31.3.2021


eingetragen von Sigmar Salzburg am 20.12.2020 um 08.37



John Cage - Organ2/ASLSP (As Slow As Possible) - Christoph Bossert – Orgel 4:02 min

In seinen letzten Lebensjahren schuf der Happening-Komponist John Cage (1912-1992) das Orgelstück „So langsam wie möglich“. Ob er noch selbst auf den Gedanken kam, die Dauer dieses Stücks auf die 639 Jahre auszudehnen, die im Jahre 2000 seit dem Bau der ersten europäischen Großorgel im Dom zu Halberstadt vergangen waren, weiß ich nicht.

Michael Praetorius hat diese Orgel noch gesehen und in seinem „Syntagma Musicum“ 1619 beschrieben. Zu ihrem Betrieb waren zehn Kalkanten (Orgelbalgtreter) notwendig. Sie soll als erste eine chromatische Tastatur (besser Hebelwerk) besessen haben. Das heute in Halberstadt laufende Cage-Stück wird (vielleicht) bis zum Jahre 2640 dauern. Hier kann man es auf vier Minuten zusammengedrängt hören.


https://youtu.be/lW3FP_atp1w


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.12.2020 um 14.30



EARLY MUSIC MIDI

Die drei jungen Damen des Meisters der weiblichen Halbfiguren spielen gerade die Chanson von Claudin de Sermisy „Jouyssance vous donneray“ nach Worten von Clément Marot.

Der Text ist sicher weltlich gemeint; der in seiner Zeit berühmte Komponist war aber Geistlicher.

Vom namentlich unbekannten Maler sind zahlreiche ähnlich typisierte Bildnisse musizierender Frauen überliefert, deren sorgfältig abgemalte Noten lesbar und deren Lautentabulaturen spielbar sind.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.11.2020 um 13.04

Hunderte Erstausgaben von Newtons „Principia“ aufgespürt

Mit seinem Hauptwerk „Philosophiae Naturalis Principia Mathematica“ begründete Isaac Newton im Jahr 1687 die klassische Physik. Doch bislang war unklar, wie viele Exemplare von diesem Werk damals kursierten und wie stark es gelesen wurde. Jetzt haben Historiker in zehnjähriger Suche 387 Erstausgaben der „Principia“ aufgespürt, davon rund 200 zuvor unbekannte Exemplare. Ihre Untersuchungen belegen zudem, dass keineswegs nur Mathematiker dieses Werk lasen.

Ob das Trägheitsprinzip, der Impulserhaltungssatz oder das Reaktionsprinzip: Die Gesetze von Isaac Newton bilden bis heute die Grundlage der klassischen Mechanik. Seine Forschung legte aber auch die Grundlage für das Verständnis der Schwerkraft und der Bahnen von Himmelskörpern. Veröffentlicht hat der englische Gelehrte seine Schlussfolgerungen im Jahr 1687 in seinem dreibändigen Hauptwerk „Philosophiae Naturalis Principia Mathematica“, kurz „Principia“...

wissenschaft.de 17.11.2020

Einer der Leser muß auch Voltaire gewesen sein. Mir wurde einmal ein Original seines Buches „Elemens de la Philosophie de Neuton“ angeboten, das die Schwerkrafttheorie popularisierte – leider zu stark beschädigt.

Jetzt sehe ich, daß Newtons Werk mit Imprimatur von „S. PEPYS, Reg. Sec. PRÆSES julii 5. 1686“, gedruckt wurde. Samuel Pepys, der hohe Londoner Regierungsbeamte, ist berühmt für seine intimen Tagebuchnotizen, die er jahrelang in damaliger Eilschrift verfaßt hat, lange verkannt als Geheimschrift.

Ein kürzlich verstorbener Bekannter erinnerte mich immer an ihn in seiner hedonistischen Lebenseinstellung: „Wir Juristen können alles.“


eingetragen von Sigmar Salzburg am 21.10.2020 um 05.01

Berichte: Anschlag auf Kunstwerke und Antiken auf Berliner Museumsinsel
21.10.2020, 01:46 Uhr | dpa, aj

Sinnloser Vandalismus oder eine gezielte Tat? In den weltberühmten Museen im Herzen Berlins wurden am 3. Oktober offenbar mutwillig umfangreiche Schäden an Kunstwerken und Artefakten angerichtet.

Auf der Berliner Museumsinsel sind Dutzende Ausstellungsobjekte nach Medienberichten von Unbekannten beschädigt worden. Laut "Zeit" handelt es sich um einen "der umfangreichsten Angriffe auf Kunstwerke und Antiken in der Geschichte Nachkriegsdeutschlands".

Ein oder mehrere unbekannte Täter hätten mindestens 70 Objekte im Pergamonmuseum, dem Neuen Museum, der Alten Nationalgalerie und an anderen Standorten mit einer öligen Flüssigkeit bespritzt, hieß es in einem Bericht der "Zeit" und des Deutschlandfunks. Darunter seien ägyptische Sarkophage, Steinskulpturen und Gemälde des 19. Jahrhunderts. Die Flüssigkeit habe darauf sichtbare Flecken hinterlassen.

Die Vorfälle sollen sich bereits am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, zugetragen haben und bislang nicht öffentlich gemacht worden sein. Ob der Tag absichtlich gewählt wurde, war zunächst unklar. Zu den Motiven des Täters oder der Täter war zunächst nichts bekannt...

t-online.de 21.10.2020

Als sich der Kultusminister Zehetmair anläßlich der Rechtschreib„reform“ darüber freute, daß die deutsche Sprache wieder Gesprächsstoff sei, verglich ein Leser dies mit der Freude eines Museumswärters über das Säureattentat auf Rubens‘ „Höllensturz der Verdammten“ 1959, das nun zu einer intensiveren Beschäftigung mit Rubens geführt habe.

Wer könnte sich jetzt über diesen Anschlag eines wahrscheinlich unterbelichteten Wichtigtuers freuen? Der Islamische Staat, der in Nahost so etwas sogar mörderisch betrieben hat? Sonstige Sekten? Die linke Antifa, die die Schaustellung angeblich kolonialen Erbes wittert? Oder die neudeutsche Journalistin Ferda Ataman, die meinte, die deutsche Wiedervereinigung habe für viele einen „völkischen Beigeschmack“ gehabt. Noch nie hatte Deutschland innerhalb Deutschlands so viele Feinde.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.10.2020 um 09.00

Polly Lohmann haben wir hier schon mit ihrem Buch über römische Graffiti kennengelernt. Jetzt hat sie bei Scinexx ein „Dossier“ über das Kulturerbe „Pompeji“ veröffentlicht.

Römisches Erbe zwischen Kultur und Natur
Pompeji – Zeitreise in die Antike


scinexx.de 6.10.2020

Sehr empfehlenswert!


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.09.2020 um 09.29

Zufällig wurde ich an meine Studienzeit erinnert:

Timm Ulrichs ist ein deutscher Künstler und emeritierter Professor.
Geboren: 31. März 1940 (Alter 80 Jahre), Berlin
Ausbildung: Leibniz Universität Hannover (1959–1966) [Wikipedia]
Damals hieß die „Ausbildungs“stätte noch „Technische Hochschule“:
(dpa) Die schiere Masse und Vielfältigkeit von Ulrichs unterschiedlichsten Einfällen suche ihresgleichen, lobte die Jury des mit 12 000 Euro dotierten Käthe-Kollwitz-Preises, den der Autodidakt mit abgebrochenem Architekturstudium in diesem Januar erhielt. Ulrichs selbst kokettiert häufig damit, dass andere deutsche Künstler seiner Generation wie Gerhard Richter oder Georg Baselitz international berühmt und reich wurden, während er nach viel_versprechendem Beginn leider nicht über die "zweite Liga" hinausgekommen sei.
monopol-magazin.de 31.3.2020
Ich erinnere mich noch, daß mein Studienkollege bei unserem Malprofessor Kurt Sohns unbeholfen mit Kartoffelstempeln versuchte, etwas Neues zu kreieren, was ihn nach seiner Aussage berühmter als Sohns machen sollte. Bald darauf erklärte er Eier durch den Stempelaufdruck „Kunstwerk“ zu einem solchen und schenkte eins davon unserem Statikprofessor. Der sagte, solche Leute gehörten nicht auf die Hochschule. Das nahm er wohl wörtlich, schlug sich weiter als Gagerfinder durch und wurde ganz schnell von einem linken Kultusminister zum Professor ernannt.

Immerhin war er nicht so zerstörerisch wie sein Vorläufer Arnulf Rainer, der nun schon neunzig ist:
In den Jahren 1953 bis 1959 lebte Rainer zurückgezogen in einer möbellosen, verlassenen Villa seiner Eltern ... Dort begann er die Werkgruppe der Reduktionen, die als Vorstufe seiner weltberühmten Übermalungen gilt... 1961 wurde Arnulf Rainer in Wolfsburg wegen der öffentlichen Übermalung eines prämierten Bildes gerichtlich verurteilt... 1981 erhielt er eine Professur an der Akademie der bildenden Künste in Wien ...
Als die Bilder zu einförmig schwarz wurden, ließ er Teile des Originals sichtbar. Kollegen sandten ihm daraufhin mißratene Bilder, um ihnen auf diese Weise doch noch etwas Ewigkeitswert zu verschaffen.

Kürzlich kopierte auch der geheimnisumwitterte Straßenkünstler Banksy den Zerstörungstrick:
Es war ein riesiger Schock bei der Versteigerung: Ein Werk des weltbekannten Street-Art-Künstlers Banksy hat sich nach der Auktion selbst zerstört. Kaum war das Bild „Girl with Balloon“ (Mädchen mit Ballon, 2006) bei Sotheby’s in London für den Rekordpreis von umgerechnet 1,2 Millionen Euro versteigert worden, schaltete sich ein im Rahmen versteckter Schredder ein und zerkleinerte es...
bild.de 5.2.2019
Banksy wußte wohl nicht, wohin mit seinen Millionen und stieg in die „Seenot“rettung zur Neubesiedlung Europas ein:
Banksy’s involvement in the rescue mission goes back to September 2019 when he sent an email to Pia Klemp, the former captain of several NGO boats that have rescued thousands of people over recent years.

“Hello Pia, I’ve read about your story in the papers. You sound like a badass*,” he wrote. “I am an artist from the UK and I’ve made some work about the migrant crisis, obviously I can’t keep the money. Could you use it to buy a new boat or something? Please let me know. Well done. Banksy.”

Klemp, who initially thought it was a joke, believes she was chosen by Banksy due to her political stance. “I don’t see sea rescue as a humanitarian action, but as part of an anti-fascist fight,” she told the Guardian.

theguardian.com 27.8.2020
Damit sind wir in der Gegenwart, wo „wir es so herrlich weit gebracht“.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.08.2020 um 21.52

Vor zwei Jahren hatten wir über den Entzifferungsversuch des englischen Romanisten Gerard Cheshire am berühmten Voynich-Manuskript aus der Zeit um 1500 berichtet. Überzeugende Erfolge sind ihm wohl versagt geblieben. Jetzt schreibt die taz, neuerdings im Lübecker Lokal-Gender-Dialekt, daß Professor Rainer Hannig, „der zu den bedeutendsten Ägyptolog:innen und Expert:innen zählt“, eine Lösung gefunden habe:

Dekodierung des Voynich-Manuskriptes:
„Nachher ist es ein Kochbuch“


... Seit Jahrzehnten schon stellt das Voynich-Manuskript Linguist:innen und Historiker:innen vor ein Rätsel – weil bisher niemand wusste, was auf diesen sechs Jahrhunderte alten Seiten eigentlich steht. Rainer Hannig, Forscher am Roemer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim, will das Problem nun gelöst haben. ...

Der Professor zählt gegenwärtig zu den weltweit bedeutendsten Ägyptolog:innen und Expert:innen im Bereich der Hieroglyphen. Er spricht mehrere Sprachen, darunter Altägyptisch und Chinesisch, und arbeitet als wissenschaftlicher Berater am Roemer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim. ...

Seit Jahrzehnten versuchen Forscher:innen, das Rätsel zu lösen, und folgen dabei verschiedensten Ansätzen: die Dechiffrierung des angeblich ursprünglich lateinischen Textes, die Entzifferung mittels eines Algorithmus oder gar das Absprechen des Voynich von jeglichem Inhalt, die sogenannte Schabernack-Hypothese.

Vermutlich aus dem südosteuropäischen Raum

Doch noch keine dieser Herangehensweisen führte zum Ziel. Jetzt, mehr als hundert Jahre nachdem das Manuskript wieder aufgetaucht ist, will Rainer Hannig den „Weg zur Entzifferung“, so heißt sein aktuelles Forschungspapier, entdeckt haben...

Die Sprache, auf der Hannigs Entschlüsselung basiert, ist Hebräisch. Das erkennbare Sprach- und Schriftmuster des Voynich entspreche demnach dem der afro-asiatischen Sprachen und im Speziellen der Untergruppe der semitischen Sprachen. ... Das Manuskript, mutmaßt die Historikerin, könne eine Art „Insider-Schrift“ beinhalten, die das Wissen der Minderheit schützen sollte.

Um welche Formen des Wissens es sich handelt, kann nicht zuletzt anhand der konsequenten Bebilderung der Texte interpretiert werden: botanische Zeichnungen, Sternenhimmel, Organe, Tiere. „Zu den Pflanzen gibt es schon viele Deutungen, erklärt Daniela Rutica. Ein Erfolgserlebnis ihres Mannes sei gewesen, als er eine Passage mit „roter Stiel“ übersetzte und auf der Seite eine Pflanze mit einem roten Stengel zu sehen war...

In einer von Hannigs interpretativen Übersetzungen ist die Rede von einem kranken Bauern, der eine Suppe isst und dann zum Arzt geht. Um aber genauer zu verstehen, was es mit dieser Passage auf sich hat, bedarf es nun der weiteren Forschung durch Hebraist:innen. „Jetzt brauchen wir die Spezialisten“ [Spezialist:innen?], erklärt Schulz.

„Ein Wort zu übersetzen, heißt, den kulturellen Hintergrund zu verstehen“, sagt Daniela Rutica. Ihre Kollegin Angela Kaiser lacht: „Nachher ist es ein Kochbuch.“ Ob mittelalterliche Apothekenumschau oder 246-Seiten-Rezeptkatalog: Das Team um Rainer Hannig wolle möglichst bald ein Kolloquium einberufen, bei dem sich Forscher:innen verschiedener Fachbereiche dem Voynich und der Frage, worum genau es denn jetzt geht, widmen können.
...
taz.de 2.8.2020

802 Wörter: 3 dass , 2 sonst. ss -„ Reformerleichterungen ”, umso , auf Hebräisch „Genderwahn“: 8mal …:innen ; traditionell: sogenannte, Stengel.
Der erwähnte rote Stengel findet sich auf dem herunterladbaren PDF Dokument
kᶟwˁn-ᶟ ᶟp:er wˁm et:ˁr ad:ˁm Kerḥᶟ
„Aschfarbene Flockenblume mit rotem, kahlem Stengel“.

... et:ˁr חֹּטֶר ḥoter „Stengel“.
Das ḥ am Wortanfang wird nicht geschrieben und gesprochen. Aussprache: *eter.

...ad:ˁm אָדֹּ ם ᶟadom „rot“. Aussprache: *adom.

Man vergleiche die rote Bemalung des Stengels in der Zeichnung!
Hebräisch ist mir leider nicht zugänglich, die lexikalischen Notizen zu den verwandten Sprachen Akkadisch und Ugaritisch schon eher. Es ist zu hoffen, daß der Inhalt des Manuskripts bald systematisch erfaßt werden kann.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.07.2020 um 14.42

Türkei
Gericht hebt Museumsstatus der Hagia Sofia auf


... Nun hat das Oberste Verwaltungsgericht in der Türkei entschieden, dass die Hagia Sophia kein Museum mehr ist - sie kann damit wieder zur Moschee umgewidmet werden.

Der Status des Bauwerks ist ein Politikum. Anhänger der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP fordern seit Langem, die Hagia Sophia wieder in eine Moschee umzuwandeln...

Die im 6. Jahrhundert nach Christus erbaute Hagia Sophia (griechisch: Heilige Weisheit) war fast ein Jahrtausend lang das größte Gotteshaus der Christenheit und Hauptkirche des Byzantinischen Reiches, in der die Kaiser gekrönt wurden.

Nach der Eroberung Konstantinopels 1453 durch die Osmanen wandelte Sultan Mehmet II. ("Der Eroberer") die Hagia Sophia in eine Moschee um und fügte ihr als äußeres Kennzeichen vier Minarette hinzu. Auf Betreiben des türkischen Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk ordnete der Ministerrat im Jahr 1934 die Umwandlung in ein Museum an. Um die Gültigkeit dieses Beschlusses des damaligen Ministerrats ging es nun vor dem türkischen Gericht.

spiegel.de 10.7.2020

Eine weise Entscheidung Atatürks wurde zunichte gemacht – aus dem Herrschaftsanspruch einer absurden Religion heraus. Näheres wurde bei uns schon angesprochen: hier, da, dort und so fort – bis zu aktuellen Auswirkungen der Eroberung von 1453 auf Deutschland.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.07.2020 um 08.13

Berliner Zeitung
Kolumne:
Auf zur Rettung der Mohrenstraße!
Götz Aly


Berlin Seit einigen Jahren will eine Aktivistengruppe die Berliner Mohrenstraße wegbenennen, weil der Name Menschen afrikanischen Ursprungs beleidige. Das ist nicht der Fall.

Denn die fragliche Straße ist Teil der unter König Friedrich I. vor mehr als 300 Jahren errichteten Berliner Friedrichstadt. In deren Mitte verlaufen daher die Friedrichstraße und parallel dazu die Charlottenstraße, benannt nach Friedrichs Gattin Sophie Charlotte. Die Regierungszeit beider steht für das wirtschaftliche und geistige Wiedererwachen Berlins nach den menschlichen und materiellen Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges. Die neue Vorstadt wurde schachbrettartig angelegt. Grundstruktur und Straßennamen haben sich bis heute erhalten.

Da König und Königin städtischen Fortschritt herbeiwünschten, ehrten sie besonders die protestantischen Glaubensflüchtlinge aus Frankreich, die Hugenotten...

Zu den Querstraßen dieses Viertels zählen die Jäger-, Tauben-, Krausen-, Schützen-, Kronen-, Koch- und Zimmerstraße. Alle diese Straßennamen bezeichnen aufstrebende Berufsstände und Aktivitäten des entstehenden Bürgertums – und mitten drin finden wir die Mohrenstraße...

Berlin ist arm an historischer Substanz. Immerhin erhielten sich in den Namen von Straßen und Plätzen wichtige Schriftdenkmale. Sie widerstanden wilhelminischer Großmannssucht, Hitlers Germania-Plänen, Bombenkrieg und nazistischem Endkampf; sie überdauerten den Furor der autogerechten Stadt, der nach 1945 in beiden Stadthälften Berlins zu weiteren großflächigen Zerstörungen führte. Retten wir also, was zu retten ist!

Das Berliner Gesetz zum Denkmalschutz schließt nicht nur Bauwerke ein, sondern auch „Denkmalbereiche“. Laut Paragraf 2, Absatz 3 umfassen sie „eine Mehrheit baulicher Anlagen einschließlich der mit ihnen verbundenen Straßen und Plätze“. Dazu gehören in der Grundstruktur erhaltene städtische Ensembles wie die Friedrichstadt und selbstverständlich die historischen Straßennamen.

Es wäre gut, wenn das Berliner Abgeordnetenhaus dieses Gesetz entsprechend präzisierte. Denn schon versucht Stadträtin Sabine Weißler (Grüne, Bezirk Mitte) – unterstützt von Mitgliedern ihrer schon im Afrikanischen Viertel kenntnisarm tätigen Geheimjury –, in der winzig klein gewordenen historischen Substanz Berlins herumzupfuschen.

berliner-zeitung.de 30.6.2020


eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.04.2020 um 14.58

Raffael von Urbino
Geboren am 26 März (Karfreitag) 1483 zu Urbino
Gestorben am 6. April (Karfreitag) 1520 zu Rom
Nach Giorgio Vasari

Ohne Beschränkung freigebig und liebreich sendet der Himmel bisweilen einem einzigen Menschen den unendlichen Reichtum seiner Schätze, alle Anmut und seltene Gaben, welche er sonst in langem Zeitraum unter vielen zu verteilen pflegt.

Das sieht man deutlich an dem eben so herrlichen als anmutigen Raffael Sanzio von Urbino. Ihm war von der Natur jene Güte und Bescheidenheit verliehen, welche bisweilen solche schmückt, die vorzugsweise vor anderen mit anmutigem Wesen eine liebenswürdige Freundlichkeit verbinden, wodurch sie den verschiedensten Personen gegenüber, wie in allen Dingen, stets liebreich erscheinen und Wohlgefallen erwecken.

Die Natur war durch die Hand Michelagnolos von der Kunst besiegt, und schenkte Raffael der Welt, um nicht nur von ihr, sondern auch durch die Sitte übertroffen zu werden. Und in der Tat, da der größte Teil der Künstler, welche bis dahin gelebt hatten, sich nicht von einer gewissen Torheit und Rohheit freimachen konnten, wodurch sie in sich selbst versunken, nicht nur Phantasten geworden waren, sondern auch oft in ihrem Tun mehr das Dunkel des Lasters als das Licht und den Glanz der Tugenden, welche die Menschen unsterblich machen, gezeigt hatten: so war es wohl billig, daß sie in Raffael die seltensten Vorzüge des Herzens widerstrahlen ließ, von soviel Anmut, Fleiß, Schönheit, Bescheidenheit und trefflichen Sitten begleitet, daß sie genügt hätten, jedes noch so schlimme Laster, jeden noch so großen Fehler zu verdecken.

Gewiß kann man sagen: wen so reiche Gaben schmücken, der sei nicht nur schlechthin ein Mensch, sondern wenn der Ausdruck erlaubt ist, ein sterblicher Gott zu nennen, und wer durch seine Werke hier auf Erden einen so ehrenvollen Namen in den Geschichtsbüchern hinterläßt, der darf auch hoffen, im Himmel die Freude zu genießen, deren seine Anstrengungen und Verdienste würdig sind...

Nach den „Lebensbeschreibungen“ Giorgio Vasaris, deutsch Berlin 1920, im Verlag von Julius Bard


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.10.2019 um 14.50

Die Welt ist wieder so traurig geworden, daß es not tut, sich und andere aufzurichten. Was könnte da besser helfen als Musik, hier dargeboten von scheinbar zufällig zusammengelaufenen Mitgliedern der Philharmonie Nürnberg und des Hans-Sachs-Chores auf dem Platz vor St. Lorenz.



Nürnberg war bis zum Krieg die einzige erhaltene mittelalterliche Großstadt Deutschlands und einst berühmt für Kunst und Kunsthandwerk. Dürer braucht nicht erwähnt zu werden, aber auch den berühmtesten frühen Organisten brachte die Stadt hervor, Conrad Pauman (1410-1473), der zunächst an St. Sebald wirkte und später nach München übersiedelte. Berühmt waren auch die Kunst- und Feinschmiede der Stadt, die um die gleiche Zeit neben vielem anderen die Taschenuhr erfanden.

Von den unzähligen kleineren Bauten der Stadt ist das meiste verloren, denn leider hatte der „Gröfaz“ Nürnberg zur Stadt seiner Bewegung erwählt, so daß die Alliierten wohl meinten, den verhinderten Architekten durch Zerstörung dieses Gesamtkunstwerks demoralisieren zu können – um damit das Volk auf ihre Seite zu ziehen?


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.07.2019 um 13.42

Seit 1876 finden die Bayreuther Festspiele mit Aufführungen der wichtigsten Opern Richard Wagners (1813–1883) statt – in diesem Jahr unter der Stabführung des russischen Dirigenten Valery Gergiev (*1953). BILD brandmarkt Wagner diesmal nicht als „Antisemiten“ – angesichts des „elitären“ Publikums, jedoch Gergiev als „Schwulenhasser“ und „Putin-Freund“.

Bei Wagner-Festspielen in Bayreuth
Warum applaudieren unsere Spitzenpolitiker einem Schwulenhasser?


Die Promis ließen sich die drückende Hitze nicht anmerken. „Mich hält das nicht vom Musikgenuss ab“, sagte Kanzlerin Angela Merkel (65, CDU), die gemeinsam mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (52, CSU) und seiner Frau Karin auf dem „Grünen Hügel“ vorfuhr.

Wer außerdem noch da war...

[Bild] Jens Spahn (39, r.) und Ehemann Daniel Funke
Vor Jahren erntete Otto Waalkes noch Heiterkeitsstürme mit dem Dialog:
„Sie sind mein Mann!" Otto: „Was sagt Ihre Frau dazu?"
Seit dem 30. Juni 2017 ist die von der Kanzlerin im unterbesetzten Parlament durchgesetzte Begriffsumfälschung der „Ehe“ Wirklichkeit geworden – mit ihrer scheinheiligen Gegenstimme: Merkel-Demokratur eben.
Valery Gergiev (66) gilt als musikalisches Genie, als einer der „gefragtesten Dirigenten“ weltweit („Zeit“).

Aber: Wegen seiner allzu engen Freundschaft zu Russlands anti-demokratischem Präsidenten Wladimir Putin und offener Hetze gegen Homosexuelle müssten seine Auftritte für deutsche Politiker eigentlich tabu sein.

TROTZDEM dirigierte Gergiev am Donnerstag die Tannhäuser-Premiere in Bayreuth (BILD berichtete). Und die Elite der deutschen Politik spendete ihm Beifall!


Im Publikum saßen u. a. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, langjährige Befürworterin der Öffnung der Ehe für Homosexuelle...

Immerhin: Dirigent Gergiev erhielt nach der Vorstellung vereinzelt Buhrufe aus dem Publikum.

Auffallend: Jens Spahn und sein Ehemann Daniel Funke verzichteten darauf, Gergiev zu applaudieren.

bild.de 26.07.2019 - 22:51 Uhr
Hätten sie sich nicht ganz fernhalten müssen von einer von einem „Schwulenhasser” dirigierten „Antisemitenmusik“? Andere Beobachter kritisieren den Aufzug der „Promis“ ganz unehrerbietig, etwa Wolfgang Prabel, in fast richtiger Traditionsschreibung:
Merkel wieder in einer Wurstpelle

In Bayreuth trat die Kanzlerin wieder wie schon gewohnt in einem Walkürengewand auf, blos dieses Mal in Grashüpfergrün. Ist es aus Kunstleder oder aus Plastik? Das fragte sich ein verwunderter Betrachter auf Facebook...

Gerhard Schröder hatte das Eis gebrochen. Er war der erste Kanzler, der sich die langdauernden und schwülstigen Opern des Antisemiten Wagner anhörte. Die erfolgreicheren Kanzler vorher gingen Hitlers Lieblingskomponisten aus dem Weg.

Wenn man das Personal Revue passieren läßt, welches von der Lügenpresse in Bayreuth gesichtet wurde, so handelt es sich durchweg um sehr fragwürdiges Politgesocks: Kerosinkatha, Stasigrütters und Quoten-KGE. Es fällt auf, daß mittlerweile sogar Grüne Gefallen an prenationalsozialistischer Musik finden...

prabelsblog.de 26.7.2019
Den „rechten“ Frankfurter Wolfgang Hübner stört wieder anderes am meisten:
WELTBERÜHMTER RUSSISCHER DIRIGENT NIEDERGEBUHT
Die Schande von Bayreuth


Von WOLFGANG HÜBNER | Nein, die Überschrift spielt nicht auf die grauenhafte Premierengarderobe von Angela Merkel an, die auch in diesem Jahr bei den Bayreuther Richard-Wagner Festspielen weilt und zu deren Auftakt die Neuinszenierung der romantischen Oper „Tannhäuser“ am Donnerstag heimsuchte. Die Schande bezieht sich vielmehr auf das Buhkonzert eines völlig verblödeten, verhetzten und von abstoßenden Größenwahn heimgesuchten „Elite“-Publikums, das den weltberühmten russischen Dirigenten und Intendanten Valery Gergiev nach der Vorstellung ausbuhte...

Ich bin ganz sicher: All jene, die an Gergiev ihr lächerliches Mütchen abreagiert haben, hätten aus voller Kehle und mit strammem „deutschen Gruß“ dem Führer zugejubelt, als dieser viele Jahre der politische Stargast in Bayreuth war. Wer eine solche „Elite“ hat, braucht sich um den immer weiteren Niedergang Deutschlands nicht sorgen ...

pi-news.net 27.7.2019
PS: Der Begriff „Antisemitismus“ wurde 1879 vom anarchistischen Journalisten Wilhelm Marr für (seine) Judenfeindschaft geprägt. Das Wort „schwul“ kam etwa zur gleichen Zeit in der Berliner Gossensprache auf für „homosexuell“ und wurde hundert Jahre später salonfähig gemacht im Kampf um angebliche „Schwulenrechte“.

PS2: Sonderbar – so viele Deutschland-Abschaffer mit Schwäche für den monumentalsten Deutschland-Romantiker.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 15.06.2019 um 04.17

Wie ich aus meiner Beschäftigung mit alten Musikhandschriften weiß, darf man sich nie auf neuzeitliche Wiedergaben verlassen. Oft fehlen darin Striche und Punkte, die übersehen oder für Fliegendreck gehalten wurden. Ein Wikipedianer hat sich nun bemüht, das originale „ƿ“ (v oder w) im Unicode nachzubilden. Man sieht jedoch im Faksimile, daß zum Zeichen meist noch ein längerer, leicht gebogener Accent aigue gehört. Aber darum soll es nicht gehen, sondern um folgenden Hinweis:

... die Verse 46–48 werden heute von der überwiegenden Zahl der Forscher Hadubrand zugeschrieben; die Platzierung nach Vers 57 wird befürwortet.
Mich störte bei der Deklamation ebenso der kurz aufeinander folgende, ähnlich klingende Beginn der Verse (46) „ƿela gıſihu ıh ın dınem hruſtım“ und (49) „ƿelaga nu ƿaltant got quad hıltıbrant ƿeƿurt ſkıhıt “ wie die Unlogik, daß Hildebrand nach seiner Toterklärung durch den Sohn dessen Rüstung bewundert haben sollte. Erinnerungspsychologisch ist klar, daß der Schreiber oder seine Gewährsleute durch den ähnlichen Anfang aufs falsche Gleis geraten sind. Allerdings scheint mir nach der Verschiebung hinter Vers 57 nun ein Übergang zu Vers 61 zu fehlen.



Hildebrandslied– Faksimile: Wikipedia


eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.06.2019 um 10.32

Dank an Peter Petersen für den Hinweis auf die bemerkenswerte Ausstellung. Hans Olde ist Nietzsche-Kennern vor allem durch sein Bildnis des Philosophen in verschiedenen Variationen bekannt. Zu dem Zeitpunkt hatte dessen geistige Erkrankung schon zehn Jahre angedauert. Oldes Darstellung vermittelt noch einen Abglanz des einstigen scharfen Denkers. Aber auch das übrige Werk und Wirken des Malers ist beachtenswert:



https://blog.klassik-stiftung.de/wp-content/uploads/2019/05/Hans-Olde-Friedrich-Nietzsche-%C3%B6lhaltige-Farben-auf-Pappkarton-1899.jpg

Hans Olde, Friedrich Nietzsche, ölhaltige Farben auf Pappkarton, 1899

Zu den herausragenden Erneuerungen gehörte außerdem, dass Hans Olde 1902 die Zulassung von Frauen zum Kunststudium veranlasste – ein Novum im Deutschen Reich. Im selben Jahr wurde auf Erlaß von Wilhelm Ernst die Kunstschule – die bisher großherzogliche Privateinrichtung war – verstaatlicht und erhielt den Namen Großherzoglich Sächsische Kunstschule. Die Anstalt erlebte aufgrund der Reformen eine neue Hochzeit. Bereits die Berufung des neuen Direktors sorgte für eine steigende Anzahl von Studierenden, von denen sich einige zu sehr erfolgreichen Künstlern entwickelten, darunter Hans Arp, Max Beckmann, Ivo Hauptmann und Otto Illies.

Zweifelsohne war Wilhelm Ernst und seinen Beratern mit Hans Olde ein Glücksgriff gelungen: Seine Berufung wurde sowohl von traditionellen als auch von modernen Kreisen begrüßt. Die Presse war allgemein voll des Lobes für den Direktor. So heißt es in einem Artikel über die Deutsche Ausstellung in Düsseldorf in der „Weimarischen Zeitung“ im September 1902 über den Künstler:

„Wie Recht die Künstlerkreise Weimars haben, Professor Hans Olde mit Stolz an ihrer Spitze zu sehen (…).“

Der Blogtext basiert auf dem Aufsatz „… eine das Leben bereichernde Episode…“ Hans Oldes Weimarer Jahre (1902–1911) aus dem Katalog „Impressionist des Nordens. Hans Olde“ zur Ausstellung auf Schloss Gottorf, die noch bis zum 20. Oktober 2019 besucht werden kann.

Zu Ausstellung “Impressionist des Nordens – Hans Olde d. Ä.”
Daß meine Anschrift 26 Jahre lang „Hans-Olde-Weg“ war, erhöht noch einmal den Reiz, mich von neuem mit dem Werk des Malers zu beschäftigen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.06.2019 um 18.03

Gestern, am 5. Juni 2019, war in der Kieler Kunsthalle ein Vortrag mit dem obigen Titel als Veranstaltung der „Società Dante Alighieri – Deutsch-Italienische Gesellschaft e. V. Kiel“ zu hören. Vortragender war Peter Petersen, Altphilologe, Kunstgeschichtler und ehemaliger Lehrer für Griechisch und Latein an der Kieler Gelehrtenschule.

Anlaß war die Verabschiedung des Vorsitzenden der Gesellschaft von 1978 bis 2019, Prof. Sebastiano Caso, der sich nun wohl in seine italienische Heimat zurückziehen will. Er war auch selbst zugegen und sprach eine kurze Begrüßung. Zu seinem achtzigsten Geburtstag vor zwei Jahren hatten die Kieler Nachrichten ein freundliches Lebensbild von ihm gezeichnet. Zugleich wurde Hermann Gmelins gedacht, der die Romanistik an der Kieler Universität bis zu seinem Tod 1958 vertrat und der ein Kenner, Übersetzer und Kommentator Dantes war.

Petersens Vortrag, auf eine gute Stunde berechnet, dauerte dann doch noch eine spannende Dreiviertelstunde länger und wurde, wie gewohnt, mit sachkundig ausgewähltem Bildmaterial untermalt. Dantes Lebensstationen waren, nach Petersen:

A. Heimat Florenz 1265 - 1302: Jugend, Schulzeit, Begegnung mit Beatrice, Lyriker und Familienleben, Studium in Bologna, politische Tätigkeit in Florenz, B. Exil in Oberitalien 1302 – 1321: Bologna, Treviso, Venedig, Trient, Padua, Verona, Lunigiana, Ravenna, ... Venedig; Tod in Ravenna.

Biographische Zeugnisse über das Leben Dantes gibt es fast ausschließlich nur in seinem Werk: „La Vita Nuova“ (1293), „Il Convivio“ (1304), De Vulgari Eloquentia Doctrina“, „De Monarchia“, Divina Comedia“ drei Teile, Epistolae/Ecloghe; Il Fiore — Detto d’Amore

Neben den schriftlichen gibt es eine Reihe von fast zeitgenössischen „authentischen“ Bildern: Giotto, Fresko im Barghelllo (ca. 1321) Boccaccio, Porträt und „Divina Comedia“, Luca Signorelli, Dom in Orvieto
Auch dies steht in dem zum Vortrag beigegebenen 24seitigen Leitfaden, den Petersen ausgearbeitet und reich bebildert im Farbdruck vervielfältigt hat, S. 9:
Italienisches Original [VITA NUOVA]
[...] sì tosto com'io imagino la sua mirabile bellezza,
sì tosto mi giugne uno desiderio di vederla,
lo quale è di tanta vertude
che uccide e distrugge ne la mia memoria
ciò che si potesse levare;
e però non mi ritraggono le passate passioni
da cercare la veduta di costei...

Deutsche Übersetzung
[…] sobald ich mir ihre wunderbare Schönheit vorstelle,
[ergreift mich] sogleich ein Verlangen [...] sie wirklich zu sehen,
und [...] dieses [ist] von solcher Wirkungsmacht [...],
daß es in meinem Gedächtnis tötet und vernichtet,
was sich dagegen erheben könnte
und deshalb halten mich die vergangenen Leiden nicht davon ab,
ihren Anblick zu suchen.

Die Erinnerung des Ichs reicht nur soweit, “dass es sich ein Bild davon macht, wie Amor es zurichtet.
La mia memoria movesse la fantasia ad imaginare quale amore mi facea
Diese Zeilen mögen genügen, um anzudeuten, welch ein literarisches und ästhetisches Vergnügen der Vortrag bereitete.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.05.2019 um 12.39

Ich erinnere mich noch, daß 1953 der 500ste Jahrestag des Falls von Konstantinopel in allen Medien ausgiebig besprochen wurde. Heute darf in Österreich noch nicht einmal der Abwehr der Türken vor Wien 1683 gedacht werden, um nicht die zur Majorität strebende Ethnie in der Stadt zu verletzen. Die „Welt“ als eine der wenigen Zeitungen erinnert an den Sieg Mehmeds II.

29. Mai 1453: Die Türken erobern Konstantinopel

Nach achtwöchiger Belagerung erobern die Türken unter Sultan Mehmed II. am 29. Mai 1453 die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches. Der letzte Kaiser Ostroms, Konstantin XI. Dragases, fällt im Kampf...

Bald nach dem Fall Konstantinopels fallen auch die letzten byzantinischen Besitzungen wie Trapezunt und Mistras auf der Peloponnes an die Osmanen.

Mehr über den Fall von Konstantinopel liest du hier.
Der dummduzende Hinweis führt auf die fulminante Darstellung von Jan von Flocken, wie der Westen das Bollwerk gegen den Islam im Stich gelassen hat, die Türken die Macht über den ganzen Balkan ergreifen ließ und, man müßte heute ergänzen, islamische „Schutz Suchende“ arglos einwandern läßt.
Roms letzter Kampf gegen die Heere des Islam

Über Jahrhunderte hinweg hatte Byzanz als Europas Bollwerk im Osten Europas gedient. Doch als im April 1453 das osmanische Heer den Großangriff eröffnete, kam aus dem Westen keine Hilfe.

Veröffentlicht am 30.01.2016 | Lesedauer: 7 Minuten

Von Jan von Flocken

Der byzantinische Kaiser Konstantin XI. Palaiologos (1405–1453) herrschte nur noch über eine schwindende Stadt, in der vielleicht noch 40.000 bis 50.000 Menschen lebten.

Gegen ihn zog der Osmanen-Sultan Mehmed II. (1432–1481) ein Heer von mehr als 100.000 Soldaten zusammen.

„Der plötzliche Lärm war schreckenerregend. Die Türken stürzten entlang der gesamten Mauerlänge zum Angriff vor und stießen dabei ihre schrill kreischenden Schlachtrufe aus, indes Trommeln, Trompeten und Pfeifen * sie ermutigend antrieben... Der letzte Tag von Konstantinopel als Hauptstadt eines mehr als tausend Jahre alten christlichen Reiches war angebrochen.

Dieses Europa aber sah 1453 tatenlos zu, wie Konstantinopel von einer Übermacht der Türken belagert und erobert wurde...

[Sultan Murads]... erst 19-jähriger Sohn Mehmed II. verstand sich als fanatischer Glaubenskrieger. Seine intellektuelle Bildung (er beherrschte sechs Sprachen) hinderte ihn nicht daran, alle Untertanen mit unerbittlicher Härte zu behandeln *. Schon im Sommer 1451 begannen seine Vorbereitungen zur Belagerung Konstantinopels.

Die türkische Artillerie war Furcht einflößend

Die Mauern der Stadt waren nur durch Artillerie zu bezwingen, eine Waffengattung, die damals noch in den Kinderschuhen steckte. 1452 gelang es Mehmed, einen ungarischen Ingenieur namens Orbán zu bestechen, der ihm mehrere riesige Bronzekanonen goss...
Vielleicht fühlt der ungarische Präsident Viktor Orbán ja eine besondere Verpflichtung, die Schandtat seines Namensvetters durch Standhaftigkeit gegenüber den heutigen Islam-Apeasement-Politikern wieder gutzumachen.
Drei Wochen lang stürmten die Türken gegen die Stadt. Doch die präzisen Verteidigungsmaßnahmen des Giovanni Giustiniani erwiesen sich als stärker.... Am Morgen des 29. Mai wurden zwei heftige Angriffe der Türken zurückgeschlagen. Dann gelang es ihnen, die Kerkoporta, eine kleinere Ausfallpforte nördlich des Charisios-Tores, einzuschlagen und in die Stadt einzudringen...

Über die Stadt brach nun die Hölle los. „Am Mittag färbten sich Straßen und Gassen rot von Blut“, heißt es im Bericht eines venezianischen Gefangenen. „Die Häuser wurden geplündert, Frauen, Männer und Kinder vergewaltigt, gepfählt oder auf andere Art umgebracht, die Kirchen zerstört.“ Viele Einwohner flüchteten sich in die Kirche „Hagia Sophia“ (Heilige Weisheit). Sie wurden mitsamt ihren Priestern, welche die Messe lasen, erschlagen oder in die Sklaverei verschleppt...

Sultan Mehmed wartete das Ende der schlimmsten Ausschreitungen ab, dann zog er am 30. Mai 1453 in die Stadt ein, der er umgehend zu seiner Hauptstadt machte. Vor der Hagia Sophia angekommen, bestieg auf seinen Befehl der oberste Imam die Kanzel und verkündete den Sieg im Namen Allahs...
... und vollzog die Umwandlung der damals größten christlichen Kirche in eine Moschee. Ralph Giordano wies darauf hin, daß mindestens fünfzig in den letzten Jahrzehnten in Deutschland errichtete türkische Moscheen den Namen Mehmeds II. tragen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.05.2019 um 04.20

Kuriose Vorschläge für ein neues Dach der Kathedrale

Vor fast einem Monat ist das Dach der Kathedrale in Paris in Flammen aufgegangen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron versprach einen Wiederaufbau binnen fünf Jahren. Architekten posten auf Instagram eifrig – ausgefallene bis kuriose – Gestaltungsvorschläge ...

Bewahren und wiederherstellen oder die Chance zum Aufdrücken eines zeitgenössischen Stempels ergreifen? Architekten aus der ganzen Welt präsentieren in sozialen Netzwerken wie Instagram Entwürfe zum Wiederaufbau des Mitte April abgebrannten Daches der Pariser Kathedrale Notre-Dame...

Der Entwurf des Designers Mathieu Lehanneur würde das Toben der Flammen über der Vierung für alle Zeit festhalten. Eine bauliche Geste, in der ein Memento mori mitschwingt. [ ... eine feurige Sprechblase?]

Andere würden die Tradition der berühmten bunten, mittelalterlichen Glasfenster in der Fassade von Notre-Dame in die neue Zeit und in das Dachgeschoß weiterziehen...

Auf theologische Belange gehen die neuen Dachvorschläge indes wenig ein. Einige huldigen lieber der Natur und ihrem Reichtum an Tieren und Pflanzen. Etwa Clément Willemin, wie hier zu sehen ist. Man könnte sein Dach zudem als Besucher genießen.[... mit Erweiterung zum Freßtempel?]

Im Bild der Vorschlag vom Büro Vincent Caillebaut. Er will vermeiden, dass die Stadt ein Open-Air-Museum wird und plädiert für einen ökologischen, zeitgenössischen Aufbau.

#crosslaminatedtimber #woodenstructure [nun brandsicher?]

derstandard.at 9.5.2019

Frankreichs Parlament debattiert am Freitag über die Restauration. Die Opposition wirft Präsident Macron vor, ein modernes Projekt realisieren zu wollen.

derstandard.at 10.5.2019

Ideologische und egoistische „Stempelaufdrücker” sind leider unter Politikern und Architekten besonders häufig zu finden. Alte Baukunstwerke sind in erste Linie eine geistige Leistung, die Urheberschutz gehießen sollten, selbst wenn die materielle Wiederherstellung nach Katastrophen naturgemäß nie ganz gelingen kann. Die Abweichungen von den authentischen Stilregeln wirken für Kenner fast immer beleidigend.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 01.05.2019 um 19.40

Giorgio Vasari, der erste Biograph der Renaissance-Künstler, schreibt über Leonardo:

Reiche Gaben sehen wir oft von der Natur mit Hilfe der himmlischen Einflüsse über menschliche Geschöpfe ausgegossen, bisweilen aber vereinigt sich, wie ein überschwengliches und übernatürliches Geschenk, in einem Körper Schönheit, Liebenswürdigkeit und Kunstgeschick so herrlich, daß jede seiner Handlungen göttlich erscheint, ...

Wer ihm gefiel, dem hätte er einen ganzen Tag nachgehen können, und seine Gestalt prägte sich ihm also ein, daß er, zu Hause angelangt, sie zeichnete, als ob sie vor ihm stünde. In dieser Weise hat er viele männliche und weibliche Köpfe ausgeführt, und ich besitze in meiner oft erwähnten Sammlung von Handzeichnungen verschiedene mit der Feder von ihm gezeichnet, darunter das Bildnis des Amerigo Vespucci, ...(nach Ernst Jaffé, Berlin 1920)
Es wurde berichtet, daß Leonardo sich nie zur Entdeckung Amerikas geäußert und daß er Amerigo vielleicht gar nicht gekannt habe. Ein Blick zu Vasari rückt das zurecht. Im letzten Jahr ist sogar ein Globus mit den Umrissen Südamerikas, auf ein Straußenei gezeichnet, entdeckt worden, zu dem es von Leonardo eine Vorzeichnung gibt, die bisher für ein Bild des Mondes gehalten wurde. (ansa.it 30.10.2018)
Er würde in Gelehrsamkeit und Kenntnis der Wissenschaften Großes geleistet haben, wenn er minder unbeständigen und wandelbaren Geist gehabt hätte; dies war die Ursache, daß er viele Dinge unternahm und die begonnenen wieder liegen ließ. So machte er in der Rechenkunst in wenigen Monaten reißende Fortschritte und trug seinem Meister so vielfache Zweifel und Einwendungen vor, daß er ihn oft in Verwirrung setzte. Auch die Musik begann er zu studieren, entschloß sich aber bald, das Lautenspiel zu lernen, und da sein Sinn erhaben und voll der schönsten Gedanken war, improvisierte er zu diesem Instrument wunderbar schöne Gesänge...

Zwischen Lionardo und Michelagnolo herrschte großer Widerwille, und die Konkurrenz zwischen beiden war schuld, daß Michelangolo Florenz verließ, wobei ihn Herzog Giuliano entschuldigte, da er vom Papst wegen der Fassade von S. Lorenzo berufen war. Als Lionardo solches hörte, ging er auch von dannen und begab sich nach Frankreich, wo der König mehrere Werke von ihm besaß und ihm sehr gewogen war ...
Das weitere Bekannte über Leonardo brauche ich hier nicht zu wiederholen. Der Lektor des Kieler Antikenlesekreises, Peter Petersen, machte noch auf Leonardos Proportionszeichnung des idealen Menschen nach Vitruv aufmerksam, die heute auf allen Scheckkarten zur Fälschungssicherheit beiträgt. Das Quadrat, das die Figur begrenzt, sei die Quadratur des Kreises, der die überlagerte Figur mit gespreizten Gliedmaßen umschließt – natürlich nur als Näherung, denn die exakte Konstruktion ist bekanntlich nach dem Beweis von F. von Lindemann (1882) unmöglich.

PS: heise.de 5.5.2019 bringt ein kurzgefaßtes, reichhaltiges Porträt – bis auf die mehrfache alberne Benennung Leonardos als „nerd“.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 20.04.2019 um 05.17

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Sigmar Salzburg
Frühe Umerziehung zur Rechtshändigkeit machte den Linkshänder beidseitig geschickt

Als Kind war ich selbst ausgeprägter Rechtshänder. Als ich dann Klavier lernte, wurde auch von der linken Hand Geschicklichkeit verlangt. Und beim Gitarrespiel braucht die Linke einiges mehr an Geschicklichkeit als die Rechte...

Viele alte Lautenintavolierungen verlangen der linken Hand wegen der Polyphonie mehr ab als die meisten Gitarrenstücke, so daß sogar Hochschul-Gitarredozenten daran scheiterten, z.B. bei „Seven Tears“ 1604 von Dowland. Obwohl ich das also lange praktiziert habe, bin ich mit links immer Schreibstümper geblieben. Auch Klavierspielen hat das nicht verändert. In Familie und Bekanntenkreis habe ich die Entwicklung der Links- oder Rechtshändigkeit bei Kindern beobachten können, wie angedeutet. Im Tierreich ist ähnliches bekannt.
„Bei den meisten Menschen wird Sprache vorwiegend in der linken Gehirnhälfte verarbeitet.“ Bei gerade mal einem Prozent der Bevölkerung liegen die Hauptzentren der Sprachverarbeitung rechts – ein Phänomen, das fast ausschließlich bei Linkshändern auftritt. (Max-Planck-Gesellschaft).
… ein Hinweis, daß beidem organische Entwicklungen zugrundeliegen.

Schöne Ostern allerseits!


eingetragen von Detlef Lindenthal am 19.04.2019 um 18.03

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Sigmar Salzburg
Frühe Umerziehung zur Rechtshändigkeit machte den Linkshänder beidseitig geschickt

Als Kind war ich selbst ausgeprägter Rechtshänder. Als ich dann Klavier lernte, wurde auch von der linken Hand Geschicklichkeit verlangt. Und beim Gitarrespiel braucht die Linke einiges mehr an Geschicklichkeit als die Rechte. Ich habe das gelernt. Aus Spaß habe ich auch mit links schreiben gelernt – ist da was bei? Ich finde nicht.
Den Kult um Linkshändigkeit und Rechtshändigkeit verstehe ich immer weniger.
Wenn er berechtigt wäre, müßte man die armen Kinder ja einteilen in diejenigen, die wegen Links- oder Rechtshändigkeit keinesfalls Gitarre oder Klavier lernen dürfen, auf daß ihr Seelenheil nicht leide.

Kann jemand mir das bestätigen oder mir widersprechen?
__________________
Detlef Lindenthal


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.04.2019 um 17.23

Frühe Umerziehung zur Rechtshändigkeit machte den Linkshänder beidseitig geschickt

... über den Menschen da Vinci ist noch längst nicht alles bekannt. Eine Eigenheit des großen Künstlers könnten nun Forscher um Cecilia Frosinini vom Kunstmuseum der Uffizien in Florenz aufgedeckt haben. Sie stießen darauf, als sie eine der frühesten Landschaftszeichnungen da Vincis mithilfe moderner Analysemethoden näher untersuchten. Dieses nach seiner Inventarnummer als „8P“ bekannte Bild trägt zwei Inschriften.

Eine Inschrift ist von Leonardo da Vinci in Spiegelschrift geschrieben und gibt Namen und Datum des Bildes an. Auf der Rückseite existiert eine zweite handschriftliche Notiz in normaler Richtung. Die Analyse der Handschriften und der Vergleich mit anderen Schriften da Vincis ergab, dass beide höchstwahrscheinlich vom Künstler selbst geschrieben wurden.
scinexx.de 17.4.2019

Die zweite abgedruckte Zeichnung zeigt wohl die seitenverkehrte Jahreszahl 1473. Leonardo schrieb keine „Geheimschrift“, wie oft kolportiert, sondern folgte nur seiner Natur – in Spiegelschrift. Viele außerordentliche Künstler waren Linkshänder. Über die Erziehung zur Beidhändigkeit gibt es unterschiedliche Meinungen. Ein Kollege berichtete von einem Architekturprofessor, der seine Zeichnungen mit beiden Händen gleichzeitig an die Tafel brachte. Die eine Zeitlang verbissen betriebene Rudolf Steinersche Umerziehungs-Ideologie dagegen trieb etliche Waldorf-Schüler zur Verzweiflung. Manche in ihrer Händigkeit unentschlossene Kinder profitieren heute vom Tastaturschreiben – zulasten ihres handschriftlichen Geschicks.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.04.2019 um 17.20

Eine Ausstellung in Berlin demaskiert den deutschen Künstler Emil Nolde als überzeugten Nationalsozialisten, Bundeskanzlerin Angela Merkel hängt Nolde-Bilder im Büro ab. Das sei „Tugendhysterie“, sagte der [jüdische] Historiker Michael Wolffsohn im Dlf. Große Persönlichkeiten hätten nicht immer eine weiße Weste...

„Hier zählt die Kunst. Zur Kunst zählt die Tatsache, dass die Kunst von Menschen gemacht wird. Kein Mensch entspricht dem Idealbild vom perfekten Menschen“, so Wolffsohn. „Bilder von Emil Nolde sind großartig.“

Dass die Kanzlerin die Nolde-Bilder im Kanzleramt habe abhängen lassen, sei ein bisschen viel Tugendhysterie.

deutschlandfunk.de 12.4.2019

Anders als Merkel: Kieler Ministerin hängt Nolde-Bild auf

Die CDU-Politikerin [Karin Prien, mit zwei jüdischen Großvätern] hängte am Donnerstag das Gemälde «Durchbrechendes Licht» des Expressionisten (1867-1956) in ihrem Amtszimmer auf. Sie begründete dies mit dem hohen Rang, den die Freiheit der Kunst für sie habe. «Kunst und Künstler müssen immer in den Kontext gestellt, müssen eingeordnet werden. Ja - es gibt großartige Kunst von furchtbaren Menschen», sagte Prien der Deutschen Presse-Agentur. Man müsse Kunst auch jenseits einer notwendigen politischen Einordnung betrachten können.

welt.de 11.4.2019

Das Ziel der Kampagne gegen Nolde zum jetzigen Zeitpunkt ist wohl weniger die Vergangenheitsbewältigung, sondern vielmehr die Ausrottung des letzten deutschen Selbstbewußtseins. Verdrängt man alle Kunst, die von Leuten geschaffen wurde, die den Juden nicht wohlgesonnen waren, bleibt von der europäischen Kunst nicht mehr viel übrig.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 30.03.2019 um 11.48

Während in Deutschland die menschliche Vielfalt mitunter zuviel wird, schrumpft die Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt durch menschliche Eingriffe auf den Wiesen des Landes. Viele Arten stehen kurz vor den Aussterben. Darauf will der Naturfilmer Werner Haft mit seinem 90minütigen Film aufmerksam machen:

Jan Haft zeigt "Die Wiese" erstmals in Kiel

Der neue Naturfilm "Die Wiese – Ein Paradies nebenan" von Jan Haft (52) wurde am Freitag, 29. März 2019, in der Sparkassen-Arena Kiel zum ersten Mal öffentlich gezeigt. 3500 Naturfreunde waren bei der Publikumspremiere dabei. Auch der Filmemacher war anwesend... Organisiert wird die Veranstaltung von den Kieler Nachrichten und dem Naturfilmfestival Green Screen in Zusammenarbeit mit der Deutschen Wildtier-Stiftung...

In nie gesehenen Bildern stellt die Dokumentation einige der schönsten, liebenswertesten und skurrilsten Bewohner unserer Wiese vor. Mit einem Hauptdarsteller auf vier Beinen: dem Reh. Mit enormem technischen Aufwand konnte Jan Haft eine Zwillings-Rehkitz-Geburt drehen, Insekten-Dramen aus Käfer-Perspektive und unbekannte Phänomene der heimischen Natur. Oder kennen Sie schon den „schießenden“ Pilz? Oder die Hummel-Ragwurz aus der Familie der Orchideen, die liebeshungrige Bienenmännchen an der Nase herumführt?

Aus 300 Drehtagen wurde ein einzigartiger 90-minütiger Naturfilm

„Mir ist es wichtig, dass mein Film dem Zuschauer auch eine Orientierung bietet“, sagt Jan Haft. „Ich zeige zwar eine prachtvolle Wunderwelt, aber die ist leider akut bedroht.“ Hunderttausende Hektar Wiese seien in den vergangenen Jahren in Äcker umgewandelt worden, und die noch verbleibenden Wiesen würden oft durch Düngung mit Gülle und kurze Mäh-Intervalle zu unbelebten Produktionsflächen gemacht. „Da muss unbedingt ein Umdenken stattfinden“, sagt der Filmemacher, der von der Deutschen Wildtier-Stiftung für dieses Projekt gefördert wurde.

Nach kn-online.de 29.3.2019

https://youtu.be/Xz-nP3WMyOw
Erwartungsgemäß klappte die Lindaunis-Klappbrücke über die Schlei wieder nicht und auch nicht der Schienenersatzverkehr, so daß ich mein nördliches Refugium erst nach Mitternacht erreichte. Berühmt wurde die Brücke durch den dritten Film aus der Werner Reihe, Werner – Volles Rooäää!!!


eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.02.2019 um 05.33

Vor über 300000 Jahren haben Urmenschen, wohl vom Typ Homo heidelbergensis, mutmaßlich Vorfahren der Neandertaler, die Gegend um Schöningen in Niedersachsen durchstreift und acht Speere hinterlassen. Sie sind durch außergewöhnliche Umstände erhalten geblieben und damit die ältesten bekannten Holzwaffen überhaupt. Jetzt ist an Nachbildungen festgestellt worden, daß sie in Formgebung und Gewichtsverteilung optimal waren. Unsere Vettern (nicht „Vorfahren“) hatten aber auch schon die gleiche Zeit zum Üben. BILD meldet:

Schöninger Speere im Praxistest
Unsere Neandertaler waren Spitze
Forscher des University College London untersuchten Altsteinzeit-Waffen


London/Schöningen (Niedersachen) – Von wegen primitiv: Britische Forscher haben herausgefunden, dass unsere Vorfahren, die Neandertaler, technologisch extrem geschickt waren!
Wissenschaftler des University College London (UCL) nutzten dabei die Schöninger Speere. Die acht Waffen aus Fichten- und Kiefernholz wurden vor 20 Jahren bei Ausgrabungen im Braunkohletagebau Schöningen (Kreis Helmstedt) gefunden, seit 2013 im Forschungs- und Erlebniszentrum Paläon ausgestellt...

Paläon-Kurator Felix Hillgruber: „Die Studie erlaubt uns, ein besseres Bild von der Vergangenheit zu zeichnen.“

Und vielleicht kommen jetzt ja auch ein paar mehr Besucher ins Paläon, das wegen Gäste-Mangels zum Millionengrab wurde.

bild.de 31.1.2019
Und da wird auch schon der Unterschied unserer heutigen Politiker und sonstigen Wichtigtuer zu unseren urmenschlichen Verwandten deutlich: Mit bescheidenen Mitteln erkämpften die sich ihren Lebensunterhalt, während sich unsere Politiker 15 Millionen Euro genehmigen für ihr eigenes Denkmal, das in Form und Material aussieht wie ein riesiges gelandetes Raumschiff.


Paläon Schöningen

Von denselben Schweizer Architekten wurde auch das Museum von Nebra für die bekannte Himmelsscheibe entworfen. Offensichtlich hatten die Politiker und Preisrichter den gleichen Hang, das schlichte Gerät in einem überdimensionalen Sciencefiction-Palazzo-Prozzo hervorzuheben und sich damit wichtig zu machen.


Arche Nebra

Wie anders ist dagegen das Schleswiger Haithabu-Museum, das sich bescheiden in die Landschaft einordnet und sich bemüht, durch Auflösung in verschiedene bootshallenartige Gebäudeteile die inzwschen rekonstruierten Hütten von Haithabu nicht zu übertrumpfen.


Foto: Siegbert Brey (Wiki)

Wikingermuseum Haithabu (Copyright Landesmuseen)
Bei Bekanntwerden des Neubauprojektes [Paläon] 2009 kam es zu Zweifeln an der Rentabilität und den zu erwartenden Besucherzahlen, auch wenn die Funde an sich von Forschern für die „Kronjuwelen niedersächsischer Archäologie“ gehalten werden. Der Bund der Steuerzahler und einzelne Politiker kritisierten den Neubau als „Geldverschwendung“.
wikipedia
Nun, ähnliches hatte erfolglos der Bund der Steuerzahler auch bei der nichtsnutzigen Rechtschreib„reform“ beanstandet, deren Kosten er auf das Tausendfache der beiden Museumsbauten geschätzt hatte. Das hat die Politiker in ihrem geschmacklosen Geltungsdrang nicht aufhalten können.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.12.2018 um 07.31

Im Rahmen der Lesereihe der Kieler Antikenfreunde hatten wir den Genuß, den seit einem Jahr amtierenden Custos der Antikensammlung der Kunsthalle Kiel, Dr. Manuel Flecker, über die Stadtentwicklung Pompejis und seine eigenen Forschungen am Ort hören zu dürfen. Besonders informativ wurde dies durch die Projektion zahlloser Stadt- und Hausgrundrisse und Ansichten des gegenwärtigen Zustandes mit zugehörigen Rekonstruktionszeichnungen. Es ging vor allem um die Entwicklung des pompejanischen Hauses und der Badanlagen.

Pompeji entstand seit dem 6. vorchristlichen Jahrhundert aus Ansiedlungen der umliegenden oskisch-umbrischen Bevölkerung, wohl auch unter etruskischem Einfluß. Bis 80 v. Chr, wurde die Selbständigkeit durch eine Stadtmauer gesichert. Dann wurde die Stadt unter Sulla gewaltsam dem römischen Staat eingegliedert und Tausende Veteranen zusätzlich angesiedelt. Die Oberschicht überbaute die Stadtmauer teilweise mit ihren Villen. Es gab aber auch „insulae“, Mietshäuser mit Obergeschoß („Geschooß“ lt. Flecker), für deren Vermietung in den Grafitti sogar noch zwei Anzeigen überliefert sind.

Die Entwicklung des Stadthauses und der privaten und der drei bis vier öffentlichen Bäder wurde ausführlich dargestellt. Ein Wasserleitungssystem aus Bleirohren mit Ventilen wurde vorgeführt, ebenso die allgemeine Wasserversorgung, die an öffentlichen Plätzen jedem den Zugang zu Frischwasser aus den an die Stadt herangeführten Aquaeducten ermöglichte.

Dr. Flecker erläuterte auch die Entwicklung der Stile der Wandfresken von der Mauerwerksimitation bis zur monumentalen Alexanderschlacht aus Millionen von Mosaiksteinen nach griechischer Vorlage. Auch erotische Darstellungen in privaten Gemächern gab es, deren Funktion aber unklar blieb.

Aufschlußreich war auch die Dokumentation früherer Wanddurchbrüche zur Antikengewinnung seit 200 Jahren, deren eine in Herculaneum durch einen Bergingenieur sogar die Lage der Fundstücke aufzeichnete, eine Ausnahme in früher Zeit. Insgesamt zeigt sich schon am Beispiel einer römischen Kleinstadt, daß die Kunst und technische Zivilisation auch 1400 Jahre später kaum wieder einen Gleichstand erreichte.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.10.2018 um 13.36

Ausstellungseröffnung am 28.10.2018

Unter dem Titel „Der Wanderer und der Weg“ wird im städtischen Museum in Eckernförde des 50. Todestages des Schriftstellers und Dichters Wilhelm Lehmann am 17. September 1968 in einer Austellung gedacht. Lehmann, Sohn eines Lübecker Kaufmanns, 1882 in Porto Cabello, Venezuela, geboren, hatte es 1923 nach Eckernförde verschlagen, wo er als Lehrer seinen Lebensunterhalt sichern mußte, weil er sonst nie viele Leser hatte.

Dr. Beate Kennedy von der Wilhelm-Lehmann-Gesellschaft zeichnete kurz seinen Lebensweg und zitierte eine Bemerkung Lehmanns: „Alle meine Arbeiten sind unter freiem Himmel entstanden“, womit er seine Naturlyrik erklärte. Auf Betreiben Alfred Döblins erhielt er schon 1923 zusammen mit Robert Musil den Kleist-Preis.

Anschließend las der Schauspieler und Essayist Hanns Zischler Lehmanns Erzählung „Die Kastanien“ von 1939, die den gegenseitigen Austausch zweier Einzelgänger, Weishaupt und Oldenstedt, beschreibt. Darauf folgte als Abschluß zweimal das Gedicht „Der Dank“.

Die ausgestellten Autographe spiegeln auch den orthographischen Wandel der Zeit wider, von traditioneller Kurrentschrift über die ß-losen Lateinlettern hin zu der anerkannten und bewährten Traditionsrechtschreibung, wie Lehmann sie auch seinen Schülern beibrachte.

Eine biograpische Notiz von 1932 in Schreibmaschinenschrift enthielt die Wörter „anstoßende Handlung“, „Grossvater“, „riß“, „verließ“, „große Dichtungen“. In einem Gedicht liest man „Der Rauhreif läutet, die Hecken eilen.“ 1965 schreibt er „Laß nicht den Tod das Ende sein.“

1923 schrieb ihm Alfred Döblin: „Wissen Sie, daß Ihre Bücher auf meinem Regal in der Ehrenreihe stehen, unter den Büchern, nach denen ich immer greife, um in ihnen zu blättern, zu schlürfen, hier einen Tropfen, da einen Tropfen?“

Siehe auch hier, da und dort. Zeitungsbericht: shz 28.10.2018


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.10.2018 um 05.47

Ein neuer Fund widerlegt nach Angaben von Experten die bisherige Annahme, wonach die berühmte Römerstadt Pompeji bei einem Vulkanausbruch am 24. August des Jahres 79 vor Christus unterging. Archäologen stießen in den Überresten eines Hauses auf die Inschrift eines Arbeiters, die vom "16. Tag vor den Kalenden des November" datiert, wie Ausgrabungsleiter Massimo Osanna berichtete - das heißt vom 17. Oktober und damit zwei Monate nach dem bislang als Tag der Katastrophe vermuteten Datum.

Bislang gingen Forscher auf der Grundlage zeitgenössischer Berichte und archäologischer Funde davon aus, das Pompeji und die nahe gelegene Stadt Herculaneum am 24. August 79 vor Christus bei einer gewaltigen Eruption des Vulkans Vesuv verschüttet wurden. Allerdings deuteten laut Ausgrabungsleiter Osanna bereits im 19. Jahrhundert in den Ruinen gefundene versteinerte Herbstfrüchte auf ein späteres Datum hin.

spiegel.de 17.10.2018, ausführlicher: spektrum. de 18.10.2018

Noch etwas anderes zeigt die gefundene Inschrift, wenn die Vermutung richtig ist, ein Arbeiter sei der Urheber gewesen: Selbst Arbeiter und Huren konnten im Imperium Romanum schreiben. Dreihundert Jahre später, am 28. Februar 380, erklärte der Kaiser Theodosius den Wunderglauben einer kleinen, noch recht konfusen und zerstrittenen Sekte, des Christentums, zur Staatsreligion. Weitere dreihundert Jahre nach diesem Sieg war das Schreiben und Lesen eine Ausnahmefähigkeit in Europa.

Noch um 1200 war sie auch in der Oberschicht selten: »Ein ritter sô gelêret was, daz er an den buochen las« (Hartmann von Aue). Renaissance und Reformation beflügelten zwar die Alphabetisierung, aber erst die folgende „Aufklärung“ erreichte allmählich wieder die geistige Freiheit der antiken Philosophen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.09.2018 um 09.27

Die Zerstörung der alten deutschen Städte durch die alliierten Bomberflotten war ein militärisch sinnloses Kriegs- und Kulturverbrechen. Das „Moral Bombing“ zur Demoralisierung der Bevölkerung bewirkte eher das Gegenteil.

Die linken Modernisten im Gefolge des Architektur-Revoluzzers Le Corbusier (übrigens ein Faschistenfreund), die ähnliches schon gefordert hatten, fanden nun endlich die ersehnten Freiflächen, um ihre Wohnmaschinen und autogerechten Straßen zu verwirklichen.

Ungläubig hörten wir daher in den Sechzigern an der Architekturabteilung Hannover, daß die Polen in der usurpierten Stadt Danzig die Altstadt fassadengetreu wiederaufgebaut hätten.

In Deutschland erfolgten noch weitere Abrisse, im Osten aus Ideologie, im Westen außerdem aus Raffgier. Als in Frankfurt der Frankfurter Römer nachgebaut wurde, empörte sich der Architekturkritiker (und Musikwissenschaftler) Manfred Sack, daß sich Architekten „für derlei hergeben“. (Beim Nachspielen der Musik Mozarts und Bachs hatte er diese Bedenken wohl nicht).

1981 sah ich noch Bäume aus den Fenstern der Ruine der Alten Frankfurter Oper sprießen, die der Dynamit-Rudi, SPD-OB Arndt, hatte wegsprengen wollen. Zwei Jahre später konnte ich an der ersten Musikaufführung dort mitwirken.

Nun ist seit heute die Neue Altstadt Frankfurt eröffnet, die das frühere Aussehen der Häuser hinter dem Römer annähernd wiedergibt. Den mühsamen Kampf dahin beschreibt der einstige FFB-Vorsitzende Wolfgang Hübner, während die „Junge Freiheit“ einen aufschlußreichen Video-Bericht dazu liefert.


https://youtu.be/lIlLF3yX5ak

Die „Junge Freiheit“ zeigt in der orthographischen Gestalt ihrer Druckausgabe zugleich, wie viel einfacher es wäre, auch in der Rechtsschreibung das Altbewährte wiederherzustellen, das von den Ideologen und Fortschrittsfanatikern zerstört wurde.

Dazu bei Tichy von Thorsten Meyer:
Warum hassen Linke die neue Altstadt?
tichyseinblick.de 27.9.2018

... und von unserem wackeren Dankwart Guratzsch:
Ist Fachwerk faschistisch?
welt.de 23.4.2018



eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.09.2018 um 18.01

An den Lesestunden des Antikenexperten Peter Petersen, ehemals Lehrer für Griechisch und Latein an der Kieler Gelehrtenschule, nehmen meine Frau und ich möglichst regelmäßig teil. Am letzten Montag erlebten wir wieder eine kenntnisreiche, gut bebilderte und vergnügliche Interpretation von Senecas Epistula moralis 51: Reise nach BAIAE.

Darüberhinaus versorgt Herr Petersen seine Fangemeinde noch per E-Mail mit Literaturtips, wie diesem:

Polly Lohmann, Graffiti als Interaktionsform. Geritzte Inschriften in den Wohnhäusern Pompejis (Materiale Textkulturen Bd. 16, Schriftenreihe des Sonderforschungsbereichs 933), De Gruyter Berlin/Boston 2018 (Diss. München 2016), 486 Seiten, 119,95 €, ISBN 978-3-11-057036-6

Open access: Autorin und Verlag haben den grandiosen Titel gratis zum Download online gestellt:
https://www.degruyter.com/viewbooktoc/product/488442
Ich habe das Buch schon durchgesehen. Es ist (natürlich) in „Reformschreibung“ gehalten, wobei besonders am Anfang die Häufung hypertropher Großschreibung auffällt, z.B. hier als optischer Kategorienfehler, indem das unbestimmte Zählwort „andere“ wie die vorhergenannten Berufe großgeschrieben wird:
Auch einige der pompejanischen Graffiti nennen explizit servi und vernae als ihre Autoren, wie in Kapitel 8.2 zu sehen sein wird, ebenso wie verschiedene Berufsgruppen in den Texten auftauchen, die Lese- und Schreibkenntnisse zumindest in einzelnen Fällen für Weber, Walker, Parfümmacher, Gemmenschneider, Friseure, Ziseleure und Andere belegen.

Von 13 Graffiti im Peristyl der Casa degli Amorini dorati befinden sich elf an den Säulen und nur eine Inschrift an der Westwand. Diese ist, ebenfalls als Einzige [Bezug auf Inschrift!], in griechischen Buchstaben verfasst ...

Würde man den Graffiti als einer Art Wegweisern durch das Haus folgen, passierte man in den Fauces zwei Paar Stiefel, die als antike Graffitizeichnungen einzigartig sind; zwar gibt es, z. B. in Ephesos, vereinzelt Fußabdrücke im Boden, nicht jedoch an der Wand, so dass diese Stiefel eher als Ware in Verbindung mit der nebenstehenden Preisangabe von dreieinhalb Assen stehen.
Hier wurde es spannend: Würde die junge Doktorin für die Einzahl der römischen Münze die reformierte Assschreibung verwenden? Aber es kann Entwarnung gegeben werden:
Dafür machte eine Hedone im Atrium der Casa dell’Orso (VII 2,44–45) klar: „Hedone sagt: Für 1 As trinkt man hier. Wenn du einen Doppelten gibst, wirst du Besseres trinken; und vier, wenn du die gibst, so wirst du Falerner trinken“
Geschenkt, daß viele Wandkritzeleien als „aufwändig“ „platziert“ beschrieben werden. Unterhaltsam deftig sind dagegen die Inschriften der Lupanarien*:
Ohne Namen lassen sich Frauen grammatikalisch kaum im Material fassen, außer z. B. in dem prominenten Fall aus dem bereits mehrfach angeführten Bordell VII 12,18–20:„Hic ego fututa sum.
Das erinnert daran, daß Teil ihres Arbeitsgebietes „Gender Studies“ sein sollen, ohne die heute wohl keine Karriere zu machen ist.– Im Laufe der Jahrhunderte der Freilegung dieser antiken Stätten sind, wie Polly Lohmann nachweist, Unmengen alter Graffiti verwittert und verschwunden. Bei meinem letzten Besuch in Pompeji war auch ich entsetzt, wie wenig geschützt diese Zeichen antiken Lebens waren.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.09.2018 um 02.51

faz.net 6.9.2018 Im September 2008 kam Hans Puttnies nach Palmyra... Er filmte, was er sah und was damals noch jeder sehen konnte ...

Würde Puttnies heute wieder nach Palmyra fahren, fände er fast nichts mehr von dem wieder, was er vor zehn Jahren aufgenommen hat. Das Museum ist verwüstet, die Löwenstatue zerschlagen. Den Baalschamintempel und die Grabtürme haben Handlanger des „Islamischen Staats“ im August 2015 gesprengt, der Hadriansbogen folgte im Oktober.

Vom großen Baaltempel stehen nur noch die Außenmauern und der Torzugang der Cella. Der Tetrapylon an der Kreuzung der Kolonnaden mit der antiken Ost-West-Achse, der dem ersten Vernichtungsfuror entgangen war, wurde bei der zeitweiligen Rückeroberung Palmyras durch den IS im Frühjahr 2017 gesprengt. Die Ruinenstätte, seit 1980 Weltkulturerbe, ist praktisch planiert, der Anblick, den sie einmal bot, eine ferne Erinnerung.
................................................
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kino/video-filmkritiken/film-ueber-vom-is-zerstoerte-ruinenstadt-palmyra-15771317.html

[Nicht erwähnt:] Die Dschihadisten des IS haben in Palmyra den syrischen Archäologen Khaled Asaad ermordet. Der 82-Jährige hatte ein halbes Jahrhundert lang die Ruinenstadt erforscht... Seine Leiche soll seither an einer der römischen Säulen hängen, die er selbst restauriert hat. [Schuld:] Pflege der „Götzen“ von Palmyra. faz.net 19.8.2015


eingetragen von Sigmar Salzburg am 27.07.2018 um 05.54

»Ich wollt', ich wär' ein Huhn, ich hätt' nicht viel zu tun,
ich legte täglich nur ein Ei und sonntags auch mal zwei.«

Dieses Liedchen des „Meistersextetts, früher Comedian Harmonists“ von 1935 läßt einen neiderfüllt auch an Peter Bartels' Textproduktion denken. Der ehemalige BILD-Chef kann einfach nicht anders, und wo er seinen trivial geschulten Blick hinwendet, kommt ein satirisch-sarkastischer Text heraus, der sogar bei BILD verboten gewesen wäre. Diesmal über das Kulturereignis Bayreuth:

„EINSAM IN TRÜBEN TAGEN …“

Lohengrin grinst: Grüne Wachtel auf dem Grünen Hügel


26. Juli 2018

Thema "Lohengrin" und Merkel, passt wie Faust aufs Auge.

Von PETER BARTELS | Es ist mal wieder soweit – der Grüne Hügel in Bayreuth bebt. Alles, was sich für was hält, ächzt viereinhalb Stunden auf Wagners harten Stühlen. ‚Bitte vorher Pippi machen‘, fleht Horst Cronauer in BILD. Und: Handy aus, wer nicht sterben will …

Der inzwischen silberne Horst aus der Frankfurter Redaktion warnt jedes Jahr. Er kennt sich aus mit Richard: Bei Wagner darf man nur NACH den Akten klatschen. Nicht, wie bei Verdi die Itaker, mittendrin, weil grad einer so schön geträllert oder geknödelt hat. Klaro, Croni!!

Unter den Nickeseln ist alles, was sich noch Schminken läßt – sogar die ewige Désirée Nick (61) wirkt wie Tau … Gesundheitsminister/In Jens Spahn (38) mit schlaffer Damen-, Ehemann Daniel Funke (36) mit strammer Herren-Fliege, wie es sich halt auch bei spießigen Schwulen gehört … FDP-Chef Christian Lindner (39) extra mit neuer RTL-Franca (28); bei ihm reicht „die Nackenhaare schön“, bei ihr noch Kernseife … Und unser aller Peronje aus Schlesien, der Thomas Gottschalk (68) und seine allzeit tapfere Thea (72); ER die Haare Dreiwettertaft, SIE sogar mit – ungewollt (?) – AfD-blauer Strähne. Guckst Du, Bystron … sag’s dem Gauland, der Weidel!!

Und dann, natürlich, SIE!! Walküre. Klein aber Klotz. Grün? Mighty-Mint! Bis zum Täschchen, zu den Schühchen. Hach, wenn das Antonia¹ keine so fettigen, langen Zotteln hätte … dream couple!! Aber wer weiß?? So jedenfalls mußte Angela (64), die mächtigste Watschel-Wachtel der Welt, mal wieder mit ihrem Prinzgemahl, dem ewig säuerlichen Springer-Prof. Sauer (69), Vorlieb nehmen (Aufsichtsrats-Gehalt: 10.000 Euro! Jahr oder Monat? Eigentlich egal …). [...]

pi-news.net 26.7.2018

Orthogaphieanalyse – 778 Wörter: 2 dass; passt; traditionell: mußte, paßt, läßt; soweit; [Wagner-Zitat: daß, muß]
Der sächsische Komponist und Dichter wollte einst dem ewigen „heiligen Deutschland“ ein Denkmal setzen, wurde zeitweilig als „Führervorbild“ verfemt und hätte sich sicher nicht träumen lassen, daß nun die ewige Kanzlerin der „mehr oder weniger länger hier Lebenden“ routinemäßig zu seinen Weihespielen wallfahrtet.

¹) Anton Hofreiter?


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.05.2018 um 10.05

... von Kadmos will ich singen
Veranstaltung

Wann: 13 Januar 1991
Wo: Abguss-Sammlung Antiker Plastik Berlin - Berlin, Deutschland

Konzert im Rahmen des "Schauplatz Museum ´91". Alte Texte - Neue Musik.

Da auch die Musik des alten Griechenland bis auf wenige Fragmente verschollen ist, gab es in späteren Zeiten immer wieder Versuche von Komponisten, mit neuen musikalischen Mitteln den Geist der antiken Dichtung wiederherzustellen. Zur Aufführung kommen Werke von Eisler, Fortner, Hindemith, Kodaly, Ravel und Schoeck.
Gottfried Curio (Klavier)

Johanna Daneck (Sopran): geboren 1963, Mitwirkung bei zahlreichen Kirchenkonzerten.
Wilhelm Füchsel (Tenor): geboren 1937, seit 1969 im RIAS - Kirchenchor.

Näheres zu Gottfried Curio hier.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.01.2018 um 10.49

Dem Komponisten und Musikologen Moritz Eggert ist möglicherweise eine bedeutsame musikwissenschaftliche Entdeckung gelungen. Das erste Wort in Mozarts Ulk-Kanon „Difficile lectu mihi Mars“ sollte in heutiger philologischer, vermeintlich klassischer k-Lautung des lateinischen „c“ ausgesprochen werden. Dann ergäbe sich eine weitere Frivolität – auf bairisch:

„di fick i, le-leck du mi im oarsch (und) aiern, di fick i ...“
(frei nach nmz.de 8.9.15).
Ob Mozart das schon bekannt war, ist nicht bekannt. Die deutsche Wikipedia bringt darüber nichts, die englische aber einen ausführlichen Artikel (hier bei uns erwähnt), jedoch noch nicht auf diesem letzten Stand. Aber es werden die Umstände geschildert, denen das kleine Werk geschuldet ist:
A tale concerning how the canon was composed and first sung was offered by Gottfried Weber, a musicologist and editor of the early 19th century. In an 1824 issue of Caecilia, the journal he edited, Weber published a facsimile of the original manuscript of the canon (see figure above). In his commentary, Weber included the following.

"Die Geschichte aber ist folgende. Der sonst treffliche Peierl hatte einige wunderliche Eigenheiten der Wortausprache, über welche Mozart in freundlichem Umgange mit ihm und anderen Freunden, oft scherzte. Am einem Abende solchen fröhlichen Beisammenseins kam Mozarten der Einfall, ein Paar lateinische Wörter "Difficile lectu mihi" u.s.w. bei deren Absingen Peierls Aussprache in komischem Lichte hervortreten musste, zu einem Canon zu verarbeiten; und, in der Erwartung, dass dieser die Absicht nicht merken und in die Falle gehen werde, schrieb er gleich auf der Rückseite desselben Blattes den Spottkanon: O! du eselhafter Peierl! . Der Scherz gelang, und kaum waren jene wunderlichen lateinischen Worte aus Peierls Munde in der erwarteten komischen Weise zu allgemeinen Behagen gehört worden, so drehete Mozart das Blatt um, und liess nun die Gesellschaft, statt Applaus, den kanonischen Triumph- und Spottgesang anstimmen: O! du eselhafter Peierl!
Anm.: Peierl, Johann Nepomuk, bayr. Bariton/Tenor, 1761 – 1800.

Der Kanon selbst: https://youtu.be/sTRlabuB64s


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.01.2018 um 08.42

Kurz vor dem Ablauf des Jubiläumsjahres 2017 erinnerte die Neue Zürcher Zeitung an die Entdeckung des berühmten materialistischen Lehrgedichts des Lukrez (ca. 99-53 v. J.) – pikanterweise am zweiten Feiertag des christlichen Weihnachtsmärchens.

Die Wiedergeburt eines Atheisten
Sonne, Mond, die Erde: Alles ist zufällig entstanden, aus kleinsten Teilchen. Vor 600 Jahren wurde das bahnbrechende Gedicht «De rerum natura» von Lukrez wiederentdeckt – und gehörte schon bald zu den verbotenen Büchern.
Christoph Lüthy 26.12.2017, 14:26 Uhr

Lukrez zeigt auf die Atome, die im Sonnenlicht tanzen. Abbildung aus der Ausgabe von «De rerum natura» von Thomas Creech (Oxford, 1683). (Bild: PD)

Vor 600 Jahren, im Jahr 1417, entdeckte der Humanist und Manuskriptjäger Poggio Bracciolini in einem nicht namentlich bekannten Kloster in der weiteren Umgebung der damaligen Konzilstadt Konstanz ein ganz besonderes Manuskript. Seine Entdeckung war das verloren geglaubte Lehrgedicht «De rerum natura» («Von der Natur der Dinge») des römischen Dichters Titus Lucretius Carus. Bracciolini liess sich eine Abschrift anfertigen, die nach seiner Rückkehr nach Italien wiederum kopiert wurde. So verbreitete sich dieser antike Text zuerst in der Toskana und in Norditalien, bevor er erstmals in Brescia 1473 und danach mit zunehmender Häufigkeit auch anderswo gedruckt wurde.

Die Philologen reagierten auf den neuen Text zunächst mit Bewunderung, die Humanisten mit Neugierde, die Theologen mit Abscheu. Denn als Anhänger der Schule des griechischen Philosophen Epikur war es Lukrez daran gelegen, dem Leser Gemütsruhe zu schenken und die Furcht vor dem Tod zu nehmen. Diesen Gemütszustand versuchte er zu erzeugen, indem er die Existenz einer unsterblichen Seele wie auch einer strafenden Götterwelt bestritt. Diese doppelte Verneinung führte dazu, dass das Werk des Lukrez vor genau 500 Jahren, im Reformationsjahr 1517, durch die Synode von Florenz als Schullektüre verboten wurde. Die noch ungefestigte Schülerseele durfte diesem Text auf keinen Fall ausgesetzt werden...
nzz.ch 26.12.2018
Heute können wir beurteilen, wie weit die Atom-Hypothese des Demokrit (460-371 v. J.), der Lukrez folgte, dem Wissen der Zeit vorauseilte, nämlich 2200 Jahre. Um 1800 fand John Dalton den mathematisch-physikalischen Hinweis auf die tatsächliche atomare Struktur der Materie in der Proportionalität der Gewichte sich verbindender chemischer Elemente. Lukrez aber vermied den Begriff des „atomon“, des Unteilbaren, sondern sprach nur von „Samen“ – in Anbetracht der Entdeckungen seit 1900 eine weise Vorsicht. Insgesamt ist es erstaunlich, welche Phantasie Lukrez aufwendet, um aus geringen Vermutungen und faktischem Nichtwissen ein großes Lehrgedicht entstehen zu lassen. Den Zusammenhalt der Atome erklärt er, wie Demokrit, aus der Form der Teilchen. Man hätte damals schon auf elektrische Kräfte kommen können, die als Anziehung des geriebenen Bernsteins bekannt waren. So dichtet Lukrez (II/469, in Hexametern):
Scilicet esse globosa tamen, cum svalida constent,
provolvi simul ut possint et laeder sensus.
et quo mixta putes, magis aspera levibus esse
principiis, unde est Neptuni corpusacerbum.
est ratio secernendi seorsumque videndi,
umor dulcis ubi per terras crebrius idem
percolatur, ut foveam fluat ac mansuescat;
linquit enim superataetri primordia viri,
aspera quom magis in terris haerescere possint.
In der Übersetzung von Karl Büchner (Reclam 1973) nach der verbesserten Ausgabe Zürich 1956 liest sich das so:
Kugelig sind sie natürlich, obgleich sie struppig beschaffen,
so daß sie zugleich zu rollen imstand und die Sinne zu reizen.
Und damit du glaubst um so mehr, daß rauhe vermischt sind
glatten Atomen, woraus ist der bittere Körper des Meeres,
so gibt es Mittel und Weg es zu trennen und sehen gesondert,
wenn nämlich öfter durch Erde das süße Wasser geseiht wird,
gleiches, damit in die Grube es fließt und dort wird gefügig;
läßt es zurück oben die Körper abscheulicher Lauge,
während die rauhen mehr zu hängen vermögen im Boden.
Wir sehen, Lukrez versucht, seine Beobachtungen aus Schlammfang und Salzgewinnung mit seiner Atomtheorie in Einklang zu bringen. Leider hat der Bodensatz unserer Kultur, die kulturbanausischen Kultusminister, vierzig Jahre später ätzend eingewirkt, um dem „Rauhen“ sprachgeschichtswidrig und völlig nichtsnutzig sein „h“ zu nehmen – und Google unterkringelt „Rauhes“ volkserzieherisch schon dem, der es nicht ohne „h“ sucht.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.01.2018 um 05.51

Auf der Suche nach frühdeutscher Wissenschaftsprosa dachte ich sogleich an Dürer, fand aber vorerst nur eine Ansammlung moderner Reformgreuel. Die...

Wissenschaftliche Zeitschrift der Technischen Universität Dresden • (2006) Heft 1-2
450 Jahre SLUB [Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden]
... beginnt schon mit dem lächerlichsten und spießigsten Einfall der Reformkommission, der Spaltung des Wörtchens „sogenannt“, die renommierte Zeitungen schon lange nicht mehr verwenden (außer „Spektrum“):
Die Dresdner Dürerhandschrift: ein bedeutendes Dokument der Kunst-, Wissenschafts- und Sammlungsgeschichte

Zu den größten Schätzen der Handschriftensammlung der SLUB gehört seit 1768 ein Band, der Albrecht Dürers Reinschrift zu einer geplanten früheren Ausgabe des ersten Buches seiner „Lehre von menschlicher Proportion“ sowie das so genannte Dresdner Skizzenbuch mit zahlreichen Zeichnungen vor allem zur Proportionslehre enthält. Der Beitrag erläutert die Handschrift als Dokument der Entstehungsgeschichte der Dürer‘schen Proportionslehre anhand ausgewählter Seiten und referiert Hypothesen zu ihrer Überlieferungsgeschichte.
Der Apostroph zeugt vom krampfhaften Bemühen der Reformkommission, „Reformbedarf“ ausfindig zu machen. Der folgende Konsonantenkluster fehlte noch in unserer Sammlung der sss-Greuel und wurde nachgetragen.
Am 31. Oktober 1528, erst knapp sieben Monate nach DÜRERS Tod (6. April 1528), war der Druck des Lehrbuches durch HIERONYMUS FORMSCHNEIDER in Nürnberg „auff verlegung“ von DÜRERS Witwe vollendet, wie der Schlussschrift zu entnehmen ist. Ein faszinierendes Dokument für die Entstehungsgeschichte dieses epochalen Werkes der Kunstliteratur und zugleich ein interessantes Beispiel für die Überlieferung des DÜRER’schen Nachlasses ist die Dresdner Dürerhandschrift (Mscr. Dresd. R 147 f).

Es handelt sich um einen heute 228 Blatt starken, goldverzierten Kalbslederband mit den Maßen 30 cm x 21 cm. Der Buchblock besteht aus zwei Teilen von leicht unterschiedlichen Abmessungen:

1) DÜRERS eigenhändiger Reinschrift zum ersten der „Vier Bücher von menschlicher Proportion“ samt Illustrationen (88 Papierblätter – darunter ein Leerblatt – mit den Maßen 28 cm x 20 cm) [1, Bd. 3, S. 164 – 217] und

2) dem so genannten Dresdner Skizzenbuch (140 – davon 32 leere – Papierblätter mit den durchschnittlichen Maßen 29,4 cm x 20,5 cm) [2 bis 4].
Dagegen wird „um so“ nach unerforschlichem Reformerwillen zusammengezwungen, gefolgt von weiteren sss-Greueln:
Einige Pentimenti [Künstlerkorrekturen] bei den Umrisslinien an Brust, Bauch, Kreuz, Fuß und Hand der Seitenansicht sowie in der Hüftgegend der Vorderansicht lassen DÜRERS sorgfältig konstruierende Hand umso deutlicher spüren. Die Seitenansicht, deren horizontale Linien genau mit denen der nebenstehenden Vorderansicht korrespondieren, wurde im Druck 1528 auf eine eigene Seite gestellt, um mehr Platz für die senkrechten Messstrecken und die Beschriftung zur Verfügung zu haben. Dafür wurde die Rückansicht, die in der Dresdner Handschrift die Rückseite des Blattes (Bl. 86v) einnimmt, neben die Vorderansicht platziert....
Die Hauruck-Eindeutschung des frz. placer/plazieren wirkt hier deplaziert. Unerwartet genierlich für die Zeit sind im Original die dialektalen Verfeinerungen für die Drucklegung:
Manche von DÜRERS Bezeichnungen der für die Messung wesentlichen Punkte des Körpers wurden im Druck hochsprachlich geglättet: die „arspacken“ werden zum „hindern“ und das „schwenzle“ zum „gemecht“. ...
Und wieder macht sich das Ministerium für komische Wortspaltungen bemerkbar:
Das so genannte Dresdner Skizzenbuch enthält etwa 445 größtenteils eigenhändige, mitunter datierte und mit DÜRERS Monogramm bezeichnete, zuweilen von Notizen begleitete Federzeichnungen, von einer späteren Hand zusammengetragen und ansatzweise geordnet, teilweise auch aufgeklebt oder zusammenmontiert.
Gefühlt 85 Prozent der „Reform“ machen aber die neuen ss nach Heyse aus, darunter eben die greulichen Dreifach-s:
Die gegenüberstehende Studie eines Mannes mit ausgestrecktem Arm (Bild 2) [4, Nr. 87] bereitet eine Illustration zum zweiten Buch der Proportionslehre vor, worin DÜRER den menschlichen Körper nach dem von ALBERTI benutzten „Exempeda-Verfahren“ mit einem Messstab von einem Sechstel der Körpergröße misst.

slub.qucosa.de
Bis zu 85 Prozent der Deutschen lehnten einmal diese „Reform“ ab. Heute sieht sieht man, was Politiker und Medienmoguln mit Kindergeiselnahme, Dauerindoktrination und mit in ihren Amtssesseln festsitzenden „Arspacken“ erreichen können.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.07.2017 um 11.50

Am vergangenen Samstag konnte ich mit dem Kieler Kulturverein „Historische Landeshalle“ an einer Exkursion zu bedeutenden Kulturbauten auf der schleswig-holsteinischen Halbinsel Wagrien teilnehmen: Gut Hasselburg, Kloster Cismar und die Altenkremper Kirche. Es war zugleich eine Rückkehr zu Stätten meiner Jugend. Im Gebäude des Klosters Cismar bin ich von 1951-1955 zur Schule gegangen, und 1962 habe ich mit einer Kommilitonin im Rahmen des Architekturstudiums eine vollständige Bauaufnahme der Altenkremper Basilika gemacht.

Das Kloster Cismar war um 1200 als Außenstelle des Lübecker Klosters gegründet worden. Anlaß waren angeblich unsittliche Zustände unter den Mönchen und Nonnen in Lübeck. Zugleich sollte die Christianisierung der in Wagrien lebenden Slawen vorangetrieben werden. Der Chronist Helmold von Bosau (ca. 1120-1170) bezeichnete die Gegend als „spelunca latronum“, Räuberhöhle. Die Attraktivität des Klosters wurde gesteigert durch etliche Reliquien, die in einem Schrein aufbewahrt wurden, der heute als ältester Flügelaltar Deutschlands erhalten ist.

Nach der Reformation war Johannes Stricker ab 1561 Pastor in Cismar und übernahm 1575 das Pastorat seines Geburtsortes Grube dazu. Das Pastoratshaus von 1569 habe ich noch an seinem richtigen Standort erlebt (jetzt im Freilichtmuseum bei Kiel). Stricker mußte 1584 nach Lübeck fliehen, weil er den Lebenswandel des Adels angegriffen hatte. Eine Frucht dieser Auseinandersetzung wurde sein mittelniederdeutsches Bühnenstück „De düdesche Schlömer", der das bekannte Jedermann-Thema vorwegnimmt. Heute ist es ein Denkmal der niederdeutschen Sprachgeschichte. Auch der Name des Verlegers, Johann Balhorn, läßt aufhorchen.




Das Kloster Cismar wurde, säkularisiert, zur Hälfte mit eingezogenen Geschossen als Amtsgebäude verwendet, der Altar überlebte die Verwendung des Kirchenraums als Kuhstall. Nach dem Kriege wurden die Räume des zweiten Obergeschosses für den Schulunterricht des Gymnasiums Oldenburg genutzt. In die Mitte des Klosterhofs war als „Friedenseiche“ eine Kastanie gepflanzt worden, die ich noch als dürres Zweiglein in Erinnerung habe und die jetzt ein stattlicher Baum mit einem beträchtlichen Stammumfang ist.


Eigenes Werk von Gurkentee, CC BY-SA 2.0 de, commons.wikimedia
Cismar Kloster im Januar 2006

Etwa 20 km südwestlich von Cismar liegt der kleine Ort Altenkrempe. Er besteht heute nur aus wenigen Häusern und wird von der spätromanischen Kirche in rotem Backstein überragt. Sie ist eine Basilika mit einem massiven Turm, aber ohne Querschiff. Das Gebäude ist wohl kurz vor 1200 mit dem Chor begonnen worden, dessen Fenster mit ihren Spitzbögen schon den Übergang zur Gotik andeuten. Am Anschluß zum Langschiff befinden sich noch alte Fachwerkreste. Die paarigen Fenster lassen darauf schließen, daß von Anfang an eine Überdeckung mit Steingewölben geplant war.

Was mich bei der Bauaufnahme erstaunte war, daß die ursprüngliche Einmessung des Grundrisses eher nach Augenmaß erfolgt sein mußte, wie die Abweichungen der Säulenstellungen vom Schema ergaben. Das Gebäude ist fast noch im Urzustand erhalten. Die innere Ausstattung aus späterer Zeit wurde schon bei der ersten Renovierung um 1900 entfernt.



Holger.Ellgaard - Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0
Basilika Altenkrempe


eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.05.2017 um 07.48

Claudio Monteverdi

Am 15. Mai 1567 wurde Claudio Monteverdi in Cremona getauft. Er kam bald in die Lehre des dortigen Dommusikers Marc'Antonio Ingenieri und veröffentlichte bereits mit 15 Jahren sein erstes Madrigalbuch. 1590 wechselte er an den Hof der Gonzaga in Mantua. Dort führte er 1607 die erste vollgültige Oper auf, die zugleich den urmusikalischsten Mythos, Orpheus, zum Inhalt hatte. Seine Musik verwendete die neuartige Monodie, nichtregelhafte Dissonanzen, und er schuf den »stilo concitato«, der die Affekte der Texte in Musik umzusetzten suchte.

300 Jahre lang war Monteverdis Musik im Konzertleben nicht präsent und schließlich nur bruchstückhaft in spätromantischer Wiedergabe. Wikipedia unterschlägt, daß Paul Hindemith 1954 einer der ersten war, die eine Wiedergabe im Originalklang anstrebten. Das war mir Vorbild, obwohl ich seitdem noch einiges mehr über die alten Instrumente erkundet habe.

Wenn heute soviel davon die Rede ist, daß Europa ohne die EU in nationalistische Kleinstaaterei zerfallen würde, dann muß daran erinnert werden, daß die Kultur auch vor vierhundert Jahren schon lange gesamteuropäisch war. Michael Praetorius hatte in Wolfenbüttel bis 1619 die damaligen Partituren Monteverdis studiert und schrieb, daß »Sonderlich jetziger zeit / da die Music ſo hoch gestiegen / das faſt nicht zu gleuben / dieſelbe nunmehr höher werde kommen können ... « und daß »ſonderlich in Italia / auß derma­ſſen viel
Musikaliſche Compoſitiones vnnd Geſänge / ſo gar vff ein andere Art / Manier vnd Weiſe / alß vor der zeit / auffgeſetzet / vnd mit jhren applicationibus an Tag kommen vnd zum Truck verfertiget ſein vnd noch werden ...«

Auf einer Italienreise 1981 mit meiner späteren Ehefrau ließ ich im Auto eine Kassette mit einem Sammelsurium alter Musik laufen. Gänzlich vergessen hatte ich, daß ich am Schluß einige Stücke aus dem „Orfeo" aufgenommen hatte, um den Chitarrone-Part für die nächste Aufführung zu üben. Als wir uns den Toren Mantuas näherten, setzte überraschend die Eingangsfanfare der Gonzaga aus dem „Orfeo" ein. Es kam mir vor wie ein Fingerzeig der alten griechischen Götter.




Siehe auch »Zefiro torna


eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.04.2017 um 08.08

Vor sechzig Jahren hielt in der Aula unseres Gymnasiums der Lehrer unserer Parallelklasse einen Vortrag anläßlich des vierzigsten Todestages von Max Reger (1873-1916). Damals, erinnerte er sich, habe sein Vater ihn an die Hand genommen und gesagt: „Heute ist der größte Komponist Deutschlands gestorben.“ (Kann man sich vorstellen, daß heute Eltern ihrem Nachwuchs einen größten lebenden deutschen Komponisten nennen könnten?) Die Neue Musik-Zeitung berichtete zum hundertsten Todestag im letzten Jahr:

Auf dem schwierigen Weg, Max Reger zu verstehen – Kurzfestival zum Gedenkjahr in Mainz

... In seinem Einführungsvortrag zeichnete Birger Petersen, Professor für Musiktheorie an der Hochschule für Musik, ein lebendiges Porträt des Komponisten, ließ aber die Frage nach seiner Bedeutung für Musikgeschichte und Konzertleben offen. Deutlich wurde Regers exzessiver Lebensstil: Arbeitswut, Selbstdarstellungsdrang und die starke Bindung vor allem an die Orgel, der je nach Lebensphase unterschiedlich starke Missbrauch von Alkohol, Nikotin und wohl auch Morphium, die extreme Dünnhäutigkeit und die zur Schau getragene Raubeinigkeit, der vorzeitige Tod mit 43 Jahren – eigentlich passt diese Biographie zu einem heutigen Rockstar, nicht zu einem „seriösen“ Klassiker...
Unter den frühen Komponisten herrschte eine gewisse gegenseitige Ideen-Raub-Einigkeit und es war durchaus ehrenvoll, ein Thema eines Kollegen aufzugreifen. So beklaute Telemann ohne Bedenken seinen Freund Händel. Allerdings konnte dieser auch recht rauhbeinig sein. In seiner Hamburger Zeit focht er in einem Streit mit dem Degen gegen Johann Mattheson, und nur ein metallener Rockknopf rettete sein Leben.
Regers schlichter A-capella-Chorsatz op. 138 Nr. 1 „Der Mensch lebt und bestehet nur eine kurze Zeit“ aus den „Acht Geistlichen Gesängen für gemischten Chor“ ging direkt über in das düstere Requiem op. 144 b „Seele, vergiß sie nicht, vergiss nicht die Toten“ für Gesangssolo, Chor und Orchester auf einen Text von Friedrich Hebbel...
Seit 1903 hatte jedoch Richard Strauss für verbesserte Urheberrechte gekämpft und sogleich einen arglos strauss-variierenden Komponisten verklagt. Reger konnte also nur auf ältere Werke zurückgreifen und war daher gezwungen, die berühmten Mozart-Variationen zu komponieren:
Zwischen die beiden Chorwerke op. 144 hatte das Programm achsensymmetrisch die „Mozart“-Variationen op. 132 platziert, deren Anlage (mit einer in den Wiedereinsatz des Themas mündenden Fuge) Benjamin Britten als Modell für seine Purcell-Variationen „The Young Person's Guide to the Orchestra“ gedient haben dürfte.
nmz - neue musikzeitung-25.11.2016
Max Reger. Variationen und Fuge in A-Dur über ein Thema von Mozart Op. 132. (Böhm)
https://youtu.be/-mVQxR9Ll9U
...mit der großen Fuge ab Min. 24.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.02.2017 um 13.48

Die Erinnerung an den Dresdener Feuersturm des 13. Februar 1945 ist den Regierenden ein Dorn im Auge, weil viele Bürger das wenige materiell und ideell Gerettete für sich bewahren wollen – obwohl „Dresden keine unschuldige Stadt“ war (OB Hilbert).

Das konnte man nun gut durch die Schnapsidee eines syrisch-deutschen Künstlers karikieren, eine mit aufrechtstehenden schrottreifen Bussen errichtete Barrikade „zum Schutz der Bürger“ aus Aleppo nachzubauen. Da irgendwie „gegen Rechts“ gerichtet, kam der nötige „fünfstellige“ Betrag schnell zusammen.

Es stellte sich heraus, daß die originale Barrikade ein Werk der terroristischen Ahrar-Milizen war, denen der junge Künstler wohl nicht allzu fern steht. Er hatte zunächst in Damaskus studiert und war dann, wie viele, dem syrischen Wehrdienst entflohen und hatte seine Kunstübungen in Dresden fortgesetzt.

Eins seiner Objekte stellt den arabische Schriftzug „al kaed“, „der Führer“ dar, genauer wohl
القائد „al qa’id“, was allerdings nur Europäer an „al Qa’ida“ erinnert:

The Leader ( Al Kaed ) relief in arabic calligraphy.
„During my school days in Syria one of our daily duties was to greet the eternal leader. After that we ware aloud to enter classes.“
In einem anderen „Kunstwerk“, einem fiktiven Kartenwerk „What if“, stellt er sich die Kolonisierung Europas von der osmanischen Welt aus vor:
„Die entstandenen Kampfkarten, Verzeichnen den lauf der Truppen und dessen verschiedenen Verbänden so wie wichtige Militärische Ziele. Die neu Eroberten Städte werden Teils umbenannt oder übersetzt. Lädiglich ein Par Große Städte dürfen ihren Namen behalten.“
Das kann bei den hiesigen Deutschlandabschaffern nur Begeisterung hervorrufen.

Nachtrag: Imad Karim hat dem „Busskünstler“ direkt geschrieben.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 25.12.2016 um 14.26

Heute morgen tönten über den Dächern von Kiel von allen Seiten Kirchenglocken. Das sollte unter Kultur- und Denkmalschutz gestellt werden, auch wenn es fundamentalistischen Atheisten und Islamisten nicht gefällt. Seit dem Mittelalter erhielten die europäischen Kirchen große Glockengeläute. Berühmt war das Geläut zu Speyer, das auch den Komponisten Ludwig Senfl (1490-1543) zu einem tonmalerischen sechsstimmigen Satz anregte.



Der Text dazu lautete in der damaligen (ss-reformfreien) Rechtschreibung:

Das Geläut zu Speyer

[Primus discantus] Nun kumbt hierher all und helft mir einmal, in diesem Saal, wem’s Läuten g’fall’ und siecht an bald, treibt wenig G’schall, Gling, glang... Nit irret mich, sunst hör’ auf ich. Flux fu der dich. Gling, glang... Ich mag nicht läuten lang. Gling, glang... Bitt’ ich mir sag’, was ist für Tag, daß man so läut’. Gling, glang... Solch’s G’läut macht mich betör’n, ich mag mich selbst nit hörn. Schau’ eben auf, zeuch gleich mit auf. Gling, glang... Nun läut’ zam in Gottes Nam. Wer kommen will, darf G’läuts nit viel, mag hertreten ungebeten zue der Metten.

[Secundus discantus] Gling, glang... Laßt mehr angeh’n, da müeßt ihr zue mir herstehn, Gling, glang... Mit unsern Glocken laßt zammenlocken, ziecht unerschrocken. Gling, glang... Wiewohl zwar Andacht bloß Gott’sdienst ist groß geet über ’s G’läut’ am Kirchtag heut’. Gling, glang... Die Schuler kommen schon, Glocken brummen habt viel Singens, gilt Anbringens, so Pfarrer aufsteht, gen Opfer geht.

[Altus] Kumbt her all, kumbt her, und helft mir, Meßner. Ziecht an, ziecht an, wehr mag und kann. Zue dem Fest, tue das Best’. Drumb ich bitt’, spar euch nit. Jedermann soll hergon. Laßt aufgahn, nicht klagt’ an, noch nicht fliecht, ziecht an, ziecht, streckt die Arm’, macht euch warm. Gling, glang... So Hans und Paul, ziecht seid nit faul. Wie schnauft ihr mit dem Maul? Gling, glang... Nit ziecht so schnell, so klingt’s baß hell. So fein greift drein. Gling, glang, mar mir maun, bum... Nun läut’ zammen in Gott’s Namen, Wer will kummen, hat’s vernummen. An dem Fest heut’ hab’ wir lang g’läut. Mur maun.

[Tenor] Mur, maun... Nun kumbt, ihr Knaben all, greift an und läut’ einmal, daß Glockschall’. Mar mir mur maun... Streck’ an, streck’ an, was ein jeder mit der Macht kann. Mar mer mur maun, gling, glang... Seht zue mit und klenkt mit. Mur maun, gling glang... So läut’ guet Ding, daß’s tapfer kling’, Maus, her an Ring, das Opfer bring’, weil man das Amt singt. Mar mer mur maun.

[Tenor secundus] Mir, mur, maun... Ziecht an, lieben gesellen, die mit mir läuten wöllen. Mir, mur, maun, Nu zue diesem Fest tuet allsambt das Best’, nehmt hin Strick’ und Seil, zeicht an resch, mit Eil’. Mur maun... So tuet zammsteh’n, last’s wohl aufgeh’n, daß so viel zwen. Gling glang... Jan’s auch anfang’s. Jetzt klingt’s wohl und geht ganz recht. So, so mein Knecht. Mur maun... Hui, nun läut’ zusamm in Gottes Nam’. Wer kumbt, der kumbt, Hans, tue dich munter umb, daß Glock’ entbrumm und schau’ mit zue, daß’s Seil nit brechen tue. Mur maun...

[Bassus] Mur, maun, mur, maun, mur, maun, bom, mur, maun, bom; mur, maun, bom, mur, maun, bom, mur, maun, bom, mur; maun, bom, mur, maun, bom, mur, maun, bom, mur, maun; bom ...

[Auch witzig, hier ( https://youtu.be/sZshuUWcqfE ) in pantomimischer Darstellung.]

Allen ein besinnliches Weihnachtsfest!


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.09.2016 um 06.03

Im Wahlgetümmel ging ein Beitrag Michael Klonovskys etwas unter. Er untersucht in seinen „Acta diurna“ vom 4. September 2016 noch einmal ausführlich die Stichhaltigkeit der peinlichen Eisenacher Veranstaltung „Luther, Bach – und die Juden“.

Bach wäre bekanntlich lieber Hofkapellmeister geblieben, hat dann aber pflichtgetreu sein Amt als Thomaskantor ausgeübt. Dazu gehörte auch die Vertonung biblischer Texte, die sich weder Bach noch Luther ausgedacht hatten, sondern die um 100 n.Chr. die religiöse Rechthaberei zwischen dem authentischen Judentum und der christlichen Ablegersekte widerspiegeln. Fast zweitausend Jahre später ist die Nach-68er-Generation darauf dressiert, in jedem Kunstwerk ur-nazistische Giftstoffe zu erschnüffeln. Aber nicht alle der angeblich so Begünstigten sind damit glücklich. Klonovsky zitiert einen Ungenannten:

Und Leser ***, Musikwissenschaftler und Jude, nimmt vor allem auf einen Artikel in der Welt Bezug, der unter der Überschrift „Warum Bach ein Antisemit war“ mit Julius-Streicher-Charme loslärmt: „Wenn das Reformationsjubiläum beginnt, sollen die braunen Ecken ausgefegt sein. Bach ist nun auch bearbeitet. Die Eisenacher Ausstellung 'Bach, Luther – und die Juden' überführt ihn als Antijudaisten.“ Worauf *** repliziert: „Irgendwie erinnert mich dieser Säuberungszwang sowie die Erfolgsmeldung des Autors an einen anderen Text: ‚Die Reinigung unseres Kultur- und damit auch unseres Musiklebens von allen jüdischen Elementen ist erfolgt.’ (Theo Stengel und Herbert Gerigk, Lexikon der Juden in der Musik, Berlin 1940, S. 5).“

Der Welt-Text verdient aufgrund seiner Wesensverwandtschaft mit dem, was er zu bekämpfen vorgibt, etwas mehr Raum.

Klonovsky, hier 4.9.2016 + welt.de 25.6.2016
Welch eine Absurdität: 1724 wird Bachs Johannispassion uraufgeführt, 200 Jahre später erwirbt Hitler billigen braunen Uniformstoff für seine SA, 292 Jahre später sehen Forscher und Feuilletonisten „braune Flecken“ auf Bachs Werk – Geisterseherei, wie sie leibt und lebt!


eingetragen von Sigmar Salzburg am 22.08.2016 um 09.32

Islamistische Terroristen hatten Weltkulturerbestätten in Timbuktu zerstört. Der Internationale Strafgerichtshof wirft dem Verantwortlichen deshalb Kriegsverbrechen vor...

Der Islamist Ahmad al-Faqi al-Mahdi soll 2012 die Zerstörung von neun Mausoleen und eines Teils der Sidi-Yahia-Moschee in der Wüstenstadt im Norden Malis angeordnet haben. Die Anklage des Internationalen Strafgerichtshofes wirft ihm Kriegsverbrechen vor.

Laut Staatsanwaltschaft wurde al-Mahdi als Experte für islamisches Recht und damit als Sittenwächter von der islamistischen Rebellengruppe Ansar Dine eingesetzt. Nach deren äußerst strenger Auslegung des Koran ist die Anbetung Heiliger wie an den Mausoleen von Timbuktu verboten.

Zu Beginn des Prozesses hat sich der Angehörige des Tuareg-Volkes schuldig bekannt. Er lege sein Schuldbekenntnis mit "tiefem Bedauern und in großem Schmerz" ab, sagte al-Mahdi in Den Haag.
zeit.de 22.8. 2016

Es ist ein Kulturverbrechen wie die Rechtschreib„reform“. Ein Kriegsverbrechen wird es erst dadurch, daß die Zerstörung mit Waffengewalt unter Ausnutzung der Machtlosigkeit der Bevölkerung geschah (letzteres wie in Schleswig-Holstein 1999). Immerhin hat sich der Urheber schuldig bekannt. Darauf können wir, abgesehen von Zehetmair, bei den gewesenen Kultusministern und Ministerpräsidenten lange warten.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.08.2016 um 06.57

Das Opernhaus in Sydney ist mehr als drei Milliarden Euro wert - aber die Akustik war stets zum Weghören. Das soll sich jetzt ändern.

"Das Äußere ist ikonisch, aber was in dem Gebäude passiert, erweckt es zum Leben", sagte die Geschäftsführerin des Opernhauses, Louise Herron. Insbesondere die Konzerthalle mit 2600 Plätzen soll modernisiert werden: "Das ist keine schlechte Halle, aber es gibt viele Eigenschaften, die verbessert werden könnten." Das gilt vor allem für die schlechte Akustik, die immer wieder kritisiert wurde. Auch der Orchestergraben gilt schon seit der Eröffnung des Hauses 1973 als viel zu klein...

Überhaupt weist der Bau des Opernhauses erstaunliche Parallelen zu den Skandalen um die Elbphilharmonie in Hamburg auf. Auch in Sydney stiegen die Baukosten in astronomische Höhen - von sieben Millionen Australischen Dollar auf 121 Millionen. Der dänische Architekt Jørn Utzon verließ nach jahrelangen Kämpfen und Intrigen das Land, ohne dass klar war, wie die gewagte Dachkonstruktion gebaut werden sollte....

Heute zählt das Opernhaus in Sydney zum Weltkulturerbe und wird jedes Jahr von mehr als acht Millionen Menschen besucht.

spiegel.de 11.8.2016

Die Elbphilharmonie brachte allerdings nur eine Verdreifachung der Kosten, wohingegen das Opernhaus das 17fache der Anschlagssumme verschlang. Das wird nur übertroffen von der Rechtschreib„reform“, die ja von einer kostenneutralen Durchsetzung ausging. Dafür wird sie auch nie Weltkulturerbe werden, denn sie hat im Gegensatz zum Operhaus auch ästhetisch nichts zu bieten.

Die bühnentechnischen und akustischen Mängel des Opernhauses hatte uns anhand der Pläne aber schon 1964 der 84jährige Prof. für Bühnentechnik, Friedrich Kranich, in seiner letzten Vorlesung vorausgesagt. Er hatte jahrzehntelang als Nachfolger seines Vaters auch das Festspielhaus in Bayreuth betreut. Nach 52 Jahren hat man nun in Sydney daraus Konsequenzen gezogen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.03.2016 um 21.38

Harnoncourt: Aufregend von Bach bis Strauß ...

Am Wochenende ist der Dirigent Nikolaus Harnoncourt im Alter von 86 Jahren gestorben. Wie wohl kein anderer hat er das Stilempfinden und die Hörgewohnheiten der Klassikfreunde entscheidend mitgeprägt, sie mit scharf geschnittenen Klängen jenseits des romantischen Schönheitsideals seit den 60er-Jahren wachgerüttelt.

Ohne Harnoncourt hätten wir einen großen Teil des barocken und vorbarocken Repertoires nicht kennengelernt, oder nicht in jener Qualität lieben und schätzen gelernt. Dass er seine Erkenntnisse in Sachen Originalklang bald auch auf die Wiener Klassik und zuletzt sogar auf die Musik der frühen Moderne anwandte, hat viele irritiert. Harnoncourt hat zudem nie davon abgelassen, auch seine Interpretationen immer wieder zu hinterfragen, neu zu definieren. So klang die Musik unter seiner Leitung jedesmal ein bisschen anders.

diepresse.com 7.3.2016

Allerdings habe ich mich nie mit seinem tänzerischen Tempo für das erste Ritornell im „Orfeo“ anfreunden können. Es sollte einen nachdenklich-feierlichen Charakter haben. Auch die Original-Partitur deutet kein Alla breve an.

NB: Google News registriert noch 37700mal das von den Kulturbanausenministern verbotene „jedesmal“. Heute gibt es dazu eine Anmerkung von Th. Ickler.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.02.2016 um 13.30

Die Società Dante Alighieri – Deutsch-Italienische Gesellschaft Kiel
veranstaltete am vergangenen Freitag in der Landesbibliothek einen Vortrag mit dem Titel


„Das Leben der Lady Hamilton im Königreich Neapel zwischen 1786 und 1800“.

Vortragender war der Altsprachler und Kunsthistoriker Peter Petersen. Selten habe ich einen kenntnisreicheren und kurzweiligeren Vortrag gehört als diesen. P. Petersen schrieb dazu:

Der Vortrag wird sich in erster Linie auf ihre Zeit in Neapel als Lebensgefährtin und spätere Ehefrau des englischen Gesandten und Gelehrten Lord Hamilton und als Geliebte von Lord Nelson beschränken. Dabei werden nicht nur das Leben dieser ungewöhnlichen Frau an der Seite von Lord Hamilton oder ihre berühmt gewordenen Begegnungen zum Beispiel mit Mozart, Goethe oder der Herzogin Anna Amalia von Sachsen Weimar-Eisenach in den Blick genommen, sondern es soll auch ihre herausragende gesellschaftliche Rolle in der Oberschicht und im Königshaus von Neapel oder ihr europaweites Wirken als anerkannte Attitüden-Darstellerin und Sängerin illustriert werden...
Aus dem Begleitheft:
Goethe am 14. und 15. März 1787
Besuch im Hause Hamilton in Caserta während einer „Abendgesellschaft“, einer sog. „conversazione“ über „Hamiltons Schöne“:

Der Ritter Hamilton, der noch immer als englischer Gesandter hier lebt, hat nun, nach so langer Kunstliebhaberei, nach so langem Naturstudium, den Gipfel aller Natur- und Kunstfreude in einem schönen Mädchen gefunden... Er hat sie bei sich, eine Engländerin von etwa 20 Jahren. Sie ist sehr schön und wohl gebaut.

Der Maler Tischbein beschreibt sie folgendermaßen:
„… Eine außerordentliche Schönheit, die man selden siehet und die einzige, die ich in meinem Leben gesehen habe.

Der sittenstrenge Herder nannte sie nur kurz in einem Brief an seine immer eifersüchtige Frau:
H[amiltons] Hure
Aus Goethe, Italienische Reise II, 18. März 1787:
»Er hat ihr ein griechisches Gewand machen lassen, das sie trefflich kleidet; dazu löst sie ihre Haare auf, nimmt ein paar Schals und macht eine Abwechslung von Stellungen, Gebärden, Mienen usw., daß man zuletzt wirklich meint, man träume. Man schaut, was so viele tausend Künstler gerne geleistet hätten, hier ganz fertig, in Bewegung und überraschender Abwechslung. Stehend, kniend, sitzend, liegend, ernst, traurig, neckisch, ausschweifend, bußfertig, drohend, ängstlich usw. Eins folgt aufs andere und aus dem andren. Sie weiß zu jedem Ausdruck die Falten des Schleiers zu wählen, zu wechseln und macht sich hundert Arten von Kopfputz mit denselben Tüchern. Der alte Ritter hält das Licht dazu und hat mit ganzer Seele sich diesem Gegenstand ergeben. Er findet in ihr alle Antiken, alle schönen Profile der sizilianischen Münzen, ja den belvederischen Apoll selbst ...«
Diese „Attitüden“, die vom Maler Friedrich Rehberg festgehalten und später als „Umrissstichserie“ herausgegeben wurden, fanden in ganz Europa Verbreitung. Auch die neapolitanische Villa Lord Hamiltons wurde kopiert – in Wörlitz durch den Herzog Leopold III. Franz, einschließlich der Nachbildung des Vesuvs in Miniaturausgabe.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 24.08.2015 um 09.28

IS-Terroristen sprengen Baalschamin-Tempel in Palmyra
Die Terrororganisation "Islamischer Staat" hat einen der bedeutendsten antiken Tempel des Nahen Ostens zerstört. Der Baalschamin-Tempel von Palmyra wurde vor 1900 Jahren errichtet, nun haben die Dschihadisten ihn gesprengt.
spiegel.de 24.8.2015

… und unsere kulturbanausischen Kulturpolitiker haben unser seit 600 Jahren bestehendes Schluß-ß-System gesprengt – wie sich doch beschränkte Geister gleichen.

Nachtrag: Nicolaus Fest drängen sich ähnliche Gedanken auf:
Im Grunde erleben wir auch hier seit Jahren täglich die Kultursprengungen von Palmyra. Nur heißen sie hier Rechtschreibreform, Einheitsschule, Bologna oder frühkindliche Sexualerziehung. Und die Täter sitzen in der Schulbürokratie und bei der GEW.
nicolaus-fest.de 25.8.2015



eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.06.2015 um 10.34

Am letzten Wochenende hatte ich die Gelegenheit, in der Nähe von Eckernförde Gut Ludwigsburg zu besichtigen.


Quelle: Website Ludwigsburg

Das Gut wurde im 14. Jahrhundert durch die Familie Sehestedt begründet, die dort einen Wirtschaftshof und eine kleine Wasserburg errichten ließ. Der ursprüngliche Name war Kohøved (Kuhhof). Das Anwesen wechselte vielfach den Besitzer, bis es 1729 durch Graf Friedrich Ludwig von Dehn erworben wurde, der 1740 das heutige Herrenhaus errichten ließ. 1762 wurde er vom dänischen König zum Statthalter in Schleswig-Holstein ernannt. Nach seinem Tod 1771 folgten wieder verschiedene adlige Besitzer, bis es 1950 von der Familie Claus gekauft wurde, die es mit viel Liebe und Mühe restaurierte.

Eine besondere Kostbarkeit in diesem Gebäude ist die sogenannte „Bunte Kammer“, ein Raum, der mit 145 Emblem-Bildern vertäfelt ist, die Sinnsprüche, in verschiedenen Sprachen, und Lebensweisheiten darstellen. In dieser Vollständigkeit ist diese Sammlung in Europa einzigartig.


Quelle: Website Ludwigsburg

Embleme waren im Barockzeitalter Kristallisationspunkte, an denen die gebildete Gesprächskultur ihre Themen finden konnte. Sie waren seit etwa 1500 durch Emblem-Bücher, von Italien ausgehend, über ganz Europa verbreitet und wurden vielfach in Bildern und Büchern verwendet.

Auf Gut Ludwigsburg gilt der Leitspruch: „Omnia vincit Amor“, so daß der kleine, nackte Liebesgott die Hauptfigur der meisten Bilder ist. Das Bild zum Spruch stellt den kindlichen Gott, mit Pfeil und Bogen bewaffnet, auf einem Löwen reitend dar. Es ist die Versinnbildlichung des Verses aus der XI. Ekloge des Ovid: „Omnia vincit Amor et nos cedamus amori“ ... „Die Liebe besieget alles, so wollen auch wir uns der Liebe fügen.“

Etwas deftiger ist die Darstellung eines deutschen Reimsprichworts „Drey gefährliche W“ (Drei W gar bringen uns viel Pein: die Weiber, Würfel und der Wein!): Eine nackte Frau hält in der einen Hand ein Weinglas, zeigt mit der anderen auf die Würfel auf dem Tisch, während im Hintergrund der Alkoven wartet.

Amor führt eine Dame an der Hand: „Nessuna amata e brutta“ ( keine Geliebte ist häßlich); Bedeutung: Liebe macht blind.

Lokaler Bezug wird deutlich, wo über der Darstellung des Schlosses Gottorf drei verschlungene Kränze – Ölzweig, Lorbeer und Eichenlaub – schweben, als Symbole für Kunst, Weisheit und Tapferkeit im Dienst des Vaterlandes. Die Überschrift besagt: „Diese Cronen wil ich haben, oder müß man mich begraben“.

In der Mittagspause wurde uns, von der Goethe-Gesellschaft arrangiert, ein Spargelessen serviert, zu dem die bekannte Autorin Jutta Kürtz einen Vortrag „Goethe und der Spargel“ oder so ähnlich hielt. Nachmittags ging es dann nach St. Marien in Waabs, eine einst zum Gut gehörige, um 1400 erbaute Kirche, die ich aber schon kannte, weil dort Musikerkollegen eine Woche vorher alte Lautenlieder vorgetragen hatten.


http://www.gut-ludwigsburg.de
https://de.wikipedia.org/wiki/Gut_Ludwigsburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.06.2015 um 06.00



Die Rekonstruktion historischer Kulturdenkmäler in den deutschen Städten, die im Krieg und in der Nachkriegszeit, sogar noch in der Nachwendezeit zerstört wurden, sind wir unserer Identität schuldig. Die Russen haben ihr Bernsteinzimmer wiederhergestellt, die Polen ihr Warschau und unser Danzig, die Iraker sollten ihre vom IS zerstörten antiken Bauten wiederherstellen, die Afghanen ihre Buddhafiguren und die Deutschen ihre Rechtschreibung. Man lasse sich nicht abschrecken durch die albernen Behauptungen, es würde ein „Disneyland“ aufgebaut. Wenn es danach ginge, dann dürfte man auch keine klassische Musik mehr aufführen, denn auch sie existiert nur in Bauplänen – den oft unvollkommenen alten Partituren.

Der Krieg hat die Wünsche radikaler Revoluzzer wie Le Corbusier erfüllt, der die alten Stadtzentren sprengen lassen wollte, um seine Wohnmaschinen wie gelandete Raumschiffe in die planierten Flächen zu setzen. Der Komponist Pierre Boulez wünschte das gleiche für die Opernhäuser. Zur Rekonstruktion des Frankfurter Römers tönte der Architekturkritiker Manfred Sack, „es gebe immer noch Architekten, die sich für derlei hergeben.“ Inzwischen möchte wohl kein Frankfurter darauf verzichten.

Zum Berliner Stadtschloß hat sich jetzt die wohl „schlimmste Tröte“ (Matthias Matussek) zu Wort gemeldet, der Spiegelschreiber Georg Diez. Seine „angespitzte These“ ist diesmal:


„Das Berliner Stadtschloss wird ästhetisch und ökonomisch eine Katastrophe. Sein Bau ist genauso mut- und planlos wie die Politik der Bundeskanzlerin. Deshalb ist der historistische Klotz das perfekte Symbol der Merkel-Jahre.“

Der Krampf, das Schloß unbedingt mit Frau Merkel in Verbindung zu bringen, ist ähnlich bemüht, wie vor einiger Zeit der Versuch eines anderen Spiegel-Denkers, Frau Käßmann mit einer Porno-Tussie zusammenzubringen. Diez beschwört ein „demokratisches Fiasko“, obwohl es (im Gegensatz zur Rechtschreib„reform“) ordnungsgemäß diskutiert und beschlossen wurde. Sonst besteht sein Pamphlet aus ausgesuchten Wörtern, die wohl seine Fähigkeiten als Sprachkünstler erweisen sollen:

Der graue Grobian, das plumpe, gewalttätige Stadtschloss, ein Anschlag auf die Sinne, ein ästhetisches Verbrechen. ein Akt der Demütigung, der Auslöschung, des Exorzismus, das kalte Herz des Historismus, reaktionären Denken, das traurige Pathos, eine Art Disney-Preußen, Petrifizierung einer einst offenen Stadt, Staub und Lügen, Heimlichtuer-Lobbyismus, dünkelhaftes Hobby, absurdes Theater mitten im Merkel-Land, Merkel macht einfach, was sie macht, es ist eine Politik der Tautologien.

„Tautologien“ mag Diez besonders gerne, er bringt das Wort gleich noch einmal völlig sinnfrei:

Tautologien, wie gesagt, el-Sisi, G7, Grexit: Es sollen im späteren Humboldtforum im Stadtschloss ... die Straßensperren für den ägyptischen Diktator nachgestellt werden ... die Hinrichtung seines Vorgängers Mursi.

Beim Nachlesen der Geschichte stößt man erstaunt auf einen Ausspruch des zweiten Zerstörers des Schlosses, Walter Ulbricht (n. Wikipedia):

Beispielhaft war die Antwort, die Ulbricht einem protestierenden SED-Genossen erteilte. Dessen „Stellungnahme“ sei ihm „bereits aus Westberliner Zeitungen bekannt“, er empfehle ihm, „eine Protestbewegung gegen jene zu organisieren, die das Schloss durch ihren Bombenterror zerstört haben“ und kündigte an, dass „architektonisch wichtige Partien im Innern des Schlosses, soweit sie den amerikanischen Bombenterror überstanden haben“, in ein Museum überführt werden.

Seine ebenso unberufenen NachfolgerInnen krähen heute dagegen „Harris, do it again!“


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.06.2015 um 07.51

Kürzlich schlug mir Helke Salzburg (meine 1. Frau) in einer handschriftlichen Notiz ein Wiedersehen nach langer Zeit vor: „Wenn es Dir paßt, wäre mir ein Treffen am Samstag am liebsten.“ Das hat nun stattgefunden. Dabei stellte sie mir ihr letztes Projekt vor, das ihr am meisten am Herzen liegt, aber das sie nun aus gesundheitlichen Gründen in andere Hände geben muß. Ich zitiere aus dem Faltblatt:


„Kloster-Boppard“ von Robert Holz - Eigenes Werk. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons

DenkmalMIT!
ist eine Initiative zur Rettung, Sanierung und Nutzung
der ehemaligen Benediktinerinnen-Abtei Marienberg
in Boppard im Rheintal


Zur aktuellen Situation

Die ehemalige Abtei Marienberg, um 1120 von Bopparder Bürgern gestiftet und nach einer Brandkatastrophe im Barockstil wieder errichtet, befindet sich heute in privatem Besitz. Als größtes Baudenkmal im Rhein-Hunsrück-Kreis krönt sie die Altstadt von Boppard im UNESCO Welterbe Oberes Mittelrheintal. Hinter dem Gebäudekomplex zieht sich der Klosterpark, ebenfalls als Welterbe-Garten gelistet und Station einer Kette dieser berühmten alten Parks, zum Hunsrück hinauf.

Man sollte erwarten, dass die Pflicht zur Erhaltung dieser Anlage und eine ihrer Würde entsprechende Nutzung unserem kulturellen Erbe gegenüber außer Zweifel ständen. Das Gegenteil ist der Fall: Nicht nur der fortschreitende und eventuell mit dem Mangel an Geld zu rechtfertigende Verfall der Bausubstanz macht dies deutlich, sondern vor allem der unglaubliche Zustand von Verwüstung und mutwilliger Zerstörung! Mit wenig Aufwand hätte er sich verhindern lassen, wenn man dem auch in diesem Winter wieder zu erwartenden Vandalismus Einhalt gebieten würde.

Aber weder die derzeitigen Eigentümer noch die kommunale Aufsicht kümmern sich um die verheerenden Folgen, und es bleibt einzig dem Engagement der Bürgerschaft überlassen, selbst die Initiative zu ergreifen, wie es z.B. die Parkpflege-Aktion zeigt, oder wegen des Umfangs der zu bewältigenden Aufgabe nach geeigneten Partnern zu suchen, allerdings auch nicht ohne vorher den eigenen Kopf anzustrengen, wie es die hier vorgestellte Initiative „DenkmalMIT!“ versucht...

In der jüngsten Vergangenheit haben zum Schaden der Abtei Marienberg die Eigentümer mehrmals gewechselt, ohne dass diese auch nur das Mindeste für die Erhaltung des Gebäudes getan haben. Dies musste mitsamt den jeweils entstandenen Kosten von der kommunalen Denkmalpflege übernommen werden. Außerdem hatte es zur Folge, dass die Bürgerschaft wegen der immer wieder enttäuschten Hoffnungen auf eine Wiederbelebung das Interesse an dem Objekt weitgehend verloren hat. Leider wurden seitens der Stadt immer wieder Investoren akzeptiert, die eine Wohnanlage, gleich welcher Art, auf dem Marienberg zu bauen versprachen, obwohl seit 20 Jahren bekannt ist, dass eine solche Nutzung weder genügend Kaufinteressenten zu überzeugen, noch die vom Denkmalschutz geforderten Auflagen zu erfüllen vermag. Die Mißerfolge reichen inzwischen von dem vergeblichen Antrag auf Abriss bis zu einem enormen Werteverfall durch eine Versteigerung im Schleuderpreis weit unter dem Verkehrswert, so dass der Gebäudekomplex heute nur noch einen symbolischen Kaufpreis rechtfertigt...

Es mag zunächst befremdlich erscheinen, ohne Auftrag eines Eigentümers ein Nutzungskonzept für ein Gebäude zu erarbeiten. Jedoch zwingt die Situation der Marienberger Abtei – wenn man sich denn überhaupt zu ihrer Erhaltung entschlossen hat – zu diesem Vorgehen. So arbeitet die Initiatorin von DenkmalMIT!, eine im „Un“ruhestand lebende und seit 40 Jahren im Kulturmanagement aktive Architektin, seit fast einem Jahr ausschließlich an ihrem nachhaltigen und sich selbst tragenden Konzept für dieses Projekt...

Kontakt: Initiative DenkmalMIT!
c/o Helke Salzburg, Bergweilerweg 2, 54513 Wittlich


eingetragen von Sigmar Salzburg am 15.05.2015 um 13.45

Kunst des Gedichts

Am 8. und 9. Mai 2015 fanden in Eckernförde die Wilhelm Lehmann Tage statt. Meine Frau hat daran teilgenommen und sogar noch ehemalige Schüler Lehmanns kennengelernt. Da Lehmann heute wenig bekannt ist, zitiere ich aus der Schrift der Wihelm-Lehmann-Gesellschaft, „Merlinszeit“ (Wallstein Verlag 2010):

Uwe Pörksen
Wilhelm Lehmann braucht ein Haus in Eckernförde


Unter den überragenden Dichtern, die Schleswig Holstein im 19. und 20. Jahrhundert hervorgebracht hat, ist ein Name wenig präsent. Friedrich Hebbel hat sein Haus in Wesselburen, Theodor Storm in Husum – an der Ostseeküste gegenüber ist eine Stelle unbesetzt. Ich meine natürlich Wilhelm Lehmann. Lehmann verdient ein Haus in Eckernförde, zumindest ein paar Räume im schönen Städtischen Museum, er hat alles Recht auf einen sichtbaren Platz im öffentlichen Raum. Dieser Sohn eines Lübeckers und einer Hamburgerin, der am 4. Mai 1882 in Puerto Cabello, Venezuela, geboren wurde und in Hamburg aufgewachsen ist, in Tübingen, Straßburg, Berlin und Kiel studierte, an verschiedenen Landerziehungsheimen unterrichtete, in den ersten Weltkrieg eingezogen wurde und sich ihm durch ›Fahnenflucht‹ entzog, hat dann fünfundvierzig Jahre in Eckernförde gelebt, von 1923 bis zu seinem Tod am 17. November 1968. In dieser Zeit entstand das dauerhafte poetische Werk. Es ist nicht weniger mit Eckernförde und seiner Umgebung verbunden als Storm mit Husum, die Brüder Mann mit Lübeck, Ernst Barlach mit Ratzeburg, Hebbel mit Dithmarschen. Das Gesetz der Literatur, das Werke von Weltgeltung auf lokalem Grund stehen, hat sich auch in seinem Fall bewahrheitet...

Auf die folgende Fülle der Hinweise auf Leben und Werk des Dichters kann hier nicht eingegangen werden. Die Beiträge sind zumeist in der bewährten Rechtschreibung gehalten. Gegen Ende des Büchleins zitiert Klaus Johann aus Wilhelm Lehmanns brieflicher Schilderung einer Ehrung:

… Zum Abschluß möchte ich noch einmal Lehmann zitieren, und zwar seine Schilderung der Feierlichkeiten aus Anlaß seines 75. Geburtstages am 4. und 6. Mai 1957 in Eckernförde bzw. Düsseldorf (bei einer Tagung der Deutschen Akademie für Dichtung und Sprache); darüber schreibt er am 23. Mai 1957 »bei so scheußlichem ›Frühlingswetter‹, daß es einen ganz elend macht« an Schwedhelm:

»Im übrigen verlief es von der kleinen, modellischen (gewissermaßen für Größeres) Feier der Stadt E[ckernförde]. hier bis zur größeren in D[üsseldorf]. höchst schicklich. (Reden des Bürgermeisters,« – das war damals Werner Schmidt – »der ›natürlich‹ mein Schüler gewesen ist, dazu einer, fortunately, mit dem ich durchaus keinen Krach gehabt, er aber mit anderen ›Paukern‹; des noch nicht lang amtierenden Kultusministers« – das war Edo Osterloh – »: Bauernsohn, gegen den Willen des Vaters Theologe, acht Kinder (!), lieh sich vorher vom Oberstudiendirektor« – gemeint ist Heinz Bruns – »einige meiner Schriften und zog sich zur Begründung des Verdienstkreuzumhängens mit einigen Passagen über ›Dienst an der Sprache‹, ›Elite der Hochgebildeten‹ nicht übel aus der Affäre « ...


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.12.2014 um 14.15

»Sei uns willkommen, Herre Christ«
Das älteste deutsche Weihnachtslied


25. Dezember 2014, 04:30 |... von Redaktion (josch) [ traditionelle Rechtschreibung]

... Das Singen von Weihnachtsliedern ist eine Tradition, die sich eng mit dem Weihnachtsfest verbindet. Dabei muß man unter dem, was dazu ertönt, unterscheiden zwischen Adventsliedern, die nur von der nahenden Ankunft des Gottessohnes kündigen, wie »Wachet auf, ruft uns die Stimme« und »Macht hoch die Tür, die Tor macht weit«, den wirklichen Weihnachtsliedern und säkularen Winterliedern wie »Leise rieselt der Schnee«, »O Tannenbaum« oder »Schneeflöckchen, Weißröckchen«.

Immer wieder ist eine Frage, was ist eigentlich das älteste überlieferte deutschsprachige Weihnachtslied? Dabei soll es sich um das heute weniger angestimmte »Sei uns willkommen, Herre Christ« handeln. Ursprünglich war es eine Leise, so bezeichnet man mittelalterliche Kirchenlieder, die auf Kyrieleis, Kyrio-leis, Kirleis, später auch auf Kyrieleison enden.

Die Melodie läßt sich in heutiger Zeit erstmals aus einem Aachener Fragment aus dem 14. Jahrhundert nachweisen. Vermutlich stammt es aus dem 11. Jahrhundert... Es wird zugleich Aachener Schöffenlied bezeichnet, weil es die Schöffen, die ehrbaren, an der allgemeinen Gerichtsbarkeit beteiligten Bürger der Stadt traditionell vom Chorgestühl des Aachener Münsters zur Christmette anstimmten.

Die Bedeutung dieses Liedes hat nachgelassen, auch wenn es als erstes Weihnachtslied bezeichnet wird. Stand es bei den Katholiken noch im Gesangbuch Gotteslob in der Fassung von 1975, ergänzt um eine zweite Strophe aus dem Jahr 1970, verschwand es doch mit der 2013 eingeführten Neufassung völlig ...

Mehr dazu unter youtube.com

Sei uns willkommen, Herre Christ, der du unser alle Herre bist,
Sei willkommen, lieber Herre, hier auf der Erde recht mit Ehren.
Kyrieeleis.


freiewelt.net 25.12.2014

Das Lied „Sei uns willkommen Herre Christ“ (3-stimmig Erfurt 1394) stand schon vor fünfzig Jahren auf dem Programm unserer Weihnachtsmusiken auf alten Instrumenten, daneben auch „Maria zarrt“ aus dem ältesten deutschen Notendruck von 1512, verfaßt vom blinden Organisten und Lautenisten Arnolt Schlick. In der Vahrenwalder Kirche in Hannover flüsterte mir die Organistin zu: „Wir dürfen hier aber eigentlich keine Marienverehrung betreiben!“ – Nun, heute sind selbst Lieder zur Mohammed-Verehrung in Kirchen nicht mehr undenkbar.

Siehe auch Theo Grunden: Teuflisches im Gotteslob


eingetragen von Sigmar Salzburg am 20.11.2014 um 10.13

Kürzlich veranstaltete die Kieler Goethe-Gesellschaft eine Exkursion nach Winsen an der Luhe, dem Geburtsort des letzten Goethe-Begleiters Johann Peter Eckermann. Dabei hatte ich die Gelegenheit, einen Abstecher in den kleinen Ort Bardowick zu unternehmen. Bardowick war im 12. Jahrhundert eine bedeutende Stadt und besitzt daher einen kunsthistorisch bemerkenswerten Dom.





Fotos wikipedia

Das Taufbecken stammt aus dem Jahr 1367, der aus Eiche geschnitzte Flügelaltar ist von 1430. Handgeschnitztes Chorgestühl von 1487 ist noch vorhanden. Das Geläut besteht aus drei Glocken, zwischen 1200 und 1250 hergestellt, und einem Zweiergeläut, um 1325 von einem Meister Ulricus gefertigt.

Für mich ist der Dom von Bardowick auch deswegen von Interesse, weil in meiner Vorfahrenliste ein Anton Heshus aufgeführt ist, der um 1581 dort Kanonikus gewesen sein soll. Natürlich war nicht zu erwarten, daß noch irgendwelche Spuren auf ihn weisen würden. Dennoch fand ich in der Literatur ein Buch aus dem Jahr 1704, das sogar im Internet zugänglich ist:


Chronicon
oder
Beschreibung
der Stadt und des Stiffts
Bardewick/
...
Aus untrüglichen Archiven /alten und neuen
bewehrten Scribenten/ nebst andern glaubwürdi-
gen Uhrkunden / und eigener Erfahrung
zusammen getragen
Von
Christian Schlöpken
der Bardewickischen Stiffts-Schulen
Rectore
-----------------
LUBECK
In Verlegung des Autoris,
Anno 1704


Geneigter Leser!
Wie das hohe Alter unsers Bardewicks/und dessen
ehemahls fürtrefflich blühender Zustand / bey
männiglichen jederzeit in sonderbarem Beruff ge-
wesen; so hat es auch an gelehrten Männern nicht
gefehlet / die es für eine beschreibens-würdige
Materie geschätzet. ... Es ist aber kein Zweiffel/wenn diesen berühmten Män-
nern die bißhero in hiesigen und anderen Archiven und Bibliothe
cken verborgen gelegene Uhrkunden und Documenta zu Händen
gekommen wären/ daß sie/nach ihrer fürtrefflichen Geschickligkeit/
die Beschreibung unsers Bardewicks viel ansehnlicher und grösser
würden gemacht haben/an statt sie bey so gestalten Sachen gnug-
sam in ihren Schrifften zu erkennen geben müssen/daß es ihnen
an genauerer Nachricht gefehlet / insonderheit was die Historie
hiesigen Stiffts betrifft / von dessen Ursprung und Zustand / vor-
und nach der Verstörung / sie nicht mehr als einige wenige Nah-
men einiger Stiffts-Personen in Erfahrung bringen / und folglich
nichts ausführliches davon schreiben können.

(Bemerkenswert das seit 500 Jahren übliche „insonderheit“, das durch unsere 16 Kulturbanausenminister seit 1996 als „falsch" diskriminiert wird.)

Ab Seite 355 wird die Einführung der Reformation in Bardowick beschrieben, die es einem der Canonici erleichterte, mein Vorfahr zu werden. Und auf Seite 429 fand ich ihn dann, allerdings verstarb (obiit) er schon 1577:


III.
Seniores Capituli Bardovicenses, die sich ausdrücklich also/
wie auch zum Theil Vice-Decanos genannt / weil sie in
absentia Decani dessen Stelle vertreten.
...
M. Arnoldus Bulle ob. 1548
Theodericus Düsterhop ob. 1575
Antonius Hesehusen ob. 1577


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.11.2014 um 22.54



Noch zur Hamburger Ausstellung: Der Windgott Zephyros ist auf dem pompejanischen Wandbild als stattlicher junger Mann dargestellt, der sich der schlafenden Chloris vom Himmel herab nähert. 1400 Jahre später sind die beiden auf dem Bild „Primavera“ von Botticelli zu finden. Zephyr ist dort ein eher faunenhafter Luftgott, der die Nymphe verfolgt, um sie zu seiner Frau zu machen. Bei Ovid sagt sie dazu, sie sei zur lateinischen Flora geworden. Vielleicht hat Botticelli tatsächlich dieselbe noch einmal daneben als blumenübersäte Frühlingsgöttin abbilden wollen. Die Renaissance hat nun, ohne es zu wissen, in der Darstellung der Frauen eine Leichtigkeit gewonnen, die die Antike übertroffen hat.

Nochmals 150 Jahre weiter ist die Freude über die Rückkehr des lauen Frühlingswinds von Claudio Monteverdi vollendet in Musik gesetzt worden: „Zefiro¹ torna“, nach einem Sonett von Rinuccini: Man hört den Wind und sanfte Wellen, und wie er murmelnd im Laub die Blumen zum Tanzen bringt, die Lieder von Chloris und Phyllis, ihr Echo in den Bergen und den Tiefen der Täler und Grotten. Am Schluß bleibt dem Dichter eine unerfüllte Sehnsucht, die ihn bald leiden, bald singen läßt. Das Stück ist ein Zwiegesang über einem zweitaktigen Ostinato, eine Chaconne. Die Interpreten dieser Aufnahme sind Nuria Rial und der Contratenor Philippe Jaroussky, sowie ein Instrumentalensemble, das auch die Versübergänge ritornellartig ausfüllt.

(Eine näher am Notentext orientierte, weniger ausgeschmückte Interpretation ist diese.)


¹) Zephyros = „Zefiro“ in der von Konrad Duden bewunderten einfachen italienischen Schreibweise, die die kulturbanausischen Kultusminister nie hinkriegen werden.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.11.2014 um 08.14

In Hamburg läuft bis zum 11. Januar 2015 im Bucerius Kunst Forum die Ausstellung „Pompeji. Götter, Mythen, Menschen“. Gezeigt werden vor allem originale Wandfresken, die einst bis zum Ausbruch des Vesuvs die Villen und Wohnhäuser der römischen Kleinstadt schmückten.

Am Wochenende konnte ich die Ausstellung mit den Kieler Freunden der Antike unter der sachkundigen Führung von Peter Petersen besichtigen. Die Fresken sind Ende des 19. Jahrhunderts aus den Wänden herausgesägt worden und daher auch in ihren Farben erhalten geblieben. Die hier gezeigten stammen aus der größten Villa, der sogenannten Casa del Citarista, die L. Popidius Secundus, einem Freigelassenen, gehörte. Er selbst besaß noch kein Bürgerrecht, sondern erwarb es indirekt, indem er seinen sechsjährigen Sohn in den Stadtrat aufnehmen ließ.

Das Bucerius Kunstforum wirbt für die Ausstellung mit dem Bild eines geflügelten jungen Mannes, der von zwei Eroten begleitet wird. Er stellt den Frühlingswind Zephyr dar, der sich hier der schlafenden Chloris oder Flora vom Himmel herab nähert. Eine ebenfalls vollkommene Bronzefigur ist das Standbild des Apoll fast in Lebensgröße, die der Villa ihren Namen gegeben hat. Er hat vermutlich in der linken Hand eine Kithara gehalten, während in der rechten ein massives Plektrum zum Anschlagen der Saiten erkennbar ist. Zum Luxus gehörten auch (nicht erhaltene) Bücher, die sogar im Eßraum oder im Bad bereitgehalten wurden.

Das Lesen war auch Thema der folgenden Sitzung der Antikenfreunde. Hier ging es um entsprechende Texte von Augustinus und Seneca. In „De Tranquillitate Animi“ rügt Seneca, daß manche Neureiche ihre Bücher nur zur Dekoration ihrer Eßzimmer benutzen und mahnt, daß man nur soviel Bücher besitzen solle, wie man auch lesen kann. Die Erwähnung der Bibliothek von Alexandria (9,5) erinnert daran, daß nur ein kleiner Teil der antiken Literatur die Machtergreifung des Christentums überlebt hat.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.10.2014 um 05.03

Der Schreibrat Eichinger erwähnt in seinem DLF-Interview als einzige Regel der „Reform“ die „neuen“ ss/ß nach Heyse, und er macht sie so klein und unauffällig, wie es ihm sprachlich nur möglich ist. Tatsächlich sind sie aber der Kulturbruch, das Gift, das alle neu sein wollenden Texte durchzieht und untrüglich erkennbar macht, daß der Schreiber oder Bearbeiter sich dem Diktat der sechzehn KMK-Ochlokraten unterwerfen will. Man muß sich vergegenwärtigen, daß das traditionelle Schluß-ß schon vor 400 Jahren eine mindesten 250jährige Tradition hatte. Als Beispiel sollen hier zwei Ausschnitte aus der Vorrede des Komponisten und Musiktheoretikers Michael Praetorius zu seinem „Syntagma Musicum“(II) aus dem Jahre 1619 folgen:


DEnen Ehrenvesten / Groß- vnnd Hoch-
achtbarn / Hoch- vnd Wolgelarten /Hoch- vnd wolweiſen/
auch Führnemen / Herren Bürgermeiſtern vnd gan-
tzen Raht der Stadt
Leipzig


(fol.3v)
Daß aber im Judenthumb die
Inſtrumenta nicht eigentlich beschrieben; iſt vielleicht die vrſach / weil dieſelbige den Jüden allen bekand geweſen vnd vnnötig von bekanten dingen viel zu ſchreiben: Vber das auch / daß Sie dahero Inſtrumenta, welche ſie bey Verrichtung des wahren Gotteßdienſtes im Tempel dem Ewigen unnd Allmechtigen GOtt zu Ehren / den abergleubiſchen Heyden zu jhrem Götzendienſt vnd Mißbrauch nit haben gönnen vnd Communiciren wollen / damit nicht die Perlen für die Säwe / wie man ſagt geworffen würden...

(fol.4v)
In
Palæſtina, Asia minore vnd Graecia ſind keine Veſtigia mehr verhanden jrgend alter Instrument: Denn es hat Mahometh zur fortpflanzung ſeines Tyrannischen Regiments / Teuffelischen Sect vñ groben vnmenschlichen Barbarey nicht alleine die freyen Künste ſo zur freundlichkeit / ſondern auch alles was zur frölichkeit dienlich / alß Wein vnnd Seytenspiel in seinem gantzen Lande verbotten / vnnd an deren ſtadt eine Teuffels Glocke vnnd Rumpelfaß mit einer ſchnarrenden vnd kikakenden Schalmeyen verordnet / welche annoch bey den Türcken in hohen Wert vnnd ſo wol auff Hochzeiten vnnd Frewdenfesten / alß im Kriege gebrauchet werden. Denn wenn des Türckiſchen Käyſers / oder anderer groſſer Herrn Kinder ſolten Beſchnitten werden / wird ein ſolcher Proceß angestellet.

Erſtlich reiten zween Türcken vorher / einer mit der Heertrummel / der ander mit einer Schalmeyen / darauff folgen etliche wollaußgeſtaffierete Reuter / vnd nach dieſen wieder zween Spielleute den erſten gleich. Nach diesem führet man einen Ochsen mit vergüldeten Hörnern vnd wollriechendem Laub vmbhenget / welchen eine groſſe anzahl Reuter folget. Darauff Spielleut vnd wieder ein Ochse / dem Ersten gleich. Diesem folgen etliche vorneme Herren vnd Reuter / dann ein hauffen wolgeputzter Janitscharn zu Fuß / vnter welchen des Herrn Sohn / ſo beſchnitten werden ſol. Diesem folgen zu letzt viel Spielleut mit Trummeln vnd Schalmeyen biß zur Kirche.

Wenn auch ein Chriſt zum Mammelucken vnd Türcken worden vnd ſich beſchneiden laſſen / ſetzet man jhn auff ein ſchön Pferd/ führet jhn durch die ganze Stadt mit Schalmeyen vnd Trummeln. Dieſe Lumpen-
Muſic wird noch heutiges Tages bey den Türcken in hohem Wert geachtet/ vnſere aber dagegen zum euſſersten verachtet. Denn wie einßmals Francisco I. König in Franckreich / dem Türckiſchen Bluthunde Solymanno Anno Chriſti 1520. der Türckiſchen Hegyræ aber 926. in ſein Tyranniſch Regiment getretten / ein groß vnd ſtatlich Inſtrumentum Muſicum, daran etliche Männer mit verwunderung der Türcken genung zu tragen gehabt / ſampt etzlichen auſſerleſenen in der Muſica wolgeübten Künſtlern vnd Muſicanten zur ſonderlichen Verehrung überſchicket hatte/ iſt es im anfang zwar dem Türckiſchen Käyſer lieb vnd angenehm geweſen. Alß aber bald hernach zu Conſtantinopel das Volk in hauffen zu lieff/ ſolche außländiſche / liebliche Muſicanten zu hören / vnd ſonderliche luſt vnd liebe zu dieſer Kunſt gewan / beſorgete ſich der Türckiſche Käyſer / es möchten die Seinen jhre grobe Barbarey hiedurch ablegen vñ freundlicher/ oder ſeinem vorgeben nach / Weich vnd Weibiſch werden: Ließ derowegen ſolch herrlich Inſtrument zerbrechen / vnnd mit Fewr verbrennen vnnd ſchickete dem Franzoſen ſeine Muſicanten wieder zu Hauſſe.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.08.2014 um 10.25

Nachdem hier vom Edlen in der Musik die Rede war, ein Blick in die Jauchegrube. Der Arschfick-Rapper Bushido wird von seinem Konkurrenten und ehemaligen Kumpel Kay One angegriffen (neudeutsch „gedisst“):

„Ihr Beleidigt meine Eltern weiter aufs übelste. Ich kann das so nicht mehr. Ich hab euch gewarnt... du fetter Bastard warte ab. Ich werde eure Bärte anzünden...“
focus.de 10.8.2014

Immerhin schreibt Kay One, sicher eher zufällig, die Steigerungsform traditionell. Das Bushido-Deutsch hat Eran Yardeni in einen größeren Zusammenhang gestellt:

„Halt die Fresse, fick die Presse, Kay du Bastard bist jetzt vogelfrei / du wirst in Berlin in deinen Arsch gefickt wie Wowereit.“ Dass eine Sprache, die Stefan Zweig, Thomas Mann und Heinrich Heine ein Zuhause war, so entstellt, missbraucht und misshandelt werden kann, hat weniger mit Bushido als mit der Art und Weise zu tun, wie Sprachen auf soziopolitische Entwicklungen bzw. Fehlentwicklungen reagieren.

Angesichts des Kulturverfalls wird wohl in wenigen Jahrzehnten ein deutscher Schriftsteller, bevor er Selbstmord begeht, ein Buch veröffentlichen: „Die Welt von Vorgestern“. Zufällig kam ich wieder an die Stelle in Stefan Zweigs „Welt von Gestern“:

„In kaum einer Stadt Europas war nun der Drang zum Kulturellen so leidenschaftlich wie in Wien. [...] Innen sprachen die alten Paläste des Hofs und des Adels versteinerte Geschichte; hier bei den Lichnowskys hatte Beethoven gespielt, hier bei den Esterházys war Haydn zu Gast gewesen, da in der alten Universität war Haydns ›Schöpfung‹ zum erstenmal erklungen, die Hofburg hatte Generationen von Kaisern, Schönbrunn Napoleon gesehen, im Stefansdom hatten die vereinigten Fürsten der Christenheit im Dankgebet für die Errettung vor den Türken gekniet, die Universität hatte unzählige der Leuchten der Wissenschaft in ihren Mauern gesehen... Es war wundervoll hier zu leben, in dieser Stadt, die gastfrei alles Fremde aufnahm ...
gutenberg.spiegel.de

Nun hat sich Europa übernommen mit der gastfreien Aufnahme von Abkömmlingen aus den Gebieten des einstigen Osmanischen Reiches, und in Wien darf kaum noch an das Jahr 1683 erinnert werden. Schon wollen weitere Millionen die frei werdenden Räume besiedeln. Wie seit langem bekannt, schrumpft die europäische Urbevölkerung bei einer Geburtenrate von 1,3 pro Elternpaar mit jeder Generation um ein Drittel. Die Kultur auch.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 27.07.2014 um 10.57

Man bearbeitet jetzt die riesigen Bestände früherer Funde in den westlichen Museen. Zwei neue Übersetzungen alter Keilschrifttafeln sind darunter bemerkenswert:

Angelika Franz schreibt im Spiegel-Blog über die Mathematik der Babylonier:


Ohne Frage, die Babylonier waren hervorragende Astronomen. Die Mathematik, dacht[e] man bisher, diente ihnen dabei lediglich als Hilfswissenschaft - als Nutztier für die höheren Sphären der Astronomie. Neue Erkenntnisse zeigen, es könnte ihnen auch einfach Spaß bereitet haben... Darauf lassen zumindest die Fragmente von zwei neu übersetzten Tontafeln aus dem Bestand des British Museums in London schließen. In der aktuellen Ausgabe des Journal of Cuneiform Studies stellt Mathieu Ossendrijver, Professor für Wissenschaftsgeschichte der Antike an der Berliner Humboldt-Universität, die Zahlenzaubereien aus der spätbabylonischen Zeit (450 bis 200 v. Chr.) vor...

Schon der erste dieser beiden Rechentürme ist beeindruckend: Er beginnt mit jener Zahl, die im Dezimalsystem 946 entspricht. Doch richtig virtuos wird es in der zweiten Tabelle. Deren Ausgan[g]szahl würden wir im Dezimalsystem als 911 mal 1239 darstellen: eine Zahl mit 30 Stellen. "Das macht sie zur längsten bekannten Zahl, die jemals in Keilschrift notiert wurde", schreibt Ossendrijver. Nur warum ein Babylonier sich hinsetzte und die ellenlange Zahl immer wieder dividierte, wird schwer herauszufinden sein...

Der Aufruf von Bel und Beltiya [Herr, Herrin] am Anfang der Berechnungen spricht dafür, dass auch der Verfasser dieser Matheaufgabe im Dienste [des Gottes] Marduks stand. Wo genau die Tafeln gefunden wurden, lässt sich auch nicht mehr nachvollziehen. Sie stammen aus der so_genannten Babylon-Sammlung des British Museum, die weltweit grösste und wichtigste Sammlung für spätbabylonische Astronomie und Mathematik.
spiegel.de 27.7.2014

Die “Welt” schrieb kürzlich von der Entdeckung einer Vorform des Adam- und Eva-Mythos, die 800 Jahre älter als die Bibel ist. Auch dies stammt von einer Tontafel, die bereits 1929 gefunden wurde:

Wie die Alttestamentlerin Marjo Korpel und der Altorientalist Johannes de Moor von der Protestantischen Theologischen Universität Amsterdam in ihrem neuen Buch "Adam, Eve and the Devil" berichten, wurde die Erzählung in der nordsyrischen Hafenstadt Ugarit aufgezeichnet. Dieser reiche Stadtstaat wurde um 1200 v. Chr. von Invasoren, möglicherweise den sogenannten Seevölkern*, vernichtet. In den Ruinen entdeckten Archäologen um 1928 zahlreiche Schrifttafeln. In einer semitischen Sprache geschrieben, markieren sie den Übergang von der Silbenschrift zur Alphabetschrift, aus der dann das Phönizische und später noch das Griechische [nur das Alphabet!] hervorgehen sollten...

Zahlreiche Texte aus Ugarit enthalten Mythen und sagenhafte Erzählungen, die von Korpel und de Moor neu übersetzt und erstmals im Zusammenhang interpretiert wurden. Dabei stießen die Forscher auf einen Text aus dem 13. Jahrhundert, in dem ein Gott mit einem bösen Widersacher kämpft.

El soll die Menschheit retten

Der gute Schöpfergott El lebt mit seiner Frau Asherah in einem paradiesischen Garten. Ungemach kommt mit dem bösen Gott Horon, der vom Berg der Götter verbannt wurde und auf Rache sinnt. Dafür verwandelt er den Baum des Lebens, der in Els Garten steht, in einen Baum des Todes und verhüllt die Welt mit giftigem Nebel. Als El das Leben auf der Erde erneuern will, stellt sich ihm Horon in Form einer großen Schlange in den Weg. Ihr Biss nimmt El die Unsterblichkeit. Indem El aber mit seiner "guten Frau" Nachkommen zeugt, überwindet er den Fluch und gewinnt eine Art von Unsterblichkeit zurück. El alias Adam war in dieser Urversion also zunächst eine Gottheit. "In dieser Urversion trägt auch Eva keinerlei Schuld", erklärt Marjo Korpel.
welt.de 20.5.2014

El ist der Name des altsemitischen Gottes, der auch in Allah erkennbar ist. Seine Gattin Aschera ist aus der Bibel dadurch bekannt, daß ihre Verehrung verboten und fortan die Vernichtung ihrer Heiligtümer eifrig betrieben wurde.

Als Gott seiner Ehefrau müde geworden war, tat er, was Männer heute in der gleichen Situation auch tun würden: Er nahm sich einen Anwalt. Der Anwalt hieß Hosea und er lebte im 8. Jahrhundert vor Christus in Israel, dem nördlichen der beiden hebräischen Königreiche. Der Scheidebrief, den Hosea im Namen seines mächtigen Mandanten ausstellte, ist in den Prophetenbüchern der Bibel überliefert: "Sprecht das Urteil über eure Mutter. Sie sei nicht mein Weib und ich will sie nicht haben [... eine Hure]" übersetzte Luther die entsprechende Stelle (Hosea 2,4).
welt.de 23.12.2012

Es handelt sich also um eine sexistische „Gottesreform“, die in bestem Deutsch der „Rechtschreibreform“ die alten Götterbilder grau erscheinen läßt:

Auch die Höhen, die östlich von Jerusalem waren, zur Rechten am Berge des Verderbens, die Salomo, der König von Israel, gebaut hatte der Astarte [=Aschera?], dem gräulichen Götzen von Sidon, und Kemosch, dem gräulichen Götzen von Moab, und Milkom, dem gräulichen Götzen der Ammoniter, machte der König unrein. Und er zertrümmerte die Gedenksteine und hieb die Ascherim um und füllte ihre Stätte mit Menschenknochen.
2.Kön. 23,13

Inzwischen meiden die Reformübersetzungen die Anhäufung von Gräulichem.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.06.2014 um 08.52

„Die Hagia Sophia muss wieder eine Moschee werden“

Erst war sie 916 Jahre lang die größte Kirche der Welt im byzantinischen Imperium, dann 482 Jahre lang eine Moschee im Osmanischen Reich. Die Hagia Sophia ist ein atemberaubendes Monument und Wahrzeichen der Stadt Istanbul. 1935 wurde sie von Mustafa Kemal Atatürk zu einem Museum erklärt.


Jetzt fordern nationalistische Politiker und konservative Muslime in der Türkei, die Hagia Sophia wieder als Moschee zu nutzen. Der türkische Vizepremierminister Bülent Arinc sagte im vergangenen Jahr, die Hagia Sophia scheine "betrübt" zu sein. ... Der 47 Jahre alte Ali Ugur Bulut, grauer Anzug und Krawatte, ist der Chef der [Jugend-]Organisation in Istanbul. Er ist guter Hoffnung, dass das Vorhaben Erfolg hat.
[...]
Bulut: Muslime haben seit dem Bau der Hagia Sophia von 532 bis 537 nach Christus versucht, die Stadt zu erobern. Erst Sultan Mehmet II. ist es gelungen. Das Erste, was er tat, als er mit seinem Schimmel in die Stadt einritt, war, die Hagia Sophia aufzusuchen, Erde vom Boden zu nehmen, sie über seinen Turban zu streuen und sich gen Mekka zu verneigen. Damit war die Hagia Sophia endlich eine Moschee. Sie sollte es auch heute wieder sein.
[...]
SPIEGEL ONLINE: Das Gebäude war sehr viel länger eine Kirche als eine Moschee.

Bulut: Das stimmt, und bis zur Erscheinung unseres Propheten Mohammed war das Christentum die einzig wahre Religion. Durch ihn kam der Islam und löste das Christentum darin ab. Aber Sultan Mehmet II. hat den Namen der Kirche Sankt Sophia ja beibehalten, aus Respekt vor den Christen. [...]
spiegel.de 29.6.2014

Wie der Respekt Mehmets vor den Christen sonst aussah, habe ich zufällig anläßlich einer Untersuchung zu Dürer gerade im Kasten:

Im Jahre 1505 machte Albrecht Dürer seine große Studienreise nach Italien und schrieb von dort an Pirckheimer, „Sambelling“ sei noch immer der „pest jm gemoll“. Gemeint war Giovanni Bellini, auch Gian genannt. Sein Bruder Gentile war da schon gestorben. In Kapps „Italien. Schilderungen für Freunde der Natur und Kunst“ von 1837 steht folgende nette Begebenheit:


Die Gattin des Mantegna war die Schwester der Venezianer Giovanni und Gentile Bellini. Der letztere¹, Gentile, war ein Maler von mäſsigem Talent. Als sein Hauptwerk gilt ein groſses figurenreiches Bild, welche die Predigt des heiligen Markus auf dem Markte zu Alexandria vorstellt...

Merkwürdig ist Gentile auch darum, weil er, wie man sagt, vom Sultan Mahomed II. gegen das Gebot des Koran nach Konstantinopel eingeladen wurde, um für ihn zu malen. Während seines Aufenthalts in dieser Stadt habe er, erzählt man weiter, von den Basrelief's an der von Arcadius dem Theodosius errichteten Ehrensäule Zeichnungen genommen. Als er einst für den Sultan eine Enthauptung Johannes des Täufers gemalt, soll dieser Einiges² an dem Bilde getadelt und um dem Bellini seinen Fehler zu beweisen, auf der Stelle befohlen haben, einen Sklaven in ihrer Gegenwart zu enthaupten. ...

¹) Großschreibung seit 1996 gefordert. ²) Großschreibung seit 1996 wieder „fortschrittlich“.

Das „Neue allgemeine Künstler-Lexikon“, München 1835, schildert die Begebenheit so:

Die Republik brauchte ihn, wie seinen Bruder, beim grossen Rathsaale, und als der Grosssultan Muhamed II. selbe um einen vorzüglichen Bildnissmaler ersuchte, sendete sie ihn nach Constantinopel. Als Gentile in dieser Stadt die Enthauptung des Johannes gemalt hatte, besprach sich der Sultan über die fehlerhafte Darstellung des Halses, und liess, um den Künstler zu überzeugen, sogleich einen griechischen Sklaven kommen, den er auf der Stelle mit dem Säbel den Kopf abhieb. Bellini widersprach klüglich seiner Critik nicht länger, schlich sich eilends nach dem Hafen und segelte nach Venedig ab.

„Griechisch“ stand damals für „christlich“ – wie noch kürzlich die Griechen versuchten, die Eintragung der Religionszugehörigkeit in den europäischen Pässen durchzusetzen, da sie die eigentliche ethnische Identifikation sei.

Seit den 60ern geht die Eroberung weiter: In Deutschland wurden bislang 50 Fatih-Moscheen (türk. Fatih Camii = Eroberer-Moschee) mit dem Beinamen Sultans Mehmed II. (Fatih, der Eroberer) gebaut, v. arab. „fatah“ öffnen, erobern.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.06.2014 um 10.43

Klassik: Ästhetische Differenzen

von Michael Klonovsky

... Des vorerst letzten deutschen Kaisers Bemerkung „Die janze Richtung paßt mir nicht“ galt der sogenannten künstlerischen Moderne und schloss seinen Hofkapellmeister Strauss fest mit ein. Die erste Begegnung mit Wilhelm II. verlief Strauss zufolge so:

Der Kaiser betrachtet ihn stirnrunzelnd: „Sie sind auch einer dieser modernen Musiker?“
Strauss salutiert.
„Ich habe Ingwelde von Schillings gehört, das ist abscheulich, es gibt da keine Melodie.“ –
„Verzeihung, Majestät, es gibt Melodien, aber sie werden von der Polyphonie überdeckt.“ –
Der Kaiser sieht ihn streng an: „Sie sind einer der Schlimmsten.“
Er salutiert wieder. –
„Die ganze moderne Musik taugt nichts, es gibt darin keine Melodie.“ –
Dieselbe Geste. –
„Ich ziehe den Freischütz vor.“ –
„Majestät, auch ich höre lieber den Freischütz.“ –
„Der Falstaff von Verdi ist etwas Scheußliches.“ –
„Majestät, man darf nicht vergessen, dass Verdi achtzig Jahre alt ist und dass es eine schöne Sache ist, wenn man sich in diesem Alter – nach Troubadour und Aida – schöpferisch noch so erneuern kann, dass man einen so genialen Wurf wie Falstaff fertigbringt.“ –
„Ich hoffe, dass Sie mit achtzig eine bessere Musik schreiben werden.“
Darauf, schließt Strauss, gab es nichts mehr zu erwidern...

acta-diurna u. ef-magazin.de

Klonovsky ist Ästhet, hat einen Blick fürs Ungewöhnliche und schreibt originell – auch über die „Rechtschreibreform“. Schade, daß er sich dennoch, wohl aus Gründen der Vermarktung seiner Texte, dem unästhetischen Kultusministerdiktat unterworfen hat.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 17.04.2014 um 08.07

Meinen eigentlichen Interessen nachgehend stieß ich im Königsteiner Liederbuch von etwa 1470 auf den Liedanfang:

„Dein gestalt und styme¹ ist rauch und gryme¹, ich mircke wol, waß dich muertz thut; wer mich anelachet, des hastu acht; meyn wis die tüngkt dich nit gar güt; nit laß dichs irren ..."

Von den 169 Liedern dieser Handschrift ist dieses deswegen bemerkenswert, weil es eins von vieren ist, dem am Ende eine Melodie beigefügt ist, und zwar in der Griffschrift der deutschen Lautentabulatur. Noch bemerkenswerter ist, daß diese aus Buchstaben und Zahlen zusammengesetzte Reihe 30 Jahre älter ist als alle anderen bekannten Aufzeichnungen für dieses Instrument. Ihre Erfindung soll auf den berühmten blinden Organisten Conrad Paumann (1410-1473) zurückgehen. Der Melodieanfang für den obigen Text sieht so aus: n n c n 4 d 4 n g c 3 g, was in Notenbuchstaben d d c d e f e d a c h a heißen könnte. Die Unterlegung des Textes unter die Melodie ist schwierig, weil keine Notenlängen angegeben sind, bei Nr. 82 ist es sogar ein reines Ratespiel.

Für das Thema dieses Forums kann man den ersten Liedzeilen entnehmen: 1. Das „h“ in „rauh" ist ein Stammlaut, der heute zwar abgeschwächt, aber in deutlicher Aussprache immer noch hörbar sein sollte. 2. Die 1901 endgültig abgeschaffte th-Schreibung hat eine lange Tradition. 3. Das Schluß-ß ist hiernach mindestens 544 Jahre alt, tatsächlich aber wohl noch 100 Jahre älter. Für die nichtsnutzigen Reformer war die Abschaffung dieser Tradition eine Ersatzhandlung dafür, daß sie ihre Kleinschreibobsessionen nicht durchsetzen konnten, die, wie man hier sieht, doch recht mittelalterlich sind.

P.S.: Ich habe mir gerade die Ausgabe des Königsteiner Liederbuches in der 1970 gedruckten Dissertation von Paul Sappler kommen lassen. Leider hat er die Orthographie vereinheitlicht und beispielsweise die stummen „e“ fortgelassen, so daß mir wieder einige Fragen offen bleiben. Außerdem hat er mit Hilfe von Kurt Dorfmüller eine andere Textvariante aus dem gleichen Buch unterlegt:
„Din gsiecht und stimm ist sur und grimm. Ich merck woil ...“ Dem folgt auch der österreichisch-amerikanische Musikologe Hans Tischler.

Das Königsteiner Liederbuch (Ms.germ.qu. 719 Berlin) wurde übrigens nach unbekannter Vorgeschichte von Clemens Brentano 1804 erworben und den Brüdern Grimm ausgeliehen. Als er es weiterverkaufen wollte, rückten sie es nicht wieder heraus. Schließlich kam es in die Hände des Bibliophilen von Meusebach und von dort 1850 in die Preußische Staatsbibliothek.


¹) Mit waagrechtem Querstrich, der wohl eine m-Verdopplung andeuten soll.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.04.2014 um 18.37

Die Zweiwochen-Zeitschrift Ossietzy schreibt (in Kulturrechtschreibung):

Die Schiffsschlacht um Venedig

Susanna Böhme-Kuby

Daß die wachsenden Dimensionen des Massentourismus die fragilen Strukturen Venedigs in vieler Hinsicht seit langem überfordern und angreifen, ist bekannt. Doch erst die auch alle optischen Dimensionen sprengenden Horrorfotos schwimmender Hochhäuser vor den Palazzi der Lagunenstadt ließen eine Weltöffentlichkeit aufhorchen und lösten schließlich Wellen auch internationaler Empörung aus. Aber erst die Katastrophe der »Costa Concordia« vor der Giglio-Insel (2012) führte nach langem Hin und Her dazu, daß die oberste Hafenbehörde – die nicht etwa der Stadt, sondern dem römischen Verkehrsministerium untersteht – endlich Gegenmaßnahmen ergriff.

Ein Verbot für die Kreuzfahrt-Riesen im Giudeccakanal und vor S. Marco hatte im Herbst 2013 die Durchfahrt auf Schiffe bis 40.000 Bruttoregistertonnen (BRT) beschränkt, die größeren mußten seitdem im Hafen von Triest anlegen. Doch die großen Reedereien legten Protest ein, und die Hafenbetriebe im Passagierterminal riefen das Verwaltungsgericht (TAR) an, das nunmehr das Durchfahrtsverbot aufhob – mit Wirkung vom 5. April an...

Es geht um die Frage nach der Zukunft der Hafenstadt Venedig, deren Lagune den neuen globalen Anforderungen der Container- und Riesendimensionen nicht gewachsen ist, beziehungsweise nicht so angepaßt werden kann, wie es die »Modernisierer« wollen. So favorisiert die oberste Hafenbehörde das Projekt, einen weiteren tiefen Kanal (Canale Contorta) durch die Lagune auszuheben, der die Riesenschiffe nach wie vor direkt an die Stazione Marittima nach Venedig bringen soll, wenn auch nicht mehr direkt vor S. Marco. Das wäre erneut ein äußerst teures Mammutprojekt, das Jahre dauerte und das schon prekäre Gleichgewicht der Lagune – die über 1000 Jahre ein lebendiger Lebensraum der Stadt war – wohl definitiv zerstörte...

Ossietzky 8/14


eingetragen von Sigmar Salzburg am 01.04.2014 um 08.37

Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat die Vollversion der Deutschen Digitalen Bibliothek gestartet. In der Online-Bibliothek kann jeder kostenlos nach Büchern, Bildern, Filmen und anderen Archivalien suchen.

"Die Deutsche Digitale Bibliothek eröffnet uns einen bislang nicht vorstellbaren Zugang zu unserem kulturellen Erbe. Via Internet können nun auch diejenigen angesprochen werden, die Museen, Bibliotheken, Konzertsäle und andere Kultureinrichtungen eher selten oder gar nicht besuchen", betonte Monika Grütters bei der Präsentation des Online-Portals in Berlin...

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) ist ein gemeinsames Internetportal der Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland und ermöglicht jedem einen zentralen und freien Zugang zu Millionen von Datensätzen aus allen Kulturbereichen...

Die Deutsche Digitale Bibliothek wird von Bund und Ländern finanziert. Bis Ende 2013 wurden für Aufbau und Betrieb des DDB-Portals insgesamt rund 24 Millionen Euro investiert, davon trug der Bund knapp 19 Millionen Euro.
az/jk (dpa/BKM/Deutsche Digitale Bibliothek)
dw.de 31.3.2014

https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/

Man wird feststellen, daß die reformierte Heyse-ss-Schreibung den unbedeutendsten Teil der deutschen Literatur und Kultur darstellt. Man sollte sich schnell wieder davon verabschieden.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.01.2014 um 06.12

Der Pianist Vladimir Ashkenazy testete jetzt in der Steinway-Europazentrale in Hamburg einen Flügel für das Opernhaus in Sydney. Behende springt der kleine Herr zwischen den Klavierbänken hin und her, wechselt von einem Flügel zum nächsten. Rasch die Noten aufgestellt, und schon erklingt jenes frische und kraftvolle Thema aufs Neue, das Brahms 1873 zum Ausgangspunkt seiner Haydn-Variationen wählte.
weser-kurier.de 29.12.2013

Nett, daß man den alten Herrn nicht als „behänden“ Reformaffen herumspringen ließ. „Aufs Neue“ hätte man aber auch hier wie schon vor hundertfünfzig Jahren verzichten können.



eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.12.2013 um 08.15

Bei der Verwandtensuche in Hamburg-Blankenese stieß ich nebenbei auch auf die Komponistin Felicitas Kukuck (1914 – 2001). Ihr Name ist mir seit meiner Kindheit geläufig. Für das Streichquartett einer Kollegin hat sie sogar ein Werk verfaßt. Im Netz ist eine kurze Lebensbeschreibung zu finden, die sie 1989 begonnen hat und die bis 1949 reicht. Wohlmeinende haben den Text in die Reformschreibung von 2006 übersetzt, damit er auch für die jüngere Generation lesbar ist. Schon ihre Eingangszeilen lassen ahnen, daß ihr Leben im Dritten Reich nicht einfach war:

Autobiographie
in Form eines Tagebuchs ab 17. April 1989


17.4.89
Seit langem plane ich eine Autobiographie zu schreiben.
Felicitas Kukuck, geborene Cohnheim, 2. November 1914, in Hamburg.

...
Ich war froh, als ich mein Abitur in der Tasche hatte, und wollte nun auf die Hochschule für Musikerziehung und Kirchenmusik in Berlin gehen, um Schulmusikerin zu werden. Das ging nicht! Ich hätte meine arische Abstammung bis zum Jahr 1800 nachweisen müssen. Für mich kam Auswanderung nicht infrage. Ich wollte in Deutschland bleiben, im Lande Bachs und Mozarts und Brahms und Schuberts. Was blieb übrig?! Ich gab den Plan, Schulmusikerin zu werden, wie es mir seit den erfreulichen Erfahrungen als Schülerin der Lichtwarckschule vorgeschwebt hatte, auf und machte statt dessen im Herbst 1935 die Aufnahmeprüfung für das Hauptfach Klavier an der Musikhochschule in Berlin, Fasanenstraße.

Nach einem Jahr fleißigen Übens bestand ich 1936 die Privatmusiklehrerprüfung und bekam gleichzeitig Unterrichtsverbot. Aber ich blieb Studentin der Musikhochschule – jetzt mit dem Hauptfach Querflöte. Noch während meiner beiden letzten Schuljahre hatte ich dieses schöne Instrument spielen gelernt, so dass ich ohne Aufnahmeprüfung bei Gustav Scheck Flöte studieren konnte. Gleichzeitig schickte mich mein Lehrer für Harmonielehre, dem ich ein paar meiner Kompositionen gezeigt hatte, zu Hindemith in seine Kompositionsklasse. Dies war für mich die entscheidende Wende meines Lebens als zukünftige Komponistin. Überhaupt stand zeitlebens ein Glückstern über mir. Hindemith war ein großartiger Lehrer.

[So verschieden sind die Meinungen: „Hindemith war ja ein wirklich großer Meister, das wissen wir alle, aber er war ein furchtbarer Lehrer. Es ist da nicht[s] heraus gekommen, weil er die Leute an sich gebunden hat...“( Komponist Gottfried von Einem lt. Wikipedia, „s“ ergänzt 4.1.14)]

... Hindemith schrieb damals gerade seine „Unterweisung im Tonsatz“ und ich hatte den Eindruck, dass er äußerst engagiert war mit der Niederlegung seiner Erfahrungen als Komponist und Lehrer der Komposition. Er war ein glücklicher Mensch, sprühend lebendig und fröhlich, aber immer wachsam und kritisch, ganz so, wie ein Schaffender als Lehrer sein muss...

[Am 28.12. ist übrigens Hindemiths 50. Todestag.]

11.5.89

Am 30. Juni 1939 bestand ich meine künstlerische Reifeprüfung mit „gut“. Ich spielte Präludium und Fuge c-moll von Bach, die Klaviersonate as-dur op. 110 von Beethoven und die zweite Klaviersonate * von Paul Hindemith, die gerade bei Schott erschienen war, ein wunderbares Stück – besonders der 2. Satz. Mein Klavierlehrer: Prof. Rudolf Schmidt, ein Parteigenosse mit Hakenkreuz-Abzeichen am Revers, das er immer trug, hatte mir zunächst abgeraten, die Hindemith-Sonate zu spielen, weil er befürchtete, dass ich Schwierigkeiten bekommen könne von Seiten des Hochschulkollegiums, die meine Fähigkeiten ja beurteilen sollten.

Hindemiths Musik galt damals bereits als „entartete Kunst“ und wurde in Deutschland nicht mehr aufgeführt. Ich habe meinem Klavierlehrer, der es gewiss gut mit mir meinte und mich beschützen wollte, einen Brief geschrieben und ihm auseinandergesetzt, dass und warum ich die Hindemith-Sonate trotz seines Vetos spielen wolle. Ich sei seine Schülerin gewesen und verdanke ihm unendlich viel und was könne mir denn passieren, oder gar ihm, der ja bereits 1938 ausgewandert sei. Ich wolle meiner Verehrung für ihn auch Ausdruck verleihen, das würde doch gewiss dem Kollegium einleuchten. So etwa hatte ich argumentiert. Als ich wieder zum Klavierunterricht kam, war das erste, was Prof. Schmidt sagte: Ihr Brief hat mich überzeugt, Sie spielen die Hindemith-Sonate. Und so war’s denn auch. Ich habe alle drei Stücke, ohne dass ich unterbrochen wurde, vorgespielt, und das Kollegium war sehr zufrieden mit mir...

... jeder Berliner wusste, dass es für einen jüdischen Menschen lebensgefährlich gewesen wäre, ohne den Judenstern auf die Straße zu gehen, denn wenn er einem Bekannten begegnet wäre – ob Jude oder nicht – riskierte er, angezeigt zu werden; und das wäre ein sicherer Tod gewesen... Im nachhinein kommt mir das Ganze wie ein Wunder vor, oder besser gesagt, unser Schutzengel hat uns behütet, ...

http://www.felicitaskukuck.de/Autobiographie_FKukuck.pdf


eingetragen von Sigmar Salzburg am 30.11.2013 um 19.08

Neue Beiträge zur Virchow-Forschung
Kieler Kant-Gesellschaft (Dr. Busch) /Hermann Ehlers Akademie (Dr. Schlürmann)
28. November 2013
Hermann Ehlers Akademie, Niemannsweg 78, 24105 Kiel

Zum 75. Geburtstag von Prof. Dr. Christian Andree, dem international bekannten Virchow-Forscher, leuchten Freunde und Weggefährten Andrees aus dem aktuellen Forschungsstand heraus den medizinischen, historischen, geisteswissenschaftlichen und philosophischen Hintergrund des großen Mediziners und Politikers Rudolf Virchows (1821-1902) aus. Einen besonderen Akzent wird der Abendvortrag von Prof. Andree selbst setzen. Das Besondere dieses Symposions ist die Zusammenführung ganz verschiedener Sichtweisen auf den großen liberalen Deutschen des 19. Jahrhunderts

Die Veranstaltung anläßlich des 75. Geburtstages des Medizinhistorikers und Literaturwissenschaftlers Christian Andree, nahm nach Wunsch des Jubilars den ganzen Tag ein. Dr. Busch erwähnte, daß Andree die größte Autographensammlung von Briefen und Schriften Virchows besitze und wohl der einzige sei, der dessen Handschrift fließend lesen könne. Bemerkenswert war auch die Freundschaft Rudolf Virchows und Heinrich Schliemanns, deren Entwicklung anhand der Briefe dargestellt wurde.

Den Schlußvortrag hielt Prof. Andree selbst unter dem Titel:
„1000 Leichen seziert und nie eine Seele gefunden“
Andree kam es hierbei darauf an, den agnostischen Standpunkt Virchows deutlich zu machen. Dieser erforderte eine strikte Trennung von Wissenschaft und Religion und ließ kein Urteil über außerwissenschaftliche Bereiche zu. Die Erforschung des Bewußtseins liege an der Grenze dessen, was die Wissenschaft zu leisten vermöge. Das Zitat im Titel des Vortrags schrieb Andree den Gegnern Virchows zu.


Die gesammelten Schriften Virchows hat Andree bei Olms herausgegeben (in originaler Rechtschreibung).


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.11.2013 um 07.04

Kissler bei Focus:
Die Gruselmode zählt zu den dümmsten Importen, die je den Großen Teich überwunden hat. An Halloween werden kleine Kinder von der harten Rute des Kapitalismus gezüchtigt. Sie ziehen plärrend, schreiend, nervend von Haus zu Haus und belästigen, aufwendig verkleidet, friedliche Bürger mit der dümmsten aller Drohungen: „Süßes oder Saures!“
focus.de 31.10.2013

Diese Mode ist im Grunde der als Zombie wiederauferstandene Brauch des alten Rummelpottlaufens, das in Norddeutschland noch einige Zeit nach dem letzten Krieg am Altjahrsabend üblich war. Kinder verkleideten sich, zogen von Haus zu Haus, sangen zum Gebrumm des „Rummelpotts“ Lieder, trugen Reime vor und erhielten als Gegenleistung (!) Obst, Nüsse und Backwerk. Der Rummelpott ist ein urtümliches Musikinstrument aus einem irdenen Topf mit einer darübergezogenen Schweinsblase, in deren Mitte ein Stab oder Reethalm eingebunden ist. Durch Reiben mit zwei angefeuchteten Fingern entsteht ein brummender Ton. Wikipedia schreibt (bislang unreformiert!):

Mit Hilfe des Polterns sollten in früheren Zeiten in den sogenannten Rauhnächten um die Jahreswende wahrscheinlich Wintergeister vertrieben werden. Im Volksglauben stand in den rauhen Nächten die Welt der Geister offen. Auch Odins Wilde Jagd spielte sich am Silvesterabend ab.

[Nachtrag: Wikipedia änderte die „rauhen“ Nächte am 30.12.2015 zu „rauen“ Nächte. Die „Rauhnächte“ blieben.]


eingetragen von Sigmar Salzburg am 30.10.2013 um 11.43

Mit einer ganzen Riege von Anwälten und Professoren ist die Erbengemeinschaft Lederer am Donnerstag im Wiener Café Landtmann vor die internationale Presse getreten. Sie fordert die Rückgabe von Gustav Klimts Beethovenfries, dem bekanntesten und flächenmäßig größten Meisterwerk des Wiener Jugendstils. Was vordergründig wie eine Wiedergutmachung an von den Nazis begangenem Unrecht aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Versuch, längst Entgoltenes nochmals entschädigt zu bekommen.
neues-deutschland.de 18.10.2013

Elisabeth Leopold, Witwe des Kunstsammlers Rudolf Leopold, berichtet, der Kunstsammler Erich Lederer habe mit ihrem Mann den Preis für den Verkauf des Werks an die Republik selbst festgesetzt. Lederer habe Leopold als den führenden Experten beigezogen und das Ehepaar ins Depot des Belvederes geführt. „Der Fries war in elendem Zustand. Mein Mann bückte sich und hob ein Glasauge auf, das auf dem Boden lag. Er hat es einer der Gorgonen – oder war es sogar die Wolllust? – ins Auge zurückgedrückt. Mein Mann hat den Wert auf 15 Millionen Schilling geschätzt...“
news.at 23.10.2013

Die neue Dreifachbuchstabenregel führt also zu falscher “Wollust”. Erst kürzlich wieder hatte der unvermeidliche Peter Schmachthagen diese Regel beim Hamburger Abendblatt in den höchsten Tönen gelobt. Da dies schon bei der Forschungsgruppe eingehend besprochen wurde, ersparen wir uns dazu Näheres. Nur auf die damit mögliche „Zooooologie“ sollte man noch einmal hinweisen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.10.2013 um 10.47

Die Bauwunder des Herrn Mayer aus Berlin
Nahe der Ortschaft Sarpi ließ Saakaschwili einen alten Wachturm abreißen. Dort lugt nun neugierig der wohl imponierendste Mayer-Bau in Georgien über die Grenze in die nahe Türkei, ein Grenzposten mit verspielten Linien, einer Aussichtsterrasse für Besucher und den besten Voraussetzungen, zu einem Wahrzeichen des modernen Georgien zu werden. "Wir nahmen als Ausgangspunkt eine gerade Schnur, die dann locker fällt und in ihren Schlaufen Zwischenräume bietet ", sagt Mayer.

Bild; spiegel.de 27.10.2010

Die norddeutschen Bauarbeiter drücken das schlichter aus: „... wie der Bulle pißt!“


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.09.2013 um 10.09

Mit Mendelssohns Themen
Wieder ganz auf pralle Wirkung auch die beiden Orchesterstücke, die das Violinkonzert auf der CD umrahmen: Sowohl die "Symphonischen Metamorphosen" (1943) nach griffigen Themen des Romantiker[s] Mendelssohn-Bartholdy sowie die "Konzertmusik für Streichorchester und Blechbläser op. 50" rauschen stellenweise wie große Film-Bilderbögen mit leichten Störfeuern im harmonischen Ablauf vorüber.
spiegel.de 7.9.2013

Werner Theurich, zeitweilig behindernder Moderator des einstigen Spiegel-Rechtschreibforums, irrt hier auch musikalisch. Richtig steht es schon im Titel: „Symphonische Metamorphosen Carl Maria von Weberscher Themen“ oder lt. Verlagsprospekt: „ ... nach Themen von Carl Maria von Weber“ (d.h. nach Webers Chinoiserien zu Schillers Turandot-Version).



P.S. Am 9.9. um 8.55 hat man den Fehler korrigiert.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.07.2013 um 13.26

Händel, Bach und der Okulist John Taylor

Johann Sebastian Bach litt auf seine alten Tage an einer starken Sehschwäche und begab sich schließlich, mit der Hoffnung wieder sehen zu können, in die Hände des Okulisten John Taylor. Dieser war seinerzeit einer der berühmtesten Starstecher und operierte Bach aufgrund eines fehlenden Operationssaals im Leipziger Gasthof „Drey Schwanen“...

In der Praxis erwies sich das Ganze jedoch als äußerst heikel, denn bei etlichen Patienten traten anschließende schwere Komplikationen auf, dessen Folgen mitunter auch zum Tod führten. Der Okulist Joseph Hillmer z.B. operierte sich mit sagenhaften 82% Misserfolg durch den russischen Adel...

Gute zwei Jahre nach Bachs Tod, am 3. November 1752, trat der Komponist Georg Friedrich Händel seinen ersten – von einem Herren namens Bromfield durchgeführten – Starstich an und konnte kurz darauf auch wieder besser sehen. Allerdings nur kurzfristig, denn seine Blindheit nahm in der Folge rasanter zu als vor der Operation. Im August 1758 beging er den Fehler erneut und ließ sich nochmals operieren – diesmal von John Taylor. Am 14. April 1759 starb Händel in seiner Londoner Wohnung.

opernblog.blogspot.de

Der Flensburger Karikaturist Götz Wiedenroth hat sich dazu seine eigenen Gedanken gemacht:

wiedenroth-karikatur.blogspot.de

Wiedenroth hat bereits andere Kurpfuschereien mit spitzer Feder aufs Korn genommen, unter anderem die
Geschichte der Rechtschreibreform.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 16.07.2013 um 06.55

Bei EMCO (Early Modern Culture Online) ist der Artikel eines norwegischen Musikwissenschaftlers erschienen:
Per Kjetil Farstad
[(født 25. september 1952), phil.dr. og professor i musikk ved Universitetet i Agder, Institutt for musikk]
Man beachte die skurrile norwegische Reformschreibung!
Lautenistinnen in Deutschland im 18. Jahrhundert
journal.uia.no - download

Der Artikel ist in die „leichter lernbare“ Reformschreibung übersetzt.
Allerdings gibt es immer wieder Rückfälle:


Das Instrument wurde sowohl zum Solo- als auch zum Generalbaßspiel benutzt.

Die Lautenisten waren natürlich vollständig von ihrem Arbeitgeber abhängig und mußten die Musik schreiben und spielen, die diese wünschten. Die Lautenmusik war wie die Musik im allgemeinen mit der französischen Mode verbunden, die tonangebend für das adelige Deutschland zu Beginn des 18. Jahrhundert war...

In Frankreich und im Anschluß daran auch in Deutschland fanden Frauen über den Salon Zugang zum Musikleben ...

Ihre Kompositionen seien anders, geprägt durch die ”schwache” weibliche Natur... Weitverbreitet war die Haltung der Männer, dass Frauen empfindsam und irrationell wären ...

Die Erwähnten gehören indessen zu den Ausnahmen ihrer Zeit. Sie hatten einen gute Ausbildung, Zugang zu den besten Lehrkräften in Ausführung und Komposition und waren finanziell unabhängig. Sie verfügten über Dienstmädchen die ihnen die Anforderungen als Mutter abnahmen und sie besassen die besten Kontakte zur Konzertszene...

Englische Zitate erfolgen in originaler Orthographie:

12 “Lady … At what houres do your Maisters come? Charlotte [the eldest daughter]. Our dauncing Maister commeth about nine a clocke: our singing Maister, and he that teacheth us to play the virginalles, at tenne; he that teacheth us on the Lute and the Violl de Gambo, at foure a clocke in the after noone: and our French Maister commeth commonly betweene seaven and eight a clocke in the morning”.

Bei deutschen Zitaten kann man nie sicher sein:

Da Johann Christoph Gottsched den Text zu Bachs Kantate ”Auf, süss entzückende Gewalt”, Trauer-Ode (BWV 183) von 1727 schrieb, kann die Bekanntschaft mit der Familie Gottsched Marianne Ziegler den Weg zu dem Kontakt mit Bach geöffnet haben (Rifkin und Küster 2007) ... “Wie? Konnt ich mich denn nicht begnügen an meinem Flöt- und Lautenspiel, Das täglich mir zur Hand muss liegen?”

Oft muß man mit einem unentwirrbaren Konglomerat aus originaler Orthographie und alter und neuer ss-Schreibung rechnen:

Louise Adelgunde Victoria von Gottsched (1713–1762) aus Danzig (Gdansk) hatte eine führende Rolle unter den Damen ihrer Zeit, ... Dr. Kade hörte sie und erlaubte ihr, sich kleine Stücke vom ihm abzuschreiben. Und weiter:
“...Gleichwohl ersetze ihr Naturell alles übrige; so dass sie nachmals hier in Leipzig, die schwersten weißischen Stücke fertig, ja fast vom Blatt wegspielte; auch selbst dieses großen Meisters Beyfall erhielt, als er sie 1740 besuchte und ihr teils vorspielte, teils sie spielen hörte…” (Gottsched 1763)...

Hier ist [des Hamburger Ratsherren Barthold Heinrich] Brockes’ Lobpreisungsgedicht über Anna Ilsabes [seiner Ehefrau] musikalische Begabung und ihr vorzügliches Lautenspiel:
”Sobald ihr Ton durchs Ohr uns sanft die Herzen schlägt /
Kocht gleich ihr Blut und wallt, die Seele wird bewegt,
...
Den Saiten muss an Klang ein Glöckchen weichen /
Dahero, weil ihr Ton so hell und rein, so zart”
“So scheints, ob Ihre Hand auf unsichtbare Ahrt /
Ein himmlisch Glocken-Spiel mit güld’nen Strickchen zöge,
Und ob die schlanke Hand nicht sprünge, sondern flöge.
...
Die Saiten weiss Ihr Geist so künstlich auszudehnen,
Dass eine süsse Klag’, ein fast verliebtes Sehnen,
Aus todten Sehnen bricht.
...
Brockes’ Freundeskreis reagierte auf die Aufforderung, wenn er sich später in der Wohnung der Brockes versammelte, wo Anna Klavier und Laute spielte. ...

Das könnte Matthesons Begeisterung ausgelöst haben, denn er war zur selben Zeit ein Mann der scharfen Zunge und gerader Worte ... sowie voller scharfer Kritik, die er an die Lautenisten und die Laute im Barock richtete. ... Mattheson hatte im übrigen eine großen Respekt vor Weiss als Lautenist, aber hielt nicht viel von den anderen Lautenisten seiner Zeit. Eine Ausnahme war wohl Ilsabe, die offenbar doch von Zeit zu Zeit öffentlich auftrat. ...

Early Modern Culture Online vol. 2 no. 1 (2011): 55 - 80
ISSN: 1892-0888 http://www.uia.no/emco


eingetragen von Sigmar Salzburg am 25.06.2013 um 07.40

Manuel Brug schreibt in der „Welt“ anläßlich der ersten Festspielveranstaltung nach der Wiedererrichtung des Welfen-Schlosses in Hannover über die Geschichte des weltberühmten Barockgartens und seines schlichten Hauptgebäudes. Siebzig Jahre nach der Zerstörung der Stadt durch anglo-amerikanische Bomberflotten ist ein weiterer kleiner Teil der Geschichtserinnerung wiederhergestellt. Damit erhält die große Achse des Gartens seinen ursprünglichen Abschluß.

Um ein Haar wäre die Rekonstruktion schon in den sechziger Jahren unmöglich geworden, denn Zeitgeist wie Architekturkritiker gifteten dagegen, daß sich „Architekten für derlei hergeben“. Der dänische Architekt Arne Jacobsen hatte an dieser Stelle schon ein raumschiffartiges Restaurant auf Stelzen, „Bella Vista“, geplant, das die höchsten Werte der damaligen Edelfreßwelle¹ durch den Blick auf die Gartenanlage unterstreichen sollte. Zum Glück scheiterte dies am Spott und Widerstand der Bürger.

Heute ist man offener gegenüber der Wiedererrichtung alter Gebäude, schließlich geht es ja um die geistige Leistung der Vergangenheit – sonst dürfte man in der Musik etwa Bach nur auf originalen alten Instrumenten spielen. Während also vereinzelt ausgewählte historische Gebäude wiedererrichtet werden, sind zeitgleich doch wieder fortschrittsfanatische Kulturbanausen und Gesellschaftsveränderer dabei, Bewährtes abzureißen, wie nicht zuletzt die „Rechtschreibreform“ zeigt.


Brugs Artikel hier: WELT.de 19.6.2013

P.S.: Manuel Brug schreibt u.a.:

Der Philosoph und Fürstendiener [Leibniz] erging sich stattdessen mit seiner Kurfürstin Sophie im von Menschenhand geschaffenen Utopia am Ende einer Lindenallee vor der Stadt in einer künstlich harmonischen Welt und versenkte sich – davon aufs Höchste angeregt – in eine geistige. Auch seine Monaden-Theorie spross hier.
Leibniz‘ Gedanken werden oft unterschätzt, z.B. auch seine viel bespottete Theorie, daß wir in „der besten alle möglichen Welten“ leben. Aber was ist die reiche evolutionär entstandene Lebenswelt anderes als die beste aller möglichen Welten? Deren Ende durch die zerstörerische Wucherung Mensch ist allerdings abzusehen.

¹) Nach der Hungerzeit im Nachkriegsdeutschland folgten mit dem Aufschwung durch die Währungsreform nach 1948 im Westen die Freßwelle, die Bekleidungswelle, Einrichtungswelle, die Auto- und Reisewelle und schließlich die Edelfreßwelle.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.06.2013 um 09.52

Gestern hielt ich im Hamburgischen Staatsarchiv die Bürgerakte mit den Einbürgerungsprotokollen in Händen, durch die auch einer meiner Vorfahren Hamburger Bürger wurde.
Das Verfahren ist vielleicht von allgemeinem Interesse:


Fol. 617

Praemissis praemittendis deponirte Comparent:

1) Name und Alter? Jens Jensen
2) Religion? luth.
3) Geburtsort? Hadersleben
4) Wie lange er in Hamburg und wo er wohne? 7 Jahre, Valentinskamp Hof 87
5) Bey welchem Lehr- und Brodtherren derselbe gewesen,
und womit er sich ernähret? die Tischlerprofession erlernet
6) Warum er seinen Geburtsort verlassen?
7) Ob und wie lange er verheyrathet, ob seine Frau noch am Leben,
und wie viele Kinder er habe, und von welchem Alter? oder nein
8) Ob er sich zu verheyrathen willens? ja
9) Auf welches Geschäft er Bürger zu werden willens? als Tischlermeister
10) Ob er im Stande sey, mit diesem seinem Geschäfte eine Familie zu ernähren? ja

a) Beistand Namens: Joach. Chr. Fried. Zach. Runge vigore Bürgerzettel de dato 7. July 1826
Bürger declarirt auf seinen geleisteten Eyd, daß seines Wissens obiger Comparent in allen Dingen die Wahrheit angegeben
habe, und daß er, Beistand, ihn hinlänglich kenne, um dies bezeugen zu können, und deponirt über ihn noch wie folgt:
er kenne ihn 2 Jahre

b) Sonstige Beweise

Comp prod
b) Taufschein geb. Hadersleben 9 April 1817
2) Militairfreischein aa Hadersleben d 27 Dec 1845
3) Entlassungsschein aa Hadersleben d 17 Juny 1847
4) Polizeischein
5) Attest vom H. Aeltermann des Tischleramtes
6) Bescheinigung vom Roll
[Impfarzt in Haderslev]

Resolutio: Zugelassen

Actum d. 23 Juny 1847


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.06.2013 um 10.14

Schleswig-Holstein besitzt zahlreiche Kulturschätze, von denen etliche wenig bekannt sind. Gestern hatte ich Gelegenheit, im Rahmen einer Veranstaltung der Kieler Goethe-Gesellschaft an einer Exkursion unter dem Titel „Italien und die Antike im Herrenhaus Emkendorf“ teilzunehmen. Zu besichtigen waren die Früchte der Rom-Reisen Fritz von Reventlows und seiner Gattin Julia in den Jahren 1784 und 1795-1797.

Die Vorbereitung und Führung hatte Peter Petersen, ehemaliger Lehrer der Kieler Gelehrtenschule, der trotz überstandener schwerer Krankheit sachkundig und begeisternd berichtete. Ergänzend hatte der studierte Altphilologe, Germanist, Kunstgeschichtler und Archäologe eine 32seitige Ausarbeitung in Farbdruck (in bewährter Kulturrechtschreibung) verfaßt und verteilt.

Das ursprüngliche Barockgebäude wurde bis 1806 klassizistisch umgebaut und mit Erwerbungen während der Romreisen ausgestattet, von denen allerdings vieles verlorengegangen ist. Fritz von Reventlow war Diplomat in dänischen Diensten in Kopenhagen, London und Stockholm, später auch Kurator der Kieler Universität. Im Herrenhaus Emkendorf waren Künstler und Literaten ständige Gäste, unter anderem auch Klopstock und Matthias Claudius.

Das Gebäude befindet sich heute im Besitz der Familie Heinrich, Mehrheitsgesellschafter der Kieler Nachrichten, wird aber nicht bewohnt und ist selten zugänglich. Das wird sich auch kaum ändern, da neben den laufenden Betriebskosten die Anforderungen der Denkmalspflege an Restaurierung und Sicherheitsvorkehrungen nicht erfüllt werden können und die Landesregierungen lieber kulturbanausische Rechtschreibreformen fördern. Es lohnt aber auch ein Ausflug in die herrliche unverdorbene Landschaft um den Westensee.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 21.02.2013 um 20.20

[SPIEGEL ONLINE:] Kollegah, was sagt Ihre Mutter dazu, dass Sie ständig andere Mütter "ficken" wollen? Das Album "Jung, brutal, gutaussehend 2" hat Heino von der Chartspitze verdrängt - und den deutschen Gangster-Rap wiederbelebt…
Fühlen Sie keine Verantwortung gegenüber denen, die Sie als Vorbild ernstnehmen?

Kollegah: Der Gefahr begegnen wir durch das Stilmittel der Übertreibung… So sollte jeder - auch mit einem zweistelligen IQ - checken, dass es nicht für bare Münze zu nehmen ist, wenn wir sagen: Wir knallen alle Menschen ab oder schmuggeln kiloweise Heroin über die Grenzen.

SPIEGEL ONLINE: Die Überspitzung wird aber nicht in allen Ihren Texten deutlich: "Jetzt wird deine Slut gebumst, sie kriegt meinen Schwanz in den Mund, und ihr Herz pumpt Adrenalin, Bitch!" ¹ Kein Problem für junge Hörer?

Kollegah: Man muss das mit dem Actionfilm-Genre vergleichen: Um Atmosphäre zu schaffen, muss man das ernst rüberbringen. Testosteronschwangere Filme, in denen Menschen abgeschlachtet werden, wie "300" zum Beispiel, sind weltweite Kinohits. Unser Rap ist genau so eine Form der Unterhaltung […]

… Mir graut es schon vor dem Tag, an dem ich meine Zulassung [als Rechtsanwalt] bekomme. Denn ich weiß, wer dann als Erstes bei mir auf der Matte steht.

SPIEGEL ONLINE: In Ihren Texten greifen Sie ja auch gerne mal auf das deutsche Kulturgut zurück. Haben Sie ein Lieblingsgedicht?

Kollegah: Goethes "Erlkönig". Traurig, aber schön.

spiegel.de 21.2.2013

¹) „Sah ein Knab ein Röslein“ von Goethe, zeitgemäß reformiert?
Auch andere arbeiten an Deutschlands kulturellem Fortschritt.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 16.02.2013 um 08.49

Nachdem bekannt geworden ist, dass das islamische Zentrum Al-Nour eine ehemalige Kirche in eine Moschee umbauen möchte, sprechen Kirchenvertreter von einem "Dammbruch"…

Vor allem in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und dem beginnenden "Wirtschaftswunder" entstand eine Vielzahl von Gotteshäusern. Allein im ehemaligen evangelischen Kirchenkreis Alt-Hamburg stammt gut ein Drittel der Sakralbauten aus dieser Zeit. Auch die Kapernaumkirche, 1961 von Architekt Otto Kindt entworfen. Mit zunehmendem Alter zeigten sich immer mehr Schäden in den Bauten. Für die Reparatur der Horner Kirche wären im Jahr 2000 rund 1,5 Millionen Euro fällig gewesen.
welt.de 6.2.2013

Im Kieler Hochbauamt sagte mir einmal der für die städtische Gebäudeerhaltung zuständige Experte: „Was vor dem Ersten Weltkrieg gebaut wurde, ist fachgerecht und solide. Da ist bis heute nichts dran, aber die Gebäude seit den 50er-Jahren entwickeln Schäden über Schäden.“

Man fühlt sich an die „Rechtschreibreform“ vierzig Jahre später erinnert.

Über die übertriebene Kirchenbauerei hatte ich schon in meiner Schulzeit gelästert.


Der Ratschef der evangelischen Kirche, Nikolaus Schneider, sieht die Umwandlung eines Hamburger Gotteshauses in eine Moschee als "geistliche Zumutung". welt.de 16.2.13


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.02.2013 um 19.50

Heute vor 130 Jahren und einem Monat, am 13. Januar 1883, wurde Henrik Ibsens Schauspiel „Ein Volksfeind“ im Christiania Theater in Oslo uraufgeführt.

Die Angriffe und Intrigen, gegen die sich die Hauptfigur, Doktor Stockmann, wehren muß, ähneln doch sehr denjenigen, die die aktiven Gegner der „Rechtschreibreform“ zu erleiden hatten. Am Ende bleibt allen die teuer erkaufte Genugtuung, doch recht gehabt zu haben, aber der eine als Volksfeind verfemt, die anderen als lernunwillige Kinderquäler denunziert und schließlich als donquichotteske Kämpfer gegen den „Fortschritt“ totgeschwiegen.

Hier eine kurze Inhaltsangabe in der Ankündigung des Maxim Gorki Theaters in Berlin:


Doktor Stockmann hat eine Entdeckung gemacht: Das Wasser des Heilbades, ganzer Stolz und Wohlstandssicherung der Stadt, ist verseucht. Ein Besuch des Bades ist geradezu gesundheitsschädlich. Der Öffentlichkeit soll diese Entdeckung selbstverständlich nicht vorenthalten werden - die Redakteure Hovstad und Billing vom "Volksboten" und auch der Vorsitzende des Vereins der Hausbesitzer, Aslaksen, sichern ihre Unterstützung zu.

Allein sein Bruder, Bürgermeister der Kleinstadt, kann den kämpferischen Enthusiasmus nicht teilen, bedeutet diese Entdeckung doch einen Imageschaden und somit zwangsläufig wirtschaftliche Einbußen. Kaum rechnet er vor, was eine Sanierung des Bades für jeden Einzelnen an Steuerlast bedeuten würde, schlägt die Stimmung um: Gerade noch gefeiert wird Doktor Stockmann zum Volksfeind erklärt.

Doch statt klein beizugeben nimmt er die Rolle an und hinterfragt grundlegend eine Gesellschaftsordnung, die unter dem Primat wirtschaftlicher Interessen steht.

regiomusik.de 30.1.2013


eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.02.2013 um 11.30

Normalerweise werden Könige unter allen Ehren zu Grabe getragen und meist markiert auch Jahrhunderte später noch eine aufwändige Gruft oder ein steinerner Sarkophag ihre letzte Ruhestätte. Nicht so bei dem englischen König Richard dem III… Jetzt haben britische Archäologen das Skelett des Königs entdeckt - unter einem Parkplatz…

Für Shakespeare war der englische König Richard III. der Inbegriff eines Schurken: Er beschreibt ihn in seinen Werken als Buckligen mit einem verkümmerten Arm und als gewissenlosen Mörder zahlreicher Rivalen um den Thron, darunter auch zwei junge Prinzen. Tatsächlich aber war der 1483 gekrönte König weitaus besser als sein späterer Ruf…

wissenschaft.de 4.2.2013












eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.01.2013 um 08.18

… der verdiente deutsche Schlichtsänger, hat aus Jux und kleiner Rache einige Lieder („Songs“) seiner Rockkollegen nachgesungen („gecovert“) und damit einen gewissen Aufruhr („Hype“) erzeugt. Die wenigsten der Betroffenen waren davon begeistert. Der Oomph!-Sänger Dero meinte: „Heino hat einige Lieder in seinem Repertoire, die man durchaus als völkisch-verherrlichend bezeichnen kann.“ (bild.de 25.1.2013)

Um in dieser Hinsicht jeden, auch den geringsten, Verdacht zu vermeiden und auf der Höhe der Zeit zu sein, singt man heute natürlich englisch. Dann muß man auch den Inhalt nicht verstehen. So sind wohl nur fünf Prozent der notorischen Musiktips (seit März 2012 „Musiktipps“) von Ralf Stegner (SPD-SH) deutschsprachig, aber garantiert heinofrei.

Siehe auch sueddeutsche.de 24.1.2013


Die alte deutsche Volksliedtradition ist seit etwa 150 Jahren ausgestorben. Nur auf dem Balkan hat es bis zur Vertreibung der deutschen Volkstumsgruppen nach 1945 eine lebendige Überlieferung gegeben, von der mein Musiklehrer noch einiges nach dem Vorbild von Bela Bartók hat festhalten können. Um 1900 wurde durch die entstehenden Jugendbünde etliches wiederbelebt, einiges aus der Renaissance ausgegraben und manches auch neu geschaffen.

Seit den 68ern und dem Siegeszug der Rock-, Pop- und Rap-Musik überlebt das Volkslied nur auf der untersten Trivialstufe in der volkstümelnden Musik. Die Mehrheit des Volkes ist musikalisch sprachlos geworden und kann bei den Massen-Geräuschorgien allenfalls noch lippenbewegend einige unverinnerlichte englische Wortfetzen mitplappern.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.12.2012 um 07.10

Legendärer indischer Sitar-Musiker Ravi Shankar mit 92 Jahren gestorben

… Shankar beeinflusste mit seinem Sitar-Spiel zahlreiche westliche Musiker von den Beatles und den Rolling Stones bis zu Yehudi Menuhin. In den sechziger Jahren unterrichtete er den Beatles-Gitarristen George Harrison. Die beiden arbeiteten bei zahlreichen Projekten zusammen, darunter das legendäre Konzert für Bangladesch 1971. Shankar trat auch 1969 auf dem legendären Woodstock-Festival auf.

Er ist der Vater der prominenten Sitar-Spielerin Anoushka Shankar und der weltberühmten Soul- und Jazzsängerin Norah Jones.

Indiens Premierminister Manmohan Sing würdigte den Musiker als einen "nationalen Schatz und weltweiten Botschafter des indischen Kulturerbes".

sueddeutsche.de 12.12.12, s.a. spiegel.de

Authentische asiatische Musik hat mich von jeher fasziniert. Ich erinnere mich gut an die weltweite Übertragung von Ravi Shankars Auftritt anläßlich der Feier des zehnjährigen Bestehens der UNO – neben Yehudi Menuhin und David Oistrach, die Bachs Doppelkonzert spielten.

Damals wurde indische Musik im Westen meist, wie Shankar sagte, als „mewing of cats“ empfunden. Nachdem sie von den Beetles¹ entdeckt worden war, wurden trivialisierte Elemente in die Pop-Musik übertragen. Die Kiffer hockten in Shankars Konzerten in der ersten Reihe, und obwohl er sich das Rauchen verbat, ließen sie sich nicht stören.

Der Weg seiner Töchter zeigt, daß auch heute die meisten Westler die Musik nur mit einer Portion Jazz- und Pop-Ketchup genießen können. Aber das ist eben die neue Multikultur.

¹) ... oder Beatles


eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.10.2012 um 08.02

All, all on earth, is shadow, all beyond is substance.
The revers is the folly’s creed,
How solid all, where change shall be no more.


Eintrag von Christian Clausen 1780 auf der ersten Seite des ansonsten auf dänisch geführten Kirchenbuchs der Gemeinde Glud in Jütland – fand ich bei der Suche nach meinen dortigen Vorfahren.
Der Dichter ist Edward Young (1683-1765), und seine „Nachtgedanken“ sind damals auch auf deutsch erschienen.


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Sigmar Salzburg


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.09.2012 um 07.45

In der letzten Woche war ich in Apenrade (Aabenraa), um im Landsarkivet for Sønderjylland etwas über die dänische Linie meiner Vorfahren zu erfahren. Freundlicherweise hatte man mich schon telefonisch darauf hingewiesen, daß bereits alle Kirchenbücher verfilmt und im Internet einsehbar seien. So hatte ich schon meinen Ururgroßvater mit dem seltenen Namen Jens Jensen, dessen Existenz bisher nur eine Bleistiftnotiz in alten Unterlagen behauptete, anhand seines Geburtsdatums identifizieren können.

Zu meinem Erstaunen fand ich, daß ein großer Teil der Kirchenbücher der Städte in Nordschleswig, die seit etwa 1700 vorliegen, in gestochener traditioneller Kurrentschrift ( „auf dem Schloßgrunde“) und in bestem Hochdeutsch geführt wurden. Die Amtssprache in den freien norddeutschen Städten wie Lübeck, Hamburg und Bremen war dagegen um 1820 immer noch Plattdeutsch.

Mein Vorfahr war von Hadersleben (Haderslev) nach Hamburg übergesiedelt – wohl über Altona, das, wie ganz Holstein, damals noch der dänischen Krone unterstand, ohne formal Bestandteil Dänemarks zu sein. Die Geschichte Schleswig-Holsteins ist so verwickelt, daß der englische Premierminister Lord Palmerston (1784-1865) behauptete, es habe nur drei Menschen gegeben, die sie in allen Einzelheiten beherrschten: Der erste sei der Prinzgemahl Albert, und der sei tot. Der zweite sei ein deutscher Professor, und der sei darüber verrückt geworden. Der dritte sei er selbst, aber er hätte alles wieder vergessen.

Mit der freundlichen Hilfe des Archivars im Landsarkivet konnte ich nun einige der besonders schwungvollen Schnörkel entziffern und erfahren, daß mein Urururgroßvater, ebenfalls Jens Jensen, wie auch dessen Vater Jens Lausen, aus dem Dörfchen Nörbye, Gemeinde Glud, nahe der Insel Fünen stammte, während die Mutter, Christine Jens[datter], aus dem nahen Ort Hatting stammen sollte.

Nun muß ich noch die endlose Reihe der Namen in diesen Kirchbüchern entziffern, die dort auf dänisch geführt wurden und bis 1700 zurückgehen. So hoffe ich, noch genaueres zu erfahren und damit das Wissen über meine Vorfahren etwas zu erweitern. Durch die Arbeit eines Großonkels und einen glücklichen Zufall läßt sich eine andere Linie, die älteste bekannte, bis 1402 nach Stadthagen zurückführen.

Ganz finster sieht es dagegen auf der Seite meines Vaters und der schlesischen Vorfahren aus. Da kenne ich als Folge von Krieg und Vertreibung nicht einmal die Lebensdaten meiner Großeltern, und das Standesamt des letzten Wohnsitzes einer Tante im Harz weigerte sich, mir etwas herauszugeben, weil ich nicht in direkter Linie mit ihr verwandt sei.

Inzwischen habe ich auch erfahren müssen, daß mein Interesse an meiner Herkunft den Argwohn anderer erregt, die sogleich Reaktionäres und Schlimmeres wittern. Zum Glück sind wir aber, abgesehen von der „Rechtschreibreform“, noch nicht so weit wie im China der sechziger Jahre, wo die Roten Garden das „Alte Denken“ ausrotten wollten, indem sie die seit zweitausend Jahren gepflegten Ahnentafeln zerstörten, unter anderem meinem Chinesischlehrer, Herrn Lu.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.09.2012 um 05.55

In München ist das lange verschollen geglaubte Manuskript von Erwin Panofskys Hamburger Habilitation über Michelangelo wiederaufgetaucht – und zwar ausgerechnet in einem Panzerschrank im früheren Verwaltungsbau der NSDAP. Das legendenumwobene Werk des Kunsthistorikers, der von den Nazis 1934 ins Exil gezwungen wurde, ist allerdings durch eine absurde Wendung erst nach 1945 in dieses Gebäude gelangt und dort vergessen worden. Zahlreiche andere Kulturgüter sind während des Bildersturms des Dritten Reiches verschwunden und nur zum Teil wieder aufgetaucht…

Doch nicht nur die Wiederentdeckung des Manuskripts sorgt für Aufsehen. Besonders der Fundort heischt Aufmerksamkeit. Denn der Panzerschrank, in dem sich Heydenreichs Papiere fanden, stand einst in der Hauptregistratur der NSDAP; darin wurden Mitgliederunterlagen der Parteikartei verwahrt. Denn das ZI hat seit seiner Gründung seinen Sitz im ehemaligen "Verwaltungsbau" der NSDAP im so_genannten Partei-Viertel rund um den Königsplatz in der nördlichen Innenstadt, der Maxvorstadt...

Auch von der zusammen_gestohlenen Kunstsammlung Hermanns Görings sind viele Werke verschollen. Das bekannteste Beispiel ist Franz Marcs "Der Turm der blauen Pferde", der 1937 in der Hetzausstellung "Entartete Kunst" zu sehen war und von einigen Augenzeugen noch nach 1945 angeblich gesehen worden ist. Seither hat sich jedoch jede Spur verloren…

welt.de 31.8.2012

Dabei muß daran erinnert werden, daß auch die Allierten zusammen gestohlen haben, was das Zeug hielt, z.B. das Original des Hildebrandsliedes oder das, was heute noch russische Museen füllt, obwohl der Raub von Kulturgütern eines besiegten Landes verboten ist.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 01.09.2012 um 07.57

Brandenburgische Sommerkonzerte am Samstag in der Cottbuser Oberkirche

Cottbus Eine große Sommermusik unter dem Titel "Niederlausitzer Schicksalssinfonie" erklang am Sonnabendnachmittag in der Cottbuser Oberkirche.

Das Deutsche Sinfonieorchester Berlin spielte unter der Leitung von Hans Graf die 5. Sinfonie von Ludwig van Beethoven, Webers "Euryanthe"-Ouvertüre und das Bratschenkonzert "Der Schwanendreher" von Paul Hindemith. Solistin war die grandiose Tabea Zimmermann.

… Die Ritterromantik der ganzen Oper gewann im epochengerecht hochmittelalterlichen Kirchenschiff ihre fantastische Gestalt.

Dann das Violakonzert mit dem poetisch rätselhaften Namen "Der Schwanendreher". Paul Hindemith, in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein international berühmter Bratschist, hat es für sich selbst geschrieben. Wegen seiner Oper "Mathis der Maler" von den Nazis angefeindet¹, gelang ihm dennoch ein launiges entspanntes Werk…

Der "Schwanendreher", eigentlich der Küchenjunge, der das Geflügel am Grillspieß drehen muss, ist ein einsamer Spielmann und zieht, seine Lieder spielend durch das Land. Etwas rau und grimmig gelaunt erklingt das erste Thema voller reibender Zusammenklänge …

Nach der Pause das Themen bestimmende Werk des Nachmittags, Beethovens 5. Sinfonie c-Moll, genannt die "Schicksalssinfonie" … um das Publikum zu überraschen, versank die leise Überleitung zum donnernden Schlusssatz fast im Eigenrauschen des Saals bis ein strahlender Blechbläserklang den Schlussjubel einleitete.

lr-online.de 27.8.2012

¹) Nein, Hitler hatte Hindemiths Oper „Neues vom Tage“ (1929) gesehen und sich maßlos darüber erregt, daß Laura am Beginn des zweiten Akts, nackt in der Badewanne sitzend, eine Arienparodie singt: „Nicht genug zu loben sind die Vorzüge der Warmwasserversorgung …“ (Das folgende Ensemble „Oh Gott, wie peinlich …“ fand sogar den Beifall des Hindemith-Hassers Adorno.) – Die Mathis-Oper wurde erst 1938 in Zürich uraufgeführt.
Neues vom Tage, 2. Akt: http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=xVysGv_pOxs


eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.08.2012 um 17.01

Hoffentlich hält die 82jährige Künstlerin und Restauratorin lange genug durch:

Ansturm in Borja: Verschandeltes Jesus-Fresko wird Touristenattraktion

Durch ein verschandeltes Jesus-Fresko gelangte das Städtchen Borja zu weltweiter Berühmtheit. Nun verzeichnet das verschlafene Nest im Nordosten Spaniens einen Touristenboom. Hunderte Menschen bewunderten die kirchliche Wandmalerei am Wochenende…

Den Besucherboom verdankt die Stadt den Malkünsten der Rentnerin Cecilia Giménez. Sie entstellte das 102 Jahre alte Jesus-Bild beim Versuch der Wiederherstellung derart, dass sie damit via Medien und Internet weltweit Aufmerksamkeit erregte…

Rund 18.000 Menschen unterzeichneten inzwischen eine Online-Petition, die sich gegen die Pläne der Stadt stemmt, das Originalbild möglichst wiederherzustellen.

spiegel.de 26.8.2012

Eine solche Zustimmung hat nicht einmal ein längst erfolgreicherer Kollege erlangt. Anfang der Sechziger sah ich in einer Kunstzeitschrift die Elaborate eines Künstlers, der Bilder von Kollegen mit einer schwarzen bitumenähnlichen Farbe zustrich und auf Ausstellungen zeigte. Im begleitenden Text wurde in Ermangelung von zu Beschreibendem eingehend und bedeutsam berichtet, von welcher Ecke aus mit welchen Pinselstrichen der Übermaler die Flächen zustreicht.

Ich war damals Student in Hannover und hatte mir wenige Tage vorher, um eine Wartezeit zu überbrücken, im Kino einen schäbigen Gruselfilm angesehen, in dem ein Möchtegern-Künstler Leute ermordete, sie oder ihre Einzelteile mit Gips überzog und dann in Ausstellungen als seine Werke vorführte. Der Film war so dumm und lächerlich, daß ich während der Vorführung des öfteren Lachanfälle kriegte – sehr zum Unwillen des faszinierten übrigen Publikums.

Im nachhinein erschien mir aber dann doch dieser „Bildhauer“ als Künstler von fast Cardillacscher Größe gegenüber dem „Übermaler“, von dem ich annahm, er würde bald wieder vergessen sein.

Dreißig Jahre später, zur Zeit der ähnlich scharlatanischen „Rechtschreibreform“, fiel mir sein Name wieder ein: Arnulf Rainer. Ich forschte nach, und zu meinem Erstaunen hatte er erfolgreich die heute übliche Karriereleiter von Künstlern erklommen, die eine neue Verrücktheitsmasche mit genügender Dreistigkeit propagieren:


Arnulf Rainer, geboren 1929 in Baden bei Wien, gilt als einer der bedeutendsten europäischen Künstler, dessen Werke in allen europäischen Kunststädten und den USA hängen…

1953-65 Entsteht die bekannteste Werkgruppe, die Übermalungen
1978 Großer Österreichischer Staatspreis, Vertreter Österreichs bei der Biennale Venedig
1981 Professor an der Akademie der Bildenden Künste in Wien

art-navigator.com

[Wikipedia] 1961 wurde Arnulf Rainer in Wolfsburg wegen der öffentlichen Übermalung eines prämierten Bildes gerichtlich verurteilt. Ab 1963 arbeitete Rainer in verschiedenen Studios in Berlin (West), München und Köln. 1966 erhielt er den österreichischen Staatspreis für Graphik.

Der wichtigste Gedanke in Rainers Entwicklung war der Entschluß, ab und zu auch etwas von dem Vorgängerwerk durchschimmern zu lassen, so daß die Kunstwerke unterscheidbar wurden. Dadurch wurde die Begrenztheit seiner Idee etwas aufgehoben, ein Problem, das die übrigen Nagel-, Schrott- und Kopffüßler-Künstler nicht zu bewältigen hatten.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 23.07.2012 um 14.35

Vor 1901 war die Adelungsche Schreibweise in Fraktur und Antiqua üblich, für letztere auch in ß-loser Version. In Österreich wurde wenige Jahre lang auch die Heyse-Schreibweise propagiert, aber wenig befolgt und 1901 wieder aufgegeben.

Die Verwalter des Werks des Wiener Komponisten Arnold Schönberg (1874 – 1951) sind nun mit unterschiedlicher Anpassungsbereitschaft bemüht, den heutigen staatlichen Erwartungen in der Rechtschreibung entgegenzukommen. Die Liedtexte stammen von Schönberg und geben einen Einblick in die widerstrebenden Musikauffassungen der Zeit…


Drei Satiren für gemischten Chor op. 28
von Arnold Schönberg (1925)

Am Scheideweg

Tonal oder atonal?
Nun sagt einmal
in welchem Stall
in diesem Fall
die größre Zahl,
daß man sich halten,
halten kann am sichern Wall.


Vielseitigkeit

Ja, wer tommerlt denn da?
Das ist ja der kleine Modernsky!
Hat sich ein Bubizopf schneiden lassen;
sieht ganz gut aus!
Wie echt falsches Haar!
Wie eine Perücke!
(Ganz wie sich ihn der kleine Modernsky vorstellt),
ganz der Papa Bach!


Der Neue Klassizismus

Tenor:
Nicht mehr romantisch blieb ich,
Romantisch hass ich;
von morgen an schon
schreib ich nur reinstes Klassisch!

Baß:
Dem kann die Macht der Zeiten
nichts mehr anhaben,

Sopran und Alt:
Siehe Riemann! ¹)

Baß:
den Kunstgesetze leiten
nach dem Buchstaben.

Sopran und Alt:
Buchstaben? Wenn man die kann!

Bass:
Ich staun, wie rasch die Wendung:
von heut auf morgen
besitzt man Formvollendung?
Kann man die borgen?

Sopran und Alt:
...nur borgen!

Chor:
Die Hauptsache ist der Entschluß.
Doch der ist leicht gefaßt.
Die Technik macht manchem Verdruss,
drum wird sie gern gehaßt.
Man läßt sie ganz einfach beiseiten,
Vollendung ist doch das Panier!
Sie zeitigt den Einfall beizeiten,
wenn auch nur auf dem Papier.

Schlussfuge:
Klassische Vollendung,
streng in jeder Wendung,
sie komm woher sie mag,
danach ist nicht die Frag,
sie geh wohin sie will:
das ist der neue Stil.

schoenberg.at/index

Aus der Einführung von A.G.

… Schönberg …: »Ich schrieb [die Satiren], als ich über die Angriffe einiger meiner jüngeren Zeitgenossen sehr aufgebracht war, und wollte sie warnen, daß es nicht gut ist, mit mir anzubinden«, erläutert Arnold Schönberg im Vorwort zu den »Drei Satiren«. … Die Botschaft der Satiren lässt sich auch heute noch nachvollziehen, …

Mit »Am Scheideweg« ist die erste Zielgruppe angesprochen: diejenigen, die sich tonaler wie atonaler Prinzipien bedienen, ohne sich über Ursachen und Konsequenzen im Klaren zu sein. Der Textstelle »Tonal« entspricht ein C–Dur Dreiklang, der in der Zwölftonreihe bereits angelegt ist. Ganz bewußt wird diese tonale Zelle … eingesetzt und bildet die musikalische Entsprechung zum Kontrast Tonal/Atonal im Text. …

Im zweiten Chor »Vielseitigkeit« lässt bereits der optischen Eindruck des Notenbildes die polyphon äußerst vielschichtige Struktur erahnen…

Nr.3 »Der neue Klassizismus« ist eine Kantate für gemischten Chor mit Begleitung von Bratsche, Violoncello und Klavier. Sie ist in wesentlichen Teilen gegen den Musikwissenschaftler Hugo Riemann gerichtet, … Riemann hatte sich in seinem Musiklexikon (in der Ausgabe von 1916) abfällig über Passagen in Schönbergs Harmonielehre geäußert, was der Komponist 1926 (zur Entstehungszeit der Satiren, als Riemann längst gestorben, und die bewusste Stelle längst gestrichen war) noch nicht verwunden hatte ¹).

Davon abgesehen ist Strawinsky das Hauptangriffsziel... Auf ein ausgedehntes Rezitativ (»eventuell Solo«) folgt eine ›Arie‹ für Baß und Chor (»Dem kann die Macht der Zeiten nichts mehr anhaben«) mit variierter Reprise. Daran schließt sich eine Chorfuge (»Die Hauptsache ist der Entschluß«) an…

Der Anhang zu den »Satiren« besteht aus drei Kanons, die diatonisch komponiert sind. In einem gesonderten Vorwort begründet Schönberg das Verfahren damit, er habe beweisen wollen, dass er in der Lage sei, diatonische Kanons zu schreiben …

¹) Damals war Schönbergs Musik noch anhörbar spätromantisch, aber dennoch steht in meinem ,Riemann': Seine 1911 erschienene »Harmonielehre« ist ein seltsames Gemengsel von theoretischen Rückständigkeiten und Befangenheiten, die aus S. Sechters System herrühren, und die hypermoderne Verneinung aller Theorie. Das naive Geständnis des Verfassers, daß er »nie eine Musikgeschichte gelesen habe«, gibt den Schlüssel für dieses beispiellos dilettantische Machwerk. Das »Kunsthandwerk«, welches Sch. zu lehren vorgibt, ist Gott sei Dank heute noch dem Gemeingefühl fremd.
[Hugo Riemanns Musik-Lexikon, nach seinem Tode (10. Juli 1919) fertiggestellt von Alfred Einstein.]


eingetragen von Hans Zimmermann am 13.07.2012 um 22.07

Sehr interessanter Artikel des Focus, auch wenn ich im Grunde kein grosser Verfechter des Blattes bin.


eingetragen von Norbert Lindenthal am 06.07.2012 um 06.39

focus.de 3.7.2012

Was sensationell am 3.7.2012 vom Focus berichtet wird, wie wenn es eine Nachricht von gestern und heute ist, wurde schon von Gerhard Schröder 2007, also vor 5 Jahren, weggegeben.

Das ist ja, wie wenn Gerhard Schröder Ministerpräsident von Niedersachsen ist und die Rechtschreibreform aufhält. Das ist 1998.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.07.2012 um 10.09


wikipedia

Waldseemüller-Karte entdeckt
Spektakulärer Fund in der Münchner Uni-Bibliothek

Mehr als zwei Jahrhunderte schlummerte ein Exemplar der Waldseemüller-Karte unentdeckt in einer Bibliothek. Nur durch einen Zufall stießen Forscher auf das wertvolle Dokument...

... eine Ausgabe der kleinen Globuskarte.– Es wurde jedoch von unseren obersten Kulturbanausen 2007 die …

… Große Weltkarte den USA geschenkt
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übergab die große Weltkarte Waldseemüllers im Jahr 2007 in Washington an die USA. Die Karte war damals genau 500 Jahre alt. Heute steht sie auf der Weltdokumentenliste der Unesco und ist in der Library of Congress in Washington zu sehen.

focus.de 3.7.2012

Beim Verkauf wurde, begleitet von öffentlicher Kritik, durch eine Sondergenehmigung der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Baden-Württemberg der Ausfuhrschutz für national wertvolles Kulturgut gemäß dem Kulturgutschutzgesetz aufgehoben. Gerhard Schröder hatte sich persönlich für eine Ausnahmeregelung eingesetzt. Die symbolische Übergabe erfolgte am 30. April 2007 durch die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, Angela Merkel, im Rahmen einer feierlichen Zeremonie in der Library of Congress, Washington, D.C. Die Bundeskanzlerin betonte in ihrer Rede, dass die Verdienste der USA für die deutsche Entwicklung in der Nachkriegszeit seinerzeit den Ausschlag dafür gegeben hätten …
wikipedia


eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.06.2012 um 22.08

Heute vor achtzig Jahren, am 20. Juni 1932, wurde im Schloß Plön, in dem damals ein Internat untergebracht war, im Rahmen einer Schüler-Musizierwoche der „Plöner Musiktag“ von Paul Hindemith aufgeführt – eine den ganzen Tagesablauf begleitende Reihe von Stücken, die er eigens dafür komponiert hatte. Die Anregung dazu ergab sich aus einem Zusammentreffen mit dem Schulleiter Edgar Rabsch.


Paul Hindemith über die Uraufführung des
Plöner Musiktags am 20. Juni 1932


( Plattentexte von 1932 und 1528 in der Reformschreibung von 1996)

An drei schönen Tagen fand das Fest statt. Ich war mit einigen Schülern als Helfer von Berlin herübergekommen, und nach einem lauten und eindrucksvollen Empfang stürzten wir uns alle in die Arbeit. Aus allen Ecken des Schulgebäudes tönte Musik. Das Orchester probte im Garten, der Chor sang auf der Wiese, andere übten im Wald. Ich musste fortwährend Musik liefern, an der schon gelieferten ändern, wegnehmen und zufügen … Die Klasse der jüngsten Schüler war tief betrübt: Sie konnten noch nicht recht Noten lesen und waren demnach unverwendbar. Das einzige Instrument, das sie notdürftig spielen konnten, war die kleine Schulblockflöte in C. Es blieb also nichts anderes übrig, als sie damit zu beschäftigen und so schrieb ich ihnen im Eröffnungsmarsch der Kantate ein Trio, in welchem die ganze Klasse als Blockflötenchor unter Begleitung des übrigen Orchesters auftreten konnte. Ein kleiner Junge unter ihnen, der schon musikalische Kenntnisse hatte, wurde mit seiner Truppe in einen noch unbesetzten Teil des Geländes geschickt, um das Stück einzuüben, und nach einer Stunde kam die ganze Gesellschaft wieder und spielte ihre Partie auswendig. Auf diese Weise verbrachten wir übend zwei Tage, am dritten fand das Fest statt.



Frau Musica, in allen Landen wohl bekannt. Ja, ich sag das zu dieser Frist, dass mir vor diesem Fräulein fast nie keine besser gefallen, drum ist sie mir die Liebst von allen. (Martin Agricola 1528/1545)

Glücklicherweise wurde Hindemith mit seiner von den ausgetretenen Pfaden abweichenden Musik von den Nazis als „entartet“ verfemt, so daß er Deutschland bald darauf verlassen mußte. Wie es ihm ergangen wäre, wenn er wie Edgar Rabsch seinen Lebensunterhalt weiter im Lande hätte verdienen müssen, zeigt ein Brief Hindemiths vom 15. Juli 1946: „Ein anderer Unglückswurm, der Rabsch, haust mit sieben Kindern in Itzehoe, augenblicklich rausgeschmissen aus allem, da er notgedrungen irgendwann einmal in die Partei eintreten mußte, um seine Gören nicht verhungern zu lassen – und wenn einer von jeher kein Nazi war, so ists der!“

Nach einer kurzen Phase der Anerkennung Hindemiths nach 1945 tat dann aber doch das Verdikt seines penetranten Widersachers Adorno eine so verheerende Wirkung, daß auch kleine Zeitungsschreiber meinten, Hindemith als „pedantischen Langweiler“ abqualifizieren zu dürfen. „Damals schien es, als sei der Sargdeckel nun über dem Werk wie über der Person endgültig zugeschlagen“ (Finscher 1997, zitiert nach Susanne Schaal). Tatsächlich aber bleibt Hindemith einer der bedeutendsten Melodiker und Kontrapunktiker eigener Art – der es auch nicht nötig hatte, zur Zwölftonsekte überzuwechseln.

P.S. 25 Jahre nach der Plöner Uraufführung wiederholten wir, das heißt unser Musiklehrer mit Kollegen und ausgewählten Schülern, eine Musikwoche in ähnlicher Art in Schloß Nehmten und führten die erarbeiteten Stücke im Remter des Plöner Schlosses auf, natürlich auch Musik von Hindemith.

P.S.: Vor vier Tagen fand in Zürich eine Premiere des „Mathis“ von Hindemith statt; Bericht in der Badischen Zeitung: „Lasst alles beim Alten und mich in Ruhe“.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.05.2012 um 05.57

Zahnschmerzen und Rechtschreibschwäche
In München taucht eine bislang unbekannte Karte von Adolf Hitler aus dem Jahre 1916 auf…

Stolz präsentiert das bislang unbekannte Dokument das Projekt Europeana, eine virtuelle Bibliothek, die das kulturelle Erbe des Kontinents der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen soll...

… Die wenigen und schlichten Zeilen offenbaren, dass Hitler eine Rechtschreibschwäche hatte. Er schrieb "sofort" mit "ff". Kein Wunder, dass Hitler später sein Pamphlet "Mein Kampf" lieber diktierte…

sueddeutsche.de 2.5.2012

Spätfolge war die „Rechtschreibreform“ von 1996, die nichts anderes war als die überarbeitete, kriegsbedingt zurückgestellte Reform von 1944. Hitlers „Kampf“ wird aber weiterhin nicht ohne „Führerschein“ zu lesen sein:

"Es wird für die Schulen kaum eine Komplettausgabe von "Mein Kampf" geben", sagte [Kultusminister] Spaenle am späten Mittwoch SPIEGEL ONLINE. "Es wird eher eine pädagogische Handreichung mit Teilen dieses Pamphlets sein."
Schade eigentlich. Es gäbe ein paar ganz gute Argumente für eine Schulausgabe von "Mein Kampf" - mit klugen Kommentaren und nicht nur für Bayern.
spiegel.de 3.5.2012

Es bieten sich zwei Vorgehensweisen an:

1. Hitlers Text wird in die reformierte Rechtschreibung übertragen, denn die Schüler dürfen orthographisch nicht verunsichert werden. Das entspräche auch dem Reformwillen des „Führers“, den er schon 1941 mit der Abschaffung der Frakturschrift kundgetan hatte.

2. Der Text wird in Fraktur belassen, damit die Schüler möglichst nichts lesen, und zugleich weisen die „klugen“ Kommentare dezent darauf hin, daß sich nur noch ewiggestrige linke und rechte Schreibextremisten der alten Orthographie bedienen.

P.S. Mein Stiefvater besaß den Schmöker noch als Geschenk zu seiner ersten Eheschließung. Ich habe nie hineingesehen.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 11.11.2011 um 08.52

Analysten der bundesdeutschen Kulturszene erwartete ein besonderes Ereignis: Der Bunte-Burda-Konzern, der die Re[h]form eifrig geschäftlich umsetzt, zeichnete den Porno-Rapper „Bushido“ mit seinem Kulturpreis, dem Bambi-Reh, aus – als (angeblicher) Repräsentant einer gelungenen Integration („Ein Schwanz in den Arsch, ein Schwanz in den Mund. Ein Schwanz in die Fotze, jetzt wird richtig gebumst“ Spiegel).

Die Analystlinge von Wikipedia werden die hygienisch verharmlosende, aber politisch korrekte Popularisierung solchen Kulturgutes begrüßen; dennoch gab es Proteste bei der Queer-Fraktion und beim feministischen Genderflügel.
Schöne Integration, armes Deutschland!


Ansonsten: Abendblatt.de 11.11.11


eingetragen von Sigmar Salzburg am 21.10.2011 um 15.51

Gebäude-Reform


Quelle: Wiki, Kolossos

Das Dresdener Militärhistorische Museum wurde nach mehrjähriger Gebäude„reform“ am 14. Oktober neu eröffnet. Anscheinend ist ein Panzerkreuzer in das spätklassizistische, ursprünglich wohl denkmalgeschützte Bauwerk gefahren.


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